Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

(Herr Gallert, DIE LINKE: Genau!)

Besser kann man es nicht kaschieren, dass man die Gemeinden bei dem Thema allein lässt. Sie haben strukturpolitisch natürlich auch komplett andere Vorstellungen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja!)

Aber die Botschaft war, Einnahmen zu verbessern, also umzuverteilen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Für schlechte Zei- ten! - Herr Borgwardt, CDU: Alle Rücklagen auflösen!)

Weniger Vorsorge, dafür mehr Ausgaben für Daseinsvorsorge und Personal - das war die Botschaft Ihrer Rede. Das ist nicht nachhaltig. Das ist keine nachhaltige Finanzpolitik,

(Zustimmung bei der CDU)

und ich bleibe dabei: Sie sind mit dieser Politik in Sachsen-Anhalt nicht regierungsfähig, oder Sie müssten, wenn Sie Regierungsverantwortung hätten, Ihre Positionen überdenken oder revidieren.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist so durchsich- tig!)

Dann hätten Sie möglicherweise die Verluste zu verzeichnen, die Ihre Genossen bei den Wahlen in Brandenburg gerade erlitten haben.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Bullerjahn)

Danke sehr, Kollege Schröder. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Fraktionsvorsitzende Frau Professor Dr. Dalbert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Morgen in der Einbringungsrede des Finanzministers im ersten Teil eine Neuauflage der Äußerung des Finanzministers von Anfang Juli erlebt, ein fröhliches Ausrufen: Wir haben es geschafft! Die Reformkonzepte sind aufgegangen! Die Anstrengungen haben sich gelohnt! Nun kommen bessere Zeiten! Die Finanzpolitik wird jetzt Wachstumspolitik sein! Jetzt wird ordentlich investiert! Vorsorgen tun wir auch noch. Für die Tilgung der Altschulden wenden wir bis zu 225 Millionen € im Jahr auf. Die Steuerschwankungsreserve soll auf 800 Millionen € wachsen. Den Pensionsfonds will die Landesregierung bis 2025 auf 3 Milliarden € wachsen lassen.

Also: Mehr investieren, mehr vorsorgen, mehr tilgen - da kratzt man sich dann doch am Kopf -, und das bei möglicherweise geringer werdenden Bundeszuweisungen, einem Fragezeichen hinter den europäischen Fördermitteln; wir haben das heute Morgen schon mehrfach gehört. Solche Ankündigungen sind vor allen Dingen den günstigen Rahmenbedingungen geschuldet, einer guten wirtschaftlichen Situation, guten Steuereinnahmen und geringen Zinsen, die wir für unsere Schulden zahlen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insgesamt klingt das alles wie die Quadratur des Kreises. Doch wenn man genauer in den von Herrn Bullerjahn vorgelegten Doppelhaushalt hineinguckt, erscheinen die blumigen Ankündigungen des Finanzministers schnell in einem anderen Licht.

Erste Frage: Was heißt denn für die Landesregierung „Investitionsoffensive“? Für die Landesregierung heißt Investition vor allen Dingen Investition in Beton. Der Hochbauhaushalt soll bis zum Jahr 2016 um 35 % oder 37 Millionen € ansteigen. Dem stehen Kürzungen im Haushalt für Wissenschaft und Forschung um 20 Millionen € und im Haushalt für Bildung und Kultur um 5 % oder 75 Millionen € gegenüber. Die Landesregierung von Ministerpräsident Haseloff setzt also ganz klar auf Beton zulasten von Zukunftsinvestitionen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da sagt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr klar: So werden wir Sachsen-Anhalt nicht zukunftsfest machen; denn die wichtigsten Investitionen in unserem Land sind die Investitionen in die Köpfe der Menschen, die hier bei uns im Lande leben, und nicht in Beton.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie gesagt, Sie wollen bei Wissenschaft und Forschung bis zum Jahr 2016 um 20 Millionen € kürzen. Das ist keine kluge, nachhaltige Haushaltspolitik; denn kluge, nachhaltige Haushaltspolitik würde dort investieren, wo die Renditen, die wir erwarten können, am höchsten sind. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Sie wollen die Mittel für die Exzellenzinitiative des Landes auf ein Drittel des bisherigen Ansatzes kürzen, obwohl gerade in diesem Bereich die Renditen sehr hoch sind. 1 € erbringt über Multiplikatoreneffekte eine Rendite von 300 % und mehr. Es ist völlig klar: Hier kürzen Sie an der falschen Stelle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist nur ein Beispiel. Ich könnte auch die Landesgraduiertenförderung nennen, die Sie langsam ausbluten lassen wollen,

