Protokoll der Sitzung vom 29.01.2015

Wir bitten darum, über die einzelnen Punkte des Antrages separat abzustimmen.

Ich nehme das auf. Vorab würde ich die Überweisung in die Ausschüsse bzw. in den Ausschuss zur Abstimmung stellen. In der Debatte wurde beantragt, den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drs. 6/3765 in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen - Ich sehe Zustimmung bei allen Fraktionen. Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Das sehe ich nicht. Es stimmt auch niemand dagegen. Damit ist der Antrag in den Ausschuss überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 14 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung

CLLD/LEADER-Landeswettbewerb - Gestaltung der Förderrichtlinie zügig voranbringen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3766

Für die einbringende Fraktion nimmt der Abgeordnete Herr Czeke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nichts dafür, dass Europa und Landwirtschaft so eng miteinander verwoben sind.

Dass Leader von der Europäischen Kommission zu Recht als best practice ausgelobt wurde, ist, so denke ich, auch im Hohen Haus unbestritten. Ich möchte mich heute aber davon distanzieren, Ihnen anhand von Prioritätenachsen, Verordnungen und Konzepten zu erläutern, warum unser Antrag so wichtig ist. Vielmehr möchte ich Ihnen erläutern, warum es so wichtig ist, dem Antrag heute zuzustimmen.

(Herr Borgwardt, CDU: Wir überlegen noch!)

- Wenn das einen positiven Ausgang hat, bin ich dafür.

Ich mache es zum Anfang ganz kurz. CLLD - das kann man in der Begründung unseres Antrages auf Seite 2 nachlesen - bedeutet: Community-led Local Development.

Um mir ein Bild von den Ergebnissen der letzten Förderperiode zu machen, bin ich unter anderem in die Altmark gereist - das ist naheliegend; denn es ist mein benachbarter Wahlkreis - und habe mir verschiedene Leader-Projekte angesehen.

Dort wurde uns Folgendes sehr Entscheidendes vor Augen geführt: EU-Mittel, Verordnungen, Konzepte und Richtlinien allein genügen nicht, um nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum zu realisieren. Es braucht dafür Menschen mit Herzblut, Menschen, die Lust darauf haben, ihre Region mitzugestalten. Menschen mit Visionen sind gefragt. Deswegen bin ich ein Fan von Leader; denn kein anderes Förderprogramm bietet so viel Potenzial für eine authentische, identitätsstiftende Entwicklung. Der Mittelabfluss hierfür spricht für sich.

Bei der Freude um das Erreichte ist es aber auch ganz entscheidend, mit den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landkreisen und den Akteuren in den Lokalen Aktionsgruppen ins Gespräch zu kommen. Denn sie wissen ganz genau, wie die Leader-Strategie auch unter den Voraussetzungen der neuen Förderperiode vorangetrieben werden kann. Bei der jetzigen Erarbeitung der Förderrichtlinien zeichnet sich ab, dass es zu Festlegungen kommen könnte, die den bisher sehr erfolgreichen Leader-Prozess belasten könnten.

Die Bürgermeister der LAG „Wittenberger Land“ haben dazu ein entsprechendes Positionspapier erarbeitet, in welchem nicht nur die Probleme aufgezeigt, sondern auch Umsetzungsempfehlungen ausgesprochen werden. Dieses Papier wurde an mehrere Ministerien und an die Fraktionsvorsitzenden gesandt.

Zu Punkt 1 unseres Antrages wurde im Finanzausschuss bereits in Aussicht gestellt, dass eine einheitliche Mehrwertsteuer-Regelung in Bearbeitung ist. Ich begrüße das außerordentlich, möchte an dieser Stelle aber anmerken, dass insbesondere die klammen Kassen der Kommunen im ländlichen Raum in die Überlegungen einbezogen werden müssen. Wäre die Mehrwertsteuer nicht förderfähig, ergibt dies einen weiteren Kostenfaktor.

Um die Vernetzung vieler Vorhaben und die Entwicklung ganzheitlicher Konzepte voranzutreiben, haben sich Förderboni in der Vergangenheit bewährt. Ich denke an den Fahrradtourismus nicht nur in der Altmark. Das Potenzial wurde erkannt.

