Protokoll der Sitzung vom 08.05.2020

geben? Ich erinnere nur daran, dass es häufig so ist - wer gelegentlich in einem Restaurant, einer Gaststätte an der Bar ist, der bekommt das mit -: Wenn die Bier- oder Saftgläser zurückkommen, dann werden sie kurz durch die Spüle, über den Schwamm oder was auch immer gezogen, kommen dann zum Abtropfen und werden gleich wieder verwendet. Wird es besondere Reinigungsvorschriften für das Geschirr geben, etwa in Bezug auf Geschirrspülmittel oder so?

(Zuruf)

Wird es besondere Vorschriften geben?

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Ich habe schon einmal gesagt, dass das Bundesarbeitsministerium für alle Bereiche Hygienevorschriften und Arbeitsschutzmaßnahmen in Coronazeiten ergriffen hat. Natürlich wird es auch für Biergläser eine andere Art der Waschung geben. Das ist schon jetzt in den Hygienevorschriften der Berufsverbände enthalten.

Frau Ministerin, es gibt noch eine weitere Frage. - Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich bin etwas irritiert wegen der Aussagen, die Sie hinsichtlich einer möglichen Genehmigung für die Gastronomie getroffen haben. Wir haben heute schon sehr intensiv darüber diskutiert, dass es

auch um die Akzeptanz in der Bevölkerung geht. Sie haben zu Recht angesprochen, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung insbesondere dann zu schwinden anfing, als es unterschiedliche Lockerungsübungen gab. Das eine Bundesland hat eher als Sachsen-Anhalt gelockert oder umgekehrt.

(Zuruf)

Wie kommentieren Sie vor diesem Hintergrund die Ankündigung, dass die Sachsen - so ist es ja zu vernehmen - die Gastronomie deutlich eher - ich glaube, sogar schon am 9. Mai 2020, wenn man der Presse glauben darf - öffnen wollen? Dort wird also an Himmelfahrt geöffnet sein. Wie wollen Sie es den Menschen erklären, die genau an der Landesgrenze wohnen, dass sie in Sachsen ihr Bier im Biergarten trinken dürfen, in Sachsen-Anhalt aber nicht? - Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage ist: War es Ihr Ernst, eine mögliche vorzeitige Genehmigung durch die Landkreise in Einzelverfügungen vornehmen zu lassen? Ist Ihnen bewusst, welchen Verwaltungsaufwand Sie dadurch erzeugen und dass Sie womöglich Konfliktpotenzial ganz bewusst auf die Landkreise ablegen? Denn es wird wohl kaum möglich sein - ich komme, wie auch der geschätzte Wirtschaftsminister, aus dem Harz -, innerhalb von zwei, drei Tagen womöglich 40, 50 Gaststätten in Einzelverfügungen die Freigabe zu erteilen. Ist das wirklich der Bürokratieabbau, den wir uns vorgenommen haben? - Das waren meine zwei Fragen.

(Beifall)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Zu dem ersten Punkt. Es geht mir nicht darum, über das Wohlgefühl einzelner Bevölkerungsgruppen zu sprechen, was man wann lockert. Ich weiß, dass es viele mittlerweile als Zumutung ansehen, wenn man solche Beispiele hört, wie: Ich wollte den Geburtstag meiner Frau feiern, von daher wäre es schön, wenn wir hätten essen gehen können. - Was für eine Luxusdebatte angesichts dessen, dass wir ganz andere Dinge miteinander in ein Verhältnis bringen müssen und sehen müssen, wie wir das gestalten.

(Zuruf)

Ich möchte nur eines sagen: Ich bin so oder so im Augenblick die Person, die am meisten gescholten wird. Lasse ich die Zügel jetzt fest auf dem 22. Mai 2020 und sage, ich kann es nicht verantworten, dann passiert ab dem 22. Mai und danach möglicherweise nichts. Dann heißt es, das hätte

man ja sehen müssen; diese eine Woche war ganz entscheidend. Tue ich das nicht, dann habe ich, wie es mir die ganze Zeit passiert ist, möglicherweise den Landrat in Wittenberg mit meinen Leuten zu unterstützen oder den im Harz. Diesen habe ich auch an anderer Stelle schon unterstützt, weil es die Gesundheitsämter nicht geschafft haben. Ich habe dann an einer Stelle auf jeden Fall wieder einen Hotspot zu bekämpfen. Wenn es dazu kommt, dann bin ich auch wieder schuld; denn ich habe es zugelassen, dass diese Lockerungen vorgenommen wurden.

