Schätzungen genügen nicht, um argumentativ arbeiten zu können. Umso befremdlicher ist es, dass die Landesregierung die Mittel der Kofinanzierung für dieses Projekt von 200 000 € auf 150 000 € gesenkt hat, zumal die Wichtigkeit des Projektes, an der auch sicher kein Zweifel besteht, von ihr immer wieder hervorgehoben wird. Hinzu kommt, dass der Förderzeitraum am 31. Dezember 2016 endet. Wird die begonnene Arbeit dann fortgesetzt? - Der Landtag sollte schnellstmöglich ein klares Zeichen zur Weiterführung dieses Projektes setzen.
Signale gegen Gewalt im Sport, gegen Rassismus, Homo- und Transphobie werden auch seitens des HFC und des 1. FC Magdeburg gesetzt. Mit engagierten Fanprojekten versucht man, dem Trend zu immer mehr Übergriffen entgegenzuwirken. Hierfür sollte es ebenfalls ein engmaschiges Kontrollnetz geben. An dieser Stelle sollte auch die Frage gestellt werden, ob die vorhandenen Maßnahmen genügen. Ich sage ganz klar: Nein! Solange man nicht konsequent gegen Verstöße von Vereinen wie dem FC Ostelbien Dornburg vorgeht, haben wir noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.
Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle aber noch auf ein Problem aufmerksam machen, das viel zu sehr banalisiert wird: die Unterwanderung von Fanclubs, Fußballvereinen und Ordnerdiensten des Landes Sachsen-Anhalt durch Hooligangruppen. Auch bei einigen Ultra-Gruppen zeigen sich solche Tendenzen.
Die Landesregierung gibt an, keine Erkenntnisse im Hinblick auf eine gezielte Unterwanderung zu haben, räumt jedoch ein, dass personelle Überschneidungen möglich seien. Hierbei schwingt eine Verharmlosung des Problems mit, die unserer Ansicht nach gefährlich ist; denn bundesweit auftretende Zwischenfälle zeigen deutlich, dass diese Gruppen durchaus in hohem Maße präsent und in vielen Fällen für schwere Anfeindungen und Übergriffe verantwortlich sind.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 22. Januar 2015 entschieden, dass Hooligangruppen als kriminelle Vereinigungen angesehen werden können. Dies geschah sicherlich auch im Kontext der Notwendigkeit; denn es lässt sich wohl kaum abstreiten, dass es in Sachsen-Anhalt sehr wohl eine reale Gefährdung durch Hooligan
gruppen gibt und dass sich unter ihnen durchaus Repräsentanten nationalsozialistischen Gedankenguts finden lassen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur an die Geschehnisse in Ostelbien erinnern, die der Einschätzung des Verfassungsschutzes zur Person Dennis Wesemann und seinem jüngsten In-Erscheinung-Treten deutlich widersprechen.
Organisationen wie BWSE zeigen auch, dass es sehr wohl Kontakte, Verbindungen, Bündnisse und Überschneidungen zwischen Hooligans und Nazis gibt.
Des Weiteren wird auch durch Phänomene wie Hogesa und Magida augenfällig, dass es durchaus antidemokratisches Potenzial und enge Verquickungen zwischen Hooligans und Nazis gibt. In diesem Zusammenhang sollten Maßnahmen getroffen werden, die es ermöglichen, die Fangruppenarbeit zu verbessern - -
Okay. - Die Landesregierung, der Fußballverband, der LSB und auch wir, meine Damen und Herren, sind in der Verantwortung, Erwartungen gegenüber den Vereinen deutlich zu formulieren. Aber auch die Fangruppenarbeit und Fanprojekte gilt es zu unterstützen. Nur gemeinsam sind wir erfolgreich. - Danke.
Vielen Dank, Herr Kollege Loos. - Wir begrüßen ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen I Dessau-Roßlau.
Am Pult begrüßen wir den Kollegen Krause von der CDU-Fraktion. Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalt ist ein sportlich aktives Land.
Unter dem Dach des Landessportbundes und seiner 48 Landesfachverbände sind insgesamt knapp 350 000 Menschen in rund 3 100 Sportvereinen organisiert. Der Fußballverband Sachsen-Anhalt e. V. ist mit 863 Vereinen und 84 500 Mitgliedern der
größte Landesfachverband. Der Fußball trägt nicht nur zur Gesundheitsförderung und -erhaltung bei, sondern ihm wird auch eine besondere gesellschaftliche Bedeutung und Verantwortung zugewiesen.
