Protokoll der Sitzung vom 11.09.2020

Wir brauchen aber auch kurzfristige Lösungen. Insoweit möchte ich an das Programm anknüpfen, das wir im Antrag formuliert haben, beispielsweise zur Akquise von ärztlichem Personal aus überversorgten Regionen. Auch solche gibt es in Deutschland.

Aber zu Gardelegen: Die Klinik steht konkret vor dem Aus - daher müssen wir jetzt handeln -, und das obwohl diese Klinik wichtiger denn je für die Familien in der Region ist. Sie ist wichtig, was die Attraktivität im ländlichen Raum angeht. Ich weiß, die meisten von Ihnen kommen aus dem ländlichen Raum; deswegen trifft es Sie alle. Für die Attraktivität im ländlichen Raum ist es wichtig, dass es eine vernünftige Versorgungsstruktur gibt. Wer soll sich denn dort niederlassen, wenn er keine entsprechende Versorgungsstruktur vorfindet?

Wie sieht es aus, wenn diese Kinderstation tatsächlich schließen sollte? - Dann müssten die Eltern mit ihren kranken Kindern 35 km nach Stendal, 43 km nach Salzwedel oder mehr als 50 km nach Wolfsburg fahren. Bei Kindern gibt es 50 % mehr Notfälle als bei Erwachsenen; das wissen wir auch. Sie müssen schnell versorgt werden, und zwar auch in der Nacht. Es ist für alle Patienten, vor allem die mit Kindern, unzumutbar, so weite Wege in Kauf nehmen zu müssen.

Warten Sie einmal die Situation in Havelberg ab. Ich glaube, Sie, Herr Gallert, können das bestätigen. Die Menschen dort wissen gar nicht, wie sie das in den nächsten Jahren machen sollen. 40 km und mehr sind es jetzt bis zur nächsten adäquaten Klinik. Ich finde, das ist eine Situation, die unserer Gesellschaft gegenüber einfach unwürdig ist.

Die Landesregierung muss ein klares Bekenntnis zum Erhalt aller Einrichtungen und Stationen abgegeben, vor allem natürlich für Gardelegen. Das ist Kern unseres Antrages. Liebe Landesregierung, Sie sind auch noch Träger dieser Einrichtung. Die landeseigene Gesellschaft Salus hat die Aufgabe, die Klinik zu erhalten. Das haben Sie selbst beschlossen. Sie hat auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ein vernünftiger Facharzt gefunden wird.

Was brauchen und was fordern wir konkret? - Wir brauchen endlich einen Beschluss, dass kein Krankenhaus in Sachsen-Anhalt schließen darf. Havelberg ist übrigens wieder zu eröffnen. Wir fordern von der Landesregierung endlich eine Abkehr von der Gutachteritis. Auch das ist, denke ich, ein wichtiger Punkt; denn das entzweit auch Ihre Koalition. Das hemmt Sie dabei, endlich zu handeln. Sie wissen selbst, dass Ihrem Ministerium alle notwendigen Informationen vorliegen. Wer jetzt noch weitere Gutachten fordert, der hat keine Ahnung, worum es hierbei eigentlich geht und wie wichtig das Thema ist, und der spielt auf Zeit.

Wir fordern, dass die Landesregierung endlich die entsprechenden Maßnahmen trifft, um die Personalsituation in den Kliniken langfristig abzusichern. Genügend Beispiele dafür haben wir gebracht. Das gilt vor allem für Gardelegen. Allein die Erhöhung der Zahl der Studienplätze wäre endlich ein notwendiger Schritt, der wichtiger ist denn je.

