Protokoll der Sitzung vom 20.06.2014

Jetzt haben wir mittlerweile eine neue Verordnung. Das wissen Sie alle, darüber haben wir lange diskutiert. Nach dieser neuen Verordnung sind Grundschulen bestandsfähig - dafür machen wir eine Schulentwicklungsplanung -, wenn sie ab dem kommenden Schuljahr 60 bzw. in den dünnbesiedelten Gebieten 52 Schülerinnen und Schüler und ab 2017 80 bzw. 60 Schülerinnen und Schüler nachweisen. In den Oberzentren sind es schon jetzt 80.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land, die Landesregierung, der Landtag, die Landkreise haben sich auch diesmal wieder sehr schwer getan. Aber wir haben jetzt ein Ergebnis und eine gültige Verordnung zur Schulentwicklungsplanung und Schulentwicklungspläne in den Landkreisen beschlossen.

Wir haben sozusagen eine politisch Vereinbarung im Land darüber, was wir für die nächsten Jahre als bestandsfähig erachten, und das sind die Zahlen der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung. Ich finde es falsch, eine zweite, deutlich höhere Zahl durch die Hintertür über einen Demografiecheck zusätzlich einzuführen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ohne Zweifel ist es rechtlich möglich - das will ich nicht infrage stellen -, dass die Landesregierung als diejenige, die über die Fördermittelvergabe entscheidet, auch solche Kriterien festlegt. Politisch - das habe ich eben gesagt - halte ich es aus mindestens zwei Gründen für falsch:

Zunächst führt diese deutlich höhere Zahl dazu, dass eine ganze Reihe von nach unserer Meinung bestandsgesicherten Schulen nicht förderfähig ist, weil sie zwar nach Schulentwicklungsplanung bestandssicher sind, aber deutlich unter der Mindestzahl liegen.

Der zweite Effekt ist - das haben wir in den letzten Monaten und Jahren erlebt -, dass die Kriterien des Demografiechecks mehr oder weniger stark die Schulentwicklungsplanung vor Ort beeinflussen bei der Frage, welcher Standort in der Perspektive förderfähig ist, und damit natürlich auch über einen solchen goldenen Zügel die anderen Kriterien, auf deren Grundlage wir zu einer Verordnung zur Schulentwicklungsplanung kommen, ein Stück weit aushebeln und eigentlich bestandsfähige Standorte in Gefahr bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns deswegen entschlossen - ich habe es eingangs gesagt -, einen Antrag einzubringen, der auf diese Problematik abhebt. Ich möchte noch einmal sagen, dass ich es ausdrücklich zu würdigen weiß, in welcher Größenordnung in den letzten Jahren sinnvoll investiert worden ist. Aber wir halten es für angebracht, zumal wir gerade über die Bestandfähigkeit unserer Schulen politisch entschieden haben, an dieser Stelle für die nächste Förderperiode nachzusteuern.

Deswegen gibt es aus meiner Sicht überschaubare Ziele des Antrages. Ich möchte sie kurz benennen. Erstens. Für jede nach Schulentwicklungsplanverordnung bestandsfähige Schule soll es möglich sein, Stark-III-Förderung zu beantragen. Dass wir im Rahmen dieses Fördervolumens nicht für alle Schulen gleich einen Antrag bewilligen können, ist mir selbstverständlich klar. Aber die Antragsmöglichkeit soll bestehen.

Zweitens. Fördervoraussetzung sind die Schülerzahlen bis 2020 oder anders gesagt: für die nächsten fünf Jahre. Denn das ist auch der Zeitraum, für den wir als Land seriös planen bei der Schulentwicklungsplanung.

Drittens. Die Schule muss nicht weiter als Schule der derzeitigen Schulform genutzt werden. Gefordert wird von uns, in den nächsten fünf Jahren die Nutzung als Schule in einer im Schulgesetz vorgesehenen Schulform sicherzustellen.

Ich möchte unter anderem daran erinnern, dass wir gerade im Zusammenhang mit der Schulentwicklungsplanverordnung auch über neue Modelle politisch diskutiert haben, auch andere Fraktionen, nicht nur meine - Stichwort: Schulverbünde. Insofern sollte diese Offenheit gegeben werden.