Auch die Nebeneffekte wurden bedacht. Eine gute Infrastruktur zieht Touristen. Touristinnen und Touristen gehen in Restaurants oder Gasthöfe, sie übernachten in Hotels und Pensionen. Hieran anzusetzen und gemeinsame Routen zu erstellen und Akteure miteinander zu vernetzen, ist wichtig. Die entwickelten Wertschöpfungsketten sollten deshalb auch künftig mit Förderboni ausgezeichnet

werden, um nicht nur die Entwicklung einzelner Städte und Dörfer, sondern tatsächlich ganzer Regionen voranzutreiben.

Nun etwas Parlamentshistorie. Die damalige Ministerin Frau Wernicke hat in einem Schreiben vom 8. Oktober 2007 bekannt gegeben, dass in Städten und Dörfern, in denen Städtebauförderung erfolgt, keine weitere Förderung möglich ist. Genauso verhält es sich mit Orten, die über die Dorferneuerung gefördert werden. Die Motivation bestand darin, Doppelförderung auszuschließen. Das kann ich nachvollziehen.

Daraus ergibt sich aber für Grundzentren ein Dilemma. Wird beispielsweise ein sanierungsbedürftiges Gebäude zum Ärztehaus umgebaut - jeder aus dem ländlichen Raum weiß, wovon ich rede und wie dringend es gebraucht wird - und befindet es sich außerhalb des städtebaulichen Sanierungsgebiets - nur eine Nebenstraße weiter -, konnten bisher weder Mittel aus der Städtebauförderung noch Leader-Mittel in Anspruch genommen werden. In der Beantwortung einer Kleinen Anfrage heißt es hierzu, man würde die Förderlücke schließen. Das war im Jahr 2007. Ich glaube, Herr Kollege Rothe war der Fragesteller.

Es ist höchste Zeit, endlich tätig zu werden, und zwar so, dass weder Förderlücken noch Doppelförderung entsteht, oder wie Minister Aeikens vorhin sagte: das eine tun und das andere nicht lassen.

Wir sollten das Geld, das uns durch die Strukturfonds überlassen wird, so gut wie möglich nutzen und die Potenziale weiter ausbauen.

Durch CLLD/Leader gehen wir einen Schritt weiter und nutzen auch Mittel aus dem ESF und aus dem EFRE. Nun eröffnen sich neue ganzheitliche Förderkonzepte. Ich denke an Mehrgenerationenhäuser, an Bildungs- und Beschäftigungsprojekte und an Projekte, die die demografische Entwicklung unseres Landes berücksichtigen, kurzum: mehr Köpfe, etwas weniger Steine.

Es geht nämlich nicht nur darum, rote oder blaue Bänder durchzuschneiden und das Bottom-upPrinzip nur hoch zu loben. Dieser Ansatz, die Verantwortung, die wir abgeben, ist identitätsstiftend. Es geht darum, das Engagement der Menschen in den Regionen zu stärken. Das tun wir, indem wir ihnen sichere Konditionen zusagen. Das sollten wir im Übrigen auch in der morgigen Debatte über das Regionalbudget bedenken. Damit kommt wieder ein echter Evergreen auf die Tagesordnung.

Wissen Sie, ein Freund hat mir einmal gesagt: Ja, Köln ist hässlich, aber der Kölner liebt seine Stadt, und deswegen geht er hier auch nicht weg. Ich glaube, in CLLD/Leader liegt eine große Chance, sehr gut Funktionierendes noch besser zu gestalten. Dann klappt es nicht nur mit den „Frühauf

stehern“, sondern auch mit den „Hierbleibern“. - Vielen lieben Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Kollege Czeke. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Bullerjahn.

Bevor er spricht, können wir aber Gäste im Haus begrüßen. Wir haben Damen und Herren des Gewerbevereins der Schausteller der Stadt Magdeburg zu Gast. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Harry, jetzt hast du wirklich das ganz große Rad gedreht.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Stellvertretener Fraktionsvorsitzender! - Heiterkeit bei der LINKEN - Herr Schröder, CDU: Einen zu- sätzlichen Posten geschaffen!)

- Ich will mich bei euch gar nicht einmischen. - Es geht um die Mehrwertsteuer. Ich habe schon einmal geguckt, ob ich den falschen Antrag mit habe.

Ich habe niemanden erlebt, der bei Leader, gerade bei Leader - egal wer dafür zuständig war -, das Engagement der Leute nicht gut fand. Das ist ja auch der Sinn. Ich sage einmal, als Finanzminister habe ich mich schon einmal gefragt, wie viel Engagement noch nötig oder auch möglich ist. Am Ende wissen wir alle, dass es geprüft werden und auch einen bestimmten Sinn haben muss.

