Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

Beschlussempfehlung Ausschuss für Umwelt - Drs. 6/4461

Die erste Beratung fand am 17. September 2015 statt. Berichterstatter ist Herr Scharf. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD wurde in der 95. Sitzung des Landtages am 17. September 2015 an den Ausschuss für Umwelt überwiesen.

Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die Aktivitäten der Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt zu erweitern und damit das Ansehen und die Wirkungsmöglichkeiten der Stiftung zu stärken. Die Stiftung soll hierzu Aufgaben des Landes aufgrund von Geschäftsbesorgungsverträgen wahrnehmen dürfen.

Im Haushaltsplan 2015/2016 ist vorgesehen, dass der Stiftung die Umsetzung der Verbands- und Vereinsförderung sowie die fachliche Begleitung der Koordinierungsstellen der Naturparke übertragen werden. Die gesonderte Finanzierung der Verwaltungskosten wird für diese Aufgaben durch die bei Kapitel 15 02 Titel 671 03 veranschlagte Erstattung gesichert. In gleicher Weise kann die Stiftung auch andere Aufgaben durch öffentlich-rechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrag übernehmen, wenn die Finanzierung gesichert ist.

Dies erfordert eine Ergänzung des Stiftungszwecks und die Änderung des bestehenden Gesetzes.

Die Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss fand in der 55. Sitzung am 7. Oktober 2015 statt. Die Fraktion der CDU machte den Anlass und

den wesentlichen Inhalt des Gesetzentwurfs deutlich und zeigte die voraussichtlichen Kosten und Haushaltswirkungen auf.

Die Wahrnehmung von Aufgaben des Landes setzt jeweils eine gesonderte Finanzierung voraus, was in der Regel eine entsprechende Veranschlagung und Zweckbestimmung im Haushaltsplan erfordert. Der Gesetzgeber bestimmt also auch weiterhin Art und Umfang einer gewünschten Aufgabenerledigung.

Seitens der Landesregierung wurde der Gesetzesvorschlag der Koalitionsfraktionen begrüßt. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst äußerte keine Bedenken hinsichtlich der Rechtsförmlichkeit des Gesetzentwurfs.

Nach kurzer Beratung empfahl der Ausschuss für Umwelt mit 7 : 0 : 4 Stimmen, den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt in unveränderter Fassung anzunehmen.

Für den Ausschuss bitte ich das Hohe Haus, sich dieser Beschlussempfehlung anzuschließen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Scharf. - Auch hierzu war keine Debatte gewünscht. Das wird auch jetzt nicht getan.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich frage auch hierzu, ob es den Wunsch nach einer getrennten Abstimmung gibt. - Das sehe ich nicht. Dann stelle ich jetzt die Beschlussempfehlung zur Abstimmung. Wer stimmt ihr zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Enthaltung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stelle ich Zustimmung zu der Beschlussempfehlung fest.

Jetzt frage ich nach der Gesetzesüberschrift. Wer stimmt der Gesetzesüberschrift zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzesüberschrift zugestimmt worden.

Wir stimmen jetzt über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer stimmt dem Gesetz in seiner Gesamtheit zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist das Gesetz beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 11 ist abgeschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 12:

Erste Beratung

Zwei-Klassen-Streikrecht bedroht Tarifautonomie

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/4352

Einbringer ist Herr Dr. Thiel. Herr Kollege, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Freistaat Bayern hat in den Bundesrat den Entwurf einer Entschließung eingebracht, in der die Einschränkung des Streikrechts im Bereich der Daseinsvorsorge gefordert wird.

(Herr Borgwardt, CDU: Was?)

Dieser Antrag ist bisher in den Ausschüssen des Bundesrats teilweise behandelt worden. Wir fordern aber eine zügige Ablehnung durch den Bundesrat; denn das wäre ein wichtiges politisches Signal im Hinblick auf die Zukunft des Streikrechtes und der Tarifautonomie in Deutschland.

Worum geht es eigentlich? - Ziel des eingebrachten Entschließungsentwurfs ist, dass für die Beschäftigten in öffentlichen Einrichtungen und in Betrieben der Daseinsvorsorge das Streikrecht in zwei wesentlichen Punkten beschränkt werden soll:

Erstens. Es darf nur noch gestreikt werden, wenn die Tarifparteien vor einem Tarifkonflikt eine Notdienstvereinbarung treffen und einen konkreten Streikfahrplan vorlegen. Aber, meine Damen und Herren, es ist nun mal so, ein Streik lebt vom Überraschungseffekt, an dieser Stelle.

