Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Die Prüfung muss daher als eine Auftragstätigkeit für die Stadt Wolmirstedt im Wege der Organleihe und nicht als Tätigkeit als Organ des Landkreises eingestuft werden. Im Klartext heißt das, dass dieser Bericht des Rechnungsprüfungsamtes des Landkreises Börde nicht für den Landkreis, sondern für die Stadt Wolmirstedt erarbeitet worden ist und demzufolge auch dorthin weitergeleitet worden ist.

Ich bin aber nicht Bürgermeister der Stadt Wolmirstedt gewesen. Der besagte Bericht, der in seiner Konsequenz ohnehin nur auf die bestehende Zuständigkeit des Landesverwaltungsamtes hinweist, war deshalb niemals für mich bestimmt und ging mich als Landrat de facto auch nichts an. Berichte des Rechnungsprüfungsamtes gehen den Landrat sowie den Kreistag nur etwas an, wenn sie auch für den Landkreis erarbeitet werden.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, der Landkreis Börde bestand bis zum Jahr 2009 aus mehr als 100 politisch selbständigen Gemeinden. Das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises ist für all diese Gemeinden zuständig und prüft sie kontinuierlich. Glauben Sie im Ernst, dass ein Landrat nichts Besseres zu tun hat, als all diese Berichte zu lesen?

Wenn Sie mir das trotzdem und partout nicht glauben wollen, dann können Sie doch hier die anwesenden Abgeordneten fragen, die einmal Landrat gewesen sind. Fragen Sie sie ruhig einmal, wie der zwölfstündige Arbeitsalltag eines Landrates so aussieht.

Sie, sehr geehrter Herr Gallert, ganz persönlich können darüber hinaus auch gern Ihre Schwägerin fragen. Sie leitet seit mehr als 20 Jahren das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde und sie macht ihre Arbeit sehr gewissenhaft. Herr Gallert, fragen Sie Ihre Schwägerin, ob sie jemals einen Bericht weitergeleitet hat, den ihr Rechnungsprüfungsamt im Wege der Organleihe für eine Stadt oder eine Gemeinde erstellt hat. Fragen Sie sie. Dann kommen wir wieder und sprechen erneut darüber.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Dr. Köck, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir diesen Aspekt hoffentlich geklärt haben, kann ich zu dem Bericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung, kurz Olaf, kommen. Wie ich Ihnen an dieser Stelle bereits Mitte September 2014 mitteilte, war der Landesregierung lange Zeit eine umfassende Prüfung des Olaf-Berichts nicht

möglich, und zwar aus dem Grund, dass dieser Bericht trotz mehrfacher Nachfragen beim Olaf der Landesregierung zunächst nur unvollständig vorgelegt worden war. Es fehlten sämtliche Anlagen, die für die notwendige eigenständige inhaltliche Beurteilung der vom Olaf getroffenen Feststellungen erforderlich waren. Diese Unterlagen erreichten mein Haus leider erst vor neun Tagen, Herr Dr. Thiel.

Natürlich sind sie seither in meinem Zuständigkeitsbereich Gegenstand intensiver Prüfungen dahingehend, ob im vorliegenden Fall gegen Fördermittelrecht verstoßen worden ist.

Allerdings haben diese Unterlagen bereits zu einer ersten Konsequenz geführt. Ich habe in einem Erlass an das Landesverwaltungsamt vom 10. November 2014 vorsorglich umgehend sicherstellen lassen, dass die Stadt Wolmirstedt ihren Pflichten zur Aufbewahrung von Verwendungsnachweisunterlagen umfassend nachkommt.

Im Übrigen kann ich zur weiteren Verfahrensweise bereits jetzt mitteilen, dass ich - jedenfalls in Ansehung der bereits jetzt ersichtlichen Unstimmigkeiten im Bericht des Olaf - den Kontakt zu den auf der EU-Ebene Verantwortlichen suchen werde, damit auch hinsichtlich der EU-Mittel-Rückforderung entsprechende Konsequenzen gezogen werden können.

Gleichwohl werden Sie sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich nach einer so kurzen Zeitdauer eine abschließende Bewertung zu diesem Teil des Gesamtkomplexes weder abgeben kann noch werde; dies wäre auch unseriös. Die Aufklärung aller vom Olaf erhobenen Vorwürfe wird voraussichtlich auch weiterhin ein zeitaufwendiges Anliegen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Zuständigkeitsbereich sein.

