Protokoll der Sitzung vom 16.10.2014

Wir stimmen dann über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer stimmt dem Gesetz in seiner Gesamtheit zu? - Das ist wieder das ganze Haus. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit ist das Gesetz beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 7 abgearbeitet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Parlamentsreform 2014

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3430

Beschlussempfehlung Ältestenrat - Drs. 6/3497

Die erste Beratung fand am 18. September 2014 statt. Berichterstatter ist Herr Borgwardt. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Borgwardt, Berichterstatter des Ältestenrates:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, in diesem Hohen Hause nach intensiven Beratungen im Ältestenrat und in den mitberatenden Ausschüssen die Beschlussempfehlung des Ältestenrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Parlamentsreform 2014 - der Präsident hat die Drucksachennummer genannt - unterbreiten zu dürfen.

Mir gibt es die Geschäftsordnung auf, einige wesentliche Gesichtspunkte, die in der Ausschussberatung zur Sprache kamen, wiederzugeben. Der Landtag hat den Entwurf eines Gesetzes zur Parlamentsreform 2014 in der Drs. 6/3430 in seiner Sitzung am 18. September 2014 in erster Lesung beraten und in den Ältestenrat zur federführenden Beratung sowie zur Mitberatung in die Ausschüsse für Recht, Verfassung und Gleichstellung, für Inneres und Sport sowie für Finanzen überwiesen.

Bereits am nächsten Tag kam der Ältestenrat zu einer außerplanmäßigen Sitzung zusammen und beschloss einstimmig eine vorläufige Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse.

Die Fraktion DIE LINKE brachte einen Änderungsantrag in den Ausschuss für Finanzen mit dem Ziel ein, die allgemeine Kostenpauschale von 1 800 € auf 1 600 € zu begrenzen. Sie führte zur Begrün

dung des Antrages aus, der Gesetzentwurf weiche von der diesbezüglichen Vereinbarung aller Fraktionen ab. Zudem hätten die jährlichen Veränderungen des Verbraucherpreisindexes mit durchschnittlich 1,4 % höchstens ein Viertel der gewünschten Erhöhung gerechtfertigt.

Der Finanzausschuss beschloss jedoch die unveränderte Annahme der vorläufigen Beschlussempfehlung mit 8 : 1 : 4 Stimmen.

Im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung beantragte die Fraktion der SPD in einer Tischvorlage eine Änderung in Artikel 65 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung, nach der der erste Wahlgang zur Wahl des Ministerpräsidenten nach 50 Tagen statt bisher nach 14 Tagen nach dem Zusammentritt des Landtages stattfinden soll.

Der Ausschuss folgte zunächst der vorläufigen Beschlussempfehlung einstimmig, behielt sich jedoch eine nähere Befassung mit dem Begehren der SPD-Fraktion in seiner Sitzung am 24. Oktober 2014 vor.

Im Ausschuss für Inneres und Sport beantragten die Fraktionen der CDU, der SPD und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in einer Tischvorlage neben einigen rechtsförmlichen Änderungen unter anderem auch eine Heraufsetzung des Lebensalters zur Ablehnung eines Wahlehrenamtes auf 67 Jahre, um der demografischen Entwicklung und der Erhöhung des Renteneintrittsalters Rechnung zu tragen. Der Innenausschuss beschloss die Änderungen in seiner Sitzung am 2. Oktober 2014 einstimmig.

Die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE stellten in der abschließenden Beratung des Ältestenrates am 9. Oktober 2014 einen gleichlautenden Antrag, über den bereits der Ausschuss für Finanzen zu befinden hatte. Die Mehrheit im Ältestenrat hat sich weder dem Antrag noch den Antragsgründen angeschlossen und hat den Antrag deshalb bei 3 : 8 : 0 Stimmen abgelehnt.

Er folgte der Stellungnahme des Ausschusses für Inneres und Sport und verständigte sich weiterhin auf eine geringfügige redaktionelle Änderung. Die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung verabschiedete der Ältestenrat einstimmig.

