Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

(Zustimmung bei der CDU)

Hierfür haben wir im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen durch entsprechende Änderungsanträge Sorge getragen.

Hintergrund der Finanzierungsprobleme sind die Kostensteigerungen hinsichtlich der Projekte und Beratungsangebote. Bei den Ausschussberatungen war uns allen klar, dass die Kostensteigerungen nicht durch weitere Einsparbemühungen ausgeglichen werden können.

Alle Beteiligten erbringen ihren Anteil, Mittel einzusparen, etwa bei den Energie- und Nebenkosten.

Die Hauptursache für die Finanzierungsprobleme sind aber die Personalkosten. Frau Ministerin hat bereits etwas zu den landeseinheitlichen Qualitätsstandards für die Beratungsstellen und für die frauenspezifischen Projekte gesagt, nämlich Freiwilligkeit, Niederschwelligkeit, Kostenfreiheit, Anonymität, Schweigepflicht sowie Vernetzung und Kooperation mit anderen Beratungsangeboten.

Wir müssen diese Qualitätsvorgaben für die Betreuung und Beratung durch entsprechende Personalkosten sicherstellen. Hierbei haben wir uns auch mit den zum Teil erheblichen Einkommens

unterschieden bei den Vollzeitbeschäftigten befasst. Augenscheinlich waren erhebliche Differenzen bei der Entlohnung der Angestellten in den Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft auf der einen Seite und denen in freier Trägerschaft auf der anderen Seite.

Fraktionsübergreifend haben wir die Notwendigkeit der Anpassung an die tarifliche Entlohnung der Fachkräfte im Beratungssystem gesehen, die überdurchschnittlich qualifiziert sind, aber nicht ausreichend bezahlt werden. Das betrifft im Besonderen die in den Frauenhäusern in freier Trägerschaft Beschäftigten.

Daher hat der Haushaltsgesetzgeber im Rahmen der Haushaltsberatungen an dieser Stelle nachgesteuert und die Budgeterhöhung der Frauenhäuser durchgesetzt. So erhalten die Frauenhäuser für das Jahr 2015 1,345 Millionen € und für das Jahr 2016 1,346 Millionen € aus dem Landeshaushalt.

Auch haben wir den Haushaltsansatz zur Förderung der acht ambulanten Beratungsstellen, der vier Interventionsstellen, der vier Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt, der sieben Frauenzentren, der Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel und Zwangsverheiratung, der Landesinterventions- und Koordinierungsstelle bei häuslicher Gewalt und Stalking und der Beratungsstelle für gewaltanwendende Männer gegenüber dem Haushaltsansatz der Landesregierung erhöht. Und das ist gut so.

Letztlich ist es uns durch die zusätzlichen Finanzmittel gelungen, die Angleichung der Entlohnung der bei nicht an den TV-L gebundenen freien Trägern beschäftigten Fachkräfte zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage aber auch ganz deutlich: Die finanzielle Situation der Frauenhäuser und die entsprechenden Angebote bewegen nicht nur uns in Sachsen-Anhalt. Dies ist - wir haben es vorhin bereits von meinen Vorrednerinnen gehört - ein bundesweites Problem. Daher hat sich die Gleichstellungsministerkonferenz in den letzten Jahren mehrfach mit der Finanzierung von Frauenhäusern befasst. Frau Ministerin ist in ihrem Redebeitrag darauf eingegangen.

Die Gleichstellungsministerkonferenz hat ein zeitlich befristetes länderoffenes Arbeitsgremium mit Beteiligung des Bundes eingesetzt. Das Arbeitsgremium soll eine Bestandsaufnahme zu den Rahmenbedingungen der Frauenhäuser und Unterstützungsstellen analysieren und Vorschläge zur Verbesserung der finanziellen Ausstattung unterbreiten.

Wir denken, dass es ein positives Signal wäre, wenn die Sicherung einer verlässlichen und auskömmlichen Finanzierung der Frauenhäuser und

Opferunterstützungseinrichtungen auf der Grundlage eines Bundesgesetzes sichergestellt werden könnte. Eine solche länderübergreifende Regelung würde zukünftig das jährliche Bangen bei den Haushaltsberatungen über den Fortbestand der Finanzierung beenden.

Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um Ihre Zustimmung zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen der CDU und der SPD und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Koch-Kupfer. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt die Abgeordnete Frau Quade. Bitte Frau Abgeordnete.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Frauen sind in besonderer Weise von spezifischen Gewaltformen betroffen. Gewalt gegen Frauen findet alltäglich und mitten unter uns statt. Noch immer wird Frauen häufig die Mitschuld an gewalttätigen Verhaltensweisen ihres Partners gegeben. Gewalt gegen Frauen ist kein Randgruppenphänomen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gewalt gegen Frauen ist in allen sozialen Schichten anzutreffen. Keine Altersgruppe, keine Bildungsschicht, keine soziale Schicht ist davon ausgenommen, auch keine bietet Schutz.

Die Orte der Gewalterfahrungen sind ebenso unterschiedlich wie ihre Akteure: die eigene Wohnung, das Zuhause, der Arbeitsplatz, die Öffentlichkeit, das Schwimmbad, während des Ausgehens, im Internet. Das Internet ist in letzter Zeit - Kollegin Lüddemann hat es erwähnt - sehr massiv ein Raum für Gewalt geworden - glücklicherweise ist es auch ein Raum für Vernetzung und Beratung.

Rund 25 % der Frauen haben mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch Beziehungspartnerinnen und Beziehungspartner erfahren. Aber auch verbale und psychische Gewalt wird durch den Partner ausgeübt, wie Eifersucht, Dominanzverhalten, Kontrolle, Einschüchterung und Erniedrigung.

Ich halte es für ausgesprochen wichtig, sich das an dieser Stelle zu vergegenwärtigen; denn diese subtiler erscheinende Form von Gewalt ist keineswegs subtil. Sie ist genauso folgenschwer wie körperliche Gewalt. Sie wird aber oft von den Betroffenen verschwiegen. Sie bleibt damit unbearbeitet. Die Frauen bleiben damit allein und die Zahlen spiegeln sich in keiner einzigen Statistik wieder.

Gewalt, egal in welcher Form, schränkt die Frauen in ihrer Entfaltung und in ihrer Lebensgestaltung ein. Häusliche Gewalt, also die gemachten Gewalterfahrungen, führen zu Vereinsamung, zu lähmender Verzweiflung und nicht selten zu Depressionen und chronischen Erkrankungen. Sie führen oftmals auch zu Arbeitsunfähigkeit. Die betroffenen Frauen ziehen sich zurück. Nicht wenige zerbrechen an ihrem Unglück. Kinder, die häusliche Gewalt erleben, egal in welcher Form, werden und sind automatisch Opfer und ihr Wohl ist mehr als gefährdet.

(Beifall bei der LINKEN)

Studien geben Hinweise darauf, dass die Quote der Gewalterfahrungen bei Migrantinnen noch höher und die erlittene Gewalt auch öfter mit Verletzungen verbunden ist. Deshalb ist es wichtig, gerade für Migrantinnen den Ausbau niedrigschwelliger, zugehender und anonymer Hilfsangebote voranzutreiben. In diesem Bereich ist es auch erforderlich, gezielt mehrsprachige Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit zu leisten.

Auch Männer sind von Partnerschaftsgewalt betroffen. Für diese gibt es jedoch derzeit nur sehr wenige Hilfsangebote. Ich halte es ebenso für wichtig, auch dieses Problem hier im Rahmen dieser Debatte aufzurufen.

Wenn die Ächtung von Gewalt der Ausgangspunkt ist, dann braucht man einen schnellen und ungehinderten Zugang der von Gewalt Betroffenen zu einem sicheren und geschützten Ort. Solche Orte sind die Frauenhäuser. Das erste Frauenhaus wurde im Übrigen im Jahr 1976 von der autonomen Berliner Frauenbewegung gegründet. Das löste eine wahre Welle an Frauenhausgründungen in der alten BRD aus. Das verweist auch auf den nach wie vor schwierigen gesellschaftlichen Kontext.

Solange Gewalt als legitimes Mittel der Auseinandersetzung angesehen wird, müssen Gewaltopfer um ihren Schutz, um ihre Würde und um ihr Nichtschuldsein kämpfen.

(Zustimmung von Frau Zoschke, DIE LINKE)

Im Übrigen - auch das gilt es zu konstatieren - sind die Erfahrungen, die Betroffene mit der Justiz machen, leider auch nicht immer hilfreich.