(Herr Lange, DIE LINKE: Auf null will er sie setzen!)

langsam auf null setzen wollen. Dabei ist das doch ein exzellentes Mittel, um die besten Köpfe nach dem Studium in Sachsen-Anhalt zu halten. Das ist doch genau das, was wir brauchen: Wir brauchen die besten Köpfe für Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann hören wir häufig von Ihnen, wir brauchen Geld, um Drittmittel zu binden. Auch das haben wir heute wieder von Ihnen gehört; Sie haben stolz verkündet: Wir werden alle Drittmittel binden. Dazu sage ich Ihnen: Das ist ein falsches Paradigma. Wir wollen Sachsen-Anhalt zukunftsfest machen. Dazu brauchen wir nicht irgendwelche Mittel, sondern dazu brauchen wir genau die Mittel, die wir für die richtigen Zukunftsinvestitionen benötigen. Dazu gehören Wissenschaft, Forschung und natürlich auch Bildung.

Schauen wir in den Bildungs- und Kulturbereich.

Erstens. Was sind die Investitionslücken? - Ich nenne das Personalentwicklungskonzept. Die Unterrichtsversorgung wird durch Ihr Personalentwicklungskonzept, infolge des Umstandes, dass immer mehr Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen in Sachsen-Anhalt fehlen, in extremer Weise gefährdet. Aber Sie stellen sich auch heute wieder hier hin und rechnen uns vor, was 100 Personen, die man weniger im Landesdienst hat, an Geldersparnis im Landeshaushalt bringen.

(Minister Herr Bullerjahn: Tausend!)

- Sie können das durch zehn teilen, dann sind Sie bei 100. - Sie stellen immer diese Relation auf: Wenn man soundso viele Leute weniger im Landesdienst hat, dann spart man soundso viel im Landeshaushalt. - Aber das Land ist doch nicht für den Landeshaushalt da, sondern der Landeshaushalt ist für das Land da.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen müssen wir auf die Aufgaben schauen, die wir für das Land erfüllen müssen. Dazu gehört natürlich eine ordentliche Unterrichtsversorgung, also eine ausreichende Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern. Durch Ihre Politik wird der Mangel an den Schulen immer größer. Deswegen brauchen wir mehr Lehrer und Lehrerinnen. Wir brauchen mehr Studienplätze und mehr Referendariatsplätze, damit wir die Lehrer und Lehrerinnen, die wir für unsere Schulen brauchen, am Ende überhaupt im Land haben.

Zweitens. Die geplanten Grundschulschließungen waren heute Morgen auch Thema. Damit gefährden Sie die Entwicklung im ländlichen Raum. Ich empfinde es als den Gipfel dieser Form von Politik, dass für diese massiven Einwirkungen in die Struktur des Landes noch nicht einmal eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorliegt.

Man kann sich politisch darüber streiten, ob man das will oder nicht. Ich halte es politisch für falsch. Aber Sie können noch nicht einmal nachweisen, dass das eine wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme ist. So kann man keine Politik für Sachsen-Anhalt machen.

