Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zu den grundsätzlichen Herausforderungen, die der Ausstieg aus der Pandemie und den wirtschaftlichen Herausforderungen anbelangt, was das für uns bedeutet, hat meine Fraktionsvorsitzende Katja Pähle vorhin ausführlich Stellung genommen und hat auch deutlich gemacht, dass das tatsächlich eine Herausforderung für uns alle ist, für die Landesregierung genauso wie für den Landtag, aber eben auch für die Menschen in unserem Lande. Deshalb will ich zu den einzelnen Themen kommen, die heute unter den vier Punkten abgehandelt werden sollen.
Bei dem Antrag „Grundeinkommen für Soloselbstständige und Kleinunternehmer und Kleinunternehmerinnen“ bin ich hin- und hergerissen. Das will ich offen gestehen. Die Stoßrichtung ist ganz richtig, weil es darum geht, die Lücke, die die Bundesregelung gelassen hat, zu schließen. Die Grundsicherung für Erwerbslose kann diese Lücke nur teilweise schließen. Deshalb ist es richtig, das Konzept des Unternehmerlohns, das Minister Willingmann gerade angesprochen hat, weiter zu verfolgen. Es ist unkomplizierter und es würde vor allen Dingen Leistungen aus einer Hand ermöglichen.
Wir haben uns im Vorfeld - das muss man sagen - in der Koalition leider nicht auf einen eigenen Antrag dazu verständigen könne, wollen uns aber weiterhin der Debatte stellen.
Eine pauschale Leistung an Soloselbstständige zur Deckung von entgangenen Aufträgen und Honorarausfällen wäre eine tatsächlich unbürokratische Lösung für ein komplexes Problem. Gerade für den Kulturbereich könnten wir damit viel mehr bewirken als mit bisherigen Programmen. Das ist die eine Seite. Andererseits denke ich: Wäre es nicht viel besser, die betroffenen Soloselbstständigen kämen endlich wieder an Arbeit und Aufträge?
- Abwarten. Ich sage noch etwas dazu. - Denn wer sich selbstständig gemacht hat, der will ja gar nicht von Transferleistungen leben, sondern mit seiner Kreativität, seiner Dienstleistung, seinen
Kochkünsten oder was auch immer auf dem Markt bestehen und Geld verdienen. Deshalb wäre es gut, wenn die bestehenden und die heute von den LINKEN beantragten Überbrückungshilfen nicht mehr lange benötigt würden.
Ich bin mir ganz sicher, den Betroffenen ist jeder selbst verdiente Euro lieber als jede Leistung aus einem staatlichen Programm.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte gern etwas intensiver auf den Bereich von Gastronomie und Tourismus eingehen. Wir beobachten wirklich ein Hin und Her von Entscheidungen und Ankündigungen in Sachsen-Anhalt, in anderen Ländern. Von einem abgestimmten und für alle auch nachvollziehbaren Vorgehen kann wohl nicht wirklich gesprochen werden.
Ich stelle fest, alle in unserem Haus wollen eine Perspektive für unsere Tourismusbranche, und unserer Wirtschaftsministerium setzt sich nach Kräften dafür ein. Ich stelle aber auch fest, im Wettbewerb der Regionen haben die Länder die Nase vorn, in denen die Landesregierungen einen Fahrplan für die Öffnung von Beherbergungsbetrieben aufgestellt haben. Dafür reicht es nicht aus, sich auf das Thema Ferienwohnungen zu beschränken.
Schleswig-Holstein öffnet am 18. Mai Restaurants, Hotels und Ferienhäuser und lässt wieder alle Touristen ins Land. Sogar Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen sind möglich. Fitnessstudios, Kinos dürfen wieder öffnen. Berlin öffnet die Restaurants ab 15. Mai, Hotels ab 25. Mai. Mecklenburg-Vorpommern hat einen klaren Fahrplan: Ab 18. Mai öffnet die Gastronomie, ab 25. Mai öffnen die Hotels.
Selbst unsere Nachbarn in Thüringen und Sachsen haben eine klare zeitliche Vorstellung davon, wie und wann Hotels wieder Gäste beherbergen können. So hat Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee gestern angekündigt, die Hotels am 15. Mai zu öffnen. Den gleichen Termin hat Ministerpräsident Kretschmer für Sachsen verkündet.