Zweitens soll es nach der Ansicht der bayerischen Staatsregierung vor jedem Streik eine obligatorische Schlichtung zwischen den Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite geben.

(Herr Weigelt, CDU: Hört sich sinnvoll an!)

Mit diesen Maßnahmen schlägt Bayern gravierende Eingriffe in die Tarifpolitik der Gewerkschaften vor, zum einen weil die Schlichtung bislang nur auf freiwilliger Basis möglich ist und nun per Gesetz verordnet werden soll, zum anderen weil über die Notdienstvereinbarung die Arbeitgeberseite einen Hebel in die Hand bekommen würde, Streiks zu verzögern oder zu blockieren. Es ist ein Eingriff in die Tarifautonomie und das gesetzlich garantierte Streikrecht. Das ist nicht hinzunehmen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Denn damit hindert man vor allem die Gewerkschaften und Arbeitnehmerseite, eigenständig Entscheidungen über ihr weiteres Vorgehen in der entsprechenden Tarifrunde zu fällen. Damit wird Wirtschaftsdemokratie ganz wesentlich eingeschränkt.

Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfreiheit ist ein verfassungsrechtlich verbrieftes Grundrecht, das in Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes genau geregelt ist. Ich zitiere:

„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.“

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diese Aussage lässt eine Veränderung der bestehenden Regelungen, so wie es die bayerische Staatsregierung gewollt hat, nicht zu.

Das Recht auf Streik ist ein wesentlicher Bestandteil der Umsetzung dieses Grundrechts; denn ohne den Streik würde die Koalitionsfreiheit ins Leere laufen.

Das Menschenrecht und Doppelgrundrecht auf kollektive Organisation und Kollektivverhandlungen - das heißt in Deutschland „Tarifverhandlungen“ - ist des Weiteren in der UN-Menschenrechtserklärung von 1946, in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO C 87 und 98, und auch in der EU-Grundrechtecharte und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert.

Das Streikrecht ist als wesentlicher Bestandteil der Koalitionsfreiheit auch in Artikel 8 Abs. 1d der UNSozialcharta ausdrücklich verankert, soweit es in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung ausgeübt wird.

Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist auch eine einschlägige Rechtsprechung fixiert. Ich zitiere:

„Aus diesem Kollektivrecht“

- also dem Recht, Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern führen zu können -

„muss auch ein Recht auf Streik folgen, da kollektiven Arbeitnehmervereinigungen ohne ein Streikrecht keinerlei Möglichkeiten zur Verfügung stünden, ihre Forderungen durchzusetzen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die bayerische Staatsregierung will damit massiv in diese Grundrechte eingreifen. Dabei kommt offenbar eine abgelegte Rechtsform aus der Zeit der

Weimarer Republik auf, nämlich die Zwangsschlichtung.

Mit einem Zwang zur Schlichtung ohne Streik sowie mit der Verpflichtung zur Notdienstvereinbarung wird ein Macht- und Einflussgefälle zwischen den Sozialdialogpartnern geschaffen, das den längst erkämpften Rechten auf Koalitions- und Tarifverhandlungsfreiheit diametral entgegenläuft.

Autonome Rechte der Gewerkschaften sollen von der Zustimmung der Arbeitgeberseite abhängig gemacht werden.

Dabei wird jetzt schon mit sogenannten Notdienstvereinbarungen zum Beispiel in Krankenhäusern sehr verantwortungsbewusst umgegangen.

Für die tarifführenden Gewerkschaften ist das plumpe Lobbypolitik. Die CSU verkaufe dafür die Freiheit und die Interessen der Beschäftigten. Das sagte Bayerns DGB-Chef Matthias Jena.

(Herr Borgwardt, CDU: Das muss aber nicht stimmen!)

Die Kette scheint logisch zu sein. Erst privatisiert der Staat wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, dann drängt man die Beschäftigten mit der Kostendiskussion aus bestehenden Tarifverträgen und schließlich will man diesen Beschäftigten auch noch das Recht zur Gegenwehr drastisch einschränken.