(Uwe Harms, CDU: Unverzüglich, vollstän- dig und nach bestem Wissen - so steht es dort - sind Fragen von Abgeordneten zu be- antworten! Es ist eine Schande, dass man so miteinander umgeht! Wiederholt und immer wieder!)
(Uwe Harms, CDU: Ich bitte um Entschuldi- gung, Frau Präsidentin! - Zuruf: Schmeißt sie doch aus der Koalition!)
Frau Dalbert, ich bin zugegebenermaßen massiv irritiert über Ihre Bewertung von LNG. Aus der Perspektive der CO2-Bilanz ist zu sagen, dass zur Herstellung und Wiederverwendung von LNG so viel Energie verwendet wird, dass LNG in etwa die CO2-Bilanz von Kohle hat.
Ich bin völlig irritiert, dass offensichtlich die CO2-Bilanz von LNG in Ihren Überlegungen im Vergleich zwischen Erdgas aus der Röhre und dem, was in Brunsbüttel demnächst ankommen soll, überhaupt keine Rolle spielt. Ich will bloß auf eine Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der GRÜNEN an das Bundesumweltamt verweisen, in der dezidiert nachgewiesen wird, wie schädlich das LNG im Vergleich zu Röhrengas ist.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Sie teilen also ausdrücklich die Position Ihres Amtskollegen aus Schleswig-Holstein, der den Neubau von LNG-Terminals in Brunsbüttel unterstützt? Und Sie denken - das müssten Sie mir bitte noch einmal erklären -, dass Sie verhindern können, dass diese LNG-Terminals mit Flüssiggas aus der Schiefergasgewinnung der USA und Kanada gefüllt werden?
Herr Gallert, herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich habe damit die Möglichkeit, noch einmal Punkte darzustellen, die mir sehr wichtig sind.
Zu dem Thema USA und Fracking-Gas habe ich mich geäußert. Hierbei geht es auch um die Zertifizierung der Vorkettenemissionen. Um die Zertifizierung der Vorkettenemissionen geht es auch bei LNG. Wenn Sie sich die Studie des UBA ansehen - ich habe gerade mein Handy geholt, um die Tabelle genau bezeichnen zu können - und dort zur Abbildung 8 gehen, werden Sie die CO2-Ausstoßwerte finden, die die unterschiedlichen Energieträger haben, und darauf aufgesetzt die Vorkettenemissionen.
Wenn Sie sich das anschauen, dann werden Sie beispielsweise feststellen - weil es hier auch oft um Russland geht -, dass zum Beispiel LNG aus Katar dieselben CO2-Ausstoßwerte hat wie Röhrengas aus Russland. Die EU ist gerade dabei, ein solches Zertifizierungssystem der Vorkettenemissionen auf den Weg zu bringen. Damit wird sich der Markt noch einmal verschieben.
Deswegen glaube ich schon, dass wir am Ende in den Terminals bei den Liquified Natural Gas keine Fracking-Gase aus den USA haben werden. Denn das würde sich nicht rechnen, das würde sehr teuer werden, wenn man die Vorkettenemissionen berücksichtigt. Wenn Sie die Vorkettenemissionen berücksichtigen, dann werden Sie feststellen, dass das LNG durchaus mit normalem Erdgas konkurrieren kann. Bitte sehen Sie sich einfach einmal die Studie des UBA an.
Offensichtlich zweifeln Sie den von Herrn Altmaier errechneten Mehrbedarf von 140 Milliarden m³ Erdgas an. Das nehmen Sie offenbar so nicht hin. Sie sind der Auffassung, dass man das ohne die zusätzlichen Erdgasimporte hinbekommt.
Mir stellt sich dabei nun eine Frage. Mit jedem Windrad, das wir zusätzlich aufbauen, machen wir uns umso stärker abhängig von Ersatzkraftwerken. Denn wenn wir auf der einen Seite die Kraftwerke, die uns zuverlässig regelmäßig Strom liefern, abschalten und in die volatilen Energien investieren, dann haben wir am Ende Tage, vielleicht sogar Wochen, in denen wir nur wenig Ökostrom produzieren, der aber ausgeglichen werden muss. Damit kommt es - hochgerechnet auf ein Gebiet wie Deutschland - dazu, dass am Ende fast überall die Reservekraftwerke laufen müssen. Und die müssen natürlich auch betankt werden.
Das Zweite ist: Die Regierung forciert den Ausbau der Elektrifizierung der Straße und die E-Mobilität. Das heißt, auch dort gibt es eine große Nachfrage nach Strom, wahrscheinlich meistens ganz früh oder spät am Abend, wenn die Leute nach Hause kommen und ihre Zapfstellen nutzen.
Herr Raue, man kann mit einem solchen Problem immer auf zwei Arten umgehen. Die eine ist, dass man den Energieträger wechselt. Damit sind wir beim Ausbau erneuerbarer Energien. Diese Debatte - verzeihen Sie mir - möchte ich mit Ihnen heute nicht schon wieder führen; denn die führen wir jedes Mal. Da kommen wir auch nicht zueinander.