Im Harz kommt es zu einer ganz merkwürdigen Situation, aber möglicherweise an den Landesgrenzen zu Sachsen und Thüringen genauso. Im Westharz können Touristen nächste Woche - völlig unabhängig von Himmelfahrt - in die Gastronomie einkehren; in Sachsen-Anhalt stehen die Gäste vor geschlossenen Lokalen.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich mit Nachdruck dafür plädieren, dass unsere Hotels, Pensionen und Beherbergungsbetriebe eine zeitliche Perspektive erhalten, damit sie wissen, ab wann sie Buchungen entgegennehmen und Gäste begrüßen können. Gleiche Chancen für alle, nicht nur in anderen Bundesländern, auch bei uns.
Dabei kommt es, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf den Zeitpunkt genauso an wie auf eine klare Verlässlichkeit. Ich möchte mich auch dafür aussprechen, dass die Öffnung von Gastronomiebetrieben nicht auf den Tag nach Himmelfahrt verschoben wird. In Restaurants und Gasthäusern kommt es darauf an, dass Abstandsregeln und Hygienekonzepte eingehalten werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das muss am Tage nach Himmelfahrt genauso gewährleistet werden wie an Himmelfahrt selbst oder am Tag davor.
Unsere Tourismusbetriebe und die Gastronomiebetriebe erwarten von uns klare Antworten auf ihre Fragen. Wir sollten in der Lage sein, diese klaren Antworten zu geben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin mir dessen bewusst, in welcher Rolle ich gerade bin, auch als Mitglied einer Fraktion, die diese Koalition trägt. Ich will ausdrücklich erklären, dass sich all das, was wir bisher in dieser Koalition geleistet haben, sehen lassen kann und dass wir uns nicht vor anderen Ländern zu verstecken brauchen und erhobenen Hauptes die Arbeit unserer Landesregierung tragen und unterstützen können und wollen.
Wir sollten aber dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Anspruch an unsere eigene Landesregierung haben, Klarheit zu schaffen über die Fragen, die heute unklar geblieben sind. Das ist wichtig für die Landesregierung selbst, aber auch für uns als Abgeordnete, für die Menschen in unserem Lande, die auf klare Positionen warten und auf klare Ansagen hoffen.
Das ist meine Bitte, die ich ausdrücklich auch nach der Diskussion der letzten Stunden an die Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung richten möchte, dass sie unter sich schnell klären, was denn gelten soll, ab wann und zu welchen Konditionen, damit die Menschen wissen, worauf sie sich einlassen können.
Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang - eine weitere Bitte an die Landesregierung - auch über Aktivitäten reden, die vielleicht nicht morgen stattfinden, die aber heute in Planung sind.
Worüber rede ich? - Über Ferienlager und Ferienaktivitäten für Kinder in den Sommerferien. Die Planungen laufen jetzt. Auch diesbezüglich müssen die Menschen wissen, was sie planen können, in welchem Zeitraum sie planen können. Auch hierbei bedarf es einer Entscheidung, damit die freien Träger und die Vereine wissen, woran sie sind.
Übrigens gilt das auch für die Öffnung von Freibädern und bewachten Freigewässern. 90 % aller Ertrinkungstoten kamen in den letzten Jahren in unbewachten Freigewässern ums Leben. Eine sichere Möglichkeit des Aufenthalts am und im Wasser mit Anwesenheit eines Rettungsschwimmers oder einer Rettungsschwimmerin ist allemal besser als die individuelle Suche nach einer Bademöglichkeit an unbewachten Seen und Flüssen. Lasst uns das bitte in Betracht ziehen, wenn es darum geht, abzuwägen,
wie wir Gesundheitsschutz und Infektionsschutz kompatibel mit der Nutzung von öffentlicher Infrastruktur, die die Menschen brauchen, hinbekommen.
Gestatten Sie mir, zu den anderen in den Anträgen angesprochenen Themen noch etwas zu sagen. Zur Versorgung von Kindern mit Mittagessen während der Pandemie: Der Gedanke, meine sehr verehrten Damen und Herren von den LINKEN, die Mittel des Bildungs- und Teilhabepakets, die sonst in Schulen für die kostenlose Bereitstellung von Mittagessen genutzt werden, auch während coronabedingter Schließzeiten für eine Essensversorgung der betroffenen Kinder zu nutzen, ist wirklich gut. Die Idee, das Geld direkt an die Eltern auszuzahlen, ist es nicht. Das entspricht gerade nicht dem Gedanken von Teilhabe der Kinder und der Rechtslage entspricht es im Übrigen auch nicht.
