Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

(Zustimmung)

Die dafür im Land erforderlichen Laborkapazitäten wurden jedenfalls geschaffen und können bei Bedarf auf ca. 15 000 Tests pro Tag gesteigert werden. Den Gesundheitsämtern dienen die zielgerichteten und entsprechend veranlassten Testungen zur Verbesserung der Kontaktpersonennachverfolgung und dazu, weitere Maßnahmen zur Unterbrechung von Infektionsketten zu veranlassen.

Zugleich haben wir Schwellenwerte festgelegt, die ein erneutes Aufwachsen der Lage rechtzeitig anzeigen sollen. Abhängig vom Ausmaß der Überschreitung erfolgt die Einleitung von erforderlichen, aber auch jeweils angemessenen Maßnahmen zur Eindämmung des Geschehens bereits ab einem Schwellenwert von fünf Fällen pro 100 000 Einwohner. Damit haben wir die Schwelle sehr, sehr niedrig gelegt - das hat die Gesundheitsministerin kürzlich auch der Öffentlichkeit vorgestellt -, ab der wir ein erstes Reaktionsschema anschalten.

Derzeit befinden wir uns allerdings in der glücklichen Lage, zurückgehende Fallzahlen zu verzeichnen - mit aller Fragilität, die das Verfahren bisher zutage gefördert hat, wie wir auch gerade vorhin an dem Beispiel Magdeburg gesehen haben.

So stellt sich momentan immer stärker die Frage, wie wir mit den Folgen der Pandemie für unser Leben umgehen und wie wir gemeinsam die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt wieder in Schwung bringen.

Dieses In-Schwung-Bringen, liebe Kolleginnen und Kollegen im Landtag, sehr geehrte Damen und Herren, ist vor allen Dingen daran geknüpft, dass sich die Situation, so wie wir sie aktuell vorfinden, nicht negativ verändert, dass sich diese Situation halten lässt. Sicherlich können wir aufgrund unseres offenen Systems nicht erwarten, dass es keine neuen Infektionen mehr gibt, aber wir müssen Bewältigbarkeit bis in die Sozial- und Gesundheitssysteme hinein sicherstellen.

Ich hatte dazu gestern noch einmal ein intensives Gespräch mit dem Präsidenten der Nationalen Akademie Leopoldina Herrn Prof. Dr. Haug. Mit dem habe ich Folgendes vereinbart - da sind wir im Konsens mit unseren Kabinettsvorstellungen, aber auch mit dem, was Frau Grimm-Benne einschließlich des Pandemiestabs und der Erweiterung der fachlichen Kompetenzen in der Planung hat -: Die Leopoldina wird sich auch aufgrund ihres Sitzlandes Sachsen-Anhalt im besonderen Maße bei uns selektiv zu bestimmten Themen engagieren. Das betrifft Bereiche von der Bildung - wovon wir schon partizipieren konnten - bis hinein zur Gesundheitsversorgung, ebenso die wirtschaftliche Revitalisierung in den Sektoren der Volkswirtschaft, die besonders negativ betroffen waren.

Aber es gibt auch ganz praktische Dinge, die wir jetzt in einer Strategie in den nächsten Wochen und Monaten beachten und umsetzen müssen. Wir hoffen alle, dass wir aufgrund der Jahreszeit, des Wetters, der Sonneneinstrahlung - heute vielleicht nicht so, aber üblicherweise schon in den letzten Tagen und Wochen - und der Möglichkeit der Vitamin-D-Bildung, die sich damit für uns an der frischen Luft ergibt, den Sommer trotz Öffnung, trotz Tourismus, trotz Reisetätigkeit relativ gut überstehen werden. Momentan ist aber keiner in der Lage zu sagen, ob und inwieweit es eine zweite Welle geben wird.

Fakt ist aber: Das Virus wird auch im Herbst und Winter da sein. Deswegen wollen wir uns gemeinsam mit Ihnen als Multiplikatoren - darum bitte ich Sie ausdrücklich - darauf verständigen, dass wir das, was inzwischen schon fast zur Routine geworden ist, offensiv in unserem Land versuchen durchzusetzen, nämlich die vorsorgliche Grippeschutzimpfung möglichst flächendeckend in unserem Land zu realisieren.