(Beifall bei der LINKEN - Unruhe)

Es ist etwas zu laut im Saal. Ich bitte um etwas Ruhe.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Danke, Frau Präsidentin. - Inklusion ist ein gesellschaftlich hochrelevantes Thema. Das finde ich im Haushalt nahezu ausgeblendet. Dabei ist gerade das ein Bereich, in dem wir verstärkt Investitionen in Infrastruktur und Personal benötigen.

Im Kulturbereich setzen Sie auf Leuchtturmprojekte und lassen gewachsene kulturelle Institutionen finanziell ausbluten. Das halten wir für eine falsche Politik.

Ich sage Ihnen: Eine Kürzung um 76 Millionen € im Haushalt für Bildung und Kultur bis zum Jahr 2016 trägt nicht zur Stärkung des Landes bei. Damit machen Sie das Land für junge Familien, Kulturinteressierte und Kulturtouristen wenig attraktiv.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Herrn Wagner, DIE LINKE)

Zu den Zukunftsinvestitionen gehört natürlich auch der Erhalt der Lebensgrundlagen. In diesem Zusammenhang muss ich auch heute wieder auf das Thema Natura 2000 zu sprechen kommen.

Ich kann es nur wiederholen: Bisher sind lediglich 44 der 297 Natura-2000-Gebiete in nationales Schutzrecht überführt worden. Wenn ich mir ansehe, was die Landesregierung diesbezüglich vorschlägt, dann wird mir angst und bange um die Vielfalt, die es zu schützen gilt, dann habe ich Angst, dass die Vielfalt unter die Räder kommt.

(Minister Herr Dr. Aeikens: Keine Sorge!)

Wir müssen genau hinschauen. Kartierungs- und Monitoringaufgaben - das steht in dramatischer Weise aus. In diesem Bereich muss SachsenAnhalt besser werden; denn nur dann können wir die Lebensgrundlagen erhalten. Wenn wir genau hinsehen, wie sich die Arten entwickelt haben, dann können wir einen Plan entwickeln, um herauszufinden, was die Arten brauchen, damit es ihnen bei uns besser geht - ob das die Großtrappe, der Rotmilan, die Wildkatze oder andere Arten sind. Diese Aufgabe müssen wir endlich ernst nehmen. Dazu sage ich Ihnen: Sie ist nicht zum Nulltarif oder - um präzise zu sein - für 250 000 € im Jahr zu lösen. An dieser Stelle müssen wir nachbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie, Herr Bullerjahn, meinen ja, dass durch Ihre Politik die Kommunen bereits so aufgestellt seien, dass sie für ihre Bürgerinnen und Bürger alle notwendigen Aufgaben wahrnehmen könnten. Die Kassenkredite der Kommunen sprechen da eine völlig andere Sprache. Sie sind in nur vier Jahren um 40 % bzw. 440 Millionen € angestiegen.

Ich glaube, damit ist das Problem sehr klar umrissen: Es werden immer mehr Aufgaben auf die Kommunen verlagert, ohne dass eine ausreichende finanzielle Ausstattung damit verbunden ist. Auch die lange Wartezeit auf bereits zugesagte Finanzmittel trägt extrem zu der angespannten Finanzsituation der Kommunen bei.

Wir erinnern uns - der Name Deubel fiel heute hier schon einmal -: Der Plan war einmal, dass das reformierte Finanzausgleichsgesetz den Kommunen durch feste Berechnungsregeln und eine transparente Fortschreibung Planbarkeit und eine auskömmliche Finanzierung sichern sollte.

Nun stehen Änderungen und zusätzliche Barrieren im Raum - wir haben heute von Rechentricks zur Reduzierung der Finanzkraft der Kommunen gehört -, womit Sie diese ursprüngliche Absicht in einem Handstreich zerlegt haben. Am Ende sollten die Kommunen sehr viel weniger Geld bekommen. Neueste Ankündigungen besagen, dass hierbei wieder zugelegt werden soll und große Teile der