Protokoll der Sitzung vom 08.07.2011

Wir haben eben bei der Einbringung schon von dem Reichtum des Landes gehört - Herr Gebhardt, Sie haben es aufgezählt -: angefangen bei den Unesco-Welterbestätten über die reiche Museumslandschaft - wir haben mehr als 250 Museen unterschiedlicher Größe im Land - und die vielen Musikschulen bis hin zu den Landesausstellungen mit Uta, dem mittelalterlichen Topmodel unseres Landes. All das sind wichtige Eckpunkte, die unsere Kulturlandschaft ausmachen.

Hinzu kommt eine Kultur- und Kunstszene, die lebendig ist, die daran mitarbeitet, Sachsen-Anhalt zu einem attraktiven Standort, zu einem guten Lebensort zu machen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir von Zeit zu Zeit ein Kulturkonzept erarbeiten. Ich bin wie Sie der Meinung, dass man Kultur in der Tat planen kann und sogar planen muss. Denn wir haben drei wichtige Herausforderungen zu meistern: die demografische Entwicklung, also die Frage, wie wir auch im ländlichen Raum Kunst und Kultur nicht nur vorhalten, sondern auch fördern und erreichbar machen, das heißt, wie wir mit den demografischen Entwicklungen etwa bis zum Jahr 2025 umgehen.

Wir müssen uns Gedanken über die strukturelle Situation in der Kultur- und Kunstlandschaft unseres Landes machen. Last, but not least müssen wir - Sie haben es angesprochen - die finanziellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Reduzierung der EU-Mittel und mit den Änderungen im Länderfinanzausgleich ab dem Jahr 2019 meistern.

Ausgehend von diesen Überlegungen haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, einen Kulturkonvent einzurichten und ihn beim Kultusministerium anzubinden.

Man kann natürlich darüber streiten - Sie haben einen anderen Vorschlag gemacht -, wo man den Kulturkonvent anbindet. Ich möchte auf eines hinweisen: So wenig der Bildungskonvent ein Organ des Landtages war, so wenig wird der Kulturkonvent ein Gremium oder eine Einrichtung des Kultusministeriums sein. Er wird vielmehr mit einer großen Selbständigkeit agieren und auch agieren müssen. Ich werde, wenn ich auf die Besetzung eingehe, auch sagen, wie sich das darstellt.

Wir haben uns im Vorfeld natürlich überlegt - das sage ich mit Blick auf die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, die sich mit einem Vorschlag an der Debatte beteiligt -, inwieweit man die Idee einer Enquetekommission, wie sie der Bund eingerichtet hat, aufnehmen kann.

Uns schien bei dem Modell des Konvents der Vorteil darin zu bestehen, dass wir neben den Parlamentariern, die selbstverständlich daran beteiligt sind, eine größere Bandbreite von Akteuren aus der Kulturlandschaft einbeziehen können, und zwar nicht nur als Sachverständige oder Experten, die einmal an einer Sitzung teilnehmen, sondern als Akteure, die in diesem Prozess dauerhaft mitreden und dann auch in die Erarbeitung von Empfehlungen für ein Landeskulturkonzept involviert sind.

Ein solches Landeskulturkonzept braucht die Akzeptanz der Akteure und der Kulturlandschaft. Daher ist es uns wichtig, dass wir an Verbände wie den Landesmusikrat und den Bibliotheksverband herantreten und dass wir die Gewerkschaften, die kommunalen Spitzenverbände, die Kirchen und selbstverständlich die Parlamentarier beteiligen. All das ist, so glaube ich, wichtig, damit der Kulturkonvent und die Ergebnisse, die sich in einem

Landeskulturkonzept niederschlagen werden, eine breite Akzeptanz finden.

Wenn man im Lande unterwegs ist - dazu hatte ich in den letzten Wochen Gelegenheit -, dann wird deutlich, wie sehr die Akteure darauf warten, dass es losgeht. Wir dürfen nicht noch mehr Zeit vergehen lassen, indem wir uns in langen Abstimmungen ergehen, sondern wir sollten dieses Gremium zügig starten.

Die Theaterverträge, die Haustarifverträge und die Stiftungsverträge laufen aus. Zudem gibt es einen hohen Handlungsdruck auf der kommunalen Ebene. Ob nun in Dessau oder in Halberstadt, überall fragen sich die Leute, wie es mit ihren kulturellen Einrichtungen weitergeht. Daher brauchen wir zügig dieses Gremium. Wir brauchen schnell Empfehlungen dieses Gremiums, damit wir das Landeskulturkonzept dann auch verabschieden können.

Es ist das Ziel, die Kulturlandschaft in SachsenAnhalt gemeinsam zu sichern und weiterzuentwickeln. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir mit einem parteiübergreifenden Konsens den Kulturkonvent auf den Weg bringen können. Es liegt ein arbeitsreicher Weg vor uns, um zu einem neuen Landeskulturkonzept zu kommen. Lassen Sie uns also keine Zeit verlieren und mit der Arbeit beginnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Weigelt.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke dem Einbringer und Herrn Dorgerloh ausdrücklich dafür, dass sie die gesamte Problematik umfangreich dargestellt haben.