Denn die Spezialisten der Leopoldina weisen auf zwei Sachen hin. Einmal: Wenn es zu einer zeitlichen Gleichheit des Auftretens von höheren Covid-19-Infektionszahlen und der üblichen Infek

tionslage im Zusammenhang mit der Grippe im Land kommt bei unserer im Verhältnis zu den anderen Bundesländern überdurchschnittlich alten Bevölkerung, dann ist - erstens - das Doppelauftreten der Konsequenzen bzw. auch der entsprechenden Dinge, die mit diesen Krankheiten verbunden sind, eine höchste Belastung für diejenigen, die sie zu bewältigen haben.

Auch wenn das zeitlich nacheinander erfolgen würde, gehen diese Menschen dann, wenn sie von der Pandemie betroffen sind, in eine schwierige Phase hinein, weil sie schon geschwächt sind.

Zweitens. Auch die Befundlage bzw. das Identifizieren der jeweiligen Erkrankungsursache ist umso schwieriger, wenn das zeitgleich innerhalb des Herbstes und des Winters bei uns im Land auftritt. Das heißt, um das sauber identifizieren zu können und auch die richtigen medizinischen Entscheidungen treffen zu können - bis hin zu Tests, zu Schutzvorkehrungen und zur Quarantäneverhängung -, ist eine flächendeckende Grippeschutzimpfung ein dringendes Gebot, gerade auch für unsere Bevölkerung, die von Fachleuten zu 36 % als vulnerabel eingeschätzt wird. Demzufolge ist auch das eine Sache, die wir jetzt schon gemeinsam - bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit - beginnen sollten.

Darüber hinaus - ich habe es nur angedeutet - wird es auch im Zusammenhang mit den Coronakabinetten, die wir weiter durchführen, und mit den entsprechenden Abstimmungen unter Einbeziehung von Spezialisten der Leopoldina ein weiteres Abarbeiten und Fortsetzen unseres Sachsen-Anhalt-Plans geben. Ich danke Herrn Prof. Haug dafür, dass er mir diese Zusage gestern gegeben hat.

(Zustimmung)

Bislang zeigt sich bei uns ein moderater Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Aber Sie wissen genau, dass wir in Deutschland, aber auch in SachsenAnhalt ein Fünftel aller Beschäftigungsverhältnisse derzeit im Zusammenhang mit der Kurzarbeiterregelung registriert sehen und dass hier logischerweise bei 20 % aller Beschäftigten ein Potenzial besteht, in die Arbeitslosigkeit zu geraten, wenn eine Firma in die Insolvenz kommt bzw. unternehmensbedingt und coronabedingt Personal abbauen müsste.

Die Arbeitslosenquote im Mai lag bei 8,2 %. Man stelle ich nur einmal vor - auch deutschlandweit -, wir wären bei den 20 %, was momentan aber durch die Kurzarbeit abgepuffert wird. Gott sei Dank verfügen wir in Deutschland über dieses soziale Instrument. Wie es in Amerika oder in anderen Ländern aussieht, kann man sich jeden Abend in den Nachrichten ansehen.

Unter dem Strich heißt das ganz konkret, dass wir um jeden Arbeitsplatz kämpfen müssen. Es ist klar, dass nicht jede angemeldete Kurzarbeit auch gezogen wird oder als Vollzeitkurzarbeit läuft, aber es ist zumindest ein Risiko damit verbunden, sodass es jetzt darauf ankommt, rückgekoppelt mit dem Wirtschaftsministerium, mit den Kammern, den Verbänden usw., mit den Instrumenten, die der Bund entwickelt, zur Stabilisierung beizutragen und gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Beschäftigungsverhältnisse erhalten bleiben.

Denn ein Vorteil der Kurzarbeit ist wiederum, dass dadurch Fachkräfte an die Unternehmen gebunden werden. Auch wenn Unternehmen derzeit Auftragsschwierigkeiten haben, haben sie die Fachkräfte im Zugriff und müssen sie nicht neu rekrutieren bzw. neue Beschäftigungsverhältnisse anbahnen, wie es der Fall wäre, wenn sie sie jetzt entlassen müssten, um die Insolvenz zu vermeiden, und um dann gegebenenfalls in einigen Monaten oder Jahren einen Neustart zu machen.

