mit dem am 18. März ohne Kenntnis des Kultusministers oder des Parlaments unterschriebenen Letter of Intent zur Partnerschaft mit Microsoft Deutschland bezüglich eines Bildungspaketes für Sachsen-Anhalt.
Über die Kommunikationskompetenz dieser Landesregierung in IT-Angelegenheiten will ich gar nicht reden. Ist die Kommunikation zwischen zwei SPD-geführten Häusern inzwischen so schlecht, dass der Kultusminister von einem solchen Projekt aus der Zeitung erfährt? Oder lag es wieder einmal daran, dass die E-Mails im Landesdatennetz nicht oder nur mit längerer Verspätung zustellt werden konnten? Weshalb werden der Landesbeauftragte für den Datenschutz, die Kommunen und auch der Landtag nicht über so weitgehende Pläne und Vorhaben informiert?
Das Vorhaben des Vizeministerpräsidenten könnte weitreichender nicht sein. 18 000 Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulmitarbeiter und rund 220 000 Schülerinnen und Schüler sollen in einer zentral auf ausländischen Servern gespeicherten Datei erfasst werden. Das heißt, dass es um Datenerfassung vom Hausmeister bis zur Schulsozialarbeiterin und vom Klassensprecher bis zur Direktorin geht.
Wofür ist die Datenerfassung denn notwendig? - Offenbar ist sie notwendig, damit Microsoft passgenau Lizenzen für die Produkte vergeben kann, die verkauft werden sollen. Zu den Fragen, warum ausgerechnet mit Microsoft zusammengearbeitet werden soll, einem Unternehmen, das vor allem auf herstellerspezifische und auf nicht veröffentlichten Standards basierende Software setzt, warum freie Softwareangebote, basierend zum Beispiel auf Linux-Technologie, keine Option sein sollen und warum bisher in der Bildungslandschaft Sachsen-Anhalts bereits vorhandene Ressourcen nicht einbezogen werden sollen, erfährt man von der Landesregierung nichts.
Herr Minister Bullerjahn, leider haben Sie dazu heute in der Beantwortung unserer Fragen auch keinen Beitrag zur Erhellung geleistet. Wir sind so schlau wie als wie zuvor.
Das Argument, Microsoft komme deshalb als Partner infrage, weil Microsoft an den Schulen jetzt schon eine Monopolstellung habe, ist keines. Es wäre ein guter Grund, daran etwas zu ändern.
Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal Open-OfficeAnwendungen genutzt haben. Also: Wer Open Office nutzen kann, der kommt hinterher auch mit Microsoft Office klar. Das ist nicht das Problem.
Meine Damen und Herren! Der in Rede stehende Letter oft Intent soll nach Pressenberichten mit Microsoft Deutschland geschlossen worden sein. Leistungserbringer ist aber zu größeren Teilen Microsoft Irland. Welche Schnittstellen dort vom amerikanischen Unternehmen Microsoft zu USGeheimdiensten vorgehalten werden, wie sicher die betreffenden Daten vor unbefugten Zugriffen Dritter sind und ob die hohen deutschen Datenschutzstandards eingehalten werden können, ist völlig unsicher.
Auch US-Gerichte haben in der Vergangenheit schon versucht, sich Zugriff auf bei Microsoft Irland gespeicherte Daten zu sichern, und zwar genau in dem Rechenzentrum, wo Sie die Daten jetzt ablegen wollen. Vom massenhaften Abschöpfen kompletter Datenbestände durch die NSA ganz zu schweigen.
Technologie bietet Chancen, auch für Schulen. Bevor sich das Land nun endgültig dafür entscheidet, den Weg zu einer Bildungspartnerschaft im Technologiebereich nur und ausschließlich mit Micro
Der Letter of Intent ist deshalb unmittelbar zu kündigen. Das kann dem Vernehmen nach noch bis zum Ende dieses Monats und ohne Schaden für das Land passieren. Der Abschluss von Verträgen mit Microsoft innerhalb des nächsten Monats wäre jedenfalls ein Affront; denn vor dem Abschluss solcher Vereinbarungen müssen sich der Landtag und auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz ausführlich mit dem Thema beschäftigen können.
Auch das Kultusministerium und das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt sollten mit entsprechender Expertise einbezogen werden. Das ist nicht passiert. Ohne fachlich fundierte Einschätzung zu den Chancen, aber auch zu den Auswirkungen einer strategischen Partnerschaft mit Microsoft und auch zu möglichen Alternativen im Bildungsbereich ist der Vorvertrag zu kündigen. Darum bitten wir Sie. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Striegel. Nachfragen gibt es nicht. - Jetzt spricht für die SPD-Fraktion der Kollege Herr Graner. Bitte, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Als fünfter Redner in der Debatte muss ich nicht mehr die Relevanz von digitalem Lernen hervorheben. Ich will mich deswegen auf zwei andere Punkte konzentrieren. Zum einen: Wie sieht es derzeit vor Ort aus? Zum anderen: Wie können wir den Datenschutz für alle gewährleisten?
Ich habe in den letzten Tagen, als das Thema mehr und mehr in der öffentlichen Diskussion war, einige Gespräche an Schulen vor Ort, in meinem Wahlkreis, aber auch in Magdeburg geführt. Ich habe heute Vormittag mit einer Schülergruppe aus Burg gesprochen und sie gefragt: Wie wird mit dem Thema bei euch umgegangen und wie seht ihr die Frage des Datenschutzes?
Der Eindruck, den ich gewonnen habe, ganz subjektiv: Es gibt derzeit im Land mit Blick auf das digitale Lernen einen ziemlichen Flickenteppich. Allerdings haben von vier weiterführenden Schulen in Burg vier derzeit Microsoft-Produkte im Gebrauch.
