Es gibt auch Fähren, die keine Landesstraßen miteinander verbinden, sondern sie verbinden zum Beispiel Kreisstraßen miteinander. Aber auch da haben wir das Problem. Eine Kreisstraße ist eine Kreisstraße, weil sie eine kreisliche Bedeutung hat und nicht primär von der Gemeinde zu verantworten ist. So.
Jetzt haben wir folgendes Problem: Diese Gemeinden sind im Normalfall nur noch unter ganz schwierigen Bedingungen überhaupt in der Lage, diese Zuschüsse sowohl für die sogenannte Landrevision als auch für die normalen Betriebskosten zu bezahlen. Sie müssen es aber machen, damit sie für uns, für das Land, einen Verkehrsweg offenhalten. Das funktioniert einfach nicht mehr.
Nun steht bei uns im geltenden Straßengesetz, das im Jahr 1993 in Kraft trat, dass Fähren zur Straße gehören, wenn eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung gemacht wird. Im Normalfall versuchen die Betreibergemeinden, eine solche öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu machen. Im Normalfall ist der Partner das Land, das das machen müsste. Der Partner Land hat allerdings im Normalfall eigenartigerweise - vielleicht könnte sich der eine oder andere von Ihnen denken, warum - überhaupt kein Interesse an einer solchen Vereinbarung.
Die Leute, die diese Fähren zurzeit betreiben und bezahlen, stehen beim Land vor verschlossener Tür. Das führt dazu, dass sie irgendwann mal sagen, liebe Leute, wir machen hier eine Landesaufgabe mit gemeindlichen Mitteln. Das kann doch nicht sein. Ihr seid doch diejenigen, die diese Landesstraße offenhalten müssen.
Die Situation verschärft sich noch. Ich nehme mal ein Beispiel nicht aus meinem Beritt dort oben im Norden, sondern Barby. Barby hat als Gemeinde sage und schreibe drei Elbfähren zu betreiben,
- Völlig in Ordnung, jawohl. Wenn man so hoch aus dem Norden kommt, vergisst man manchmal die Nebenflüsse. Aber es ist in Ordnung.
Da sagt mir die Kämmerin: Wissen Sie, unser Problem ist Folgendes: Der Betrieb dieser Fähre, also die Wahrnehmung einer Aufgabe für das Land, läuft bei uns auch noch als freiwillige Aufgabe. Das bedeutet, alle möglichen Mittel, die diese Gemeinde Barby - so zumindest die eigene Verwaltung - überhaupt noch hat, müssen wir dafür einsetzen, um die Landesstraßen und die Kreisstraße aufrechtzuerhalten.
Und noch mal: Die Landesstraße ist deshalb Landesstraße, weil man mit der Fähre über den Fluss kommt. Die ist nicht deshalb eine Landesstraße, weil der Angler damit bequem an sein Flussufer kommen soll. Vielmehr macht sie nur Sinn, wenn sie durchgängig ist. Deswegen müssen wir das Gesetz ändern. Das Gesetz, das wir ändern wollen, besagt ganz klar: Die Fähre gehört zur Straße. Punkt. Dann hätten wir zumindest alle Probleme bei den Landesstraßen gelöst.
Es gibt einen anderen Fall, und zwar dann, wenn wir zum Beispiel kommunale Zuständigkeiten hätten, den Kreis zum Beispiel. Manchmal hat man das. Dann muss natürlich zwischen den beiden Landkreisen, die da verbunden werden, eine entsprechende öffentlich-rechtliche Vereinbarung sein. Aber was nicht mehr geht - das ist das Petitum, was wir haben -, ist Folgendes: Das Land darf sich nicht mehr hinstellen und sagen, Gemeinde, betreibe du mal für uns die Fähre und trage die Kosten. Das geht nicht, liebe Kollegen.
Nun weiß ich natürlich auch, was der Kollege Minister sagen wird. Wir bezahlen doch schon so viel. Wir bezahlen inzwischen bis zu 90 % der Reparaturkosten, wenn wir wollen, wenn ihr einen ordentlichen Antrag stellt und wenn wir noch Geld im Topf haben, oder auch nicht. Aber die Betriebskostendefizite bleiben ganz allein bei der Gemeinde, und das funktioniert so nicht.
