Das sind in allerhöchstem Maße Schulen, die Kinder haben, die vor allem durch soziale Problemlagen determiniert sind und die dadurch besondere Schwierigkeiten haben, ihre intellektuellen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Es gibt Intelligenzuntersuchungen für Schulen für Lernbehinderungen, die zeigen, wie hoch das Intelligenzniveau - nicht das Leistungsniveau, das Intelligenzniveau; das ist etwas anderes - ist. Gucken Sie dahin. Das ist eine deutsche Untugend, und leider im gesamten Osten, auch in SachsenAnhalt, noch einmal sehr viel stärker als in den westlichen Bundesländern verbreitet. Das ist kein Automatismus, dass man 8 % der Kinder, mit steigender Tendenz, in Schulen für Lernbehinderungen schickt, weil wir mit ihnen im Regelschulsystem nicht klarkommen. Es wird ihnen dort nicht geholfen.
Unter dem Strich bleibt jedenfalls - deshalb habe ich es vorhin mit dem Wirtschaftsflügel angesprochen -: Solange wir so extrem viele Kinder hatten und so extrem wenige Lehrstellen, fiel das alles nicht ins Gewicht und konnte man es wegtragen. Jetzt, wo es darauf ankommt, dass wir jedes Kind brauchen und entwickeln - aus humanistischer Sicht, weil es jedes Kindes bedarf, aber von mir aus und in drei Teufels Namen auch aus ökonomischer Sicht, weil wir auch Nachwuchs an Arbeitskräften brauchen -, können wir uns ein System, das die Schulabschlussquote senkt, einfach nicht mehr leisten.
Die meisten Kinder an diesen Schulen, und zwar an den Schulen für Lernbehinderungen - die Sprachheilschulen sind ja vorher zu Ende - und an den Schulen für Verhaltensauffälligkeiten - dort machen die Kinder, wenn sie es schaffen, auch normale Abschlüsse -, machen dort keinen Abschluss. Der Grund für die hohe Quote besteht in unserem Förderschulsystem. Darauf muss die CDU in den nächsten Jahren anders schauen, als es bisher der Fall ist.
Frau Gorr, ich habe Ihre Wortmeldung gesehen. Wir haben jetzt nur genau ein Problem, das ich mehrfach erläutert habe: Jetzt werden Fragen gestellt zu einer Antwort, die nicht mehr zur Rede gehört hat. Ich würde es jetzt trotzdem noch einmal zulassen, aber, bitte, gleich darauf hinweisen, das mache ich nicht noch einmal, weil man Fragen zur Rede stellen darf, aber nicht zur Antwort auf eine andere Frage. Ansonsten werden wir hier nicht fertig. Frau Gorr, Sie haben trotzdem einmal das Wort. Ich bin heute so drauf. Punkt. - Sie hat Geburtstag.
Ein kleines Geburtstagsgeschenk, vielen Dank. - Herr Lippmann, ich möchte Sie fragen, ob Sie eine Einladung in eine Förderschule in Wernigerode annehmen, bei der bereits der Herr Ministerpräsident, der Bildungsminister und die gesamte Kenia-Koalition gewesen sind. Ich würde Sie herzlich gern nach der Sommerpause, wenn der Unterricht wieder losgeht, dorthin einladen und einmal das Gespräch führen mit den Lehrerinnen und Lehrern, die dort eine große Menge an Schülerinnen und Schülern zu guten Abschlüssen und zu einem guten Berufs- und sonstigen Leben führen. Nehmen Sie meine Einladung an? Das ist meine Frage.
Ich war in vielen Förderschulen und gehe natürlich in jede Förderschule, und in jede andere Schule auch.
Gut. Dann hätten wir das jetzt auch geklärt. Nun sind wir erst einmal durch. Ich habe aber sozusagen noch eine Bitte, Herr Lippmann, und zwar war das eine Rede zur Einbringung Ihres Antrags.