Wir müssen diese Zeit gemeinsam durchstehen. Ich glaube, dass wir dafür eine ganze Reihe von Instrumenten in Gang gesetzt haben. Bereits im Mai habe ich mich daher mit einem Schreiben an die Bundeskanzlerin gewandt und darauf hingewiesen, dass wir die Soforthilfen des Bundes unbedingt prolongieren müssen und dass wir eine ganze Reihe von Branchen - die Tourismusbranche, die Beherbergungsbranche und die Veranstaltungsbranche insgesamt, der Messebau; man könnte das noch fortsetzen - an dieser Stelle ebenfalls stützen müssen, damit sie nicht vom Markt verschwinden; denn sie werden schließlich in den hoffentlich wieder normaler werdenden Zeiten gebraucht.

Diese Dinge sind in vielen Diskussionslagen mit dem Bund entsprechend ausgewertet worden und haben dazu geführt, dass es inzwischen ein sehr komfortables Konjunkturprogramm des Bundes mit den Ländern gibt, das auch mit der Europäischen Gemeinschaft rückgekoppelt ist. Ich sage bewusst „Länder“, weil immer Eindruck entsteht, als würde es sich um allein ein Konjunkturprogramm der Bundesregierung bzw. des Bundes handeln. Nein, es ist ein auch im föderalen System Deutschlands platziertes Programm, weil eine ganze Reihe von Instrumenten nur dann läuft, wenn wir sie erstens administrieren und wenn wir sie zweitens kofinanzieren.

Ich denke, entscheidend ist, dass wir an dieser Stelle mit diesem Signal, das wir auf der Bundesebene setzen, eine Revitalisierung der betroffenen Bereiche, die ich zuvor bereits genannt habe, aber darüber hinaus auch anderer Bereiche erreichen, wenn ich an die Automobilbranche, an die Zulieferbranche usw. denke.

In diesem Zusammenhang ist auch eines wichtig: Das gesellschaftliche Leben wird dann wieder entsprechend Fahrt aufnehmen, wenn wir unser inneres Verhalten in unserer Gesellschaft auf den Prüfstand stellen und immer ein Update - so möchte ich es einmal bezeichnen -, also ein entsprechendes Wahrnehmen der aktuellen Situation, auch für uns im Lande Sachsen-Anhalt vornehmen. Damit meine ich die niedrigen Infektionszahlen, die für uns auch Chancen darstellen, Chancen für diesen Standort, aber auch Chancen für unsere Menschen, sich möglichst wieder in das gesellschaftliche Leben einzubringen.

Ich hatte am Montag dazu mit den Bankenspitzen Deutschlands, und zwar sowohl mit den Spitzen der Privatbanken als auch der Deutschen Bank bzw. der Bundesbank, eine Telefonschaltkonferenz, in der ich mir aus deren Sicht habe schildern lassen, wie sie die Konjunkturentwicklung sehen bzw. wie sie aus ihren inneren Geschäften heraus die momentane Situation der einzelnen Wirtschaftsunternehmen und Branchen bewerten. Es gibt zwei Resümees, die wir aus dieser Telefonschaltkonferenz gezogen haben.

Erstens. Geld wird von denen, die ein normales Einkommen hatten, derzeit aus Vorsorgegründen oft im Sinne einer höheren Sparquote auf die hohe Kante gelegt. Das kann man auch bei unseren Sparkassen beobachten. Das heißt, die Zurückhaltung, die sich daraus ergibt, dass man nicht weiß, wie man die Prioritäten richtig setzen soll, dass man unsicher ist, wie es weitergeht und wie lange die Krise noch dauert, führt dazu, dass der ganz normale persönliche Konsum hintangestellt wird, bis hin zur Auftragserteilung an Handwerksunternehmen und Dienstleistungsunternehmen.