Es sprengt zwar, liebe Kollegen, die Aufgabe eines Berichterstatters. Aber ich möchte dennoch hier einen Vorschlag zum weiteren Verfahren unterbreiten. Wir absolvieren heute die zweite Beratung. Da wir die Verfassung ändern wollen, benötigen wir, wie wir alle wissen, drei Beratungen. Nach der heute zu absolvierenden zweiten Beratung kann das Plenum das Paket erneut in einen oder in mehrere Ausschüsse überweisen oder darauf verzichten. Ich möchte Ihnen empfehlen, das Reformpaket erneut in einen Ausschuss zu überweisen, und schlage den Ältestenrat vor, der bereits zwi

schen der ersten und der zweiten Beratung als federführender Ausschuss fungierte. In weitere Ausschüsse sollte das Paket aus meiner Sicht nicht erneut überwiesen werden.

Um es dem Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu ermöglichen, in seiner Sitzung am 24. Oktober 2014, die ich vorhin nannte, über die Vorstellung der SPD-Fraktion zur Änderung der Fristen in Artikel 65 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung zu befinden, sollte der Vorsitzende des Ältestenrates gebeten werden, den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung auf der Grundlage von § 29 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Landtages um die Abgabe einer Stellungnahme bitten. Diese könnte dem Ältestenrat in seiner Sitzung am 6. November 2014 vorliegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können uns glücklich schätzen, dass wir eine solche Landesverfassung haben. Sie hat der Demokratie in unserem Land nicht nur Stabilität verliehen. Sie ist das wichtigste politische Fundament unseres Landes. Deshalb verdient auch unsere Verfassungsänderung, über die Sie heute mit zu entscheiden haben, einen breiten Konsens. Ich bitte Sie in diesem breiten Konsens um Ihre Zustimmung und besonders in der abschließenden dritten Beratung um eine breite Zustimmung aller in diesem Hohen Hause. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Borgwardt. - Meine Damen und Herren! Bevor wir jetzt gleich in die vereinbarte Dreiminutendebatte eintreten, will ich daran erinnern, dass wir heute früh beschlossen haben, dass der Tagesordnungspunkt 10 vor dem Tagesordnungspunkt 9 behandelt wird. Ich sage das nur, damit Sie sich entsprechend darauf vorbereiten können.

Wir treten jetzt in die vereinbarte Dreiminutendebatte ein. Für die Fraktion DIE LINKE spricht als Erster der Abgeordnete Herr Henke. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie der Berichterstattung zu entnehmen war, hat die Fraktion DIE LINKE für die Überweisung des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes an das Plenum gestimmt. Sie trägt die Einigung nach wie vor mit.

Sie wissen, es gibt die offene Frage der Höhe der künftigen zusammengelegten allgemeinen Erstattung der Aufwandspauschalen ab der siebenten Wahlperiode. Der Berichterstatter hat Ihnen unsere Argumentation erläutert, aber weder im Finanzausschuss noch im Ältestenrat hat es dafür - außer bei unserer Fraktion - eine Zustimmung gegeben.

Aus der Sicht unserer Fraktion ist es nach nochmaliger Prüfung der Erörterungen im Innenausschuss dennoch notwendig, dass es im Ausschuss für Inneres und Sport noch einmal eine Befassung mit dem Gesetzentwurf gibt. Namentlich geht es uns um die Notwendigkeit einer nochmaligen Beratung der Anlage zum Landeswahlgesetz. Nach nochmaliger Prüfung und Recherchen sieht unsere Fraktion hierbei einen nochmaligen Erörterungsbedarf. Ich beantrage daher für unsere Fraktion neben der Überweisung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und zur federführenden Beratung in den Ältestenrat, auch noch einmal den Innenausschuss mit der Befassung zu beauftragen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Henke. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt Frau Grimm-Benne.

(Heiterkeit)

Soll ich den Leuten auf der Tribüne sagen, dass du aus Nordrhein-Westfalen bist?

Ich weiß gar nicht, mit welcher rauchigen Stimme ich jetzt zur Parlamentsreform sprechen soll.

(Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die Gelegenheit nutzen, für den Antrag der SPD-Fraktion zu werben, der am 3. Oktober 2014 in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung eingebracht worden ist.

Wie bereits in der letzten Landtagssitzung angekündigt, wollen wir die Möglichkeit eröffnen, für die Regierungsbildung mehr Zeit einzuräumen. Deshalb haben wir den Vorschlag unterbreitet, Artikel 65 Abs. 2 Satz 1 folgende Fassung zu geben:

„Zum Ministerpräsidenten ist gewählt, wer im ersten Wahlgang, der innerhalb von 50 Tagen nach dem Zusammentritt des Landtages stattfinden muss, die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtages auf sich vereinigt.“

Sie haben zurzeit in drei anderen Bundesländern mitbekommen, wie lange die Regierungsbildung dort dauert, und Sie haben mitbekommen, wie lange die Regierungsbildung beim Bund gedauert hat. Daher sind wir der Auffassung, dass man diesem Rechnung tragen muss. Wir haben in unserer Verfassung eine sehr kurze Frist eingeräumt. Deshalb wollen wir neben der Konstituierung des Landtages innerhalb von 30 Tagen eine weitere Frist von 50 Tagen draufsetzen, sodass es insgesamt

eine 80-tägige Frist gibt, eine Regierungsbildung, Koalitionsvereinbarungen etc. zu erreichen. Dies wollte ich noch einmal deutlich machen.

Ansonsten schließe ich mich dem Kollegen Borgwardt hinsichtlich der Überweisung in den Ältestenrat zur federführenden Beratung sowie hinsichtlich des Vorschlags an, dass man gerade hinsichtlich unseres Antrages nochmals die Stellungnahme des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung einholt. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nun Herr Kollege Striegel. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, die Vorgängerinnen und Vorredner haben bereits deutlich gemacht, worum es geht.

Zwischen der ersten und der zweiten Lesung im Parlament haben wir vor allem technische Änderungen am Gesetzespaket zur Parlamentsreform vorgenommen. Diese Änderungen waren auch unstrittig ob ihres technischen Gehalts - mit einer Ausnahme: bei den Wahlcomputern. Hierbei ist meine Fraktion weiterhin skeptisch, ob sie ein geeignetes Mittel sind.

Die jetzt gefundene Regelung, die ja eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichts umsetzt und nach der zumindest klarere Kriterien beim Erlass einer Verordnung zu Wahlcomputern im Gesetz stehen, ist für uns die bessere im Vergleich zur vorherigen Lösung. Insofern können wir ihr zustimmen.

Ich sage aber auch sehr deutlich: Vom Grundsatz her sehen wir den Einsatz von Wahlcomputern weiterhin sehr skeptisch, da nicht eindeutig nachvollziehbar ist, wie die Wahlausübung stattgefunden hat, und das Wahlgeheimnis nicht zwingend gewahrt ist. Deshalb würden wir das gern für Sachsen-Anhalt nicht in den Blick nehmen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Herrn Wagner, DIE LINKE)

Den Vorschlag der Sozialdemokraten zur Verfassungsänderung haben wir in unserer Fraktion natürlich bereits besprochen, und wir sehen ihn als eine sehr sinnvolle Angelegenheit an. Wir glauben, dass es notwendig ist, Vorkehrungen zu treffen, damit die innerparteiliche Demokratie Raum hat und eine Entwicklung gespiegelt wird, die in der Bundesrepublik zweifelsohne vorhanden ist. Der vorgeschlagene Zeitraum - 50 Tage plus die vorausgehenden 30, insgesamt 80 - ist nicht un

angemessen. Wir sprechen dabei von einem Zeitraum von unter drei Monaten, in dem wir am Ende wieder eine funktionierende Landesregierung hätten.

Die Bundesländer sind dabei im Konzert sehr unterschiedlich. Es gibt Bundesländer, die überhaupt keine zeitliche Begrenzung haben. Das können wir uns nicht vorstellen. Die insgesamt 80 Tage scheinen uns eine gute Begrenzung zu sein. Das würden wir auch aus demokratietheoretischer Perspektive für richtig halten.