Viertens. Auch in Bezug auf die Perspektive der entsprechenden Objekte über einen Zeitrahmen von fünf Jahren hinaus wollen wir mehr Flexibilität, mehr Spielräume. Es ist für uns unstrittig, dass die Fördermittel nachhaltig für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden sollen und müssen. Aber gerade angesichts der von mir beschriebenen Unsicherheit plädieren wir dafür, dass auch andere Nutzungen möglich sein sollten als die einer Schule im Sinne des Schulgesetzes. Wir schlagen des

wegen vor, eine gemeinnützige Nutzung im Bereich der Bildung festzuschreiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich auf die Diskussion. Ich glaube, dass wir mit den durch die Europäische Union und durch uns eingesetzten Mitteln gemeinsam mit den Trägern einen Weg finden können, zu einer Lösung zu kommen. Ich freue mich auf die Diskussion. - Danke schön.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Kollege Höhn. - Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Herr Bullerjahn. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Höhn, am Ende war es doch eine verkappte Bildungsdiskussion. Ich bin schon dankbar dafür, dass Sie nicht stärker auf das PEK eingegangen sind. Sie haben mehr über Schulstrukturen geredet als über das Programm selbst.

Ich möchte auf Stark III zu sprechen kommen. Ich bin dankbar, dass Sie zumindest zwei gute Sätze darüber verloren haben. Stark III muss bundesweit wie europaweit einen Vergleich nicht scheuen. Es ist eigentlich ein unter dem Aspekt der Modernisierung von Bildung - baulich, energetisch, IT - sehr mustergültiges Programm, das übrigens freiwillig ist.

Städte wie Magdeburg und Halle haben diese baulichen Veränderungen schon längst über PPP vorgenommen. Insofern ist es vor allen Dingen ein Programm für die Gemeinden, für die Träger, die es entweder aus Zeitgründen noch nicht oder auch aus Geldgründen nicht allein schaffen würden, eine solche Sanierung vorzunehmen.

Wir haben die Kriterien gemeinsam mit dem Kultusministerium festgelegt. Ich denke, vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den Bereichen Abwasser, Infrastruktur und Wohnungsbau ist es mehr als vernünftig, sich anzustrengen und in die Zukunft zu schauen, um zu ermitteln, was in zehn, 15 Jahren noch gebraucht wird.

Der Vorwurf, dass nach der Wende finanzielle Mittel in Milliardenhöhe in den Sand gesetzt wurden, weil bestimmte Planungen von Trägern und Gemeinden nicht abgestimmt wurden oder weil sie parallel vorgenommen wurden, ist nicht unberechtigt. Viele Gemeinden leiden noch heute unter den Kosten.

Wenn Sie vorschlagen, diese Gebäude unabhängig von dem Grundsatz denjenigen zu übertragen, die vor Ort Bildungsarbeit machen sollen, dann

werden die Gemeinden in aller Regel dankend ablehnen; denn das hat etwas mit Kosten zu tun. Sie werden vielen Gemeinden, die leerstehende Dorfgemeinschaftshäuser haben, unheimlich helfen, wenn Sie sagen: Jetzt hast du noch ein Gebäude, das leer ist.

Es gibt etliche Verbands- und Einheitsgemeinden, die Immobilien haben und nicht wissen, wohin damit, und die schwer an den Kosten zu tragen haben. Ich weiß das deswegen, weil ich auch viele Liquiditätsanträge habe, die mit solchen Kosten zu tun haben.

Ich glaube, dass das auch bildungspolitisch nicht vernünftig ist, aber ich werde nicht Ihrem Beispiel folgen und hier eine Bildungsdebatte entfachen. Ich kann nur sagen, dass es enorm viele Anträge gibt, mit denen Stark III abgefragt wird. Es gibt gegenwärtig rund 100 Projekte mit einem Volumen von 150 Millionen €. Und wir haben schon jetzt, weil wir es auch für Schulsporthallen geöffnet haben, für Arrondierungen von Standorten - wir haben es auch dahingehend vereinfacht, dass Schulen in freier Trägerschaft an die Gelder kommen könnten -, eine größere Nachfrage, als wir sie mit ungefähr 100 Millionen bis 120 Millionen € pro Jahr bewältigen können.