Hier kann man nur den Aufruf starten: Nutzen wir doch gerade die Möglichkeiten, die wir in Sachsen-Anhalt haben, und versuchen wir, durch das individuelle Verhalten, durch das private Verhalten möglichst daran mitzuwirken, dass daraus Wirtschaftsförderung entstehen kann, indem man sich wieder ganz normal in das Leben hineinbewegt und auch mutig und optimistisch nach vorne geht, weil man weiß, dass wir das alles gut in einen Sachsen-Anhalt-Plan eingebettet haben, der immer auch den gesundheitlichen Aspekt besonders in den Vordergrund stellt und dafür sorgen soll, dass das Risiko minimal gehalten wird.

Wir wissen aber, dass es auch Bevölkerungsgruppen gibt, die sehr stark betroffen sind und die keine oder geringere Einkommen erzielt haben, die zu Hause bleiben mussten, die sozial betroffen sind und die, selbst wenn ich diesen Appell jetzt an die erste Personengruppe richte, an der anderen Stelle finanziell gar nicht in der Lage sind, die Nachfrage im Land entsprechend an

zufachen. Es ist klar, dass diesbezüglich das, was wir mit der Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrem Konjunkturprogramm an 60 Einzelmaßnahmen vereinbart haben, auch wirken muss, dass wir also das, was wir dort zugesagt haben, so schnell wie möglich umsetzen und zur Auszahlung bringen. Dazu gehört unter anderem, dass das, was bezüglich der Lohnfortzahlungsproblematik und der Aufstockproblematik vorgesehen ist, dann auch Wirkung entfaltet, um soziale Notlagen so schnell wie möglich auflösen zu helfen.

Dazu gehört auch das Hineinnehmen besonderer Personengruppen, die oftmals die Ursache dafür gesetzt haben, nämlich die Kita-Kinder und die Schulkinder. Neben den hygienischen Gründen, die uns damals zu dem Shutdown an dieser Stelle geführt haben, müssen wir jetzt vor allem durch ein sukzessives, bereits in Gang gesetztes Rückführen in die Einrichtung dafür sorgen, dass die Arbeitsverhältnisse wieder voll wahrgenommen werden können, sodass auch von dort aus - bis hin zur Abarbeitung vorhandener Auftragslagen - ein entsprechender Impuls ausgehen kann. Ich denke, dass wir diesbezüglich sehr verantwortungsbewusst - auch von der zeitlichen Taktung her - gut gemeinsam gearbeitet haben.

Es geht jetzt darum, aus den 130 Milliarden €, die im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung im Raume stehen, und auch aus dem Paket von 750 Milliarden €, das die Europäische Union insgesamt zusammenge

schnürt hat, die entsprechenden Erträge für unser Bundesland zu ziehen. Ich will nur einige Beispiele nennen, wie sich das für Sachsen-Anhalt darstellen kann.

Es kann sich erstens gerade in die Schwerpunktfelder hinein entwickeln lassen, die sich auch aus anderen Gesichtspunkten - aus dem Gesichtspunkt des Strukturwandels, aber auch aus dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und Ökologie - ergeben können. Gestern hat der Bundeswirtschaftsminister mit weiteren Kabinettskollegen des Bundeskabinetts die Wasserstoffstrategie offiziell vorgestellt, auch finanziell unterfüttert und mit entsprechenden Zielstellungen versehen.

Ich bin froh, dass eine ganze Reihe von Projekten - die Medien haben zum Teil schon darüber berichtet, auch über zwei größere Projekte - bei uns in Sachsen-Anhalt aufgrund unserer Vorkehrungen im Zusammenhang mit den Strukturmaßnahmen, die wir in Planung hatten, und mit den Leuchtturmprojekten dadurch Unterstützung findet und finanziert wird, und zwar sowohl im Saalekreis, das heißt, in Bad Lauchstädt, als auch in Leuna und in Bitterfeld sowie an ver

schiedenen anderen Stellen, wo Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen eingebunden sind.

All das kann jetzt auch Wirkung entfalten und setzt auf unseren Leitindustrien, auf unseren Leitbranchen auf, die wir gerade im Bereich Chemie aufzuweisen haben. Ich bin dankbar dafür, dass sich das jetzt auch verzahnt, dass es entsprechend entlastend wirkt und dass es auch Zukunft für Unternehmen bedeutet, die bis in den unternehmensnahen Dienstleistungsbereich hinein schon ab sofort daran partizipieren können. Ich denke, das ist gut so.

