Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

Unser Antrag, der Antrag der SPD und der CDU, war und ist ganz sicher nicht die letzte Initiative in diese Richtung. Wir werden kontinuierlich weiter daran arbeiten. Wir sind gegen die gelegentlich wahrzunehmende Stigmatisierung eines Berufsstandes und wir sind auch gegen die gelegentlich autoritär anmutende Bevormundung der Menschen in unserem Land.

(Zustimmung von Herrn Borgwardt, CDU, und von Herrn Daldrup, CDU)

Uns empört gelegentlich, wie Tierschutz als politisches Mittel verwendet wird. Wir glauben, dass Politik mehr machen muss, um den gerechtfertigten Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land gerecht zu werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss nach unserer Auffassung leidenschaftlich und vernünftig sein. Ich kann nur immer wieder betonen: Polemik und populistische Effekthascherei nützen meist den Politikern, nicht den Tieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Die einzige Diskussion, die ich in den letzten Monaten verfolgen konnte, ist die Diskussion um das Verbandsklagerecht. Manche glauben, dass das in den Bundesländern - ohne dass es je evaluiert wurde - zu einem Mehr an Tierwohl geführt habe. Wir glauben, meine sehr verehrten Damen und Herren, jedenfalls in der CDU-Fraktion, dass schon das dahinter steckende Konzept, staatliche Verant

wortung und Garantenaufgaben auf ehrenamtliche Vereine und Verbände abzuladen, falsch ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Was ist das für ein Selbstverständnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, sich vor der eigenen Verantwortung als Staat zu verstecken und stattdessen das Heil in der Privatisierung der Tierschutzaufgabe zu suchen?

(Zuruf von Frau Frederking, GRÜNE)

Wir müssen das Gegenteil von Diffamierung und Misstrauen schaffen. Wir müssen ermutigen, Verantwortung aufbauen und unsere Behörden ertüchtigen und auch ausstatten, damit sie diese Aufgabe erfüllen können. Wenn wir ehrlich und nicht nur dogmatisch diskutieren würden, dann könnte man solch ein Verbandsklagerecht eher als weiße Salbe bezeichnen.

Es ist vor allem deshalb entbehrlich, weil die besten Fortschritte in den vergangenen 30 Jahren unter verschiedenen Regierungskonstellationen - allein im Bund - zu vielfältigen, jeweils den aktuellen Bewusstseinslagen angepassten Veränderungen der öffentlichen Meinung geführt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gilt, für die Tierhaltung im Land praktikable Lösungen zu finden, die nicht nur politisch erforderlich sind, sondern die auch unter wissenschaftlichen Aspekten bestehen können. Dafür brauchen wir weiterhin einen gesellschaftlichen Dialog, Transparenz, Bildung und Kommunikation aller Beteiligten, auch in der Politik. Dafür steht unser gemeinsamer Antrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr für die Einbringung, Kollege Leimbach. - Für die Landesregierung spricht Minister Dr. Aeikens. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tierschutz hat bei den Regierungsfraktionen der CDU und der SPD und bei der Landesregierung einen besonderen Stellenwert. Der Schutz unserer Tiere steht bei uns oben auf der Agenda. Wir wissen: Der Tierschutz ist zunehmend ein zentrales gesellschaftliches Anliegen. Dem trägt unser Regierungshandeln Rechnung. Dem trägt auch dieser Antrag der Regierungsfraktionen Rechnung.

Über meine Aktivitäten in diesem Bereich auf Landes-, Länder- und Bundesebene habe ich im Rahmen meiner Regierungserklärung im Februar 2015 in diesem Hohen Hause ausführlich berichtet. Da

bei habe ich auch zum Ausdruck gebracht, dass die Weiterentwicklung des Tierschutzes und die Verbesserung des Tierwohls dynamische Prozesse sind. Diese Weiterentwicklung muss auf solider wissenschaftlicher Grundlage erfolgen. Die zukünftige Tierschutzpolitik muss wissenschaftsbezogen, gesellschaftsorientiert und auch praxisbezogen sein.