Herr Gebhardt, Sie haben darauf hingewiesen, dass Politiker, vor allem die Fachpolitiker, von der Landesregierung seit Jahren ein neues, tragfähiges Landeskulturkonzept einfordern. Das Wort „tragfähig“ beinhaltet, dass dieses Kulturkonzept bei möglichst vielen Bürgern in Sachsen-Anhalt eine hohe Akzeptanz erfährt.

Dabei sind aus meiner Sicht zwei Dinge von zentraler Bedeutung. Erstens. Wir müssen definieren und begründen, was uns im Kulturland SachsenAnhalt für die künftige Kulturentwicklung - das heißt verkürzt: für die künftige Kulturförderung - besonders wichtig erscheint.

Zweitens. Wir müssen Wege dafür aufzeigen, wie es uns gelingt, das reiche kulturelle Erbe nicht nur zu erhalten, sondern in der Perspektive sogar noch weiterzuentwickeln. All das kann nur in einem breiten gesellschaftlichen Konsens festgestellt werden.

Dazu gibt es offensichtlich unterschiedliche Wege. Das zeigen die drei vorliegenden Anträge in der gleichen Sache.

Die Koalitionsfraktionen haben in ihrer Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, dass ein einzuberufender Kulturkonvent entsprechende Empfehlungen entwickeln und möglichst zügig der Landesregierung an die Hand geben soll. Meine Damen und Herren! Da die Landesregierung, in diesem Fall das Kultusministerium, unserem Auftrag entsprechend ein Landeskulturkonzept erarbeiten soll, kann nach unserer Auffassung auch das Kultusministerium das begleitende Instrumentarium dazu einrichten, nämlich den Kulturkonvent. Herr Minister Dorgerloh hat das ausführlicher begründet.

Manch einer wird nun sagen, dass der Bildungskonvent auch eine Initiative aus dem parlamentarischen Raum war. Das ist auch gesagt worden. Das ist richtig und das war in dem Fall auch sinnvoll. Der Unterscheid zwischen dem Bildungskonvent und dem Kulturkonvent besteht aber darin, dass der Bildungskonvent gesetzgeberische Folgen angestrebt hat. Das ist zu meinem größten Bedauern vom Kulturkonvent nicht zu erwarten.

Vielleicht steht aber am Ende der Beratungen des Kulturkonvents der Wille, ein Kulturgesetz für das Land Sachsen-Anhalt zu schaffen, an einer unübersehbaren Stelle der Wunschliste. Das würde sicherlich nicht nur mich freuen.

Nun zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Möglichkeit der Berufung einer Enquetekommission - das hat der Minister ausgeführt - ist von uns bedacht worden. Diese Möglichkeit wäre auch durchaus gegeben, Frau Kollegin Dalbert. Der Bund - auch darauf hat der Minister hingewiesen - hat das auf vielen Hundert Seiten Papier eindrucksvoll nachgewiesen. Wir haben aber derzeit nicht vor, eine Enquetekommission zum Thema Kultur einzurichten.

Zum Kultursenat. Der Kultursenat als ein beratendes Gremium an der Hand der Landesregierung, sprich des Kultusministeriums - das ist schon richtig. Allerdings birgt der Kultursenat nicht die von uns geforderte und angestrebte Breite der Meinungsbildung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen hat es auf der Ebene der Fraktionen und auf der des Kultusministeriums viele Gespräche gegeben. Ich denke, das war auch gut so. Wir konnten im Fachkollegenkreis einen gangbaren Weg vorskizzieren, den wir in der nächsten, eigens dafür einberufenen Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur am 31. August 2011 gewissermaßen in Öl malen wollen. Ich bin der guten Hoffnung, dass wir alle das Werk dann gemeinsam signieren können. In diesem Sinne bitte ich um die Überweisung aller drei Anträge in den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr. Es gibt noch eine Nachfrage. - Herr Gallert, bitte.

Herr Weigelt, mir kam es noch einmal auf die unterschiedliche Schwerpunktsetzung im Hinblick auf den Bildungskonvent und auf einen Kulturkonvent an. Sie sagten, beim Bildungskonvent sei absehbar gewesen, dass man ein Gesetz dazu verabschieden würde. Sie schließen das für den Kulturkonvent nicht aus, sagen aber, dass Sie es noch nicht genau wüssten.

Herr Weigelt, wir haben gerade eine Aktuelle Debatte darüber geführt, dass wir die Budgethoheit des Landtages verteidigen wollen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Bei diesem Kulturkonvent wird sich doch aber auf jeden Fall eine Konsequenz ergeben, die wir im Landeshaushalt, den wir verabschieden werden, zu berücksichtigen haben. Ob es nun ein Kulturgesetz gibt oder nicht - der Haushalt ist ein Gesetz. Eine Konsequenz werden diese Dinge des Kulturkonvents für uns im Landtag auf jeden Fall haben.