Ich kann Ihnen gleichwohl bereits heute und hier zusagen, dass ich Sie nach dem Vorliegen weiterer Erkenntnisse umgehend darüber informieren werde. Sobald der abschließende Bericht des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr erarbeitet worden ist, wird dieser dem Landtag selbstverständlich ebenfalls zur Verfügung gestellt werden.

Weil in der Berichterstattung eines bestimmten Journalisten jedoch immer lang und breit aus dem Olaf-Bericht zitiert wird, sei mir hier noch eines gestattet: In einer Anhörung der größten Fraktion im Europäischen Parlament am 3. Oktober 2013 beschäftigte man sich unter anderem auch mit der Rolle des Olaf im Zusammenhang mit dem Amtsverlust des damaligen EU-Gesundheitskommissars im Oktober 2012. In der Zusammenfassung des Berichts der Anhörung heißt es über das Olaf - Zitat -:

„Hier liegen klare Rechtsverstöße vor, die aber nicht aufgearbeitet werden, weil das

Amt nicht bereit ist, sich an Recht und Gesetz zu halten. Es verlangt eine Verurteilung vor Gericht. Damit haben wir es mit einer Umkehrung von Beweislast zu tun.“

Ein anderes Zitat:

„Klar wurde, dass das Amt ineffizient arbeitet und die finanziellen Interessen der Union absolut ungenügend schützt.“

Und schließlich ein weiteres Zitat:

„Es gab also keine neutrale Untersuchung mit belastendem und entlastendem Material, sondern eine von Anfang an voreingenommene Untersuchung mit dem Ziel, Vorwürfe zu beweisen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lasse dies vor allem deshalb nicht unerwähnt, weil Sie den Olaf-Bericht angefordert haben, um ihn zu lesen. Sie sollten auch wissen, wie die Arbeitsweise des Olaf auf der europäischen Ebene beurteilt wird.

Angesichts der „Unfehlbarkeit“ des Olaf sage ich hier und heute: Der Landrat des Landkreises Börde ist in dem Bericht nicht genannt. Vielmehr ist der Landrat des Bördekreises in diesem Bericht genannt. Der Bördekreis ist durch den Landtag zum 1. Juli 2007 aufgelöst worden. Heute gibt es nur noch den Landkreis Börde. Dieses Amt sollte Sorgfalt an den Tag legen, wenn es um Gebietskörperschaften geht.

(Oh! bei der LINKEN - Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit ihrem Aktenvorlagebegehren hat die Fraktion DIE LINKE ein Angebot angenommen, das ich Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Thiel, sowie dem gesamten Landtag bereits in der Landtagssitzung am 19. September 2014 unterbreitet habe. Sie können dies in dem entsprechenden Protokoll gern nachlesen.

Sie haben den Antrag bezüglich des Olaf-Berichtes im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft am 21. Oktober 2014 gestellt und ihn einige Tage später, nämlich am 27. Oktober 2014, gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN umfassend erweitert.

Die Drucksachen der beiden Selbstbefassungsanträge datieren vom 23. bzw. vom 28. Oktober 2014. Ich begrüße diese beiden Anträge ausdrücklich, weil sich dadurch für alle Beteiligten die Chance eröffnet, alle Fakten besser kennenzulernen. Umso mehr verwundert es mich aber, dass zwischen meinem Angebot in der besagten Landtagssitzung am 19. September 2014 und der Antragstellung am 21. Oktober 2014 reichlich vier Wochen liegen.

Die Frage, was die Opposition hier möglicherweise in ihrem aufklärerischen Drang gebremst hat, kann nur sie selbst beantworten. Eines fällt allerdings in jedem Fall auf: Nach einer längeren Funkstille in der medialen Berichterstattung erschienen am 18. und am 21. Oktober 2014 in der „Volksstimme“ mehrere Berichte zu diesem Thema. Möglicherweise ließ dies den einen oder anderen hochschrecken und sich an mein Angebot erinnern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine persönliche Anmerkung.