Daher begrüße ich den von den Fraktionen der CDU und der SPD vorgelegten Antrag „Tierschutz in Sachsen-Anhalt weitentwickeln“. Ich begrüße zum Beispiel die Bitte, einen Ansprechpartner für Tierschutz einzusetzen. Damit bekommt das Thema Tierschutz ein Gesicht in der Verwaltung.

Auch wollen wir gern rechtliche Regelungen zur Heimtierhaltung, verstärkte Eingriffsmöglichkeiten für die zuständigen Behörden in diesem Bereich oder Kennzeichnungs- und Registrierungsverpflichtungen gegenüber Tierhaltern näher prüfen.

Einige der weiterhin angesprochenen Punkte, wie die Tätigkeit des Tierschutzbeirates, Öffentlichkeitsarbeit im Bereich des Tierschutzes, Anforderungen an Hundetrainer und Hundeschulen, Kastrationspflicht oder Regelungen zum Umgang mit Fundtieren, sind Bestandteil der Arbeit unserer Veterinärverwaltung. Anlass dafür waren unter anderem die Beratungen des von mir initiierten und regelmäßig durchgeführten Runden Tisches Tierschutz, der unter Beteiligung des Innenministeriums, des Justizministeriums, des Sozialministeriums, der kommunalen Spitzenverbände und des Landesverbandes des Deutschen Tierschutzbundes auch in diesem Jahr wieder fest eingeplant ist.

Ein wesentlicher Aufgabenschwerpunkt meines Hauses wird der Tierschutz im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung bleiben. Ich habe in den letzten Monaten berichtet, dass es systematische Verstöße gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung durch bestimmte Tierhalter gibt. Es geht um große Sauen haltende Betriebe im Land. Sie kennen die Vorgänge auch aus den Medien. Durchaus kritisch zu sehen ist dabei, dass diese Betriebe nicht so in den Fokus der amtlichen Überwachung gerückt sind, wie es eigentlich notwendig gewesen wäre. Das zeigte sich rückblickend insbesondere bei den drei großen Schweinezuchtanlagen in Großkayna, Klein Wanzleben und Gladau.

Im Hinblick auf das sogenannte Schweinehochhaus in Maasdorf stellen sich die Verstöße als nicht so gravierend da, wie allgemein angenommen. Angesichts der zugegebenermaßen ungewöhnlichen Haltungsform ist dies allerdings nur schwer vermittelbar.

Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Bereich Handlungsbedarf. Mit Unterstützung des Landesamtes für Verbraucherschutz wird in Kürze ein Konzept vorliegen, mit dem ich noch in die

sem Jahr in allen Landkreisen flächendeckende Schwerpunktkontrollen in Sauen haltenden Betrieben veranlasse. Es ist vorgesehen, einen detaillierten Überblick zu erhalten. Die Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sind von allen Tierhaltern zwingend einzuhalten. Die zuständigen Behörden haben dies durch konsequente Kontrollen zu überprüfen.

Für den 7. April 2015 habe ich die Landräte und Oberbürgermeister eingeladen, um mit ihnen gemeinsam diese Punkte zu besprechen. Ich werde dann noch einmal deutlich machen, dass jedem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz mit geeigneten amtlichen Maßnahmen zu begegnen ist. Zudem ist mit den Ländern Thüringen und Sachsen auf Arbeitsebene ein abgestimmtes und gemeinsames Vorgehen bei Schwerpunktkontrollen vereinbart worden. Wir versprechen uns davon insbesondere einen einheitlichen Vollzug des Tierschutzrechts in den Betrieben, die über mehrere Standorte in verschiedenen Bundesländern verfügen.

