Als Altkanzler Gerhard Schröder, SPD, mit seiner Agenda 2010 die Arbeitslosenversicherung reformiert und Hartz IV eingeführt hat, wurde die Parole ausgegeben, dass jeder Arbeitsuchende gleich zu behandeln ist. Ich erinnere mich noch genau. - Die SPD ist gar nicht mehr da.
Arbeitsuchende, die nicht gerade jede Arbeit, sondern nur eine Arbeit übernehmen wollten, die ihrer Qualifikation angemessen war, wurden als Drückeberger geächtet, und es wurde von jedem Arbeitslosen verlangt, unabhängig von seiner Vorbildung ausnahmslos jede Arbeit zu übernehmen, solange es nicht gerade sittenwidrig ist.
Jetzt wird exklusiv für die zum größten Teil selbst ernannten Künstler und Kulturschaffenden mit diesem Prinzip gebrochen und wir machen ein Zweiklassensystem auf: Premiumstütze für die sogenannten und selbst ernannten Künstler und Kulturschaffenden - gewöhnliches Hartz IV für alle anderen. Dazu sagt die AfD-Fraktion ganz klar nein. Wir lehnen jede Sonderbehandlung der zumeist selbst ernannten Kunst- und Kulturschaffenden ab.
Künstler können auf ein Netz an Stipendien und Unterstützungsleistungen zurückgreifen, das so engmaschig und so gut ausgestattet ist, dass sogar Künstler mit zweifelhafter Begabung von ihrer zweifelhaften Kunst leben und während der Zeit der Coronaeinschränkungen überleben können, wenn sie natürlich - und das ist leider die Hauptsache dabei - mit ihren Ansichten nicht anecken, immer schön politisch korrekt bleiben und mit dem Strom schwimmen.
Da ist der Nothilfefonds der deutschen Orchesterstiftung, die GEMA hat einen Coronaschutzschirm errichtet, die Künstlersozialkasse hilft und Kultureinrichtungen und Projekte, die vom Bund gefördert werden, zahlen großzügige Ausfallhonorare für Veranstaltungen, die wegen der Coronaeinschränkungen abgesagt werden, in Höhe von 60 % der Honorare bei Honoraren von bis zu 1 000 €, in Höhe von 40 % bei Honoraren über 1 000 €. Das maximale Ausfallhonorar ist bei 2 500 € gedeckelt. Das sind Luxusabsicherungen.
Hinzu kommt im Rahmen des Förderprogramms des Bundes „Neustart Kultur“ 1 Milliarde €, die über verschiedene Nothilfefonds vom Fonds Darstellende Künste e. V. bis zum Fonds Soziokultur e. V. an die Künstler ausgereicht wird. Das
alles wird ständig ergänzt und ausgebaut, ein mittlerweile unübersehbares Netz von Hilfs- und Fördermöglichkeiten, und doch ist all das unseren Künstlern, dem Wert, den sie in ihren eigenen Augen haben, noch immer nicht angemessen.
Ich will mich nun aber nicht mehr länger mit diesem dekadenten Betrieb aufhalten, der dem Untergang geweiht ist. Ich will stattdessen skizzieren, wie wir, die AfD-Fraktion, uns Kunst- und Kulturförderung vorstellen; denn auch wir wollen Kunst und Kultur fördern. Über allem muss die Vorgabe stehen, dass Kunst, die aus öffentlichen Geldern gefördert wird, also letztlich durch den Steuerzahler, politisch neutral zu sein hat.
Es darf nicht sein, dass der Staat Kunst fördert, die dann plump und einseitig linke Ideen propagiert. Ein grundsätzliches Bekenntnis zur deutschen Nationalkultur darf und muss allerdings verlangt werden und ist auch kein Verstoß gegen die politische Neutralität,
weil ein solches Bekenntnis auf keine politische Richtung beschränkt sein sollte und weil die Pflege der eigenen Nationalidentität völlig unabhängig von der politischen Richtung zu den vornehmsten Aufgaben von Kunst und Kultur gehört.
Weiterhin sollten wir den Grundsatz befolgen, nur das zu fördern, was sich auch als lebensfähig erwiesen hat. Die Kunst, die den staatlichen Geldsegen braucht, um überhaupt erst zu existieren, die Kunst, die mit der Subvention steht und fällt, lohnt nicht die Förderung. Die staatliche Kunst- und Kulturförderung muss dem Grundsatz folgen, als Zuschuss das zu unterstützen und dem das Leben zu erleichtern, was sich auch ohne Förderung als grundsätzlich lebensfähig erwiesen hat. Die Förderung soll die Kunst nicht aus der Taufe heben, sie soll es ihr leichter machen; sie soll den Wettbewerb anregen, zu Höchstleistungen anstacheln und das Herausragende prämieren. Das wäre die Aufgabe von staatlicher Kunstförderung, nicht aber, ein Lumpenproletariat an Möchtegern-Künstlern mehr recht als schlecht zu alimentieren, während sie eine Kunst produzieren, für die sich niemand wirklich interessiert.