(Frau Dr. Paschke, DIE LINKE: Jetzt kommt es! - Herr Lange, DIE LINKE: Noch eine! - Heiterkeit bei der LINKEN)

Als jemand, der in diesem Hohen Haus selbst zwölf Jahre gesessen hat, möchte ich sagen, dass es eigentlich so sein sollte, dass eine Zeitung über die Arbeit des Landtages und seiner Abgeordneten berichtet; es sollte nicht so sein, dass die Abgeordneten ihre Arbeit an den Berichten der Zeitung ausrichten.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich bin allerdings nach der heutigen Aktuellen Debatte nicht mehr zu 100 % sicher, ob dies heute noch so zutrifft.

Auch der zeitliche Verlauf des Aktenvorlageverfahrens hat bereits Eingang in die Berichterstattung gefunden. Um der Bitte der Opposition nach umfassender Aufklärung auch in diesem Punkt zu entsprechen, kann ich hier heute Folgendes mitteilen:

Der Landtagspräsident hat die Staatskanzlei am 30. Oktober 2014 auf dem üblichen Weg über das Aktenvorlagebegehren unterrichtet. Das entsprechende Schreiben ist am 4. November 2014 in der Staatskanzlei eingegangen.

(Oh! bei der LINKEN)

Nach der Kabinettsbefassung ist mit Datum vom 11. November 2014 ein Schreiben verfasst worden, welches dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr vorab per E-Mail mit Datum vom 12. November 2014 übermittelt wurde. Dieser Vorgang wurde dann durch die Staatskanzlei weitergeleitet.

Ich habe daraufhin sofort meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, dem Landtag die betreffenden Akten unverzüglich und vollständig zur Verfügung zu stellen. Teilweise mussten diese Unterlagen zunächst per Fahrer aus dem Landesverwaltungsamt bzw. aus Wolmirstedt herbeigeschafft werden.

(Oh! bei der LINKEN)

Ich erwähne dies hier nicht zuletzt, weil bereits in der gestrigen Ausgabe der „Volksstimme“ auch hierzu wieder mit Mutmaßungen und Verdächtigungen hantiert wurde. In diesem Zusammenhang wurde der Name des Abgeordneten Olaf Meister genannt.

In der Zeitung heißt es:

„Wegen der Verzögerung sei eines jedoch klar, so Meister: ‚Die Debatte am Donnerstag wird nicht die letzte sein, die wir im Landtag zur Jahn-Halle führen werden.’"

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Meister, ich kann Ihnen heute nicht ersparen, Sie daran zu erinnern, dass Sie sich in einer E-Mail vom 26. August 2014 an das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr gewandt und um Übersendung des Prüfberichtes aus dem Jahr 2010 gebeten haben.

Die erbetene Unterlage ist Ihnen per E-Mail am 29. August 2014, also nur drei Tage nach ihrer Anfrage, zur Verfügung gestellt worden. Sie haben sich bei Ihrer Anfrage explizit auf meine Rede vor dem Landtag am 14. November 2013 bezogen.

Schon damals hatte ich allen Abgeordneten im Sinne von Transparenz und partnerschaftlicher Zusammenarbeit ein ähnliches Angebot gemacht, wie ich es im September 2014 wiederholt habe.

Warum Sie jedoch von dem damaligen Angebot erst mit neunmonatiger Verspätung Gebrauch gemacht haben, bleibt Ihr Geheimnis. Wie sich dieses dann mit der von Ihnen begründeten Notwendigkeit weiterer Debatten aufgrund der angeblichen oder tatsächlichen Verzögerungen bei der Aufklärung in Einklang bringen lässt, müssen Sie schon selbst erklären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die angeforderten Akten liegen dem Landtag mittlerweile vor. Wie meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgeteilt haben, umfassen die überlassenen Akten in der Summe 11 814 Seiten.

Herr Dr. Thiel, ich bewundere, dass Sie sie heute schon gelesen haben.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Ich habe mir ei- nen Überblick verschafft!)

Noch etwas anderes: Wenn Sie auf diesen 11 814 Seiten meinen Namen finden, dann gebe ich Ihnen sehr gern einen aus.

(Beifall bei der CDU)

Im Einzelnen handelt es sich bei den Unterlagen um den Schlussbericht des Olaf, sämtliche in meinem Haus, im Landesverwaltungsamt und in der Stadt Wolmirstedt vorhandenen Akten, die sich mit der Förderung einschließlich der Verwendungsnachweisprüfung der Maßnahme Jahn-Sporthalle Wolmirstedt befassen.