Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Frau von Angern für die Berichterstattung. In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung hat Ministerin Frau Keding jetzt das Wort. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 9. Oktober 2019 ist uns schmerzlich vor Augen geführt worden, was bisher für Sachsen Anhalt unvorstellbar war: der Terroranschlag auf die Synagoge der jüdischen Gemeinde.
Die Auswertung dieses Terroranschlags hat gezeigt, dass die Opfer aus vielen Bereichen der Gesellschaft Hilfe und Unterstützung erfahren haben. Polizei, Behörden, staatliche und nicht staatliche Einrichtungen haben Hand in Hand eng zusammengearbeitet und standen den Betroffenen zur Seite.
Eine zentrale Anlaufstelle für die Opfer und deren Angehörige in Fällen von Terrorismus und sonstigen auf Straftaten beruhenden Großschadensereignissen soll in Zukunft die Koordinierung und Betreuung noch optimieren.
Ich freue mich daher, dass wir eine solche zentrale Anlaufstelle zum 1. Januar 2020 im Ministerium der Justiz einrichten konnten. Hierbei handelt es sich um die Umsetzung des Kabinettsbeschlusses vom 5. November 2019. Die Kabinettsvorlage zur Berufung einer Landesopferbeauftragten befindet sich im Mitzeichnungsverfahren. Die Frist endet heute. Von daher bin ich optimistisch, dass wir noch im Juli mit dieser Kabinettsvorlage im Kabinett auftreten können.
Die zentrale Anlaufstelle hat die Aufgabe einer neutralen Lotsenfunktion, um zu gewährleisten, dass Opfer von Straftaten, die nicht im Aufgabenspektrum einer jeweiligen Organisation enthalten sind, nicht durch das Hilferaster fallen. Sie trägt somit zur Verzahnung der Opferschutzstrukturen im Lande bei.
Die Anlaufstelle wird durch die im Sozialen Dienst der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt seit 1994 tätigen Opferberater und Opferberaterinnen sowie
Zeugenbetreuer und Zeugenbetreuerinnen, die bundesweit eine hohe Anerkennung ihrer Tätigkeit erfahren, unterstützt werden.
Darüber hinaus arbeitet das Justizministerium derzeit an einer Kampagne zur besseren Transparenz der Opferhilfestrukturen in Sachsen-Anhalt. So wurde unter anderem ein neuer Wegweiser von A wie Anzeige bis Z wie Zeugenbetreuung für Betroffene von Straftätern erarbeitet und wird in den nächsten Tagen in die Feinabstimmung in meinem Hause und den betroffenen Ressorts gehen.
Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang auch die Verabschiedung des Gesetzes zur Regelung des sozialen Entschädigungsrechtes in Form eines neuen SGB XIV. Mit diesem werden leistungsrechtliche Konsequenzen aus dem Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 auf dem Berliner Weihnachtsmarkt gezogen.
Anspruchsberechtigt sind nunmehr unabhängig von Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus Opfer von Straftaten und Angehörige, Hinterbliebene und andere Personen, die den Geschädigten nahestehen oder nahestanden, sowie Menschen, die vom Miterleben der Tat beeinträchtigt sind. Ab 1. Januar 2021 werden auch Traumaambulanzen zur flächendeckenden Soforthilfe vorgehalten werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. Für die AfD hat der Abg. Herr Kohl das Wort. - Herr Kohl, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich kurzfassen und kann vorwegnehmen, dass wir sowohl dem Ursprungsantrag als auch der vorliegenden Beschlussempfehlung unsere Zustimmung geben werden, da die Opferhilfe und der Opferschutz Kernanliegen der AfD sind.
Jeder Bürger kann Opfer einer Straftat werden und auf Unterstützung staatlicher und/oder nicht staatlicher Einrichtungen der Opferhilfe angewiesen sein. Daher zollen wir den Einrichtungen, die sich im Bereich der Opferhilfe engagieren, Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit.
Stellvertretend für die verschiedenen Einrichtungen der Opferhilfe, in denen Mitarbeiter häufig ehrenamtlich tätig sind, möchte ich den Wildwasser Magdeburg e. V. erwähnen, der sich schwerpunktmäßig um Opfer sexueller Gewalt kümmert.
wird, belegen aktuelle Fallzahlen. So war bedingt durch den Corona-Lockdown mit einer Zunahme häuslicher Gewalt zu rechnen. Leider wurde dies durch die Halbjahresbilanz der Gewaltschutzambulanz an der Berliner Charité bestätigt.
So baten im ersten Halbjahr 783 Gewaltopfer um Hilfe, was einer Zunahme von 8 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Die Zahl der Kindesmissbrauchshandlungen stieg dabei besonders stark, nämlich um 23 %. Unter allen Hilfesuchenden machten Kinder ein Fünftel aus.