Ich denke schon, dass der Ansatz richtig ist, schon jetzt zu schauen, was in den nächsten Jahren, auch mit dem Echo, passieren wird. Die Schulen, die Träger, die das jetzt noch nicht genau absehen können, werden vielleicht noch zwei, drei Jahre mit ihren Anträgen warten.

Ich habe bei einer Konferenz, die in der vorigen Woche in Magdeburg stattgefunden hat und an der 280 Leute teilgenommen haben - sehr interessierte Träger -, keine Kritik an dem Punkt der Schülerzahlen bekommen.

Es ging eher um Fragen wie: Wie kommen wir schnell an das Geld? Welche technischen und finanziellen Voraussetzungen müssen wir erfüllen? Es ging also auch um die Frage der Kofinanzierung. Es kam die Frage: Wie machen wir das bei unserem jeweiligen Standort ganz konkret? Denn vor Ort - ich bin selber in einer Verbandsgemeinde; Herr Born und andere kennen das auch - sind zum Teil erst jetzt bestimmte Entscheidungen getroffen worden, die schon längst hätten getroffen werden müssen.

Zur Arrondierung gibt es in Kleinjena ein Projekt, bei dem Schule und Kindergarten zusammen gedacht werden. Ich glaube, das hat vor Ort eine hohe Akzeptanz erfahren.

(Zustimmung von Frau Take, CDU)

Es lohnt sich, solche Diskussionen zu führen. Das Geld ist nicht sonderlich üppig, aber es ergibt in der Summe rund 615 Millionen € für diesen Bereich. Wir werden darüber sprechen, wie wir es

hinbekommen, dass am Ende alle Standorte saniert werden, und wir werden Diskussionen führen, die sich mit denen im Kultusministerium überlagern, nämlich zu der Frage der Schulentwicklungsplanung.

Wir werden das Thema Schulentwicklungsplanung in dieser Förderperiode der EU sicherlich noch mindestens einmal aufgreifen - darin sind der Kultusminister und wir uns einig -, nämlich dann, wenn das Echo genauer darstellbar ist. Die Schulen, die das nicht genau wissen, werden entweder noch vom Kultusministerium - das ist unabhängig von Stark III geschehen - mit Ausnahmegenehmigungen begleitet oder sie warten drei, vier Jahre, bis die Träger entscheiden, was sie vor Ort machen.

Ich glaube, es ist unbestritten, dass wir weniger Kinder haben werden. Wir können unsere Planungen nur auf die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose abstimmen. In den nächsten Jahren wird es eine neue geben, aber ich glaube schon, dass wir im Hinblick auf das Thema Schulentwicklungsplanung gar nicht so falsch nicht liegen.

Dass es hierbei regional unterschiedliche Entwicklungen gibt, zum Beispiel in Magdeburg und im Mansfelder Land, das merken wir auch. Dem werden wir auch Rechnung tragen. Es gibt in diesem Bereich keine einheitliche Entwicklung in SachsenAnhalt.

Insofern denke ich schon, dass Stark III akzeptiert und mittlerweile auch etabliert ist. Die Nachfrage zeigt mir, dass wir nicht falsch damit liegen, Diskussionen vor dem Baubeginn in Gang zu setzen und das mit den Trägern dann auch verantwortlich umzusetzen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Herrn Born, SPD, von Herrn Kurze, CDU, und von Minister Herrn Bischoff)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Für die CDU spricht Herr Kollege Barthel. - Das tut er nicht. Für ihn spricht der Kollege Stadelmann. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Barthel gehört heute zu unserem Reisekader, deswegen muss ich an dieser Stelle einspringen. Das tue ich gern; denn Investitionen in unsere Bildung bzw. in die entsprechende Infrastruktur sind auch für meine Fraktion ein wichtiges politisches Ziel. Deshalb haben wir das Programm Stark III auch im Koalitionsvertrag verankert.