Ich möchte meine Verantwortung überhaupt nicht an die Landräte und Oberbürgermeister abgeben und einfach sagen, sie können den Termin nach vorn ziehen. Ich möchte schon, dass sich jeder Landrat und jeder Oberbürgermeister überlegt, ob er das an der Stelle so verantworten kann. Deshalb: Ja, klar, ich mache es ihm schwer; denn er soll abwägen, ob das eine oder das andere richtig ist. Ich möchte, dass er nur Gaststätten früher öffnen lässt, die die ganzen Hygienevorschriften, die ab dem 22. Mai 2020 gelten, tatsächlich einhalten können. Außerdem möchte ich, dass sich jeder einzelne Betreiber mit seinem Antrag verpflichtet und sagt: Ja, ich garantiere das, und ihr bekommt nach dem Tag - zum Beispiel dem Himmelfahrtstag - lange Listen von mir, wer bei mir ein Bier getrunken hat.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Ministerin für ihren Redebeitrag. Danke. - Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Prof. Dr. Willingmann das Wort. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Abg. Gallert hat gerade darauf hingewiesen, dass nun der Minister Willingmann das Pech habe, er müsse zu den Anträgen sprechen. Aber ich bin jetzt auch einmal so frei, auf etwas hinzuweisen: Wir haben heute in diesem Landtag d a s Thema unserer Zeit auf der Agenda.

Wenn wir heute - das haben Sie an der Intensität der Debatte erlebt, bei der ein Ministerpräsident sich hier vorne eine halbe Stunde lang hinstellt und intensiv die Erwägungen der Landesregierung darstellt und unsere Überlegungen deutlich macht, bei der das Interesse der Bevölkerung zu Recht riesengroß ist und Ihres ja offenbar auch und bei der die Einschätzungen der Lage offenbar sehr, sehr unterschiedlich sind - in einer solchen Situation hingehen und beckmessern bei der Frage, ob man siebeneinhalb Minuten einhalten

kann, wenn man auch noch Anträge zusammenfasst, zu denen man auch bitte umfassend sprechen muss, meine Damen und Herren, dann fällt mir das schwer. Das fällt mir nicht nur deshalb schwer, weil mein Format früher immer 90 Minuten war und „Vorlesung“ hieß, sondern es fällt mir auch deshalb schwer, weil ich finde, dass wir die Themen auch einmal gewichten dürfen.

Im Zweifel, meine Damen und Herren, befragen Sie mich nachher, wenn ich jetzt über oder unter meiner Zeit bleibe. Es wird nicht möglich sein, auf alle Aspekte dieser Anträge im Einzelnen einzugehen, sondern es ist nur möglich, Einzelnes herauszugreifen. Nachdem wir heute schon so viel diskutiert haben, will ich das auch versuchen.

Meine Damen und Herren! Beginnen wir also mit folgendem Aspekt: Was ist eigentlich geschehen, nachdem sich Mitte März die Einschätzung des RKI gegenüber seiner früheren Einschätzung deutlich veränderte und die Gefährdungslage für die Bevölkerung am 7. März 2020 höher eingeschätzt wurde, als das bis dahin der Fall war, und im Grunde die Voraussetzung dafür geschaffen wurde, dass die Bundesregierung zusammen mit den Landesregierungen Maßnahmen ergriff, die dazu führen, dass das Infektionsrisiko durch das Herunterfahren unseres gesellschaftlichen Betriebs reduziert wird?

