Protokoll der Sitzung vom 10.12.2014

Das war bei diesem Doppelhaushalt angesichts der verändernden Steuerschätzungen nicht selbstverständlich, auch wenn uns der Präsident des Landesrechnungshofes diesbezüglich ein anderes Zeugnis ausstellen mag.

Ich weiß nicht, was ihn zu diesem Interview am 29. November 2014 in der „Volksstimme“ bewogen hat, aber ich weiß, dass er die von uns durch die Landeshaushaltsordnung übertragene Kompetenz überschritten hat.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, mit Ihrer Erlaubnis darf ich § 88 der Landeshaushaltsordnung zitieren. Dort heißt es in Absatz 1:

„Der Landesrechnungshof hat die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes, einschließlich seiner Sondervermögen und Betriebe zu überwachen und zu prüfen.“

Ich halte es nicht für spitzfindig, wenn man diesen Absatz wörtlich nimmt.

Der Rechnungshof hat die Führung des Haushalts zu prüfen. Unter Führung eines Haushaltes zähle ich nicht das Aufstellungsverfahren des Haushaltes, sondern allein die Verwendung der politisch bestimmten Haushaltsansätze.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Scharf, CDU: Dann gucken Sie doch mal in die Landeshaushaltsordnung!)

Ich sehe keine Legitimation für diese Abgeordnetenschelte durch den Präsidenten des Landesrechnungshofs in der Presse.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich habe mich darüber mächtig geärgert. Er hat noch eins darauf gesetzt und das hat mich sehr wütend gemacht. Deshalb sage ich das heute. Herr Seibicke hat gestern eine vierseitige Pressemitteilung an die Mitglieder des Finanzausschusses gesandt. Ich sage - das wissen alle, die im Finanzausschuss sind -: Uns sind im Finanzausschuss Stellungnahmen zu einem bestimmten Sachverhalt vom Landesrechnungshof und von anderswo her immer willkommen. Aber bitte im Finanzausschuss.

Wir haben über den Einzelplan 07, mit dem sich inhaltlich die Pressemitteilung beschäftigt, abschließend auch mit Hinweisen des Landesrechnungshofes beraten. Herr Seibicke kann nicht er

warten, dass seine Vorschläge vom Parlament per se übernommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Zudem wünsche ich mir von seinem Nachfolger ein wenig mehr politische Zurückhaltung und weniger Opposition; denn eine zweite brauchen wir nicht.

Um nicht missverstanden zu werden: Ich achte die Arbeit des Landesrechnungshofs insgesamt. Seine beratenden Hinweise und Anregungen, die wir im Finanzausschuss erhalten, nehmen wir nicht nur hin und wieder auf, auch in den Haushaltsberatungen. Aber öffentliche politische Äußerungen sind eines Rechnungshofes unangemessen, meine ich.

(Beifall bei der SPD)

Die Mahnungen zu weniger Konsum zugunsten der Schuldentilgung und der Vorsorge, über die wir auch im Finanzausschuss immer wieder einmal diskutieren, höre ich natürlich. Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind doch Politiker und keine Buchhalter, und Tilgung darf kein Selbstzweck sein,

(Zustimmung von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

sondern ist eine Hilfe zur politischen Gestaltung.

Aber nun kommen wir zum Haushalt und zu seinen Wahrheiten zurück. Im September erhielten wir von der Landesregierung einen optisch ausgeglichenen Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2015 und 2016.

(Minister Herr Bullerjahn lacht)

- Ja, er war nur optisch ausgeglichen. Inhaltlich war er nämlich nicht ausglichen, Herr Minister.

(Beifall bei der LINKEN - Minister Herr Bul- lerjahn: Was soll denn das heißen?)

Zum einen beschloss das Kabinett parallel zum Haushaltsplanentwurf ein FAG mit Mehrbedarfen von 37,5 Millionen € für das Jahr 2015

(Minister Herr Bullerjahn: Ach so!)

- ja - und 48 Millionen € für das Jahr 2016. Die zusätzlich zu verwendenden BAföG-Mittel waren mit 10 Millionen € auch noch nicht im Haushalt darstellt worden. Gut, es war darüber hinaus noch nicht klar, wie die Ausfinanzierung des Ausbildungsverkehrs mit jährlich 31 Millionen € abgebildet werden sollte.

Um beim Letzteren zu bleiben. Hierbei haben wir die Finanzierung wie im Jahr 2014 mit Regionalisierungsmitteln vorgenommen. Wie Ihnen bekannt ist, haben wir dadurch weniger Mittel für den Schienenpersonennahverkehr mit den bekannten Auswirkungen auf das Angebot im SPNV im Land.

(Zuruf: Guck an!)

Ich hoffe, dass sich dies nicht irgendwann einmal bei der Neubewertung der Regionalisierungsmittel rächt. Vorerst haben sich zwar die Verkehrsminister der Länder auf eine Neuregelung verständigt, die bezüglich der Quote auch für Sachsen-Anhalt Entspannung bedeutet hätte. Aber diese Vereinbarung hat gerade einmal zwei Monate, nämlich bis zur Bereinigungssitzung des Bundestages, gehalten. Wir sind also in den Verhandlungen über die Regionalisierungsmittel immer noch nicht so richtig auf trockenem Land.

