Deshalb führt das System, das wir im Gesetz verankert haben, nämlich ein Verhältnis von 1 : 16 : 16 : 1 - als Beispiel -, zu einem Gleichstand, und dann hat der Direktor, der auch die Verantwortung trägt, die ausschlaggebende Stimme.
An dieser Stelle muss man sich auch noch einmal fragen, was heißt eigentlich Bildungskonvent? Warum haben wir ihn einberufen und warum haben wir so viel Wert darauf gelegt, dass das, was dort entschieden wird, maßgebend bestimmend für unsere politische Arbeit sein soll? An dieser Stelle hebeln wir es einfach aus, weil es uns nicht passt.
Ich kann Ihnen nur sagen: Das mache ich nicht mit. Das werde ich im Ausschuss noch einmal darlegen. Ich denke, an dieser Stelle bekommen wir keinen Konsens hin. Aber ich freue mich auf eine
Vielen Dank, Herr Dr. Schellenberger. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt die Kollegin Frau Bull. Bitte schön.
Meine Damen und Herren! Wenn die Beteiligung an Landratswahlen unter 20 % und an Landtagswahlen unter 50 % liegt, dann ist das nur die Spitze des Eisberges. Trotzdem kommt jedes Mal zu Recht die Frage: Wie kann es gelingen, Demokratie für Schülerinnen und Schüler zu einem Wert an sich zu machen, und zwar nicht zu einem abstrakten, sondern zu einem Wert, der selbstverständlicher Teil ihres Alltags ist?
Ich glaube schon, dass es dort viele Zugänge gibt und viele Notwendigkeiten, aber eine Art Schlüssel, so glaube ich, gibt es: Demokratie muss erlebbar sein, und zwar am eigenen Leibe - buchstäblich am eigenen Leibe.
Es ist wie beim Lernen selbst: Akademische Festvorträge über gute Demokraten im Frontalunterricht bringen bestenfalls Kenntnisse, führen aber nicht dazu, dass man demokratische Haltungen erwirbt, dass man demokratisches Handeln in all seinen Fassetten und Spannungsfeldern zum Alltag macht und als solches erlebt.
Es muss für Kinder erlebbar sein, für das eigene Konzept zu werben, und dies mit Argumenten zu tun. Man muss lernen, zu argumentieren, man muss taktieren, man muss auch strategisch denken, man muss auch erleben, zwischen welche Mühen der Ebenen, zwischen welche Mühlen der Entscheidungen man geraten kann, in Abwägung von ganz verschiedenen Werten und von ganz verschiedenen Argumenten, die oftmals jedes für sich genommen eine Berechtigung haben und ein Körnchen Wahrheit besitzen. Man muss auch lernen, dass es die reine Lehre nicht gibt. Man muss lernen, Kompromisse zu machen und man muss lernen, dass es Konflikte gibt, die man oftmals nicht auflösen kann. Die Schule als solche muss also zum Schauplatz demokratischer Auseinandersetzungen gestaltet werden.
Das heißt erstens, Schülerinnen und Schüler müssen ebenso wie ihre Eltern ein gewichtiges Wort mitzureden zu haben. Das heißt, auch ihre Stimme muss von Gewicht sein, und zwar so, dass man auch um ihre Stimme werben muss, auch Lehrerinnen und Lehrern. Das Stimmrecht muss Konsequenzen haben.
Zweitens. Auch worüber sie entscheiden, meine Damen und Herren, muss von Gewicht sein. Es muss mehr als die Entscheidung darüber sein, wo legen wir den Brückentag vor dem Wochenende hin. - So weit der Grundsatz.
Ich bin davon überzeugt - an dieser Stelle nehme ich mich nicht aus -, dass solcherlei Grundsätze oder sagen wir einmal die Praxis für uns alle gewöhnungsbedürftig sein wird. Diesbezüglich bin ich ganz sicher. Das ist beispielsweise auch bei der Debatte klar geworden, die wir im Rahmen der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes über die Frage von demokratischer Mitbestimmung gerade kleiner und kleinster Kinder geführt haben.
Diesbezüglich sind wir ganz schnell bei Argumenten, die uns allen bekannt sind: Das können sie gar nicht absehen, Schülerinnen und Schüler sind viel zu jung und unerfahren, Lehrkräfte haben dann doch die letzte Verantwortung. Das sind im Übrigen dieselben Argumente, die ins Feld geführt werden, wenn es um plebiszitäre Elemente geht. Nur, dabei geht es um Erwachsene. Es sind genau dieselben Argumente: Sie sind noch nicht so weit und können die ganze Tragweite nicht absehen.
