Protokoll der Sitzung vom 27.03.2015

Ich verstehe nicht, warum das Bergamt mit der Anmeldung des Probebetriebes und vor Genehmigung des Probebetriebes keinen Langzeitsicherheitsnachweis gefordert hat. Egal, ob das Bergrecht oder die Immissionsschutzordnung zur Anwendung kommt - dieser Nachweis ist stets vorher zu erbringen. Dies musste das Land bereits sehr unschön in Angersdorf erleben.

Noch anfechtbarer ist aber die Aussage in der Antwort auf meine Anfrage, dass selbst zum jetzigen Zeitpunkt des Genehmigungsverfahrens eine abschließende Prüfung des Langzeitsicherheitsnachweises durch den Behördengutachter immer noch nicht vorliegt. Wie kann man vor diesem Hintergrund überhaupt ein rechtssicheres Verfahren durchführen? Es müsste eigentlich sofort ausgesetzt werden.

Die nächste Frage ergibt sich aus der Versatzpflicht. Um es zu erklären: Müssen die Kavernen verfüllt werden, um sie zu stabilisieren oder Gefahren abzuwehren, oder will der Betreiber durch die Verbringung von Abfällen Geld verdienen? Versatz war unter anderem in Teutschenthal erforderlich, um weitere Gebirgsschläge zu vermeiden. Dies wird auch in Morsleben mit Salzbeton praktiziert, um die Standfestigkeit zu sichern.

Die Kavernen in Staßfurt sind teilweise mit Sole gefüllt - man konnte sich das heute in der „Volksstimme“ anschauen; dort war es sehr gut bildlich dargestellt -, damit eine stabile Drucksituation entsteht. So ist das übliche Verfahren in fast 200 Salzkavernen bundesweit.

Die Auffassung des Betreibers als auch des Bergamtes, dass eine Versatznotwendigkeit besteht, ist bisher nicht gutachterlich nachgewiesen. Ich kann die Auffassung, dass das nicht erforderlich ist, nicht teilen.

Natürlich weiß ich sehr wohl, dass eine Verbringung von gefährlichen Abfällen in Salzkavernen ein technisch sehr sicheres Verfahren ist. Aber alle mir bekannten Verbringungen sind nicht nach Bergrecht, sondern nach Abfallrecht bzw. Deponierecht genehmigt worden. Für Staßfurt würde eine

Versagung der Versatzpflicht zwangsläufig eine Aufhebung des laufenden Verfahrens bedeuten und es müsste ein Planfeststellungsverfahren beantragt werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dies ist übrigens in Zielitz vor vielen Jahren so erfolgt.

Wenn die Versatznotwendigkeit doch nachgewiesen werden kann, dann müsste das Verfahren nach BImSchG und Bergrecht fortgeführt werden. Aber zuerst - darauf habe ich bereits hingewiesen - muss ein geprüfter Langzeitsicherheitsnachweis vorliegen.

Auf die Umweltverträglichkeitsprüfung möchte ich nun näher eingehen. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage hat man es sich bezüglich der Umweltverträglichkeitsprüfung sehr einfach gemacht. Die Landesregierung hat in § 1 der Verordnung einfach nur die Nrn. 1 bis 8 zur Kenntnis genommen. § 1 Nr. 9 hat man einfach unterschlagen. Die Rede ist von der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben. In dieser Verordnung geht es um die Umweltverträglichkeitspflicht. In der angeführten Nr. 9 finden wir die Aussage, dass alle betriebsplanpflichtigen Maßnahmen insbesondere nach Anlage 1 UVPpflichtig sind.

Wenn wir in die Liste schauen, dann finden wir unter Punkt 8.5 die Worte „Errichtung und Betrieb einer Anlage zur chemischen Behandlung von gefährlichen Abfällen“. Dies wird in Staßfurt obertägig gemacht. Unter Punkt 9.3 geht es um die Einlagerung von bergfremden Stoffen. Dass dies auch in diesem Fall zutrifft, dürfte allen einleuchten. Beides trifft zu. Es stellt sich also die Frage, warum keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde?