Es ist offensichtlich ein unterschiedliches Vorangehen, wie man die Plattform in der Schule in Verbindung mit den Möglichkeiten zu Hause nutzt. Es gibt Schüler, die zu Hause überhaupt nicht an den
Produkten, die sie im Unterricht erarbeitet haben, weiterarbeiten können. Es gibt aber auch Schüler, die das im Unterricht Erarbeitete, vielleicht eine Powerpoint-Präsentation, auf dem Stick mit nach Hause nehmen und dort weiterarbeiten.
Auf die Frage, ob die Produkte, die sie zu Hause nutzen, lizensiert sind, wurden die Antworten relativ einsilbig. Deswegen begrüße ich es außerordentlich, dass an dieser Stelle auch durch Stark III dieser Zustand des Flickenteppichs geändert werden soll.
Offensichtlich hat es bei dem Abstimmungsprozess vonseiten des Finanzministeriums im Vorfeld ein Stück weit an Kommunikation und Kooperation gefehlt.
Ich nehme zur Kenntnis, dass beide Häuser in diesem wichtigen Prozess jetzt gemeinsam an einem Strang ziehen wollen. Dabei rege ich ausdrücklich an, dass wir die Nutzer vor Ort mit einbeziehen. Von denen haben wir bisher zu wenig geredet. Die Lehrer sind diejenigen, die dafür sorgen, dass die Plattformen in ihren Schulen funktionieren. Die Schüler müssen mit den Systemen arbeiten, und Mütter und Väter schauen auch darauf, was ihre Kinder eigentlich machen. Deswegen müssen wir uns genau anschauen, ob wir ein neues System einführen wollen oder ob wir sagen, ihr könnt mit dem bisherigen System weiter arbeiten.
Das ist eine Frage, die auch im Ausschuss zu klären wäre. Es ist wichtig, die Menschen, die mit den Systemen vor Ort arbeiten, mitzunehmen. Das ist ein Grundsatz der Pädagogik. Das kennen wir alle. Daran hat es bisher gehapert. Das muss besser werden.
Jetzt komme ich zum Datenschutz. In der Gruppe aus der Diesterweg-Sekundarschule Burg, von der ich vorhin sprach, waren zwei Drittel der Schüler dafür, dass ihre persönlichen Daten an den Schulen ordentlich geschützt werden. Ich glaube, wir müssen zu diesem Thema noch weitere Fragen klären.
Datenschutz ist nichts Abstraktes. Er steht sogar in der Landesverfassung. Artikel 6 Abs.1 Satz 1 besagt:
Deswegen haben wir als Land die Pflicht, den Datenschutz zu garantieren, gerade bei Dingen, für die wir selbst verantwortlich sind, wo die Regelungskompetenz in unseren Händen liegt.
Sie wissen, ich sehe mit großem Bedauern, dass viele Menschen im täglichen Umgang mit ihren Geräten viel zu nachlässig mit ihren Daten umgehen. Sie wissen überhaupt nicht, welchen Wert, insbesondere welchen materiellen Wert, auch ihre persönlichen Daten haben. Gerade deswegen müssen wir in den Bereichen, wo wir als Staat die Regelungskompetenz haben, dafür sorgen, dass der Datenschutz gewährleistet ist.
Deswegen ist für die SPD-Fraktion ganz klar: Ein effektiver Datenschutz in diesem Bereich ist Grundvoraussetzung für jeden Vertragsabschluss mit einer Softwarefirma.
Hier müssen die Daten insbesondere von Schülern geschützt werden. Aber auch die Eltern wollen wissen, was mit den Daten passiert. Lehrerinnen und Lehrer, deren Daten ebenfalls geschützt werden müssen, werden auch über die Gewerkschaften ein genaues Auge darauf haben.
Noch einmal deutlich: Kein Vertragsabschluss, wenn die Nutzung der Daten nicht nach unserem Datenschutzrecht eindeutig gewährleistet und ausgestaltet ist.
Wir müssen die Kommunen einbeziehen, die als Schulträger auch ein Stück weit Verantwortung tragen und die Lösungen letztlich installieren müssen.
Einen Letter of Intent mit Microsoft abzuschließen, ohne den Landtag einzubeziehen, halte ich für genauso problematisch wie jetzt zu fordern, diesen Letter of Intent zu kündigen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir die Fragen in den Ausschüssen klären können. Sie sind wichtig. Deswegen beantrage ich die Überweisung in den Ausschuss für Finanzen zur federführenden Beratung sowie in den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Graner. Es gibt zwei Nachfragen. Sie wollen sie beantworten? - Zuerst der Herr Kollege Höhn, dann der Kollege Wagner. Bitte, Herr Höhn.
Herr Kollege Graner, ich bin Ihnen sehr dankbar für die durchaus klaren Ausführungen, die Sie zum Thema Datenschutz und unseren dazu gehörenden Aufgaben gemacht haben. Sie haben gleichzeitig gesagt, Sie würden eine Kündigung des Letter of Intent durch den Beschluss heute nicht un
terstützen. Deshalb meine Frage an Sie: Halten Sie es für realistisch, dass diese sehr tiefgründigen Fragen, die Sie gestellt haben, innerhalb von vier Wochen abschließend zu klären sind, damit die Landesregierung weiß, ob sie nun in vier Wochen unterschreiben kann oder nicht?
Herr Kollege Höhn, ich kann hier nicht für die Ausschüsse sprechen. Ich kann nur für den Finanzausschuss eine Vermutung abgeben. Ich gehöre dem Finanzausschuss selbst an. Ich glaube, dass der Finanzausschuss in der Vergangenheit in vielen kritischen Fällen gezeigt hat, dass er unter Umständen fundiert und auch sehr schnell beraten kann.