Wir wissen auch - wir sind ja hier unter uns -, bei Leader ist manches passiert, was in Brüssel einige auf den Plan gerufen hat. Bitte stellen wir es hier nicht so hin, als ob wir völlig frei darin wären, wie wir mit Leader umgehen, und deswegen erst einmal mit den Leuten sprechen müssten, welche Chancen sie hätten.

Aufgrund der neuen Förderperiode gibt es natürlich neue Diskussionen. Deswegen wiederholt sich auch mancher Antrag und deswegen werde ich sicherlich auch noch oft Anträge von den LINKEN sehen. Ich bin froh, dass Sachsen-Anhalt neben Sachsen das erste Land war - daran haben viele mitgewirkt -, für das die Fonds bestätigt wurden. Es war klar, und das weißt du auch, das wissen Sie auch, Herr Kollege, dass es jetzt an die Frage der Umsetzung geht.

Das Mehrwertsteuerthema kenne ich so lange, wie es das Thema EU-Mittel gibt: einmal ja, einmal nein. Das lag doch nicht allein im Ermessen der Landesregierung von Sachsen-Anhalt oder eines Fachministeriums, des Umweltministers, der das damals bewirtschaftet hat, zu sagen, ich mache es

oder ich mache es nicht. Wie oft haben wir mit Brüssel sprechen müssen, drinnen oder draußen?

Wenn es eine Regelung gäbe, dass die Mehrwertsteuer draußen ist - so ist es ja nicht -, dann wäre es natürlich schade. Stellen wir uns aber, wenn es so wäre, bitte nicht hin und tun so, als ob das die Schuld von irgendjemandem aus Magdeburg wäre.

Ich will ganz konkret darauf antworten, was das Thema Mehrwertsteuer und die Abgrenzung bei der Städtebauförderung angeht, und will zu meinem Text kommen.

Wichtig ist, dass sich nun nach der Bestätigung durch die Kommission die Fachressorts damit beschäftigen. Es ist kein Thema des Finanzministeriums.

Wir haben schon bei einigen Fragen Klärung. Die Frage der Förderfähigkeit der Mehrwertsteuer war eine wichtige Frage. Ich weiß, dass dieses Schreiben aus der Frage heraus resultierte, wann wir die Antwort bekommen, wegen der Planung. Das ist auch okay.

Wir haben uns mit dem Thema beschäftigt. Das ist das Oberthema.

Einige Anmerkungen noch zum Thema Einflussbereich. Wir haben die Kollegen hier. Sie kennen die beiden Fondsverwalter, die es gibt, die es sehr genau nehmen. Ich glaube, Herr Müller ist unverdächtig, dass er sich beim Thema Leader und ländlicher Raum nicht einsetzte. Ich habe vor einigen Monaten dankenswerterweise mit dem Kollegen Aeikens an einer Konferenz teilnehmen können. So etwas habe ich noch nicht erlebt, wie selbstbewusst die Leute dort auftreten.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Ja!)

Das ist auch gut so, und es war klar, es muss gemacht werden. Ich will aber noch einmal betonen, es ist nicht so, dass wir darüber allein entscheiden.

Nach Artikel 69 Abs. 3 ist die Förderung der Mehrwertsteuer mit Mitteln der EU möglich, wenn die Rückerstattung der Mehrwertsteuer nach nationalen Rechtsvorschriften ausgeschlossen ist. Ob dies der Fall ist, hängt einzig und allein davon ab, ob die Voraussetzungen für eine Rückerstattung erfüllt sind. Das ist keine Frage von irgendwelchen Leuten vor Ort, sondern eine klare Frage, auf die man eine Antwort finden und über die man auch mit Leuten in Brüssel verhandeln muss.

Die in Rechnungen an den Antragsteller ausgewiesene Umsatzsteuer kann aus Mitteln der EU gefördert werden, soweit der Antragsteller sie nicht als Vorsteuer abziehen kann - ich denke, das ist verständlich - und sie bei diesem eine finanzielle Belastung auslöst, also Kosten verursacht. Ob und in welchem Umfang ein Vorsteuerabzug möglich ist, ist durch das zuständige Finanzamt im Rahmen

der Steuerfestsetzung zu entscheiden. Ich denke, das ist auch nichts Neues.