Protokoll der Sitzung vom 08.07.2011

Das darf er aber selbst entscheiden.

Die Debatte zur Budgetierung im Bereich der Justiz, die Sie angeführt haben, wird der Finanzausschuss erst am 31. August 2011 führen. Dann werden wir uns das Problem der Budgetierung im Bereich der Justiz ausführlich anschauen. Meine Aussage war: Es gibt im Bereich der Justiz einige Kollegen, die das mit sehr viel Enthusiasmus tun. Dass ich deswegen gut finde, dass sie das tun, wollte ich damit nicht sagen. Aber sie tun es mit Begeisterung.

(Frau Budde, SPD: Niemand hatte vor, das so zu sagen!)

Ich saß lange genug in den Reihen der Abgeordneten und habe die Regierung begleitet, mal mehr und mal weniger intensiv, auch positiv. Das, was wir versuchen wollen, ist doch, einen Haushalt aufzustellen, der ohne Schulden auskommt, bei dem wir tilgen wollen.

(Herr Schröder, CDU: Das ist der Unter- schied!)

Wir wollen die Übertragbarkeit erleichtern, damit die Kolleginnen und Kollegen im Kabinett, aber auch die Arbeitskreise selbst bestimmen können, was sie an welcher Stelle politisch tun. Dafür wollen wir Vorsorge treffen. Deswegen warten Sie doch bitte ab, bis der Haushaltsplanentwurf vorliegt; dann können Sie entscheiden, was genau wir am Ende tun. Ich denke, so viel Zeit sollten wir uns geben. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Herr Schröder das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo ist der Unterschied? - Das ist vielleicht die spannendste Frage dieser Aktuellen Debatte. Der Titel der Aktuellen Debatte verrät diesen Unterschied nicht wirklich: „Verfassungsrechtliche Stellung des Landtages verteidigen“ - das wollen, denke ich, alle.

Der Kabinettsbeschluss zu den Eckwerten des Doppelhaushalts 2012/2013 bildet doch nicht mehr und nicht weniger ab als die Grundlage für das jetzt anstehende Vertitelungsverfahren des Haushaltsplanes seitens der Landesregierung. Die Eckwerte sind, wie wir glauben, zumindest der Höhe nach angemessen - angemessen für einen Sparhaushalt, der auf die Aufnahme neuer Schulden verzichten will, nicht gemessen an den vielleicht berechtigten Wünschen der verschiedenen Ressorts.

Veränderungen zugunsten des investiven Bereiches sind auch auf die Berücksichtigung von Positionen meiner Fraktion zurückzuführen. Wichtige Detailvorschläge der Landesregierung - auch das ist wahr - bedürfen selbstverständlich der weiteren Beratung im parlamentarischen Verfahren.

Verständlicherweise laufen in dieser frühen informellen Phase der Beratung die Gesprächsfäden nicht über die Oppositionsfraktionen. Ihre Reaktion ist diese Aktuelle Debatte „Verfassungsrechtliche Stellung des Landtages verteidigen“, ein Kanonenschuss. Meine Damen und Herren von der LINKEN! Das wollen wir auch.

Aber ist denn das Budgetrecht beschädigt worden, wie Sie das in Ihrer Begründung ausführen? - Nein. Das Budgetrecht des Landtages wird nicht beschädigt, weil dem Landtag wie in den Vorjahren ein vertitelter Haushaltsplanentwurf der Landesregierung zur Beratung zugeleitet werden muss. Das Budgetrecht des Landtages wird nicht beschädigt, weil die Eckwerte, die Kapitel und die Titel des Haushaltes erst dann verbindlich sind, wenn der Landtag den Etat verabschiedet hat.

Das Budgetrecht des Landtages wird nicht beschädigt, weil außerhalb des Personalbereichs keine zusätzlichen Globalbudgets eingeführt werden. Das Budgetrecht des Landtages wird nicht beschädigt, weil die vom Landtag gesetzte Landeshaushaltsordnung gilt und weil sich die Landesregierung aus dieser Landeshaushaltsordnung nicht einfach verabschieden kann. Dies gilt übrigens auch in Bezug auf die dort verankerte Schuldenbremse.