Sie haben aber maßgeblich zu den anderen Anträgen gesprochen. Das ist so eigentlich nicht vorgesehen. Nun hatten Sie aber auch noch das Glück, sage ich jetzt einmal, dass Sie zu einem Antrag gesprochen haben, in dem genau das gleiche Thema behandelt wird wie in Ihrem Antrag. Insofern war es nicht mehr voneinander abgrenzbar. Ich würde nur darauf orientieren, wenn wir beim nächsten Mal solche Geschichten ma
chen, dass wir solche Cluster bilden, dass die Einbringung dann wirklich zum eigenen Antrag erfolgt und die Diskussion zu den anderen nachher. Gut. Dann hätten wir das auch erst einmal geklärt.
- Na ja, ich will jetzt hier keinen Druck aufbauen, die freie Rede des Abgeordneten einzugrenzen, und schon gar keinen Fraktionsvorsitzenden, nämlich, Herr Borgwardt, Sie wissen, sie können sowieso immer und andauernd reden. Punkt.
So. Jetzt ist aber kein Fraktionsvorsitzender an der Reihe, sondern die Landesregierung. Es spricht der Minister Herr Tullner. Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Gestatten Sie mir zunächst zwei Vorbemerkungen. Die erste Bemerkung: Herr Lippmann, ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie irgendwie schon im Wahlkampfmodus sind und sich schon Gedanken darüber machen,
wer wie unterwegs ist. Das unterscheidet uns sehr. Die Landesregierung hat, und lässt sich dabei auch vom Kollegen Lange nicht beirren, im Moment sehr stark damit zu tun, die Coronapandemie und deren Folgen in allerlei Hinsicht zu bewältigen,
sodass das Thema Wahlkampf für uns beileibe überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht, sondern wir Sachprobleme zu lösen haben und das auch tatkräftig tun werden.
Infolge der Geschichte wird es irgendwann Wahlkampf geben und im Laufe der Zeit werden wir sehen, welche persönlichen, individuellen Entwicklungen der eine oder andere von uns hier im Hohen Hause macht. Darüber können wir dann auch trefflich diskutieren. Bis dahin verbieten sich, aus Sicht der Regierung zumindest, solche Spekulationen in allerlei Hinsicht.
Der zweite Punkt, den ich an dieser Stelle noch vorbringen will: Ihre Einlassung zu den Förderschulen - Kollegin Gorr hat darauf schon ein Stück weit rekurriert - fand ich sehr entlarvend. Das dahinterliegende Denkmodell von Inklusion ist gescheitert, und darüber bin ich sehr froh, meine Damen und Herren. Das darf ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen.
Schulen in ihrer Arbeit zu diskreditieren, Schülerinnen und Schüler zu stigmatisieren, das sollten wir uns hier bitte schön nicht leisten. In dem Ringen, bestmögliche Bildungsangebote für unsere
Der Tagesordnungspunkt 10 vereint zwei durchaus ambivalente Themenfelder, zum einen die Forderung der AfD, die besagte Inklusion aus dem Schulgesetz zu streichen, den inklusiven Unterricht zu beenden und das System der Förderschulen zu erweitern, zum anderen die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und der AfD, die geplanten Anpassungen des Organisationserlasses für die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im kommenden Schuljahr nicht umzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 dazu verpflichtet, den Zugang aller Menschen mit Behinderungen zum vollen und gleichberechtigten Genuss aller universalen Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten sowie Benachteiligungen zu verhindern und zu beseitigen. Die UN-Behindertenrechtskonvention formuliert hierzu verbindliche Vorgaben, wie dies zu sichern ist.
In Artikel 24 der besagten Konvention werden die Vertragsstaaten zur Gestaltung eines inklusiven Bildungssystems verpflichtet. Das Bildungssystem soll Menschen mit Behinderungen dazu befähigen - Zitat -, „ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung zu bringen“ - ein Ziel, das, glaube ich, die allermeisten in diesem Hohen Hause teilen. Dafür müssen die ratifizierenden Staaten sicherstellen, dass niemand vom Bildungssystem ausgeschlossen wird und dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben.
