Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn wir im nächsten Jahr dafür noch die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, auch wenn ich weiß, dass dann sicherlich schon viele von Ihnen im Wahlkampfmodus sind, um ab dem Jahr 2016 erstmals zu Beginn einer Wahlperiode eine solche mittelfristige Finanzplanung für diese Wahlperiode zu beschließen, die dann die Grundlage für Haushaltsaufstellungen in der jeweiligen Wahlperiode ist.

„Beschließen“ heißt aber, dass wir gerade diese politische Debatte zwischen dem Parlament und der Landesregierung sowie innerhalb des Parlaments aushalten müssen. Wir dürfen dann aber nicht nach einem Jahr anfangen zu sagen, die Steuermehreinnahmen, die vielleicht schon für die Vorsorgeelemente eingeplant sind, ließen sich doch trefflich für A, B oder C ausgeben.

Ich hoffe, ich habe Ihnen gezeigt, dass das in Sachsen-Anhalt ein weiter Schritt wäre. Damit wären wir auch deutschlandweit in einer Diskussionskultur, die beispielgebend wäre.

Ich glaube, es ist wahrscheinlich so, wie es oft im Leben ist: Derjenige, der von ganz hinten kommt, entwickelt Prozesse und Dynamiken, die ihn in die Lage versetzen, noch weiter zu gehen als andere. Ich sehe darin eine Riesenchance gerade für das Parlament in Sachsen-Anhalt - das hat das Parlament ja auch gelernt -, kritische Dinge offen zu diskutieren und am Ende zu einer Lösung zusammenzuführen.

Einen ersten Schritt in diese Richtung gehen wir mit dem neu geschaffenen finanzpolitischen Informationssystem Sachsen-Anhalt, kurz ISA. Ich habe das System schon zwei Fraktionen und zunächst dem Kabinett vorstellen können. Ich werde in zwei Wochen auch in den anderen beiden Fraktionen sein. In der nächsten Woche geht es leider nicht, weil ich dann mit Blick auf das Thema BundLänder-Finanzbeziehungen auswärts bin.

Wir wollen erreichen, dass es Ihnen im Parlament - unabhängig von der jeweiligen Rolle im Parlament -, der Landesverwaltung insgesamt, bald aber auch den Bürgerinnen und Bürgern möglich ist, alle erhobenen und gespeicherten Daten zu den drei großen Themen Finanzpolitik, Haushalt und Personal in gut aufbereiteter Form nutzen zu können.

Die Diskussion darf nicht der Streit um die Zahlen und um folgende Fragen beherrschen: Was resultiert aus diesen Zahlen? Was habe ich oder was haben wir als Fraktionen für Ziele auf der Grundlage des Datenwerkes?

Wie gesagt, nach der Unterrichtung beginnt die Arbeit. Wenn ich nachher meine Ausführungen beendet haben werde, wird - das ist mit der Landtagsverwaltung so abgestimmt - die Aktivierung des Links zum ISA erfolgen.

Ich denke, Sie können dann - vor allem im Landtag, aber auch in den Fraktionen und in den Bürgerbüros - mit diesem ISA wunderbar arbeiten, erst recht in den anstehenden Haushaltsberatungen.

Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Jahren gemeinsam viel erreicht. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Weichen für die kommenden Jahre richtig gestellt haben, auch wenn manchmal die Wogen der Erregung etwas hoch schlugen und es auch für mich persönlich manchmal nicht ganz einfach war.

Deswegen habe ich besonders darauf geachtet, dass ich in meiner Rede heute einen großen Bogen spanne, dass ich versuche, sehr sachlich das, was aus meiner Sicht in der Vergangenheit geschehen ist, darzustellen, Vorschläge dazu, wie es werden kann, zu unterbreiten und anhand von bestimmten Eckwerten aufzuzeigen, was wir in dieser Wahlperiode noch vorhaben.

Hierbei ging es nicht darum, Beifallsstürme zu bekommen oder zuzuspitzen; das haben wir auch

schon hinbekommen. Aber gerade jetzt, zu einem so wichtigen Zeitpunkt für Sachsen-Anhalt, bei Vorlage dieses Doppelhaushaltes und einer mittelfristigen Finanzplanung und gleichzeitiger Diskussion über die Änderung von Finanzbeziehungen, kommt es, glaube ich, auf Vernunft, Ruhe und Gelassenheit sowie auf das Aushalten von verschiedenen Konzepten an.