(Beifall bei der LINKEN)

Frauenhäuser sind im Rahmen von Hilfsangeboten oft die einzigen Einrichtungen, die den betroffenen Frauen und ihren Kindern Beratung und Unterstützung und vor allem Schutz und Unterkunft zu jeder Tages- und Nachtzeit bieten. Eine vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2013 kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass sich für drei Viertel der Frauen, die Beratung gesucht hatten, die Situation massiv verbessert hat. Auch das zeigt, wie wichtig die Arbeit

der Frauenhäuser ist und wie unverzichtbar diese geschützten Räume sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Dem Dank der Ministerin an die Mitarbeiterinnen kann ich mich für meine Fraktion nur anschließen. Genau wie die Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen für die Opfer sexualisierter Gewalt leisten sie mit großem Engagement und trotz widriger Bedingungen eine ganz hervorragende Arbeit. Ihnen gilt unser ausdrücklicher Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun haben wir mit der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage auch so etwas wie einen statistischen Situationsbericht für Sachsen-Anhalt erhalten. Aus der Sicht meiner Fraktion ergibt sich folgendes grundsätzliches Resümee, das zunächst durchaus positiv ausfällt. Die Anzahl der Frauenhäuser und der Schutzplätze in SachsenAnhalt entspricht den Empfehlungen des Europarates unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfs. Ja, die regionale Verteilung ist auf dem Papier natürlich ausgewogen. Gegenwärtig kann für jede Frau und ihre Kinder eine notwendige Schutzunterbringung bei einer Überbelegung durch eine Weitervermittlung in ein anderes Frauenhaus zumindest auf dem Papier ermöglicht werden.

Aber es gibt zahlreiche Probleme. Trotz der auf dem Papier ausreichenden Anzahl an Plätzen müssen immer wieder Frauen eben doch abgewiesen werden bzw. es muss versucht werden, in einem anderen Frauenhaus einen Platz zu finden. Das, was auf dem Papier so einfach aussehen mag, ist in der Realität eben nicht einfach.

Es stelle sich doch bitte jeder einmal vor, was es heißt, als Frau, die aus dem Haus geprügelt wurde, mit einem eineinhalbjährigen Kind nachts, am Wochenende oder wann auch immer von Magdeburg nach Halle geschickt zu werden und diesen Weg antreten zu müssen. Das ist nicht so einfach und das ist alles andere als ein niedrigschwelliges Angebot und ein niedrigschwelliger Zugang.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Im Übrigen ist das kein ausgedachtes Beispiel.

Obdachlosigkeit, Suchterkrankungen und psychische Erkrankungen sind - das geht auch aus der Beantwortung der Anfrage hervor - offenbar Abweisungsgründe, weil vor allem aufgrund der Personalsituation die Betreuung dieser Frauen

schlichtweg nicht leistbar ist. Wohin sollen sich diese Menschen denn wenden?

Ich will einige weitere Problemkreise aufrufen. Der bauliche Zustand. Bei acht Frauenhäusern besteht erheblicher Sanierungsbedarf. In fünf Frauenhäusern ist der Brandschutz mangelhaft. Die Barrierefreiheit ist aufgerufen worden. Lediglich zwei Frau

enhäuser sind barrierefrei und entsprechen der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Lediglich in Halle und in Magdeburg gibt es eine Fachkraft für sozialpädagogische Arbeit mit Kindern.

Die Situation der Mitarbeiterinnen. Fehlende Vorgaben für die Qualifikation und die Entlohnung in der Richtlinie zur Förderung von Frauenhäusern auf Landesebene führen zu unterschiedlichen Situationen vor Ort. Der Personalschlüssel - das kann man sagen - wird nur in einem Frauenhaus eingehalten.

Auch hierbei müssen wir ein wirklich geringes Gehaltsniveau für die Fachkräfte beklagen, das nur sporadisch durch Tarifanpassungen verbessert wird. Auch der beschlossene Zuwachs an Mitteln aus dem Landeshaushalt - ich begrüße ihn sehr - wird für eine generelle aktuelle tarifliche Entlohnung nicht ausreichend sein, vom steigenden Anteil von Gewalt betroffener Frauen mit Migrationshintergrund und entsprechenden personellen Anpassungen ganz zu schweigen.

Die Finanzierung der Frauenhäuser. Das ist der Dreh- und Angelpunkt der heutigen Debatte. Eine verlässliche und auf Dauer angelegte ausreichende Finanzierung, sodass die Arbeit der Frauenhäuser auf einer soliden finanziellen Basis steht, fehlt nach wie vor.

Unter dem Strich bleibt Folgendes festzuhalten. Bei allen positiven Dingen, die es über die Arbeit in den Frauenhäusern in Sachsen-Anhalt und ihre Mitarbeiterinnen zu berichten gibt, bestehen immer noch erhebliche Missstände im Bereich der grundlegenden Voraussetzungen und erforderlichen Rahmenbedingungen für die notwendige Weiterentwicklung der Frauenhausarbeit.