Man könnte dann noch Nr. 12 heranziehen; diese bezieht sich aber eher auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz und damit wäre man wieder im Bereich des Abfallrechtes. Damit steht das Bergamt aber etwas auf Kriegsfuß.

Die Feststellung des Bergamtes, die Umweltverträglichkeitsprüfung sei rechtlich nicht erforderlich, steht zumindest, um es vorsichtig zu formulieren, auf sehr tönernen Füßen.

Zu Punkt 3 unseres Antrages habe ich bereits mehrmals etwas gesagt. Auch diesbezüglich gilt es, die Rechtslage umzusetzen. Der Langzeitsicherheitsnachweis ist behördlich zu prüfen und vorzulegen und in das Verfahren einzubeziehen.

Auch dies durfte das Bergamt bekanntermaßen schon einmal üben, nämlich im Fall Angersdorf, bei dem wir voraussichtlich bis zum Jahr 2016 darauf warten dürfen, dass ein neuer Antrag des Be

treibers gestellt werden kann, wenn dieser Nachweis geprüft ist.

Punkt 4 unseres Antrages ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber leider bestehen im vorliegenden Verfahren erhebliche Defizite. Noch immer fehlt es an Vertrauen, vor Ort fehlen teilweise Unterlagen und es werden nur die zwingend notwendigen Mindestanforderungen erfüllt, und diese oftmals nur auf Nachfrage. Transparenz sieht anders aus.

Genau dies war aber ein wesentlicher Bestandteil des des Auftrags des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, den ich eingangs bereits erwähnte. Der damalige Wirtschaftsminister und heutige Ministerpräsident hatte dies mehrmals als Motto seines zukünftigen Agierens in mehreren Runden vor, während und nach dem Untersuchungsausschuss, als wesentliche Schlussfolgerung benannt. Er hat von maximaler Transparenz gesprochen. Das war und ist in Staßfurt wieder einmal nicht der Fall. Eigentlich setzt sich damit Vehlitz, Möckern, Angersdorf und anderes mehr hier fort.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Landesregierung sollte endlich beginnen, die Menschen vor Ort mitzunehmen, ihnen zuzutrauen, sich auch mit fachlich schwierigen Themen auseinanderzusetzen und fachlichen Rat anzunehmen.

Es muss vor allem darum gehen, nicht nur rechtliche Mindestanforderungen zu erfüllen, sondern auch relevante Themen mit in Betracht zu ziehen. Diese müssen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. In Staßfurt betrifft dies unter anderem die verkehrliche Betrachtung. Das hat zwar nichts mit den unmittelbaren Verfahren zu tun, aber das wird auch nicht ausdrücklich rechtlich ausgeschlossen. Da es sich bei den Filteraschen und Kalkstoffen nicht um kleine Mengen handelt und von bis zu 50 Lkw täglich gesprochen wird, sollte dies unbedingt Bestandteil der Betrachtung sein, um vielleicht auch zu erreichen, möglichst viele Mengen auf die Schiene zu lenken.

Auch dies haben wir in unserem Land bereits mehrfach praktiziert. In meinem Wahlkreis betrifft das unter anderem die Fels-Werke. Allerdings waren das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft sowie das Landesamt für Geologie und Bergwesen dabei nicht immer auf der aktiven Seite, sondern eher auf der passiven Seite bzw. auf der Bremserseite.

Sehr geehrte Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu! Zeigen Sie, dass Sie den Staßfurtern ihre Sorgen nehmen wollen und sie ernst nehmen!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Kollege Lüderitz. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Dr. Aeikens in Vertretung für den Bergbauminister Herrn Möllring. Bitte schön, Herr Dr. Aeikens.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Vertretung meines Kollegen Herrn Wirtschaftsminister Möllring nehme ich zum Antrag der Fraktion DIE LINKE wie folgt Stellung.

Es geht um den Versatz von zwei Kavernen in Staßfurt mit Dickstoff. Die betroffenen Kavernen tragen die Bezeichnung S2 und S4. Die Versatznotwendigkeit ist gutachterlich nachgewiesen. Die Kavernen S2 und S4 wurden mittels gebirgsmechanischen Berechnungen durch die Technische Universität Clausthal untersucht.