Sehr geehrte Frau Klein! Mittel im Rahmen der Kapitel und Titel sollen nicht durch eine entfesselte Deckungsfähigkeit hin und her geschoben werden können. Das ist richtig. Eventuelle Flexibilisierungsvorschläge werden wir im Detail genau prüfen. Vom Landtag gesetzte politische Schwerpunkte bei der Vertitelung sollen und werden nicht beliebig revidierbar sein.

Meines Erachtens bietet das neue Verfahren sogar die Chance auf mehr Verlässlichkeit, zum Beispiel dann, wenn Haushaltssperren oder mit der Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe verbundene Belastungen für die Fachressorts künftig entfallen. Die Übertragbarkeit nicht abgeflossener Mittel in das nächste Haushaltsjahr schafft Flexibilität im Sinne der Realisierbarkeit gewollter Projekte auch in den Folgejahren. Dadurch wird aus einem Radweg nicht plötzlich ein Bleistift.

Informelle Abstimmungsprozesse im Haushaltsaufstellungsverfahren der Landesregierung ersetzen nicht die eigentlichen Haushaltsberatungen im Parlament. Das Budgetrecht des Landtages kann in dieser Phase noch gar nicht beschädigt worden sein. Worin liegt also der Unterschied?

Ich befürchte keinen Schaden für unser Land durch das gemeinschaftliche Ringen darum, die

verfassungsrechtliche Stellung des Landtages zu verteidigen. Schaden befürchte ich eher durch den Versuch der Antragsteller dieser Aktuellen Debatte, eine politische Antwort zu geben.

Herr Gallert bezeichnet den Verzicht auf neue Schulden als Fehler - das sagte er in einem „Volksstimme“-Interview. Deutlicher wird der Landtagsabgeordnete Swen Knöchel von der Fraktion DIE LINKE auf seiner Abgeordnetenseite im Internet. Dort ist von „Sparwut“ und vom „SchuldenfreiTheater“ die Rede und der Gesprächserfolg der Koalitionsfraktionen wird als „Opportunitätsentgelt“ diffamiert. Der Höhepunkt ist folgende Aussage - ich zitiere -:

„Die kommenden Generationen werden sich beim ihm“

- dem Finanzminister -

„bedanken für das kaputtgesparte Land mit desolater Verwaltung. Polemisch zugespitzt könnte man anmerken, dass die DDR im Verhältnis zur heutigen Staatsverschuldung nominal nahezu schuldenfrei war.“

(Lachen bei der CDU)

- Es ist noch nicht zu Ende.

„Die Kosten ihrer unterlassenen Ausgaben werden aber noch Generationen tragen.“

(Zuruf von der CDU: Peinlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist der Unterschied. Nicht der Kampf um das Budgetrecht des Landtages, sondern die schwarze Null beim Thema Neuverschuldung ist das, was uns zu trennen scheint. Wer neue Schulden fordert und die Konsolidierungspolitik mit dem Staatsbankrott der DDR verwechselt, der sollte in diesem Landtag für keinen Landeshaushalt Verantwortung tragen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schröder, es gibt Nachfragen von Herrn Erdmenger, von Herrn Gallert und von Herrn Knöchel. Sind Sie bereit, diese zu beantworten?

Bitte.

Herr Schröder, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich habe mit Interesse auch das gehört, was Sie zur zeitlichen Übertragbarkeit der Mittel in das nächste Jahr gesagt haben. Verstehe ich Ihre Aus

führungen richtig, dass aus Ihrer Sicht auch für jeden einzelnen Titel zu prüfen ist, welche Titel wir für die zeitliche Übertragbarkeit in das nächste Jahr öffnen und welche nicht? Oder sprechen Sie sich dafür aus, grundsätzlich alle Titel übertragbar zu gestalten?

Die Kapitel, die Titel und letztlich auch die Eckwerte, die das Kabinett beschlossen hat, sind erst dann verbindlich, wenn der Etat verabschiedet worden ist. Eine Möglichkeit der Flexibilisierung sehen wir in der Übertragbarkeit der Mittel. Übrigens ist die Übertragung von Ausgaberesten in die Folgejahre ein Verfahren, das schon jetzt möglich ist; es ist nur sehr aufwendig. Ohne die Möglichkeit der Übertragung tritt dieses „Herbstfieber“ ein - der Finanzminister hat darauf hingewiesen.