Wir wissen, dass wir trotzdem erst einmal die kritische Phase durchstehen müssen. Dabei denke ich an solche Dinge - ich kann sie jetzt nur andeuten - wie die, beispielsweise die Sozialversicherungsbeiträge auf 40 % zu halten, oder die Senkung der EEG-Umlage, die ansonsten im nächsten Jahr gestiegen wäre und damit die Energiepreise weiter nach oben getrieben hätte. All das sind Aussagen, die für die Planbarkeit in den Unternehmen ausgesprochen wichtig sind.

Wenn ich an die Kommunen denke, sind allein schon die Zusage, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung neu justiert werden, und die Tatsache, dass der Bund diesbezüglich neue finanzielle Hilfen plant, ein besseres Instrument, als wenn nur punktuell und temporär geholfen worden wäre. Stattdessen führt diese Maßnahme zu einer dauerhaften Entlastung bei den Kommunen. Dies gilt vor allem auch für die Kommunen, wo die sozialen Schwerpunkte besonders stark zum Tragen kommen. An dieser Stelle sollten wir gerade den ärmeren Kommunen unter die Arme greifen und nicht den Kommunen, die vielleicht in der Lage gewesen wären, irgendwelche Programmangebote kozufinanzieren; denn die ärmeren und sozial schwächeren Kommunen sind diejenigen, die diese Kofinanzierung gar nicht hinbekommen könnten.

Ich bin auch dankbar dafür, dass in diesem Zusammenhang endlich der Durchbruch gelungen ist, was die Entlastung der ostdeutschen Länder bei den Sonderrentensystemen anbelangt, dass wir es also in einem ersten Schritt geschafft haben, das, was im Koalitionsvertrag abstrakt angedeutet wurde, schon so weit hinbekommen haben, dass wir jetzt eine Fifty-fifty-Finanzierung haben, dass der Bund jetzt also 50 % übernimmt. Natürlich hätten wir uns noch mehr gewünscht und sehen es daher nur als ersten Schritt an. Es sind nun einmal 45 Millionen €, die uns zusätzlich zur Verfügung stehen, und die werden wir noch gut gebrauchen können, wenn wir an die weitere Haushaltsentwicklung denken.

Wir müssen - darüber werden wir im Kabinett gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister und mit all denjenigen, die direkt und indirekt mitwirken können, sprechen - ganz klare Impulse setzen, wobei wir dabei mit unseren Branchenstrukturen sehr gut punkten können, wenn es darum geht, eine gewisse wirtschaftliche Autarkie und Pandemiefestigkeit für Deutschland und für SachsenAnhalt zu erzeugen. Es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite eines der größten Zellstoffwerke Mitteleuropas bei uns im Lande haben, nämlich in Stendal, und dass auf der anderen Seite - ich sage das jetzt einmal etwas lockerer - die Gummis an die Masken, die wir zu unserem bzw. zum gegenseitigen Schutz tragen, auf einem anderen Kontinent angebracht werden, sie also hin- und hergefahren werden.

Das heißt, wir müssen bezüglich der Materialbereitstellung, der Produktion und der Lagerung eine Autarkie, eine Pandemiefestigkeit auch für zukünftige Pandemien hinbekommen, damit wir in Zukunft dann keinen Shutdown mehr brauchen. Es muss uns gelingen, das mit den Erfahrungen, die wir jetzt gesammelt haben, so zu bewältigen, dass die Wirtschaft dabei zumindest nicht so in Schwierigkeiten kommt, dass mehr als 60 bis 65 % der Menschen um ihre persönliche Zukunft, auch wirtschaftlich gesehen, Sorgen haben müssen, dass wir entsprechend routinierter auftreten können.

Das Gleiche gilt für die Impfstoffherstellung. Wir haben hervorragende Unternehmen im Bereich der Pharmaindustrie und der Medizintechnik. Ich denke dabei an IDT Biologika in Dessau-RoßlauTornau. Das ist das größte deutsche mittelständische Unternehmen, das es überhaupt noch gibt und das nicht nur Forschung betreibt, sondern das eben auch bereit ist, jetzt Investitionen zu tätigen. Gerade in den letzten Wochen haben wir Frau Karliczek bei einem Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen Corona-19 - wir werden wahrscheinlich mehrere brauchen - damit unterstützen können, Produktionseinheiten und Abfüllvorrichtungen zu bekommen. Ich denke dabei auch an das Serumwerk Bernburg oder auch an Bayer Bitterfeld als Pharmaunternehmen.