Das Landesamt für Geologie und Bergwesen hat weitere eigene Untersuchungen durchgeführt. Dabei wurde insgesamt erkannt, dass die Unversehrtheit der Steinsalzbarriere oberhalb der Kavernen und zum benachbarten abgesoffenen Altbergbau der Kali- und Steinsalzgruben AgatheHammacher und Berlepsch-Maybach langfristig verloren geht und dass es nach einem Verschluss der lösungsverfüllten Kavernen zu druckgetriebenen Durchströmungen des Salzgebirges mit

Durchschlag zum Deckgebirge kommen könnte.

Grund hierfür sind die spezifischen kavernentechnischen Besonderheiten, geologische Besonderheiten und geotechnische Besonderheiten am Standort der Kavernen S2 und S4, die bei der Genehmigung der Sohlung in den Jahren 1968 bis 1971 noch nicht bekannt waren.

Aus alledem ergibt sich die Notwendigkeit des Versatzes, um Durchströmungsvorgänge zu verhindern, die die Standsicherheit des Kavernenfeldes und des benachbarten Altbergbaus gefährden. Dieses Ziel wird durch den erprobten Dickstoffversatz nachweislich erfüllt. Zum einen stützt er die Kavernen ausreichend gegen den Gebirgsdruck. Zum anderen minimiert er die freie, zur Auspressung vorhandene Salzlösungsmenge. Dies bestätigt auch der mit den Antragsunterlagen für den Dauerbetrieb der Dickstoffversatzanlage eingereichte aktuelle Langzeitsicherheitsnachweis.

Im förmlichen Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz werden Umweltauswirkungen geprüft, die sich aus dem Betrieb der Dickstoffversatzlage ergeben können. Die Betriebskavernen, in welche das Dickstoffversatzmaterial im bisherigen Probebetrieb eingebracht wurde und die im zukünftigen Dauerbetrieb vollständig verfüllt werden sollen, unterliegen dem sachlichen Geltungsbereich des Bundesberggesetzes.

Die derzeitige Versuchsanlage, für welche nunmehr ein Antrag auf Dauerbetrieb nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gestellt wurde, ist deshalb eine dem Bergbau dienende Anlage. Dies hat zur Folge, dass sich die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben bestimmt.

Eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben für den vorliegenden Fall nicht gegeben. Da keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das beantragte Vorhaben besteht, kann die Landesregierung von der Antragstellerin auch nicht die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen und diese durchsetzen.

Für den untertägigen Einsatz des Dickstoffes in die Kavernen bedarf es des Nachweises des vollständigen und dauerhaften Abschlusses von der Biosphäre. Dazu ist gemäß der Verordnung über den Versatz von Abfällen unter Tage ein sogenannter standortbezogener Langzeitsicherheitsnachweis zu führen, wie er auch für Untertagedeponien gemäß Deponieverordnung erforderlich ist.

Mit Schreiben vom 26. November 2013 wurde durch die Antragstellerin der Langzeitsicherheitsnachweis für das Vorhaben „Verwertung nicht bergbaulicher Abfälle zur Erhöhung der Stabilität im Solefeld Neu Staßfurt, Betriebskavernen S2 und S4“ vorgelegt. Diesem Langzeitsicherheitsnachweis liegen die Ergebnisse des Probebetriebs von 2008 bis 2013 sowie des damaligen Sicherheitsnachweises zugrunde.

Der Langzeitsicherheitsnachweis wurde von einem Gutachterteam, bestehend aus der Kali Umwelttechnik AG Salt Technologies, der Technischen Universität Clausthal, Lehrstuhl für Deponietechnik und Geomechanik, der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, Institute für Bergbau und Spezialtiefbau sowie anorganische Chemie, sowie dem Ingenieurbüro IHU Geologie und Analytik, Stendal, erstellt. Er wurde zusammen mit den Antragsunterlagen für den Dauerbetrieb der Versatzanlage vom Landesamt für Geologie und Bergwesen für die Öffentlichkeit ausgelegt.

Das Landesamt für Geologie und Bergwesen prüft gegenwärtig den Langzeitsicherheitsnachweis gemeinsam mit seinem Behördengutachter, dem Institut für Gebirgsmechanik GmbH, Leipzig. Das Ergebnis dieser Prüfung wird als wesentliche Grundlage bei der Entscheidung des Landesamts für Geologie und Bergwesen berücksichtigt.