Aber es muss entschieden werden; denn eines ist klar: Was wir in den nächsten drei Jahren nicht hinbekommen, werden wir ab 2017/2018 so schnell nicht mehr aufholen können. Denn die Entwicklung hin zur finanzpolitischen Normalität wird weitergehen - egal was wir davon halten.

Ich glaube, dass gesunde Finanzpolitik nicht sture Idee eines Finanzministers sein kann, sondern am Ende von Ihnen in großer Breite mitgetragen werden muss. Ich füge für Sachsen-Anhalt hinzu: Solide Haushalte sind eben eine Voraussetzung dafür, dass wir - dort sind wir noch nicht angelangt - zu den starken Ländern aufschließen - dafür müssen wir viel investieren - und dass nicht im Benchmarking derjenige, der beim Ranking nicht hinter uns, sondern vorn steht, heute noch beispielgebend für junge Menschen ist, die immer noch Anlass sehen wegzugehen; dies aber, Gott sei Dank, nicht mehr in der Anzahl wie früher.

Wir haben es als Erstes hinbekommen, den Wanderungssaldo auszugleichen. Als Zweites wird es gelingen, die Arbeitslosenquote unter 10 % zu bringen. Es muss uns trotzdem noch mehr gelingen, durch gute Bildungsstrukturen, durch gute Arbeitsplätze mit guten Gehältern noch mehr Zuwanderungsland zu werden. Das ist doch der Anspruch.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Das ist eine ständige Aufgabe. Ich glaube, das macht an Fraktionsgrenzen nicht Halt. Ich bin und bleibe optimistisch, dass wir diese Aufgaben in den nächsten Jahren erfolgreich meistern werden.

Ich merke es an meiner Person selbst, wie man heute auch in Berlin als Sachsen-Anhalter auftreten kann. Vor zehn Jahren war es noch eine andere Wahrnehmung. Auch das ist eine Kehrseite dieser aus meiner Sicht nicht schlechten Entwicklung in Sachsen-Anhalt.

Ich denke, dass das Bewusstsein für die anstehenden Herausforderungen bei allen hier im Parlament trotz unterschiedlicher Details vorhanden ist; das schließt die Opposition ausdrücklich mit ein.

Wie gesagt, für die aktive Gestaltung von Zukunft sind viele von uns, so auch ich, vor 25 Jahren in die Politik gegangen. An diesem Grundkonsens sollten wir so lange wie möglich festhalten. Wir alle, egal ob Abgeordnete oder Minister, haben eine Gesamtverantwortung für Sachsen-Anhalt,

erst recht in dieser Zeit. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn, für die Einbringungsrede im Rahmen der Beratungen über den Haltsplanentwurf für die Jahre 2015 und 2016.

Wir dürfen in diesem Hohen Hause weitere Gäste begrüßen. Darunter ist eine Delegation von Bürgerinnen und Bürgern aus dem Saalekreis. Herzlich willkommen hier im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Zur kurzen Erläuterung: Sie haben sich einen parlamentarischen Höhepunkt im Kalenderjahr ausgesucht.

(Herr Henke, DIE LINKE: Jetzt tritt der Op- positionsführer auf! - Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE)

- Der Herr Kollege Gallert, der als nächster Redner spricht, bezieht das gerade auf sich.

Ich möchte es nur ganz kurz erläutern: Die Regierung bringt einen Haushaltsplanentwurf ein. Jetzt hören Sie in einer ersten Aussprache die Stellungnahmen der vier Fraktionen zum Regierungsentwurf. Danach wird in den Ausschüssen über einige Monate hinweg bis zum Jahresende intensiv beraten werden. Durch erneute öffentliche Behandlung der Ergebnisse der Ausschussberatungen wird schließlich transparent gemacht, wie die Vertreter des Volkes, die Abgeordneten, über Einnahmen und Ausgaben entscheiden.

Jeder der hier anwesenden Abgeordneten hat dadurch die Verantwortung auf den Schultern, über rund 10,7 Milliarden € zu entscheiden. Das ist nicht wenig. Alle wissen, dass jeder einzelne Cent von Ihnen, von den Steuerzahlern im Land, erwirtschaftet wurde.

Wir treten nun in die Aussprache ein. Es spricht der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Gallert. Ihr Höhepunkt kann jetzt kommen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Höhepunkt im Parlament ist ein besonderer Höhepunkt. Ich bin dem Herrn Präsidenten dankbar, dass er das noch einmal erklärt hat, weil man zu dem Begriff „Höhepunkt“ durchaus unterschiedliche Vorstellungen haben kann.