Wenn wir eine Möglichkeit der Übertragbarkeit im Sinne von verbesserten Realisierungschancen, und zwar für vom Landtag politisch gewollte Projekte, finden, dann ist das aus unserer Sicht ein geeignetes Mittel, über das wir sprechen sollten. Das werden wir im parlamentarischen Verfahren auch tun.

Herr Gallert.

Herr Schröder, nur eine Richtigstellung. Meine Aussage bezog sich auf Folgendes: Ich sage, es ist ein Fehler, von vornherein zu sagen, egal was es kostet, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, die schwarze Null muss stehen. Ich glaube, dass im Ergebnis einer solchen Beratung unter den Finanzbedingungen, die wir jetzt haben - das hat ja Frau Klein auch gesagt - eine schwarze Null durchaus erreichbar ist. Nun weiß ich das am Ende einer solchen Beratung und nicht am Anfang einer solchen Beratung, sonst mache ich möglicherweise wirklich strategische Fehler. Das ist der Unterschied, Herr Schröder.

Ich will aber eine andere Frage stellen zu der Situation, die wir jetzt bereits haben mit unseren haushaltsrechtlichen Regelungen. Wir sind am Ende der letzten Legislaturperiode Zeuge eines Prozesses gewesen, nämlich dass Mittel in Höhe von 40 Millionen €, die eigentlich für Hochwasserschutzmaßnahmen vorgesehen waren, durch eine alleinige Entscheidung der Landesregierung, ohne dass das Parlament überhaupt noch gefragt werden musste - wir haben im Nachhinein darüber diskutiert, wie wir das finden, aber Entscheidungsgewalt hatte das Parlament überhaupt nicht mehr in der Frage - umgewidmet worden sind primär, nicht ausschließlich, in die Dorferneuerung.

Es waren EU-Mittel. Aber EU-Mittel sind auch im Haushalt veranschlagte Mittel. Halten Sie eine sol

che Situation für tragbar oder ist es möglicherweise an dieser Stelle schon zu einer erheblichen Schwächung der Budgethoheit des Landtags gekommen?

Also zur ersten Aussage, strategische Fehler. Ich denke, in der Debatte ist schon deutlich geworden, dass das der eigentliche Unterschied ist. Wir glauben - wir haben die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung verankert -, dass die Landesregierung in der Pflicht ist, sich an die Landeshaushaltsordnung zu halten. Das bezieht sich ausdrücklich auch auf die Schuldenbremse.

Für uns liegt der strategische Fehler nicht darin, auf neue Schulden zu verzichten, gemessen an der Möglichkeit der öffentlichen Haushalte und an der zusammengetragenen Verschuldung. Für uns liegt der strategische Fehler darin, die Öffnung hin auch in die Neuverschuldung zu wählen. Das trennt uns hier ausdrücklich. Der Unterschied ist da. Ein strategischer Fehler wäre es, in neue Schulden auszuweichen, sich diese Hintertür zu öffnen, um dann letztlich die Verantwortung auf künftige Generationen abzuwälzen.

Das andere ist die Frage des Umgangs mit solchen Mitteln. In der Tat sind solche Beträge und solche politischen Schwerpunktthemen Dinge, die in den Landtag gehören, die beraten werden sollten. Aber die Flexibilität der Haushaltsführung und die Möglichkeit, auch über Bewirtschaftungsmaßnahmen einzugreifen, die haben wir als Haushaltsgesetzgeber der Landesregierung gegeben. Die Landesregierung macht ja in dem Moment nichts, was nicht zulässig wäre.

War es richtig, das gegeben zu haben?

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Wenn ich sage, es ist richtig, dann bezieht sich das natürlich darauf, dass es richtig ist, dass die Möglichkeiten der flexiblen Haushaltsführung, die Möglichkeiten der Bewirtschaftungsmaßnahmen, die man auch im Haushaltsvollzug haben muss, etwas sind, was der Haushaltsgesetzgeber der Landesregierung ermöglicht hat.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Zig Millionen! Das kann nicht mal so nebenbei...)

Deswegen ist es auch richtig, dass sie davon Gebrauch machen kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Knöchel.