Bei dem Genehmigungsverfahren, das für den Dauerbetrieb der Dickstoffversatzanlage vom Landesamt für Geologie und Bergwesen durchgeführt wird, handelt es sich um ein förmliches Verfahren

mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach Bundesimmissionsschutzgesetz.

Der Antrag auf Genehmigung des Dauerbetriebs der Dickstoffversatzanlage wurde zunächst mit allen dazugehörigen Unterlagen vom Landesamt für Geologie und Bergwesen zur Stellungnahme an die zu beteiligenden Behörden Stadt Staßfurt, Landkreis Salzlandkreis, Landesverwaltungsamt und Landesamt für Umweltschutz weitergeleitet. Außerdem wurde das Vorhaben im Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes, im Amtsblatt der Stadt Staßfurt, in der „Staßfurter Volksstimme“ sowie auf der Homepage des Landesamts für Geologie und Bergwesen bekannt gemacht.

Die Auslegung der Antragsunterlagen sowie der von der Antragstellerin dazu vorgelegten Unterlagen inklusive des Langzeitsicherheitsnachweises und des Ausgangszustandsberichts erfolgte in der Zeit vom 26. November 2014 bis zum 29. Dezember 2014 im Dienstgebäude des Landesamts für Geologie und Bergwesen in Halle sowie bei der Stadtverwaltung Staßfurt. Zusätzlich wurden die vorgenannten Unterlagen auch auf der Homepage des Landesamts für Geologie und Bergwesen bekannt gemacht. Damit erhielt neben den Behörden auch die breite Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich mit dem Vorhaben auseinanderzusetzen und Bedenken zu äußern.

Innerhalb der Einwendungsfrist gingen zwölf Einwendungen beim Landesamt für Geologie und Bergwesen und der Stadt Staßfurt ein. Es ist beabsichtigt, diese Einwendungen am 31. März 2015 mit der Antragstellerin und den Einwendern zu erörtern. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt zwei Nachfragen. Zunächst möchte Frau Görke Sie etwas fragen. - Bitte, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, gestatten Sie mir eine Nachfrage. Sie wiederholten eigentlich die Antwort auf die Kleine Anfrage, die ich dahingehend anzweifele, dass die UVP nicht notwendig ist. Ich möchte meine Zweifel begründen.

Ihnen ist sicherlich bekannt, dass das Oberverwaltungsgericht Magdeburg bereits festgestellt hat, dass eine stoffliche Veränderung, die durchaus beim Herstellen des Dickstoffes vorliegt - - Diese Abfälle werden mit Sole vermischt, dadurch wird schon Übertage ein chemischer Prozess in Gang gebracht. Dies führte das Oberlandesgericht zu einem Beschluss, der besagt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend notwendig ist. Dasselbe Verfahren wird in Staßfurt angewandt. Also könnte man doch davon ausgehen, dass auch in

diesem Fall die Umweltverträglichkeitsprüfung unabdingbar ist.

Darüber hinaus sagten Sie, die Steinsalzkavernen hätten eine ganz besondere Eigenschaft. Darin gebe ich Ihnen Recht. Als Bewohner der Stadt Staßfurt kennen wir uns alle ein wenig mit Bergbau aus. Insbesondere die Steinsalzkavernen galten immer als standsicher. Es ist auch kein großes Geheimnis, dass die Firma Minex als ihren Geschäftszweck die Beseitigung von Abfällen angibt. Das habe ich der Homepage entnommen. Zufälligerweise wird in diesem Jahr die Versatznotwendigkeit festgestellt.

Entweder hat das Bergamt bis dahin grob fahrlässig gehandelt, indem es uns Staßfurter mit einsturzgefährdeten Kavernen hat leben lassen, obwohl gerade dieses Gebiet aus der latenten Bruchgefahr wieder herausgenommen wurde. oder aber es wurde nachträglich irgendetwas geändert. Mir ist die Versatznotwendigkeit nach wie vor sehr schleierhaft. Sie konnten mich dahingehend auch nicht erhellen.

Herr Minister.