Auch für uns ist klar, dass es zwischen Förderrichtlinie und aktueller Schulentwicklungsplanung keine

Plausibilitätslücke geben darf. Wir halten es grundsätzlich für richtig, dass wir uns in einem Land, welches zu über 90 % aus ländlichem Raum besteht, eine kleinteilige Grundschullandschaft leisten.

Mit einer Mindestschulgröße von 80 Schülern haben wir einen Kompromiss zwischen wohnortnaher Grundschulversorgung und einer dauerhaft bezahlbaren Bildungslandschaft gefunden, der den demografischen Herausforderungen Rechnung

trägt. Zu diesem Kompromiss stehen wir, auch wenn das vor Ort nicht immer einfach ist und wir jede einzelne Schulschließung natürlich bedauern.

Meine Damen und Herren! Dass die aktuelle Stark-III-Förderrichtlinie im Hinblick auf die Mindestschülerzahlen von der Schulentwicklungsplanung abweicht, ist allerdings auch für meine Fraktion ein Widerspruch, den wir für unglücklich halten. Vor diesem Hintergrund hatten wir bereits im März 2014 einen Antragsentwurf erarbeitet, der inhaltlich nahezu das Gleiche verfolgte wie dieser Antrag, der uns jetzt vorliegt. Leider konnten wir uns in der Koalition bis heute nicht über einen gemeinsamen Antragsinhalt verständigen, obwohl das Thema viele Kollegen in beiden koalitionstragenden Fraktionen beschäftigt.

Ich kann meinen Kollegen den Hinweis nicht ersparen, dass nicht wir es waren, die die Landtagswahl mit dem Slogan „Wir streichen alle Schulen“ bestritten haben. Selbst wenn man unterstellt, dass jeder dieses Wortspiel so verstanden hat, dass damit alle dauerhaft bestandsfähigen Schulen gemeint waren, lässt das Wort „alle“ wenig Spielraum für weitergehende Interpretationen.

Dennoch haben wir faktisch die Situation, dass es eine logische Lücke zwischen Stark-III-Richtlinie und Schulentwicklungsplanung gibt. Bestandsfähig sind eben nicht nur Schulen mit mehr als 100 Schülern, sondern auch die Schulen, die dauerhaft zwischen 80 und 100 Schülern nachweisen können.

Diesen Widerspruch möchte meine Fraktion gern seit Längerem beseitigen, schon um dem Verdacht zu entgehen, wir würden auf kleinere Schulen zusätzlichen Schließungsdruck ausüben, indem wir ihnen Fördermittel vorenthalten. Viele meine Kollegen von der SPD-Fraktion - das weiß ich - sehen das ähnlich, und auch der Finanzminister, glaube ich, ist von diesem Wunsch wenig überrascht.

Meine Damen und Herren! Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir die Chance einer Ausschussberatung gern nutzen würden, um dieses Thema lösungsorientiert zu diskutieren. Das machen wir selbstverständlich nur im Einvernehmen mit unserem Koalitionspartner und hoffen, dass uns eine Einigung jenseits der Kommunalwahlen nun leichter fällt.

Vorgaben der EU stehen diesem Vorhaben nach unseren Informationen nicht im Weg. Das gilt sowohl für die Mindestschülerzahlen als auch für die Förderung von Schulen in freier Trägerschaft. Diese Spielregeln werden durch uns selbst festgelegt - ich nenne hier noch einmal das Stichwort „Zweckbindung über 15 Jahre“ -, die jetzt mit dem Entwurf des EPLR eingereicht wurden.

Das hat für meine Fraktion jedoch nichts mit dem Zweifel an den Schülerzahlprognosen für das Jahr 2030 zu tun, wie es in der Antragsbegründung der LINKEN steht. Dieses Argument wird von den LINKEN regelmäßig bemüht. So unscharf, wie behauptet wird, ist diese Projektion leider nicht. Kinder, die im Jahr 2030 eingeschult werden wollen, müssen spätestens 2024 geboren sein. Wer dazu theoretisch in der Lage ist, wurde bereits in der Vergangenheit entschieden und kann in beschränktem Umfang noch verändert werden. Die Datenbasis in diesem Fall ist relativ belastbar und eigentlich ungeeignet, um eine Abweichung zu rechtfertigen.