Das alles sind und waren Punkte, die wir unverzüglich umsetzen müssen. Wir sind es den Eltern und den Familien in der gesamten Region schuldig. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Herr Siegmund, Herr Gallert hat sich - höchstwahrscheinlich für eine Intervention - zu Wort gemeldet. Sie haben dann die Möglichkeit zu reagieren. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herr Siegmund, ich bin immer wieder verwundert über die Dreistigkeit, mit der Sie über Havelberg reden. Ich sage Ihnen: In Havelberg glaubt Ihnen keiner mehr. Sie haben hier mehrere Reden über Rekommunalisierung gehalten, darüber, dass das Krankenhaus zurückgenommen werden muss, was Voraussetzung dafür ist, dass es nicht geschlossen wird. Im Kreistag erzählen Sie noch zehn Minuten vor der Abstimmung, dass der Kreis es jetzt übernehmen muss, damit es gerettet wird. Dann kommt die Abstimmung - und die AfD enthält sich der Stimme! Wenn Sie mit Ihrer Fraktion, Herr Siegmund, zugestimmt hätten, würde in Havelberg heute noch ein Krankenhaus existieren. Sie sind persönlich für die Situation mitverantwortlich, die Sie hier beklagen! Aus der Perspektive der Havelberger ist es unerträglich, sich das anhören zu müssen!

(Beifall)

Herr Siegmund, Sie haben jetzt die Möglichkeit, darauf zu reagieren.

Das ist ja okay. Man kann das mit Emotionen so sehen, wenn man es denn möchte.

(Zurufe)

Die Wahrheit ist aber eine andere und das gehört dazu. Die Wahrheit ist nämlich, dass die Hauptverantwortung - das habe ich auch heute wieder der „Volksstimme“ gesagt; das wissen Sie auch, Herr Gallert - nicht beim Landkreis Stendal liegt. Der Landkreis Stendal - -

(Zuruf: Hat einen Sicherstellungsauftrag! - Weitere Zurufe - Unruhe - Matthias Büttner, AfD: Lasst ihn doch mal ausreden! Men- schenskinder! Was sind denn das für Sitten hier? - Heiterkeit - Thomas Lippmann, DIE LINKE: Das brüllen die Richtigen da drü- ben! - Weitere Zurufe)

Einen Moment, Herr Büttner!

Der Landkreis Stendal, Herr Gallert - das wissen Sie ganz genau - ist aktuell weder fachlich noch

finanziell in irgendeiner Art und Weise in der Lage, das Krankenhaus zu übernehmen. Das wissen Sie auch.

(Zuruf)

Das liegt nicht am Landkreis Stendal, sondern das liegt an der SPD und das liegt am SPD-Ministerium

(Zuruf: Das liegt an Herrn Siegmund!)

und an niemand anderem. Das wissen alle in diesem Raum. Das wissen auch Sie, Herr Gallert.

(Zuruf: Lügner!)

- Lügner?

(Zuruf: Natürlich!)

Ich würde gern noch fortführen, wenn Sie zuhören. - Die SPD hat die Krankenhausinvestitionen von 180 Millionen € auf 38 Millionen € abgeschmolzen.

(Zuruf: Oh!)

Herr Dr. Grube, das wissen Sie auch.

(Zuruf: Das wollen Sie wieder nicht hören, was?)

Die SPD und ihr Ministerium haben diese Situation zu verantworten.

(Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD - Weitere Zurufe)

Wenn das Land die Kreise im Stich lässt, dann ist der Grund hier zu suchen. In diesem Haus ist nach dem Grund zu suchen. Was Havelberg angeht, so ist das keine Lüge, Herr Gallert, sondern das sind einfach nur unterschiedliche Standpunkte. Aber ich bin ganz klar der Überzeugung, dass unser Standpunkt der richtige ist.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Sie hätten das doch mit beeinflussen können! Reden Sie doch nicht so einen Quark hier!)

- Wie soll ich das in der Opposition denn beeinflussen?

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Frau Dr. Pähle!

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD - Unruhe)

Das ist Landessache, Frau Dr. Pähle. Es ist Landessache, das Geld für die Kreise bereitzustellen.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Das ist falsch! Das ist es nicht! - Unruhe)

Frau Dr. Pähle!

Natürlich ist das Landessache.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Das ist es nicht! - Unruhe)

- Es ist Landessache.

(Unruhe)

Herr Siegmund, ich bitte Sie zu warten, bis hier Ruhe eingekehrt ist.

(Unruhe)

Es ist Landessache, die Kreise auszufinanzieren.

(Zuruf)

- Sie wissen ganz genau, dass die Krankenhäuser die Kohle ganz woanders hernehmen mussten, weil Sie ihnen in den letzten zehn Jahren die Investitionsmittel versagt haben. Genau das ist das Thema.