Mit den schrittweisen Lockerungen stieg die Zahl der Hilfesuchenden sprunghaft an. Im Juni verzeichnete die Gewaltschutzambulanz einen Anstieg von sage und schreibe 30 % im Vergleich zum Juni 2019.
Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der prozentuale Anstieg der Fallzahlen der Gewaltambulanz bundesweit, also auch in SachsenAnhalt, in ähnlicher Höhe bewegt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass sich die Anzahl der Hilfe- und Beratungssuchenden bei den Einrichtungen der Opferhilfe in Sachsen-Anhalt in nächster Zeit noch deutlich erhöhen wird.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Maßnahmen zur Verbesserung der Opferhilfe, -beratung
und -entschädigung sowie des Opferschutzes auf den Weg zu bringen, weshalb wir der vorliegenden Beschlussempfehlung zustimmen werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Dann danke ich Herrn Kohl für den Redebeitrag. Für die SPDFraktion spricht jetzt die Abg. Schindler. - Frau Schindler, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Opfer von Straftaten verdienen unsere umfassende Unterstützung. Dazu gehört schnelle und unbürokratische Hilfe. Das Erleben einer Straftat stellt für die Betroffenen und die Angehörigen vielfach eine Zäsur dar. Das Leben ist plötzlich ganz anders.
Hilfe bedeutet aber nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch eine intensive Beratung. Das vielfältige Angebot, welches wir auch in SachsenAnhalt von Institutionen, Behörden und Trägern von Opferberatern vorfinden, ist groß. Aber wir haben während der Beratung auch festgestellt, dass das Angebot noch wesentlich mehr öffentlich bekannt gemacht werden muss.
in ihrem Koalitionsvertrag vor allen Dingen auch für die Hilfe der Opfer von Großschadensereignissen und Terror ausgesprochen und sich dafür die Installation eines Ansprechpartners gewünscht. Die Einführung der jetzt auch durch Kabinettsbeschluss beabsichtigten - ich freue mich, dass die Ministerin gesagt hat, dass es vielleicht im Juli noch dazu kommt, dass sie ihre Tätigkeit aufnehmen kann - Funktion einer Landesopferbeauftragten begrüßen wir ausdrücklich.
Ich hoffe natürlich auch, dass die Landesopferbeauftragte nicht zu oft in Anspruch genommen werden muss, aber dass sie dann, wenn sie in Anspruch genommen wird, als gute erste Hilfe, als Ansprechpartnerin für die Opfer zur Verfügung steht. Sie wird unterstützt durch die zentrale Anlaufstelle für Opferberatung, die seit Anfang des Jahres im Justizministerium installiert ist. Diese Anlaufstelle übernimmt die erste Beratung und leitet Betroffene in das Hilfssystem der haupt- und ehrenamtlichen Helfer von gemeinnützigen Organisationen weiter.
Jetzt komme ich noch kurz zu dem Opferhilfefonds, der in dem Ursprungsantrag gewünscht war. Bei der Prüfung konnte nur festgestellt werden, dass der Geldbetrag, der nach § 153a StPO zur Verfügung steht, nicht in der gewünschten Form für diesen Opferhilfefonds benutzt werden kann. Wir hätten uns auch etwas anderes gewünscht und vorgestellt. Die Aufgabe bleibt, eine Lösung zu finden, wie wir eine bessere Opferunterstützung finden können.
Der Weiße Ring leistet eine sehr gute Arbeit, indem er den Opfern zur Verfügung steht. In den Gesprächen mit dem Weißen Ring ist deutlich geworden, dass die Information über den Zugang zum Weißen Ring wesentlich verbessert werden kann. Es gibt also weiterhin noch viel zu tun. Deshalb auch die von uns in unserer Beschlussempfehlung gewünschte Berichterstattung. Wir bleiben an dem Thema dran. - Vielen Dank.
Auch hierzu gibt es keine Fragen. Ich danke Frau Schindler für den Redebeitrag. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau von Angern. - Frau von Angern, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, es ist gut, richtig und wichtig, dass in den letzten Jahren das Thema „Opferschutz“ eine weitaus größere Rolle in den Strafverfahren, aber auch darüber hinaus eingenommen hat. Das gehört natürlich auch dazu, um das Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken. Ich sehe ganz klar den Staat in der Pflicht, die entsprechenden Mittel
Ich kann Ihnen sagen: Als wir unseren Antrag im letzten Jahr eingebracht haben, haben wir das natürlich auch getan, um ein Stück weit ein Motor zu sein oder das Gebläse oder wie auch immer, um die Koalition voranzutreiben, dieses Vorhaben, das im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, tatsächlich in dieser Wahlperiode umzusetzen. Manchmal hapert es denn doch an einigen Ecken, aber es wird jetzt vollzogen.