Aber Sie haben auch eine spezifische Nachfrage dazu gestellt, dass Herr Altmaier hierbei einen Mehrbedarf sieht. Dazu habe ich in meiner Rede ausgeführt, Herr Raue: Drei Viertel des Gases, das wir verbrauchen, geht in die Wärme. Wir ha
ben gerade auf der europäischen Ebene die Debatte, dass Europa massiv in die Restaurierung von Gebäuden investieren will, um Wärme einzusparen. Das ist mein Argument, an der Stelle spezifisch zu sagen: Der Gasverbrauch wird massiv sinken durch diese Restaurierungswelle, die auch von der Europäischen Union angestoßen wird.
- Herr Raue, ich würde ich Ihnen noch eine ganz kurze Nachfrage gestatten, nicht noch einmal zwei Minuten, sondern wirklich kurz, sonst unterbreche ich Sie. Bitte.
Frau Ministerin, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass wir am Ende der Effizienz angelangt sind, sodass wir kaum noch Möglichkeiten haben, durch eine Aufdickung von Wärmedämmung Energie bei Gebäuden einzusparen? Ist Ihnen das bewusst?
Danke für die Frage, dann kann ich das gleich korrigieren. Wir haben in Deutschland derzeit einen Restaurierungsstand von nur 1 % pro Jahr. Dazu sagt die EU mit Recht, da müssen wir mit Geld reingehen und zu ganz anderen Restaurierungsraten, zu Raten von 3 % oder 4 % im Jahr, kommen. Wir sind in der Tat erst ganz am Anfang, und nicht, wie Sie sagen, am Ende.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Wir steigen nunmehr in die Debatte mit einer Redezeit von drei Minuten je Fraktion ein. Der erste Debattenredner wird für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Kurze sein. Werter Herr Kurze, Sie haben jetzt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Traditionell haben wir enge Beziehungen zu Russland. Wir sollten mit diesem Antrag, auch im Interesse unserer Bürger, diese
Im Jahr 2015 wurde Nord Stream 2 von den beteiligten Firmen vorgestellt als ein Projekt, das ohne staatliche Finanzierung auskommt. Dafür gab es klare Rahmenbedingungen in Deutschland als Anlandestaat. Damals war nicht abzusehen, dass LNG, also Flüssiggas, auch preislich immer interessanter wird. Die Bundesregierung teilt die Einschätzung der beteiligten Firmen, wonach das Projekt aus energiewirtschaftlicher Sicht viel Sinn macht.
Schauen wir uns den Antrag im Einzelnen an. Die Kritik an den US-Sanktionen können wir überwiegend teilen. Die Arbeiten an der überwiegend fertiggestellten zweiten Gaspipeline nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern mussten nach ersten US-Sanktionen gegen die Unternehmen von Verlegeschiffen eingestellt werden.
Gegen die nun für Herbst 2020 geplante Wiederaufnahme der Arbeiten mit einem russischen Spezialschiff drohen neuerliche Sanktionen. Betroffen sind am Ende bis zu 120 Firmen. Angesichts des Beginns einer umfassenden Politisierung der Handelsbeziehungen durch die USA muss man sich schon fragen, warum das so ist. Wir leben in einem föderalen Staat, wir haben unterschiedliche Ansätze. Die Kollegen, die Damen und Herren in den alten Bundesländern, sehen das etwas anders, aber wir - ich habe es zu Beginn meiner Rede gesagt - haben nun einmal enge Handelsbeziehungen zu Russland und haben davon auch profitiert.
Sollte die Pipeline nun nicht zu Ende gebaut werden, müssten Investitionen in Höhe von 12 Milliarden € abgeschrieben werden. Jährlich fallen zusätzliche Kosten für die Erdgasbeschaffung in Höhe von vermutlich ca. 5 Milliarden € an.
Wichtig ist, dass die EU ihre Resilienz, ihre Widerstandskraft, gegen Angriffe von außen stärkt. Es hilft betroffenen Unternehmen wenig, dass das Vorgehen der USA, die exterritoriale Ausdehnung nationalen Rechts, als Verstoß gegen das Völkerrecht eingestuft werden könnte.
Die geäußerten Befürchtungen, dass das Projekt zu einer gefährlichen Dominanz Russlands als Energielieferant führen könnte, treffen aktuell auf wenig Grundlage. Angesichts zur Neige gehender Ressourcen in der Nordsee wird der Lieferanteil Russlands ziemlich sicher auch ohne Nord Stream 2 steigen. Von einem wachsenden Erpressungspotenzial zu sprechen erscheint unangemessen, da Russland im Hinblick auf seinen Staatshaushalt aller Voraussicht nach auch zukünftig auf Einnahmen aus Energieexporten aus Richtung Europa im besonderen Maße angewie
sen sein wird. Nord Stream 2 wird zusätzliche Versorgungssicherheit für Europa bringen und damit zu den Zielen der Energieunion beitragen.
Zu Punkt 1. Es ist zutreffend, dass der Beschluss zum Ausstieg aus Kohle und Kernkraft politisch motiviert ist. Der gleichzeitige Ausstieg ist jedoch sehr ambitioniert, da zwei Energiequellen wegbrechen. Wir brauchen Erdgas also mittelfristig als Energieträger. Daher haben wir für dieses Vorhaben durchaus Sympathien.
Zu Punkt 4 möchte ich sagen: Die Handelsbeziehungen zu stärken, liegt schon allein im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland und des Landes Sachsen-Anhalt.