Dem Impuls-Festival für neue Musik ist - um nur ein Beispiel zu nennen - jede Förderung zu streichen. Ein Opernintendant wie Florian Lutz, der in Halle die Zuschauer vertrieben hat, hätte schon viel früher gefeuert werden müssen. Kunst, die öffentlich gefördert wird, muss auch der Öffentlichkeit dienen. Sie muss die Sinnerwartungen der Bürger befriedigen.
rats, in der Zeitschrift „Das Liebhaberorchester“ der Journalist von einem - ich zitiere - „intrinsischen Konservatismus der Laienmusiker“
schwadroniert und diese Haltung bekrittelt, dann muss ich sagen: Seine Analyse ist richtig, nur die Wertung nicht. Ja, es gibt diesen intrinsischen Konservatismus - nicht nur der Laienmusiker, sondern generell der breiten Schichten, die sich für die Kunst interessieren und gern ins Theater, in die Oper, ins Konzert gehen würden. Nur leider fühlt sich dieses Publikum von Darbietungen abgestoßen, die sich einen feuchten Kehricht um seinen Geschmack scheren, weil der Staat ja die Einnahmen größtenteils garantiert.
Dieser intrinsische Konservatismus ist gut und richtig, er ist als eine vorab bestehende Haltung demokratisch legitimiert. Er ist nicht durch die Politik hervorgebracht - er ist da. Eine Kunstförderung, die sich dem Volkswillen verpflichtet weiß, muss ihn annehmen und pflegen. Aus dem intrinsischen Konservatismus der Bürger lebt die Kunst. Diese Einstellung ist geprägt von einem gesunden Sinn für das ästhetische und aussagekräftige Werk. Diese Einstellung verlangt nach Begegnung mit der Tradition und dem kulturellen Erbe. Wir müssen wegkommen davon, kleine Gruppen abgehobener Möchtegern-Bohemiens zu fördern, und müssen mehr auf Breitenförderung setzen. Kunst und Kultur aus dem Volk für das Volk. Hier - und nicht nur hier - ist uns die ungarische Kulturpolitik leuchtendes Vorbild.
Wenn sich die Coronakrise für den linken Wasserkopf im Kulturbetrieb am Ende als ein Purgatorium herausstellt, wenn sie uns zum Umdenken bringt, wäre das vielleicht nicht ihre schlechteste Nebenwirkung.
Die AfD-Fraktion jedenfalls wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um eine solche Entwicklung anzustoßen. Wir müssen die staatliche Kunst- und Kulturförderung komplett neu denken. Das Land Sachsen-Anhalt hätte mit der großen Geschichte, die auf seinem Gebiet versammelt ist, bei einer entsprechenden Förderpolitik in der Tat das Potenzial, ein Kulturland zu werden. Das dichte Netz von Kaiserpfalzen zeigt uns, dass das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts einst Zentrum des Reiches war, und bietet vielfältige Anlässe, sich dieses historische Erbe künstlerisch anzueignen.
Hier hat sich die Reformation abgespielt, die für unsere nationale Identität von herausragender Bedeutung war. Welch ein Thema könnte das für die Kunst sein? - Stattdessen haben wir ein Reformationsjubiläum erlebt, das alle nationalen Bezüge peinlich vermieden hat.
Mit Friedrich Nietzsche kommt einer der größten Philosophen überhaupt, der die deutsche Philosophie aus ihrer Erstarrung im späten 19. Jahrhundert befreit hat, aus Naumburg. In der Tat: Sachsen-Anhalt könnte ein wunderbares Kulturland sein, wenn wir echte und freie Kunst fördern würden, wenn nicht mehr linke Dogmen und die politische Korrektheit, sondern allein die Qualität darüber entscheiden würden, was gefördert wird.
Wenn sich jetzt die Vertreter des linksliberalen Kulturestablishments im Land fragen, ob das, was ich soeben vorgetragen habe, nicht eine Kriegserklärung an ihre Adresse ist, so kann ich Sie vollkommen beruhigen: Ja, das ist es.
Ich sehe keine Wortmeldungen. Vielen Dank. - Die nächste Rednerin kann sich schon vorbereiten. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen wird für die SPD-Fraktion sprechen. Frau Abgeordnete, Sie bekommen das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegensätzlicher können Einschätzungen über das, was Sachsen-Anhalt an Kunst und Kultur zu bieten hat, wohl nicht sein. Ich wünsche mir, dass die AfD-Fraktion in diesem Land nie bestimmen darf, wie Kulturpolitik sein darf.
Nein, Herr Dr. Tillschneider, Kunst muss nicht Ihnen persönlich gefallen. Sie muss auch nicht ästhetisch sein.
dass Kunst wohlfeil sein muss - was sie eben nicht sein darf. Sie provoziert Widersprüche; dafür ist sie da.
Das garantiert die im Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit. Das sollten Sie sich vielleicht noch einmal in Ruhe anschauen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren - einen kleinen Moment Frau Prof. Kolb-Janssen -, Sie haben dem Vorredner gerade die Möglichkeit gegeben zu reden.
Jetzt lassen Sie bitte auch die darauf folgende Rednerin zu Wort kommen. Sie können sich gern nachher melden, wenn Ihnen irgendetwas nicht gefällt. - Bitte.
„SOS Kultur“ stand in der Überschrift über der Regierungserklärung von Herrn Staatsminister Robra. Ich habe mich allerdings gefragt, ob der Hilferuf der Kulturschaffenden tatsächlich in dem Ausmaß in den Ausführungen zum Ausdruck gekommen ist. Es war eine beeindruckende Bilanz der letzten vier Jahre, aber es war eben eine Bilanz, die das Leben vor Corona zeigt.
Wir erleben jetzt seit einigen Monaten, dass das Leben so, wie wir es vorher gekannt haben, eben nicht mehr existiert. Wir sind längst angekommen in einer neuen, in einer schmerzhaften Realität. Die bedeutet eben, dass wir seit Monaten auf Kultur verzichten müssen, dass Theateraufführungen, Opern und Konzerte ausfallen, dass es keine Lesungen, dass es kein Kabarett, keine Ausstellungsbesuche mehr gibt.