Nun, Sie haben mitbekommen, dass in dieser Zeit, nachdem am 22. März 2020 - wenn ich das richtig notiert habe - verkündet wurde: „Wir fahren den Betrieb herunter“ - nennen wir es Lockdown oder anders, das ist im Grunde völlig wurscht, alle wissen inzwischen, was gemeint ist -, ein umfassendes Kontaktverbot erlassen wurde, dass Gastronomiedienstleistungen und Handel heruntergefahren wurden, die Bundesregierung sofort angekündigt hat, dass es auch Hilfen gibt. Diese Hilfen hat sie Soforthilfen genannt. Minister Scholz hat das sogar mit dem Begriff der „Bazooka“ ausgedrückt, der vielen erinnerlich ist, selbst wenn sie gar nicht wissen, was das bedeutet. Aber den Begriff „Bazooka“ kann man sich merken. Das ist offenbar ein umfassendes - -

(Zuruf)

- Ausgerechnet Sie! - Das ist offenbar ein wichtiger Topos. Dieser Topos steht dafür, dass wir die Wirtschaft - an dieser Stelle bin ich nur Wirtschaftsminister - nicht alleine lassen, wenn es um darum geht: Ihr könnt eine Weile lang kein Geschäft machen und dieses Geschäft, das ihr nicht machen könnt, das können wir auch nicht vollständig kompensieren, aber wir können euch helfen. Wir können das überbrücken, indem wir an der Stelle, an der bestimmte Belastungen fortlaufen, obwohl keine Einnahmen erzielt werden können, ein Maßnahmenpaket auflegen.

Dieses Maßnahmenpaket umfasst 50 Milliarden €, Soforthilfe genannt. Und es sollten damit vor allen Dingen Soloselbstständige und Kleinunternehmer geschützt werden. Der Bund hatte vor allem die Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern im Auge, und nur die will er unterstützen mit seinem Hilfsprogramm.

Wir haben dann in der Landesregierung - das Parlament hat diesen Nachtragshaushalt auch bereits genehmigt - gesagt: Da müssen wir etwas draufsetzen, weil wir unsere Wirtschaft passgenau erreichen, wenn wir ein Programm auflegen, bei dem wir die Unternehmen bis 50 Mitarbeiter auch im ersten Rutsch mit abdecken. Wir haben dafür 150 Millionen € eingestellt, damit auch diese Unternehmen Zuschüsse beantragen können, die dazu beitragen sollen, die laufenden Kosten, für die man möglicherweise im Moment keine Erwerbsmöglichkeit hat, abzufangen.

Aus unserer Wirtschaft - wir können uns darüber streiten, ob wir 100 000 oder 110 000 berechtigte Unternehmen haben, mit diesen Kriterien vom Soloselbstständigen bis zum Unternehmer mit 50 Mitarbeitern etwa 110 000 - sind 42 700 Anträge eingegangen. 42 700 Anträge auf Zuschüsse vom Soloselbstständigen, der so solo ist, dass er fast vereinsamt, bis hin zum fast schon großen Unternehmer, der 50 Mitarbeiter hat und auch gesagt hat: „Ich nehme diese Hilfe in Anspruch.“

Die sind bei einer Institution eingegangen, die wir dafür zu Recht genommen haben, nämlich unsere Investitionsbank, weil die mit Förderprogrammen und Unterstützungsprogrammen vertraut ist, allerdings normalerweise nur mit etwa 3 000 pro Jahr. Jetzt hatten wir innerhalb von zwei Tagen 21 000 Anträge und inzwischen 42 000. Die werden jetzt abgearbeitet. Und das ist gut.

Vorhin ist von irgendjemandem erzählt worden - ich habe mir den Namen nicht genau gemerkt, aber gehört habe ich es -: Da gibt es Menschen, die die Hilfe noch nicht bekommen haben. - Ja, das stimmt. Die gibt es im ganzen Bundesgebiet. Ich finde das sehr ärgerlich. Ich finde das ganz bedrückend. Das ist in der Tat vier oder sechs Wochen, nachdem das Programm begonnen hat, nicht schön. Nur, es ist das größte Unterstützungsprogramm, das das Land Sachsen-Anhalt jemals bewältigen musste. Es wird von uns mit großer Verantwortung bewältigt, aber wir können auch nicht hexen. Denn wir bewältigen es nicht als eine Übung, von der hier irgendjemand gerade gesprochen hat, sondern wir bewältigen es im Pandemiestatus.

(Beifall)

Und dieser gilt natürlich auch für die Investitionsbank und für die Landesregierung.