Es gibt an verschiedenen Orten - das wurde schon angesprochen - Ansätze, um zum Beispiel mit den beteiligten Essenproduzenten und -lieferern eine Auslieferung des Essens in die Familien zu vereinbaren. Die Pandemieauflagen stehen einer Versorgung mit Mittagessen nicht entgegen. Da wir bis zu den Sommerferien keinen täglichen Schulbetrieb für Schülerinnen und Schüler haben werden und auch ein Regelbetrieb in den Kitas noch nicht absehbar ist, lohnt es sich, sich vor Ort für solche Lösungen starkzumachen.
Zudem Antrag „Studierende und Hochschulen in Coronazeiten nicht vergessen“. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Soziale Folgen hat die Krise auch für viele Studierende. Geschlossene Gaststätten und Kneipen bedeuten für sie deutliche Gehaltsausfälle; der Minister hat es in sei
nem Beitrag deutlich gemacht. Der platte Ruf „Studenten auf die Spargelfelder“ - das hört man hin und wieder einmal - hat wenig mit der Realität zu tun, und er vermittelt ein Bild von Studierenden in der Hängematte, die sonst nur die Hand aufhalten. Das Gegenteil ist der Fall: Viele von ihnen haben vor Corona den Spagat zwischen rigide durchgeplantem Studium und Finanzierung des Lebensunterhalts meistern müssen. Kredite nützen dieser Zielgruppe in ihrer Not besonders wenig.
Die Bundesregierung hätte dafür eine sehr unkomplizierte Lösung finden können, indem sie das BAföG geöffnet hätte. Stattdessen wird es jetzt eine erweiterte Härtefallregelung über die Studierendenwerke geben. Das ist nicht unsere
Wunschlösung - ich will das hier ausdrücklich sagen -; dennoch sind wir froh, dass es jetzt eine Möglichkeit jenseits von Krediten gibt. Für alle Studierenden, die kein wohlhabendes Elternhaus im Rücken haben, ist das von großer Bedeutung.
Es braucht aber weitere Unterstützung für Studierende, und zwar mit Blick auf die Regelstudienzeit. Die Umstellung auf ein weitgehendes Digitalsemester läuft zwar, viele konnten aber vor allem praktische Leistungen nicht erbringen. Man denke hierbei zum Beispiel an praktische Gruppenarbeiten, an Exkursionen, aber auch an Erhebungen für Abschlussarbeiten - alles zwingende Bestandteile, um ein Studium erfolgreich zu absolvieren.
Wir brauchen also eine Anhebung der Regelstudienzeit um ein ganzes Semester. Wenn der Bund hierbei nicht mehr über das Bundesausbildungsförderungsgesetz tätig wird, sollte das Land eine eigene Lösung finden.
Betroffen sind nicht nur die Studierenden, sondern auch die Hochschulen selbst. Die Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg hat den finanziellen Mehraufwand im Digitalbereich kürzlich auf
2,5 Millionen € beziffert. Das ist kein Pappenstiel und erst recht ein guter Grund, den Hochschulen nicht auch noch durch einen Konsolidierungsbeitrag Gelder zu streichen.
Man kann nur hoffen, dass sich hier noch eine Lösung bezüglich der Zielvereinbarung abzeichnet, die ein Signal der Wertschätzung für gute Arbeit in Krisenzeiten an die Hochschulen in unserem Lande sendet.
Gern hätten wir heute anhand eines Alternativantrags über einen Digitalfonds diskutiert, der Mehrkosten der Hochschulen durch Digitalisierungsmaßnahmen abfedert und sie darin bestärkt, diesen Weg mit so viel Nachdruck und Konsequenz
wie möglich zu gehen. Wenn wir nach der Krise wieder durchstarten wollen, werden es nicht zuletzt die Innovationskraft der Universitäten und Hochschulen sowie die Tatkraft ihrer Absolventinnen und Absolventen sein, die unser Land nach vorn bringen werden.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleibt mir nur, die Überweisung der Anträge der Linksfraktion zu beantragen, und zwar die Drs. 7/6019 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung und Kultur, die Drs. 7/6020 in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration und die Drs. 7/6021 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.