Dann haben wir neben unserem Gesetzentwurf, der diesen Missstand abstellen soll, noch ein zweites Problem. Das ist die viel diskutierte Fähre Ferchland - Grieben. Die ist keine Verbindung einer Landesstraße. Aber - viele von Ihnen werden es nicht wissen - wir haben einen Landesverkehrswegeplan. Er wurde im Jahr 2004 beschlossen. Was steht in diesem Landesverkehrswegeplan? - Es steht darin, dass wir landesbedeutsame Fähren haben. Was steht unter anderem als Beispiel für landesbedeutsame Fähren darin? - Die Fähre von Ferchland nach Grieben.
Die Gemeinde Ferchland müsste 1,2 Millionen € dafür aufwenden, um diese Fähre so sanieren zu können, dass sie in Betrieb bleibt. Und sie hat jährlich ein Kostendefizit in Höhe von 100 000 € allein bei den Betriebskosten. Da sagt übrigens auch der Landkreis Stendal mit der Anrainergemeinde Tangermünde auf der anderen Seite: Nein, Leute, 1,2 Millionen € Sanierungskosten plus diese Betriebskosten können wir nicht tragen.
Aber eigenartigerweise sagt das Land, diese Fähre ist landesbedeutsam. Ja, wenn das Land sagt, diese Fähre ist landesbedeutsam, dann kann sich das Land auch an der Stelle nicht aus der Verantwortung stehlen.
Deswegen haben wir dazu noch einen Entschließungsantrag eingereicht. Wir hoffen ausdrücklich, dass meine Argumentation für die Koalition so überzeugend war, dass sie unseren Antrag nicht wie die Fähre in der Elbe im Ausschuss versenkt, sondern alsbald beschließt; denn ein vernünftiges Gegenargument kann es eigentlich nicht geben. - Danke, liebe Kollegen.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Gallert für die Einbringung zu Punkt a), also des Gesetzentwurfes. - Zu Punkt b) spricht jetzt der Abg. Herr Siegmund.
(Frank Scheurell, CDU: Das ist ja wohl fast Spargang! - Zurufe: Oh ja! - Bürgernah! - Wir treiben die jungen Leute vor Ort auf!)
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen! Eine Region, die man im Stich lässt, stirbt. Dieses Schicksal erleidet im Moment eine Region im nördlichen Sachsen-Anhalt. Es handelt sich um das landschaftlich wunderschöne Dreieck zwischen Genthin, Tangerhütte und Burg. Es ist eine Region,
die durch wenig Industrie, durch langsames Internet und durch eine schlechte Infrastruktur geprägt ist, aber auch durch warmherzige und freundliche Menschen und von einer gesunden Natur.
Was die Bürger hatten, das nimmt man ihnen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist das Krankenhaus in Genthin. Knapp 30 km sind es nun seit der Schließung des Krankenhauses bis zum nächsten. Es ist für die Menschen in der Region ein schwerer Schlag bis heute.
Der infrastrukturelle Kahlschlag geht aber weiter. Viele Berufspendler, Familien und auch Touristen sind nämlich auf ein ganz besonderes Verkehrsmittel angewiesen. Sie sind auf ein Verkehrsmittel angewiesen, das eigentlich alle im Bereich von Flüssen in Sachsen-Anhalt betrifft, nämlich auf eine Fähre. In diesem Fall handelt es sich um eine ganz besondere Fähre. Es handelt sich nämlich um die erste Fähre, die jetzt in SachsenAnhalt geschlossen werden soll. Es geht um die Fähre von Grieben nach Ferchland. Deren Betrieb soll noch in diesem Monat eingestellt werden. Genau das wollen wir hier und heute mit unserem Antrag unbedingt verhindern.
Zur nächsten Elbüberquerung per Brücke nach Tangermünde sind es ungefähr 25 km. Zur nächsten Fähre südlich nach Rogätz sind es 30 km. Das heißt, wir sprechen nach der Schließung der Fähre über 50 km Elbe, die nicht mehr passierbar sind. Das ist eine geografische Situation, die dann in Sachsen-Anhalt einmalig ist.
Liebe Kollegen! Dieser infrastrukturelle Zustand ist ein Armutszeugnis für die Verkehrspolitik in unserem Land und er ist noch vielmehr ein Zeichen an die Zehntausende Betroffenen im ländlichen Raum, dass die Landesregierung eben diesen ländlichen Raum am langen Arm verhungern lässt. Das können und wollen wir so nicht stehen lassen.