In der Aussprache zur Großen Anfrage geht es heute jedoch nicht um die schönen Seiten des Sports wie etwa gegenseitiger Respekt auf und neben dem Spielfeld, Fairness, Anerkennung und Fankultur. Nein, es geht vielmehr um die hässlichen Seiten des Fußballs, die es weltweit und leider auch in Sachsen-Anhalt gibt.
Wenn wir über Gewalt im Sport sprechen, dann geht es fast immer um den Fußballsport. Man kann dies sicherlich damit erklären, dass der Fußballsport die beliebteste Sportart der Aktiven und Zuschauer ist. Man darf jedoch nicht die Augen davor verschließen, dass der Fußball seit vielen Jahren ein ernstzunehmendes Problem mit Gewalt am Rande von Fußballspielen hat. Keine andere Sportart erfordert auch nur annähernd so viele und umfangreiche polizeiliche Einsätze wie der Fußball. Das Image des Sports und der Vereine leidet darunter. Leidtragende sind die friedlichen Fans und oft auch unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um auf die aus der Sicht meiner Fraktion maßgeblichen Punkte der Antwort auf die Große Anfrage einzugehen.
Es gibt leider immer wieder Vorfälle von Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Gewalt im Fußballsport. Dennoch ist deren Anzahl gemessen an der Gesamtzahl der Vereine und ausgetragenen Spiele gering; diese Vorfälle betreffen nur wenige Spieler und Vereine.
In den Spieljahren 2008/2009 bis 2013/2014 wurden vom Fußballverband Sachsen-Anhalt, der allerdings nur regionale Fußballligen beinhaltet und nicht höhere Ligen wie die Regionalliga und die dritte Liga einschließt, in 131 564 Fußballspielen 49 Vorkommnisse mit rechtsradikalem oder rechtsextremistischem Hintergrund gemeldet. Das entspricht einem Anteil von 0,034 %.
In der Antwort auf die Große Anfrage ist hinreichend dargestellt worden, wer Adressat oder Opfer von rassistischen oder fremdenfeindlichen Äußerungen geworden ist. Ein Verein, in dem rechtsmotivierte Straftaten häufig vorkommen, ist der FC Ostelbien Dornburg, über den in den Medien häufig diskutiert wird. Gegen 15 Personen aus dem Kreis der Gründungsmitglieder und Spieler wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Statistiken zeigen aber, dass im Amateurfußball unterhalb der Oberligen rechtsextreme und poli
tisch rechts motivierte Taten zwar leider vorkommen, aber kein den Spielbetrieb bestimmendes Ausmaß annehmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir nun zur dritten Liga, der Regionalliga Nordost und den Herren-Oberligen. Die Polizei steht vor allem beim Halleschen FC und beim 1. FC Magdeburg wiederholt vor Störversuchen, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Im Jahr 2013 wurden bei Fußballveranstaltungen folgende Straftaten von der Polizei registriert: 76 Körperverletzungsdelikte, 54 Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt, 21 Fälle von Landfriedensbruch, 13 Fälle von Bedrohung und zwölf Raubstraftaten.
Auch das Abbrennen und Werfen von pyrotechnischen Erzeugnissen ist ein Teil des Gewaltphänomens. Darüber hinaus stellte der LSB Tätlichkeiten zwischen Spielern, verbale und körperliche Angriffe gegen Schiedsrichter, Ausschreitungen von Fans bzw. Zuschauern, Tätlichkeiten von Fans gegen Ordner und verbale Tätlichkeiten mit rassistischem, antisemitischem und rechtsextremen Hintergrund fest. Angriffe auf Schiedsrichter waren in den Jahren von 2011 bis 2013 am stärksten ausgeprägt, auch wenn es in diesen drei Jahren nur acht registrierte Vorfälle gab.
Diese Vorkommnisse muss man jedoch immer in Relation zu der Zahl von 2 500 Spielen pro Woche sehen. Im Jahr 2013 wurden dem LSB 52 Gewaltdelikte bekannt, von denen 13 als rassistisch motiviert eingeordnet worden. Antisemitisch motivierte Straftaten gab es gemäß den Angaben des Fußballverbandes des Landes Sachsen-Anhalt zweimal, welche in Form von verbalen Beschimpfungen auftraten.
Der LSB schätzt zusammenfassend ein, dass diese Form der Gewalt im Fußballsport nicht zugenommen hat - sicherlich auch aufgrund der höheren Sensibilität der Beteiligten sowie der öffentlichen Wahrnehmung, insbesondere durch die Medien. Dies ist eine durchaus erfreuliche Entwicklung.