Ich will auch sagen, dass wir uns, ähnlich wie im Rechtsausschuss, auch heute wieder zu dieser Beschlussempfehlung der Stimme enthalten werden. Nicht weil wir gegen das sind, was in dieser Beschlussempfehlung steht, sondern weil sie uns einfach nicht weit genug geht.
Es ist vorhin in der Berichterstattung angesprochen worden, dass wir als Fraktion im Rechtsausschuss ein Fachgespräch gewünscht und beantragt haben. Das ist leider abgelehnt worden, unter anderem mit der Begründung, man führe doch als Koalition diese Gespräche. Es ist etwas anderes, ob die in der Beratung Tätigen in einem Rechtsausschuss gehört werden oder ob man individuelle Gespräche führt.
Ich finde, es hätte uns gut zu Gesicht gestanden, diese Gespräche auch im Rechtsausschuss zu führen. Ja, da wären natürlich auch Dinge zur Sprache gekommen, die problematisch sind, und die haben wir. Wir haben Härtefälle, die durch das Netz fallen. Wir haben nicht die Vernetzung in den Beratungsstellen, die wir uns wünschen würden. Das ist ein Problem.
Deswegen kann ich Ihnen sagen: Es ist schön und gut, dass wir heute in der Beschlussempfehlung das würdigen, was in Sachsen-Anhalt im Hauptamt und viel zu oft auch nur im Ehrenamt geleistet wird und werden kann. Wir werden selbstverständlich an diesem Thema dranbleiben und selbstverständlich auch in der nächsten Wahlperiode nachfragen.
Das Thema „Opferhilfefonds“ wird genau wie in der vergangenen und dieser Wahlperiode auch in der nächsten Wahlperiode von uns wieder thematisiert werden. Ich hoffe, dass wir eine gemeinsame Lösung finden werden, damit kein Opfer von Straftaten durch das Netz fallen muss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Ich danke Frau von Angern für Ihren Redebeitrag. Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. - Herr Striegel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Notwendigkeit einer besseren Unterstützung der Opfer von Großschadensereignissen, vorsätzlich herbeigeführt oder nicht, hat sich im Jahr 2016 durch das Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz, aber auch in der Folge des Attentats in Halle im Oktober 2019 gezeigt. Die Ministerin hat darauf verwiesen. Hier Verbesserungen herbeizuführen hat sich die Koalition zur Aufgabe gemacht.
Seit der ersten Beratung dieses Antrags wurden verschiedene Modelle eines Opferhilfefonds beraten. Dazu gab es auch ein Treffen mit dem Weißen Ring. Aus verschiedenen Gründen kam die Koalition zu dem Ergebnis, dass ein klassischer Fonds keine passende Lösung für Sachsen-Anhalt darstellt.
In Zukunft sollen die im Zuge von Verfahrenseinstellungen gegen Geldauflage erzielten Einnahmen der Staatskasse gezielter genutzt werden, um Opfern von Schadensereignissen zu helfen. Dies wird unter anderem durch die Finanzierung von Kampagnen, Projekten, Veranstaltungen und passgenauer Öffentlichkeitsarbeit geschehen.
Denn oftmals existieren bereits passende Hilfsangebote, die den Betroffenen aber nicht bekannt sind. Hierbei kann das vorhandene Potenzial noch deutlich besser genutzt werden.
Dass die Berufung einer oder eines Opferbeauftragten - die Ministerin hat auf den konkreten Stand verwiesen - nun konkrete Formen annimmt, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Meine Fraktion ist aber nach wie vor der Meinung, dass auch nicht vorsätzlich herbeigeführte Großschadensereignisse in die Zuständigkeit des oder der Opferbeauftragten fallen sollten, wie das in Rheinland-Pfalz der Fall ist. Ich verweise noch einmal auf die Opfer der Flugschaukatastrophe von Ramstein. In einem vergleichbaren Fall hätten wir ansonsten Opfer erster und zweiter Klasse, was wir als GRÜNE ausdrücklich nicht wollen.
Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier über den Aufbau staatlicher Strukturen der Opferhilfe, aber klar ist, ohne die unermüdliche Arbeit von Ehrenamtlichen oder professionellen Opferhilfeorganisationen stünden viele Menschen ohne Hilfe da. Der Staat muss Menschen helfen, die von einer Straftat oder einem Großschadensereignis betroffen sind, aber er kann nicht jedes Lebensrisiko dabei absichern. Hier sind wir als Gesellschaft darauf angewiesen, dass sich viele Menschen tagtäglich in den Dienst der Allgemeinheit stellen, den Betroffenen beistehen. Ihnen gilt mein, und ich hoffe, auch unser aller Dank und Anerkennung. - Vielen herzlichen Dank.