Das Schicksal dieser Elbfähre wird nicht einzigartig bleiben. Noch mehr Fähren werden folgen. Aktuell ist natürlich die Diskussion über die Fähre in Barby, aber auch über die Elster-Elbe-Fähre ganz ähnlich. Wir besitzen im Moment noch 26 Fähren, davon sind 18 als Wagenfähren unterwegs. Entscheidend für den Fortbestand einer Fähre ist die Klassifizierung, eine landesbedeutsame Fähre zu sein.
Jetzt komme ich zum Thema. Die Fähre Grieben - Ferchland ist eine landesbedeutsame Fähre. Sehr geehrter Herr Minister, liebe Kollegen, ich möchte in dem Zusammenhang Ihren Koalitionsvertrag zitieren. Auf Seite 127 heißt es wie folgt: „Wir bekennen uns zu den landesbedeutsamen Häfen und Fähren.“
dementsprechend muss nach dem Koalitionsvertrag diesem Ansinnen nachgekommen werden. Oder Sie brechen hier und heute Ihren Koalitionsvertrag.
Sollte die Fähre oder eine andere trotzdem eingestellt werden, werden Sie Ihren Koalitionsvertrag doppelt brechen. Ich werde nämlich weiter zitieren. Auf Seite 102 heißt es bei Ihnen:
„Da die Sicherung von Mobilität ein Kernelement bei der Bewältigung der Herausforderung des demografischen Wandels im ländlichen Raum bleibt, gehört dazu ein multifunktionales ländliches Fährkonzept. Die Unterhaltung der geschaffenen landländlichen Wege werden wir sichern.“
„Darüber hinaus entwickelt sich ein effizienter und sparsamer Ressourceneinsatz auch zunehmend zu einem Kosten- und Standortvorteil für unser Land. Zu den größten Herausforderungen gehört es, das Klima zu schützen und sich an den Klimawandel anzupassen.“
Liebe Fraktion der GRÜNEN, liebe Frau Frederking, die leider gerade nicht anwesend ist: Wissen Sie denn, was die Schließung einer Fähre auch für ressourcentechnische Auswirkung hat, wenn Menschen jeden Tag zusätzlich 50 oder 60 km und mehr zur Arbeit oder zum Besuch ihrer Familie fahren müssen? - Das sind Auswirkungen auch auf Ihre Klimapolitik, weil das Ressourcen sind, die man sich ersparen könnte, wenn man diese Fähre behalten würde.
Liebe Kollegen! Wir wollen mit unserem Antrag ein konkretes Ziel verfolgen. Und das, sehr geehrte Fraktion DIE LINKE, ist auch der Unterschied zu Ihrem Gesetzesentwurf. Ihr Gesetzentwurf ist völlig richtig. Dem werden wir auch zustimmen, aber er würde an der Situation der Elbfähre nichts mehr ändern. Die Elbfähre ist Ende des Monats zu schließen; das wissen wir. Deswegen fordern wir hier und heute ein Bekenntnis der Landesregierung auch zu dieser Fähre, es nicht zu tun.
Das ist der Unterschied zum Gesetzentwurf. Und deswegen wollen wir mit unserem Antrag erreichen, dass keine Fähre in Sachsen-Anhalt mehr geschlossen werden darf, wenn nicht ein adäquater Ersatz, beispielsweise eine Brücke, angeboten werden kann.
Ich habe schon zitiert; es ist auch Koalitionssache, und ganz einfach: Im Landesstraßengesetz muss einfach nur der § 2 geändert werden,
Um das zu flankieren, wollen wir das ÖPNVGesetz mit einbeziehen, um damit auch die Finanzierung sicherzustellen. Das haben wir auch in unserem Antrag ausführlich erläutert. Wir wollen gemeinsam mit Ihnen nach vorn denken, neue und umweltschonende Antriebstechniken einsetzen, wie die Gierseilfähren etc., damit wir auch Niedrigwasser ausgleichen können und auch bei entsprechenden Standzeiten handeln können, um diese langen Standzeiten gar nicht erst zu haben.
Was jetzt noch fehlt, um das Ziel zu erreichen, ist einzig und allein der politische Wille, echte Prioritäten zu setzen, Prioritäten, auf die die Menschen der ganzen Region hoffen.