Nur, meine Damen und Herren, das Problem ist: Demokratie kann man nur durch Demokratie lernen und Verantwortung kann man durch Verantwortung lernen.
Das ist natürlich auch nicht ohne Risiko. Das ist klar. Was ist schon ohne Risiko? Schließlich könnte auch ein Landtag lediglich mit 20 % der Stimmen gewählt werden. Seine Legitimation wäre dann nicht umwerfend - das ist wohl wahr. Trotzdem wären die Dinge dann entschieden.
Wir finden den Gesetzentwurf sehr mutig. Es ist ein mutiger Schritt. Auch wir hatten das in unserer Schulreform vorgesehen. Wir haben uns nur nicht für eine so kleinschrittige Strategie entschieden. Diesbezüglich bin ich aber frei von Kritik. Es gibt viel Für und Wider.
Es ist ein Schritt hin zur Demokratisierung der Schule. Viele meiner Vorredner haben es schon gesagt: Die Lehrkräfte haben keine automatische 50%-Mehrheit mehr. Im Übrigen ist es ein Drittel plus. Aber ich würde mich jetzt hier nicht unbedingt in Rechenaufgaben ergießen; wir können das im Ausschuss berechnen. Das bekommen wir hin.
Eine gleichberechtigte Einbeziehung von Lehramtsanwärtern und Referendaren finde ich gut und auch die Beteiligung der pädagogischen Mitarbeiter zumindest bei Klassenkonferenzen. Sie sind jetzt Mitglied und waren vorher nur vertreten. Auch die Frage der öffentlichen Tagung finde ich interessant. Dazu muss ich sagen, dass ich die derzeitige Praxis nicht kenne. Ich habe dazu auch keine Verordnungen gefunden. Aber das ist eine spannende Diskussion.
Einen kritischen Punkt möchte ich anmerken, nämlich die winzige Schnittmenge, die ich mit der Rede des Kultusministers in Bezug auf die Rolle des kommunalen Trägers habe. Das sehen wir ein bisschen anders, weil, so denke ich, die Entwicklung in die Richtung gehen muss, dass wir kommunale Schulträger stärken, dass wir auch Schulpolitik in die Regionen bringen. Das haben Sie bei Ihrem vorherigen Redebeitrag angerissen. Es war für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum der Schulträger jetzt nur noch eine beratende Stimme haben soll; aber darüber kann man diskutieren.
Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf würden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um tatsächlich Demokratie an der Schule mit Leben zu erfüllen.
Ich persönlich habe den Schulbereich eigentlich wie keinen anderen als einen Bereich erlebt, der von Erlassen, Verordnungen, von Erlaubnissen und dergleichen geprägt ist. Diesbezüglich erscheint eine Drittelparität - das haben wir bei beinahe allen Vorrednern gehört - ein wenig wie das Kontrastprogramm.
Ich möchte es einmal so sagen: Wenn ich etwas von Koalitionsräson gehört hätte, dann hätte ich gesagt, gut, geschenkt, dann haben Sie halt die falsche Koalition. Aber dass sich auch die SPD so unmutig zeigt, das überrascht mich. Aber gut, das muss man auch zur Kenntnis nehmen.
Wir werden sehen. Auch ich bin gespannt auf die Debatten im Ausschuss; nicht zuletzt auf die rechtlichen Fragen, die angeschnitten worden sind. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Frau Reinecke. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Für das gesellschaftliche Zusammenleben ist interessant, dass frühes Engagement das weitere Verhalten eines Menschen in seinem Lebenslauf prägt. Ein Zitat aus dem Bericht der Enquetekommission „Zukunft des bürgerlichen Engagements“ besagt, wer sich bereits in seiner Kindheit und Jugend engagiert, tut dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch später.
fentlichkeit. Wir haben lange, in breiten Zeitfenstern, darüber diskutiert unter der Fragestellung „Welche Mittel und Wege halten wir in SachsenAnhalt für sinnvoll, um Partizipation von Schülerinnen und Schülern in der Schule zu stärken?“
Wir alle sind uns sicherlich darin einig, dass eine reine Vermittlung demokratischer Werte wie zum Beispiel im Sozialkundeunterricht allein nicht ausreichend ist - das ist keine Frage -, sondern es vielmehr darum geht, Partizipation für die Schülerinnen und Schüler in Diskussionen und Verhandlungen im Schülerrat oder auch in der Gesamtkonferenz erlebbar zu machen. Wir sind uns im Großen, so denke ich, auch darüber einig, die demokratischen Handlungskompetenzen zu stärken. Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern kann nur dann Wirkung zeigen, wenn man sie ernst nimmt, so auch meine Vorredner.