Zusammenfassend kann man sagen, dass gemäß den polizeilichen Erkenntnissen Gewalttaten mit rassistischer, antisemitischer oder allgemeiner rechter Motivation im Zusammenhang mit Fußballspielen in Sachsen-Anhalt nicht in der Häufigkeit vorkommen, wie wir es vielleicht erwartet hätten. Dies ist ein Grund zur Freude, auch wenn man sicherlich nicht behaupten kann, dass der Fußballsport in Sachsen-Anhalt frei von Diskriminierungs- und Gewaltformen ist.
Auch homophobe Äußerungen oder Handlungen wurden nicht in dem Ausmaß registriert, wie es aufgrund der öffentlichen Berichterstattung vielleicht zu erwarten gewesen wäre.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir nun zum Schwerpunkt Ahndung und Prävention. Bei den bekannt gewordenen Störversuchen, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die wir alle auf das Schärfste verurteilen, sind in nahezu jedem Fall Ermittlungen eingeleitet worden, welche nicht selten mit Sanktionen geahndet worden sind.
Die meisten Sportverbände, so auch der Fußballverband, haben im Rahmen ihrer garantierten Vereinsautonomie eine Sportgerichtsbarkeit aufgebaut, um Verfehlungen gegen die Regeln des Sports unmittelbar durch Geldstrafen, Spielsperren oder Pflichtteilnahmen an Aufbauseminaren als Teil des Mut-Projekts zu ahnden. Hiervon wird auch Gebrauch gemacht. Daneben gibt es umfassende Initiativen des Sportbundes, die sich der Prävention widmen und sich für mehr Toleranz, Fairplay und gegenseitigen Respekt im Fußball einsetzen.
Darüber hinaus startete im Februar 2011 das Projekt Mut - Menschlichkeit und Toleranz im Sport -, das es sich explizit zum Ziel gesetzt hat, mit den demokratischen Strukturen des Sports den rechtsextremistischen Tendenzen entgegenzuwirken.
Die Projektinhalte umfassen Bildungsarbeit in Form von Aufklärung und Sensibilisierung, die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit Rechtsextremismus, die Entwicklung eines verbandsspezifischen Konzepts für den Fußballverband Sachsen-Anhalt sowie den Aufbau eines Netzwerks gegen Extremismus im Sport.
Des Weiteren beinhaltet das Projekt den Aufbau einer Beratungs- und Unterstützungsstruktur mit einer zentralen Anlaufstelle für Problemfälle und einem sportinternen Beraterteam, einer Beratung der Sportvereine vor Ort, vor allem durch die Beratung hilfesuchender Sportvereine, sowie einer gemeinsamen Erarbeitung von Problem- und Konfliktlösungen.
Die Sportjugend Sachsen-Anhalt, SJ, führt außerdem Umsetzungsmaßnahmen zur Prävention vor sexualisierter Gewalt und zum besonderen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Sport in Sachsen-Anhalt durch.
Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen, an die besonderen Bemühungen in dieser Wahlperiode zu erinnern. Unser neues Sportfördergesetz des Landes Sachsen-Anhalt schreibt in den Zielen der Sportförderung unter anderem fest, dass die Förderung der Achtung der Menschenwürde und der Bekämpfung menschenverachtender, rechtsextremer, rassistischer und sexistischer Einstellungen und der Stärkung demokratischer Werte wie Fairness, Teamgeist und wechselseitigem Respekt dienen soll.
Vergessen wir auch bitte nicht den von Minister Herrn Stahlknecht ins Leben gerufenen Runden Tisch „Gegen Gewalt beim Fußball“.
Hierbei geht es unter anderem um die Fortführung und die Qualitätsentwicklung der Fanprojekte und des Mut-Projekts und um die Vertiefung des Dialogs mit den Fans. Auch kofinanziert SachsenAnhalt das Programm „Integration durch Sport“, in dessen Rahmen erstmals ein Sportfest der Integration stattgefunden hat, das die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund fördern soll. Mehrere Abgeordnete aus diesem Haus haben daran teilgenommen.
Die Leistungen der Fußballvereine im Hinblick auf die Integration von Migrantinnen und Migranten in Sachsen-Anhalt werden immer wichtiger. Die Sportvereine leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir nun zu den besonderen Bemühungen auf der Bundesebene. Bereits im Jahr 1991 wurde das durch das Bundesministerium des Innern gefördert Programm „Integration durch Sport“ ins Leben gerufen.