Lassen Sie mich auch deutlich sagen, meine Damen und Herren: Wir wollen Tierhaltung. Wir wollen uns nicht primär von Importen ernähren, bei denen wir nicht wissen, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten werden.

Es handelt sich um ein vielschichtiges Thema, das auch von der Bundesregierung aufgegriffen und durch den wissenschaftlichen Beirat beim Bundeslandwirtschaftsministerium bearbeitet worden ist. Dieser Beirat hat gestern sein neues Gutachten mit dem Titel „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ vorgestellt.

Die derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere werden dort kritisch beurteilt, weswegen Leitlinien und Empfehlungen für eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung entwickelt wurden, um die gesellschaftlichen Anforderungen und die Realität der landwirtschaftlichen Erzeugung stärker in Einklang miteinander zu bringen.

Der Beirat empfiehlt als Sofortmaßnahme auf der Ebene der Bundesländer unter anderem die konsequente Umsetzung der geltenden Tierschutzregelungen, die Abstellung von Vollzugsdefiziten durch eine Kombination von rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen, die auf verbesserte Kontrolltechniken und -strukturen, höhere Kontrolldichten und stärkere Sanktionen abzielen, die Förderung der Aus- und Fortbildung aller mit Nutztieren arbeitenden Personen und den Ausbau ökonomischer Anreize für mehr Tierwohl.

Wenn Sie diese aktuellen Empfehlungen mit meiner Initiative anlässlich der Agrarministerkonferenz im Jahr 2014 in Potsdam vergleichen, dann werden Sie feststellen, dass mein Beschlussvorschlag schon damals genau auf die Umsetzung dieser

Punkte abzielte. Deshalb begrüße ich dieses Gutachten als Hilfestellung. Wir werden uns damit intensiv auseinandersetzen. Auch mithilfe dieses Gutachtens werden wir den Tierschutz in SachsenAnhalt weiterentwickeln. Ich bin der Überzeugung, dass wir dabei Erfolg haben werden, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Herr Minister Aeikens. - Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Herr Krause das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Der Tierschutz gehört nicht nur zu den Themen, über die in der Öffentlichkeit am häufigsten diskutiert wird, nein, aus der öffentlichen Diskussion erwachsen immer wieder Forderungen von Verbänden, Vereinen und Bürgerinitiativen gegenüber uns als Politikerinnen und Politikern, stärker dafür zu sorgen, dass der Schutz unserer Tiere und insbesondere die Haltungsbedingungen von Nutz- und Heimtieren verbessert werden.

Herr Leimbach, die Forderung, die Mitwirkung der Tierschutzverbände im Rahmen eines Gesetzes zu regeln, ist einfach aus der Tatsache erwachsen, dass unsere Verwaltungen im Land nicht überall ihre Hausaufgaben in diese Richtung gemacht haben.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Daldrup, CDU: Oh!)

Ja, es hat sehr lange gedauert, es war ein langer Prozess, bis endlich auf Drängen der Öffentlichkeit und insbesondere der Tierschutzverbände im Jahr 2002 der Bundestag den Tierschutz als ein Grundrecht in das Grundgesetz aufnahm.

Wir alle - das möchte ich betonen - müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich das Verhältnis unserer Gesellschaft zu den Tieren und insbesondere zu unseren Nutztieren deutlich verändert hat. Letztlich hat das auch dazu geführt, dass Entwicklungen und insbesondere Investitionen in der Landwirtschaft nicht nur öffentlich verfolgt, sondern auch mehr und mehr hinterfragt werden.