Neben den Formen der Gremienarbeit benötigen Kinder und Jugendliche meines Erachtens aktions- und projektorientierte Partizipationsformen. Also: Weitere Formen sind im schulischen Kontext zu entwickeln. Ich kenne positive Beispiele an Schulen im Rahmen der Projektarbeit oder von Zukunftswerkstätten. Ich denke, hier ist der Kontext zur Kinder- und Jugendhilfe, zu freien Trägern mit einzubinden.
Die Frage der Einführung einer Drittelparität in die Gesamtkonferenzen beschäftigt diesen Landtag übrigens schon seit Jahren. Im Bildungskonvent wurde, wie gesagt, darüber diskutiert. Die Mitglieder haben sich nicht für dieses Modell entschieden, zwar nicht einheitlich, aber mit Stimmenmehrheit. Auch das ist Demokratie. Vielmehr geht die Empfehlung so weit, bei bestimmten schulischen Entscheidungen die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder der Gesamtkonferenz vorzusehen. Die Themen Schulhaushalt, Lerngruppenbildung, Einrichtung eines Schulvorstandes usw. wurden bereits benannt.
Fragwürdig an dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist für mich, dass das gerade in der vergangenen Legislaturperiode eingeführte Stimmrecht des Schulträgers in der Gesamtkonferenz wieder aufgehoben werden soll. Frau Bull hat das schon angesprochen. Ich bin der Meinung, die Schulträger lediglich mit beratender Stimme zu bedenken, wird deren Rolle nicht gerecht, weil die Schulträger gefordert sind, was Schulausstattung, Schulbauförderung und Schulentwicklungsplanung betrifft. Die Schulträger sollen oftmals Geld geben. Sie dann lediglich beratend einzuordnen, geht aus unserer Sicht nicht.
Es wurden Fälle aus anderen Ländern beschrieben, in denen die Drittelparität funktioniert. Auch damit habe ich mich beschäftigt. Dort gibt es weitere Verfahrensregelungen. Diese fehlen in Ihrem Ansatz. Das möchte ich an dieser Stelle einfach noch einmal betonen.
Mir ist es wichtig und geht es darum, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Verantwortlichen und Professionellen auf der einen Seite - Schulleitung, Lehrer, pädagogische Mitarbeiter - und der Betroffenenbeteiligung, nämlich der Beteiligung von Schülerinnen und Schülern sowie der Eltern auf der anderen Seite, zu haben.
Die Vorschläge des Bildungskonvents unter der großen Überschrift „Mehr Toleranz, Offenheit und Mitbestimmung wagen“ greifen meiner Meinung nach den Geist der Demokratie, Offenheit und Toleranz sehr gut auf. Den Empfehlungen des Konventes an die Politik möchten wir so folgen.
Wir möchten, dass Ihr Gesetzentwurf an den Fachausschuss überwiesen wird. Denn die Debatte und der Austausch dazu lohnen sich auch weiterhin. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Reinecke. - Für die einbringende Fraktion spricht noch einmal Frau Professor Dr. Dalbert. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen für die Debatte zu unserem Gesetzentwurf. Von Ihnen sind verschiedene Punkte angesprochen worden. Auf einige möchte ich gern eingehen.
Der erste Punkt betrifft den Konvent. Wir haben an anderer Stelle schon die Debatte gehabt: Die politische Entscheidung wird im Parlament getroffen und nicht im Konvent. Wir alle nehmen die Empfehlungen des Konvents ernst. Aber das heißt nicht, dass wir sklavisch den Empfehlungen des Konvents folgen.
Der zweite Punkt betrifft die Frage „Schulträger mit beratender Stimme oder Stimmrecht in der Schulkonferenz?“ Sie haben das mit Ihren Beispielen noch einmal sehr deutlich gemacht: Der Schulträger entscheidet aus einer völlig anderen Perspektive. Er hat sozusagen Investitionsfragen und Ähnliches im Sinn, wenn er bei schulinternen Fragen mit entscheidet. Das halte ich für keine glückliche Konstruktion. Wir werden im Ausschuss darüber zu debattieren haben, wie wir das zu bewerten haben.
Nun zu Ihrem Rechenbeispiel. Lesen Sie die Begründung zu unserem Gesetzentwurf! Wir nennen das bewusst „Drittelparität plus“, weil wir auch den pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Schulkonferenz eine Stimme geben wollen.
Insofern ist Ihre Rechnung richtig, aber die Kritik war falsch, weil wir das ja bereits „Drittelparität plus“ nennen.