Neben diesen offenen Punkten befand sich noch ein optimistischer Ausblick auf die kommende November-Steuerschätzung im Paket. Wie viel davon eineinhalb Monate später übrig geblieben war, wissen Sie alle hier im Raum.

Die Steuerschätzung besagte, dass es in den Jahren 2015 und 2016 171 Millionen € weniger Steuereinnahmen geben wird. Das war neben den eben schon genannten offenen Punkten ein erheblicher und schwer im laufenden Haushaltsverfahren einzusparender Fehlbetrag.

Dennoch konnten wir die Tilgungsleistung des Landes mit den vorgesehenen 175 Millionen € erhalten. Wir werden am 31. Dezember 2016 einschließlich der 125 Millionen € aus den Jahren 2012 bis 2014 bereits 300 Millionen € unseres Schuldenberges von 20,6 Milliarden € abgetragen haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, dass das ein schöner Erfolg ist. Wer hätte das vor wenigen Jahren gedacht?

Bei einem durchschnittlichen Zinssatz in Höhe von 3 % sparen wir damit Landesausgaben in Höhe von 9 Millionen € künftig dauerhaft ein bzw. können dieses Geld für wichtige Aufgaben wie zum Beispiel mehr Bildung einsetzen. Ich will damit sagen, dass wir eben nicht nur des Selbstzweckes wegen sparen, sondern um künftig handlungsfähig zu bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Aber ich sage Ihnen auch, ein Ansatz nach dem Motto „Lasst uns doch einfach einmal Politik machen, ohne immer nur über Geld und Finanzen zu reden!“, geht nicht mehr. Das gibt es nicht und das gibt es schon gar nicht mit mir.

Ich weiß, dass nicht alle hier im Hohen Haus das hehre Ziel der Finanzpolitiker teilen, den Haushalt ohne Neuverschuldung aufzustellen und darüber hinaus auch noch die Tilgung stetig voranzubringen. Aber außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt wird gerade dieses sehr wohl beobachtet.

Da sind wir schon wieder beim Kreditreferat. Wir haben uns nicht abgesprochen. Aber trotzdem kommen wir alle drauf. Fragen Sie einmal im

Kreditreferat bei Herrn Kresin nach, warum wir auch im Rating überall so gut dastehen. Das bringt uns natürlich auch die erforderlichen Zinssätze ein.

Eine Zinslast von etwas mehr als 500 Millionen € - sie ist niedriger, als man vor Jahren angenommen hat; aber es sind eben immer noch 500 Millionen € - beschneidet uns bei der Durchsetzung politischer Ziele. Es sollte daher unser aller Ziel sein, diese Handlungsspielräume Jahr für Jahr durch Tilgungen zurückzugewinnen.

Nach dem Länderfinanz-Benchmark der Beratungsgesellschaft PWC aus dem Jahr 2013 befinden uns mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 9 092 € am Tabellenende. In Brandenburg beträgt die ProKopf-Verschuldung 7 994 €, in Thüringen 7 482 € und in Mecklenburg-Vorpommern nur 6 378 €. Die sind uns dabei schon weit voraus.

Man könnte natürlich auch das Saarland nehmen. Dort beträgt die Pro-Kopf-Verschuldung 12 957 €. In meinem geliebten Bremen beträgt die Pro-KopfVerschuldung 30 155 €.Aber ich glaube, verehrte Kolleginnen und Kollegen, das kann und soll wohl nicht unser Anspruch sein. Nein, Sachsen-Anhalt muss nicht nur wegen der guten Botschaften seine Schulden abbauen. Es muss Schulden abbauen, will es handlungsfähig bleiben.

Den Pfad zeigt Ihnen der vom Finanzausschuss heute zur Abstimmung vorgelegte Tilgungsplan auf. Der sieht vor, die konjunkturbedingte Neuverschuldung der Jahre 2010 und 2011 in Höhe von 821 Millionen € bis zum Jahr 2020 wieder abzuzahlen.

Wir haben schon gehört, dass im Jahr 2016 schon 300 Millionen € abgezahlt sein werden. Diese Abzahlung ist nicht verhandelbar. Wir, also das Parlament, haben uns mit § 18 der Landeshaushaltsordnung diesen Pfad auferlegt. Ich empfehle daher bereits an dieser Stelle die Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Finanzausschusses.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Auch mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 haben wir wieder vorgesorgt. Dem Pensionsfonds werden weitere 107,6 Millionen € zugeführt. Aber diese Vorsorge darf uns nicht in Sicherheit wiegen. Die künftigen Ausgaben für Pensionen werden wir nur anteilig mit den Mitteln aus dem Fonds bezahlen können. Von einer vollständigen Finanzierung sind wir noch weit entfernt.

Der Anstieg der Versorgungsausgaben in den nächsten Jahren - im Jahr 2013 hatten wir 163 Millionen €; für das Jahr 2020 werden es schon 330 Millionen € sein - wird enorm ausfallen. Mir ist es daher auch nicht verständlich, warum DIE LINKE immer wieder die Vorsorgerücklage für die Ver

sorgungsempfänger plündern will. Vorausschauende Politik ist etwas anderes.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja, ja! Das sehen wir gerade!)

- Genau. Neben der Tilgung und der Vorsorge, die wir in den letzten Jahren betrieben haben, hat es natürlich eine politische Gestaltung gegeben, Herr Meister, auch wenn die Opposition immer wieder etwas anderes weismachen will.