Meine Damen und Herren! Ein wesentlicher Teil der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist der gemeinsame Unterricht von Schülerinnen mit und ohne Behinderung bzw. Beeinträchtigungen. Das Land Sachsen-Anhalt hat sich dazu bekannt. Das findet seinen Ausdruck im Landesaktionsplan und im Schulgesetz unseres Landes.
In Sachsen-Anhalt kommen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen in den Genuss der allgemeinen Bildungsangebote. Bildung und lebenslanges Lernen sind bei Respektierung des Willens der betroffenen Menschen mit Behinderungen oder bei nichtvolljährigen Kindern und Jugendlichen bei Respektierung des Elternwillens von Anfang an gemeinsam möglich. Bildungsin
halte und Bildungsformen orientieren sich an den individuellen Lern- und Leistungsmöglichkeiten der Schüler.
Schon im Jahr 2001 wurde die sonderpädagogische Förderung im gemeinsamen Unterricht explizit in das Schulgesetz aufgenommen. Seither hat sich diese in Sachsen-Anhalt kontinuierlich weiterentwickelt. Einen deutlichen Anstieg erfuhr der gemeinsame Unterricht im Jahr 2005 nach der Implementierung regionaler Förderzentren im Land.
Einen weiteren Ausbau dieser Form der sonderpädagogischen Förderung erbrachte die Einrichtung des mobilen sonderpädagogischen diagnostischen Dienstes, der unter anderem die Eltern über die Form der Förderung insgesamt informiert und bei der Entscheidung durch Beratung unterstützt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Monate lang haben wir in diesem Haus über das Förderschulkonzept diskutiert. Es war uns allen ein Anliegen, die Förderschulen als wichtiges Element unserer Bildungslandschaft dauerhaft zu stärken. Dieser Wille stand und steht auch zu keinem Zeitpunkt konträr zu dem Anspruch, den gemeinsamen Unterricht zu stärken. Entscheidend müssen letztlich der Wille des betroffenen Schülers bzw. die Respektierung des Elternwillens bleiben. Dem werden wir auch weiterhin mit unseren Bemühungen Rechnung tragen. Der Antrag der AfD-Fraktion ist daher aus meiner Sicht überflüssig und passt schon längst nicht mehr die Zeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme nunmehr zu dem neuen Unterrichtsorganisationserlass für Sekundar- und Gemeinschaftsschulen. Sicherlich kann man diese Regelung kritisch sehen und fordern, diese zu unterlassen oder gar den Zustand von 2016/2017 wiederherzustellen. Leider haben wir andere Rahmenbedingungen als seinerzeit. Die Schülerzahl steigt nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand bis voraussichtlich Mitte der 20er-Jahre weiterhin leicht an. Eine erkennbare Abnahme der Schülerzahlen an beiden Schulformen wird voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2030 eintreten, wenn sie überhaupt eintreten wird. Wir wissen um die Aussagekraft unserer Prognosen in der Vergangenheit.
Somit wachsen die Bedarfe an Lehrerwochenstunden und damit der Lehrkräftebedarf. Bundesweit liegt der Fehlbedarf an ausgebildeten Lehrkräften mit dem Lehramt für die Sekundarstufe I bis zum Jahr 2030 bei durchschnittlich knapp 2 000 Kollegen - wohl gemerkt: jährlich und bundesweit. Alle Länder stehen vor dem Problem, die hohen Ausscheidequoten von Lehrkräften aus dem Schuldienst unter diesen Bedingungen mit jungen Kollegen aufzufüllen. Angesichts der be
schriebenen Mangelsituation können Sie nachvollziehen, dass es im bundesweiten Wettbewerb zwischen den Ländern keine einfache Situation ist.