Das heißt, auch wir müssen mit reduzierten Kräften arbeiten, und diese reduzierten Kräfte müssen zugleich auch noch ein bisschen mehr arbeiten, und das idealerweise auch am Wochenende, was sie übrigens häufig tun. Deshalb kommen wir im Moment auf 1 400 Bewilligungen pro Tag. 1 400, das ist ein toller Wert. Jetzt meckern wir nicht die ganze Zeit, ob man das auf 1 700 steigern könnte, sondern schauen einmal darauf, was wir den Mitarbeitern dort im Moment abverlangen. Die rödeln durch, um es einmal umgangssprachlich zu sagen.

Inzwischen sind Mitarbeiter aus dem Rechnungshof mit dabei und aus der Landtagsverwaltung, wofür ich dankbar bin. Es sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Wirtschaftsministerium dabei, die alle nachträglich dazu ergänzend hineingegeben wurden, weil man umschichtig arbeiten muss. Es sollen ja nicht alle gleichzeitig an Bord sein; denn es geht um Infektionsketten - und darum geht es zu Recht.

Meine Damen und Herren! Das ist eine große Leistung, die hier erbracht wird, und wir sind natürlich daran interessiert, dass diese Leistung auch bitte in diesem Monat beendet wird und alle das Geld haben, Steuergeld übrigens. Wir werden das alle irgendwann noch zurückzahlen müssen. Dies nur zur Erinnerung. Dieses Geld ist gut investiert, weil es unsere Wirtschaftsstruktur erhält, aber wir sollten uns immer noch klarmachen, es ging nicht darum, einfach einen Zettel reinzureichen: Hier meine Kontonummer und dort mein Bedarf, bitte um Überweisung. - Das geht nicht, auch nicht bei diesem Programm.

(Beifall)

Deshalb wird tatsächlich bei uns etwas genauer geprüft. Und damit bin ich bei einem zweiten Aspekt, den Sie heute in der „Volksstimme“ nachlesen konnten. Meine Damen und Herren! Ja, darauf gucken vier Augen, und es guckt auch noch jemand hinten, ob das tatsächlich so stimmt mit der Unternehmensnummer und den Angaben, und dann wird das Geld überwiesen. Das erspart uns im Moment etwas, was wir aus Berlin und Nordrhein-Westfalen hören, wo die Auszahlungen zwischendurch eine Woche lang unterbrochen werden mussten - ich glaube, in Nordrhein-Westfalen sogar zehn Tage; nageln Sie mich nicht darauf fest, ob es das Bundesland war oder ein anderes -, weil man zunächst einmal den Betrügereien nachgehen musste und verhindern musste, dass das Geld einfach abgezockt wird.

Das können wir doch auch nicht wollen. Und deshalb: Wo auch immer Sie damit belastet werden - ich fürchte, das gilt für viele von Ihnen in Ihren Wahlkreisen; man kann sich ja wohlfeil dahinter stellen, dass man sagt: So eine Sauerei, warum

klappt das da alles nicht schneller? Diese faulen Säcke! -: Nein, die sind nicht faul, die arbeiten gewissenhaft und die achten darauf, dass dieses Geld vernünftig bei den Leuten ankommt. Und es kommt mitunter am Samstagmittag an, weil man am Freitagabend den Antrag noch bearbeitet hat. Das ist eine ordentliche Leistung,

(Beifall)

und wir arbeiten verantwortungsvoll. Das ist dieselbe Verantwortung der Kollegen - -

Herr Minister, ich möchte Sie an Ihre Redezeit erinnern. Sie haben schon weit überzogen.

Ja, aber das muss jetzt bitte sein. Das ist jetzt wirklich ein Problem, Herr Präsident.

Es gibt auch noch zwei Nachfragen. Da können Sie das dann noch machen.

Nein, das gibt es ja eben nicht. Bevor jetzt der Abg. Gallert nämlich - - Gut, der kann mir natürlich auch alle diese Fragen stellen.

Dann nehme ich noch schnell einen anderen Aspekt heraus. Ich glaube, der hingehört noch hier hin.

Herr Gallert, ich nehme nur noch das, was Sie fragen wollten, dann bin ich auch mit fünf Sätzen fertig; mit einem traue ich mich nicht.

Herr Steppuhn hatte sich aber zuerst zu Wort gemeldet.