Die Menschen in unseren Dörfern - ich möchte es hier deutlich sagen - haben längst erkannt, dass der nicht ausreichende Anspruch in der jetzigen Agrarpolitik auf Regionalität, das heißt, Entwicklung und Ausbau von regionalen Wirtschaftskreisläufen, in einem engen Zusammenhang steht mit Fragen der Gestaltung der Biodiversität und der tierartgerechten Haltung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Warum betone ich das, meine Damen und Herren? - Alle Themen, die wir hier im Landtag nicht nur in dieser Legislaturperiode im Zusammenhang mit Fragen zum Tierschutz wiederholt diskutiert haben, sind letztlich aus diesem fehlenden Anspruch der Agrarpolitik erwachsen. Ich habe es hier im Plenum schon einmal gesagt: Regional und flächengebundene Landwirtschaft sichert nicht nur Arbeit und Auskommen im ländlichen Raum, sondern auch mehr Transparenz und öffentliche Kontrolle zum Wohle der Tiere.

Ein Imageverlust der Landwirtschaft und eine fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung sind vor allem dort zu beklagen, wo Investoren weder Bindungen zum Boden noch zu den Menschen haben und ohne Beachtung der regionalen ländlichen Bedingungen und unter Missachtung der Anforderungen an das Tierwohl alles unternehmen, um den Markt zu beherrschen und den Gewinn zu maximieren.

Auch wenn Tierschutz mehr ist als nur die Sicherung einer tierartgerechten Haltung unserer Nutztiere, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass vor allem dieser Bereich im Fokus der Öffentlichkeit steht. Darum verwundert es auch nicht, dass wir uns hier im Landtag - Herr Leimbach, Sie haben es festgestellt - wiederholt der Einführung von Obergrenzen für Tierproduktionsanlagen, dem Schnäbelkürzen, der Minimierung des Antibiotikaeinsatzes, der Veränderung von Tierplatzstandards in der Sauenhaltung und Fragen der Kastration und Tötung von Ferkeln gestellt haben. Nicht zuletzt möchte ich den von meiner Fraktion eingebrachten Gesetzentwurf zum Verbandsklage- und Mitwirkungsrecht von Tierschutzverbänden nennen. All diese Themen sind in die Ausschüsse überwiesen und durch fehlende Entscheidungen auf die lange Bank geschoben worden.

Und nun Ihr vorliegender Antrag, ein, wie Sie ihn nennen, Zehn-Punkte-Programm zur Verbesserung des Tierschutzes im Land. Auch wenn Sie damit Fragen oder Probleme ansprechen, die zur Verbesserung des Tierschutzes von Nutz- und Heimtieren anstehen - ich sage es gleich: wir werden einer Überweisung zustimmen -, ist dieser Antrag für mich ein voluminöser Versuch, einen Pflock im Vorfeld der kommenden Landtagswahlen einzuschlagen und damit Ihre ablehnende Haltung zu anderen wichtigen Tierschutzfragen wie der Einführung eines Mitwirkungsrechtes von anerkannten Tierschutzverbänden zu kaschieren.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Damit ist auch klar geworden, warum Sie in der letzten Agrarausschusssitzung kein klares Votum zum Verbandsklage- und Mitwirkungsrecht abgegeben haben. Der Tierschutz geht uns alle an. Herr Minister, Sie haben es eben auch noch einmal gesagt und auch Herr Daldrup wird so in der

Presse zitiert. Behördliches veterinärmedizinisches Handeln kann die von uns geforderte notwendige gesetzliche Mitwirkung von Tierschutzverbänden nicht ersetzen. Das sage ich vor allen Dingen in Richtung Regierungskoalition. Ganz im Gegenteil: Es eröffnen sich Möglichkeiten auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung, die Arbeit zu qualifizieren, und dies insbesondere im Hinblick auf künftige Personalentwicklungen.

Von der ersten Antragstellung, Tierschutz als ein Grundrecht in das Grundgesetz aufzunehmen, hat es drei Legislaturperioden im Bundestag gedauert. Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger haben im Land mit ihrer Entscheidung im März 2016 in Sachsen-Anhalt die Chance, ihr Mitwirkungsrecht bei Tierschutzfragen schneller zu erreichen.

(Zustimmung von Frau Hunger, DIE LINKE)