Die Rede des Finanzministers über strategische Rahmenbedingungen, so wie er sie sich vorstellt, mit einer Dauer von mehr als einer Stunde war für uns hier unten auf den Rängen sicherlich unwahr

scheinlich interessant. Daher teile ich Ihre Position dazu, Herr Präsident.

(Herr Schröder, CDU: Das war Ironie! - Mi- nister Herr Bullerjahn: Wulf, jetzt kannst du aufhören!)

Zur großen Enttäuschung des Kollegen Finanzministers waren das nicht meine letzten, sondern meine ersten Worte heute.

(Heiterkeit - Zustimmung bei der LINKEN - Minister Herr Bullerjahn: Schade!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einen Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2015 und 2016 vorliegen, der schon bemerkenswert ist. Bemerkenswert ist er deshalb, weil er in seiner jetzigen Existenz von drei Rahmenbedingungen beeinflusst ist, von denen der Wille der Landesregierung nur eine Rahmenbedingung ist. Wir wissen, ehrlich gesagt, nicht, ob das die entscheidende Rahmenbedingung ist.

Der erste Punkt ist: Wir befinden uns in einer sehr günstigen Situation, was die Einnahmen dieses Landes anbelangt. Wir haben sehr günstige Rahmenbedingungen, die sich radikal von dem unterscheiden, worüber die Landesregierung hier noch vor einem Jahr geredet hat. - Punkt 1.

Punkt 2. Natürlich ist der Wille der Landesregierung in diesem Haushaltsplanentwurf enthalten. Wer ihn zurückverfolgen will, den bitte ich noch einmal, sich den sogenannten 42-Punkte-Plan der Landesregierung aus dem Kabinettsbeschluss von Mai 2013 anzusehen.

Das ist das, was die strategische Option der Landesregierung für die Aufstellung der Haushaltspläne der Jahre 2014, 2015 und 2016 gewesen ist. Sie sehen, dass einiges davon noch in dem zur Diskussion stehenden Haushaltsplan enthalten ist, vieles aber längst nicht mehr.

Dass vieles von dem, was diese Landesregierung eigentlich machen wollte, längst nicht mehr im Haushaltsplan enthalten ist, haben wir einer intensiven gesellschaftlichen Debatte zu verdanken, die im letzten Jahr, in den letzten Monaten und übrigens auch noch heute Früh geführt wurde.

Insofern ist dieser Landeshaushalt ein Kompromiss der Landesregierung zwischen dem, was sie eigentlich will, und dem, was man sich in diesem Land politisch überhaupt noch erlauben konnte. Dieser Kompromiss ist besser als das, was die Landesregierung eigentlich wollte, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage aber auch auch: Das wird das gewesen sein, was ich an Lob gegenüber diesem Landeshaushalt zum Ausdruck bringen wollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Viel mehr - das sage ich Ihnen gleich - wird es nicht sein.

Ich möchte auch - ich finde es richtig, dass der Finanzminister das gemacht hat - auf die äußeren Rahmenbedingungen eingehen, unter denen wir diese Debatte hier führen. Wir haben schon gesagt: Diese äußeren Rahmenbedingungen sind außerordentlich günstig.

Ich möchte an dieser Stelle nur einmal auf einen Punkt zurückkommen, der hier noch vor einem Jahr, vielleicht vor eineinhalb Jahren eine dominante Rolle gespielt hat. Vielleicht kann sich der eine oder andere noch daran erinnern: Die Landesregierung hatte bei einem Herrn Deubel ein Gutachten in Auftrag gegeben. Der eine oder andere kann sich an den Namen noch erinnern. Dieses Gutachten war die maßgebliche Grundlage für die Strategie der Landesregierung im letzten Jahr.

Nun überlegen wir einmal, was in diesem Gutachten stand. In diesem Gutachten stand, dass im Landeshaushalt Sachsen-Anhalt real bis zum Jahr 2020 Mittel in Höhe von 2,2 Milliarden € eingespart werden müssen, da wir ansonsten in einem strategischen Defizit versinken. 2,2 Milliarden € - das war der Betrag, der bis zum Jahr 2020 eingespart werden sollte. Das war die Grundlage für die strategischen Entscheidungen der Landesregierung im letzten Jahr.