Wir versuchen jetzt, mit diesen Dingen strategische Allianzen zu bilden, die uns in die Lage versetzen, auch an dieser Stelle pandemiefest zu werden und die Wirkstoffe im eigenen Land, auch in Sachsen-Anhalt, herstellen und auch weltweit anbieten zu können. Wir dürfen strategische Punkte an dieser Stelle nicht nach außen geben, um vielleicht kurzfristig unter Profit- oder Wettbewerbsgesichtspunkten einige Cent pro Produkt mehr herauszuholen, um dann aber viel mehr Geld ausgeben zu müssen, um die Pandemie zu bewältigen. Das kann ja nicht der Weg sein.

(Beifall)

Die Erfahrungen des Shutdowns, der hart genug war, was die Schulen betrifft, haben gezeigt, dass wir eine innovative Schullandschaft sowie innovative Lehrerinnen und Lehrer haben und dass wir Schülerinnen und Schüler haben, die das IT-Geschäft schon viel besser beherrschen, als wir uns das vorstellen und als sich die Väter- oder Großvätergenerationen das vorstellen konnten. Wir haben auch an dieser Stelle gezeigt bekommen - neben all den Schwierigkeiten, die ich nicht kleinreden will -, dass die neue Generation steht und dass sie das, was sie bisher spielerisch in der Freizeit, zum Freizeitvertreib und zum Spaß gemacht hat, für das Lernen, für die Zukunft einsetzt.

Es ist gut, dass wir sukzessive eine Schule nach der anderen breitbandmäßig ins Netz bekommen. Erst jetzt haben wir wieder eine größere Tranche machen können. Wir können auch stolz darauf sein, dass wir gut darauf vorbereitet waren. Wir dürfen uns an dieser Stelle nicht immer schlechtreden lassen, sondern wir müssen darauf hinweisen, dass es in Deutschland nur zwei Bundesländer gibt, die mit der Telekom eine klare Vereinbarung mit einer klaren zeitlichen Strategie der Versorgung aller Schulen mit Breitband haben.

(Beifall)

Das sind Sachsen-Anhalt und Bayern, aber zuerst Sachsen-Anhalt, dann Bayern und dann irgendwann die anderen Länder. Auch das muss man einmal sagen dürfen. Ich denke, das ist ganz wichtig.

Die Diskussion darüber - wir haben das vorhin bei der Regierungsbefragung gesehen -, wie wir das öffentliche Leben und die Wahrnehmung der freiheitlichen Grundrechte mit der Gesundheitsvorsorge und der Verantwortung füreinander in einen Ausgleich bringen können, ist natürlich ein eigenes Thema. Das wird immer konfliktgeladen und -beladen bleiben; das ist ganz klar.

Unser Land hat doch trotz der Dinge, die an dieser oder jener Stelle vielleicht nicht so ideal gelaufen sind, gezeigt, dass wir bisher in den Hauptnachrichtensendungen noch nicht vorgekommen sind, weil 200 Menschen angemeldet waren, dann aber 25 000 auf irgendwelchen Marktplätzen herumgestanden haben. Die Mehrheit der Bevölkerung bei uns weiß genau, worauf es ankommt und dass es durchaus möglich ist, bei uns die Grundrechte in Anspruch zu nehmen, auch das Recht auf Demonstrationsfreiheit und das Diskutieren um den richtigen Weg. Das ist in Ordnung. Man darf sich aber nicht mit dem Ellbogen durchsetzen, sodass im Prinzip diejenigen, die sich nicht schützen können, weil es keine Impfung und keine Medikamente gibt, also die

Schwächeren, die Verlierer sind, diejenigen, die wir dann jeden Tag vom RKI auf den Todeslisten aufgezeigt bekommen: Wie viele sind aktuell infiziert und wie viele sind gestorben? - Das darf doch kein Wechselspiel sein, sondern das muss in dieser Gesellschaft miteinander gehen. Es muss doch möglich sein, das zusammenzubinden.

(Beifall)