Herr Gallert, das ist doch völlig unbestritten. Was sind denn die Ziele des Kulturkonvents? - Der Kulturkonvent soll der Landesregierung Empfehlungen an die Hand geben für ein tragfähiges Kulturkonzept für die nächsten Jahre, definiert bis zum Jahr 2025. Ob diese Jahreszahl stimmt oder ob es vielleicht auch 2026 ist, sei dahingestellt. Das ist die Absicht. All das, was an haushalterischen Aspekten auftaucht, werden wir im Parlament begleiten; das ist völlig klar.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Das kann man im Parlament alles tun.

Danke sehr, Herr Weigelt. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Professor Dr. Dalbert. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat leben wir in einem sehr reichen Land, in einem Land, das an Schätzen, nämlich an Kulturschätzen, geradezu überquillt. Es sind Schätze, die die Menschheitsgeschichte von der Bronzezeit bis hin zur zeitgenössischen Kunst aufzeigen. Sie reichen von Ausgrabungsstätten über Museen bis zu Theatern. Das ist der Reichtum unseres Landes. Das ist der Reichtum von Sachsen-Anhalt.

Wir beschäftigen uns an dieser Stelle mit dem Thema, weil es diesen Reichtum zu erhalten gilt; denn dieser Reichtum bestimmt unsere Identität als Land. Dieser Reichtum ist auch ein zentraler Wirtschaftsfaktor in unserem Land und - davon bin ich überzeugt - er wird als Wirtschaftsfaktor zunehmend an Bedeutung gewinnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist die reiche Seite unseres Landes. Wir alle kennen auch die andere Seite unseres Landes. Sie hat uns heute Morgen im Rahmen einer Aktuellen Debatte bereits beschäftigt. Wir sind einerseits ein hochverschuldetes Land. Andererseits haben wir uns vorgenommen, eine Null am Ende der Haushaltsberatungen stehen zu haben, unabhängig von der Farbe der Null.

(Herr Schröder, CDU: Vielleicht ist sie auch grün!)

- Ja, vielleicht ist sie auch grün, genau. Das wäre doch ein Ziel. - Wir wissen auch, dass wir damit rechnen müssen, dass unser Haushaltsbudget in der Mitte der Dekade um bis zu 30 % sinken wird. All das ist die Gemengelage, über die wir heute reden: Auf der einen Seite besteht ein unendlicher Reichtum, den wir erhalten wollen, und auf der anderen Seite gibt es drängende finanzielle Probleme.

Es ist eine bedeutsame Angelegenheit, sich hier für die nächste Dekade aufzustellen. Diese Aufgabe ist bedeutsam für das Land, für die Wirtschaft im Land, für die Identität im Land. Bedeutsam ist diese Aufgabe, weil es auch weitreichende Konsequenzen für die Budgetberatung im Landtag hat, möglicherweise auch für andere Gesetzgebungsverfahren. Wir wollen das Ergebnis einer solchen Beratung hier nicht vorwegnehmen.

§ 17 der Geschäftsordnung des Landtages sagt hierzu: Zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche oder bedeutsame Sachkomplexe kann der Landtag eine Enquetekommission einsetzen.

Nach unserer Meinung sind wir genau an diesem Punkt. Es handelt sich um eine umfangreiche und bedeutsame Entscheidung, die vorzubereiten ist. Deswegen treten wir dafür ein, dass wir eine Enquetekommission einsetzen, die natürlich auch die Betroffenen in Anhörungen, in Beratungen und zum Teil im Rahmen der Mitgliedschaft einbezieht. - Das ist der eine Punkt, den ich erwähnen möchte.

Der zweite Punkt ist: In diesem Zusammenhang sollte Qualität ganz klar vor Schnelligkeit gehen. Über manches muss man schneller beraten, beispielsweise über die Frage, wie wir mit der Theaterlandschaft umgehen; denn die Verträge laufen am Ende des nächsten Jahres aus. Für manche Aspekte kann man sich auch mehr Zeit geben.

Ich bin sehr dafür, dass wir uns auf jeden Fall die Zeit über die Sommerpause nehmen sollten, um danach über alle drei Anträge gemeinsam im Ausschuss für Bildung und Kultur zu beraten und dann mit einer Lösung gemeinsam starten zu können, hinter der alle im Hohen Haus vertretenen Fraktionen stehen können. Auch das ist ein Weg, Verbindlichkeit für einen solchen Vorschlag zu erreichen. Ich werbe für eine Überweisung in die Ausschüsse.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In den Ausschuss oder in die Ausschüsse?

In den Ausschuss für Bildung und Kultur.

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Reinecke.