Ich sehe keine Fragen. Deswegen können wir nun zum Abschluss der Debatte kommen. Es spricht für die Fraktion der AfD der Abg. Herr Kohl. Herr Kohl, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegende Beschlussempfehlung sieht vor, dass Menschen, die in den Einflussbereich linksextremistischer Gruppierungen geraten sind und sich daraus lösen wollen, dies aber aus eigener Kraft nicht schaffen, an das Aussteigerprogramm Linksextremismus des Bundesamtes für Verfassungsschutz vermittelt werden sollen. So wurde bereits jetzt schon verfahren. Es soll also am Status quo festgehalten und kein landeseigenes Ausstiegsprogramm für Linksextremisten geschaffen werden.
Wir hatten zu diesem Antrag eine Anhörung im Innenausschuss durchgeführt, aus der ich bzw. die AfD-Fraktion folgende Erkenntnisse gewannen: Das Ausstiegsprogramm des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist in dieser Form mehr oder weniger wirkungslos, da seit dem Jahr 2011 bis heute die jährlichen Fallzahlen zumeist im unteren einstelligen Bereich lagen. Im Jahr 2015 war es zum Beispiel exakt ein Fall. Die Erfolgsquote lag faktisch bei null.
Anders sieht es beim Ausstiegsprogramm für Linksextreme des Landes Nordrhein-Westfalen aus. Seit Beginn des Programms im Jahr 2018 befasste man sich mit 34 Personen. Mit Stand Juni 2020 befanden sich 19 Personen aktiv in der Begleitung. Es ist folglich offensichtlich, dass das Interesse bzw. die Bereitschaft der Betroffenen, die angebotene Ausstiegshilfe anzunehmen, maßgeblich davon abhängig ist, ob ein solches Programm bzw. eine solche Hilfe vor Ort angeboten wird.
Ich meine, genau diese Erkenntnis spricht dafür, ein Ausstiegsprogramm für Linksextremisten auch in Sachsen-Anhalt zu installieren. Wir müssen nicht vom jetzigen Zustand ausgehen, sondern in die Zukunft denken. Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang hat jüngst vor einer neuen Gewaltqualität in der linksextremistischen Szene gewarnt:
„Die Gewalt im Linksextremismus wird zunehmend brutaler und personenbezogener […] Es war nach Auflösung der RAF in der Szene lange Zeit Konsens, auf Gewalt gegen Personen, die auch tödlich sein kann, zu verzichten.“
Diesbezüglich sei jetzt ein Sinneswandel festzustellen, und er sei sich sicher, dass das noch nicht das Ende gewesen sei, meinte Haldenwang. Der Fall der Linksextremistin Nina E. aus Leipzig sei ein warnendes Beispiel dafür.
Auch aus diesem Grunde wollen und müssen wir nicht nur repressiv, sondern auch präventiv gegen Extremismus vorgehen. Deshalb sprechen wir uns für die Weiterführung des Ausstiegsprogramms für Rechtsextremisten aus und setzen uns für ein Deradikalisierungsprogramm für Islamisten sowie für ein Ausstiegsprogramm für Linksextremisten und Clan-Kriminelle ein. Ich meine, in diesem Punkt hat die AfD ein Alleinstellungsmerkmal und gibt hier die politische Zielrichtung vor.
Wer von Ihnen auch immer im neuen Landtag sitzen darf, der kann sich jetzt schon einmal auf die Behandlung dieser Themen freuen, weil wir diese wieder auf die Tagesordnung setzen werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe hierzu keine Fragen. Deswegen können wir die Debatte jetzt beenden und kommen zum Abstimmungsverfahren.
Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport in der Drs. 7/6815 ab. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung erteilt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Na ja, zögerlich, aber ich werte es einmal so. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von AfD und DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Ein fraktionsloser Abgeordneter. Demzufolge ist diese Beschlussempfehlung mit Mehrheit angenommen worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 14 somit beendet.
Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Den Antrag der Fraktion der AfD mit dem Titel „Keine Diskriminierung von Polizisten - polizeiliche Amtshilfe für das Land Berlin aussetzen“ hat der Landtag in der 105. Sitzung am 8. Juli 2020 zur alleinigen Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.
Ziel der Antragsteller war es, bis zu einer Klärung aller rechtlichen Folgen der Anwendung des Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes keine Einsätze der Bereitschaftspolizei in Berlin zu zulassen.
Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich erstmals in der 50. Sitzung am 27. August 2020 mit dem Antrag und verständigte sich darauf, den Antrag in der nächsten Sitzung zu beraten. Hierzu wurde die Landesregierung um eine Berichterstattung zum aktuellen Sachstand bezüglich der im Rahmen der Landtagsdebatte erwähnten Verständigung der Innenministerkonferenz gebeten.
Dem folgend, nahm der Ausschuss für Inneres und Sport die Berichterstattung der Landesregierung im Rahmen der 51. Sitzung am 1. Oktober 2020 entgegen und führte eine Aussprache zu dem Antrag durch.
Nachdem sich die innenpolitischen Sprecher darauf verständigt hatten, den Antrag im Rahmen der 52. Sitzung am 5. November 2020 erneut zu beraten, legten die Koalitionsfraktionen den Entwurf einer Beschlussempfehlung vor. Da es keinen weiteren Erörterungsbedarf im Ausschuss gab, wurde dieser Beschlussvorschlag mit 7 : 0 : 4 Stimmen als die Ihnen in der Drs. 7/6816 vorliegende Beschlussempfehlung für den Landtag verabschiedet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ausschuss für Inneres und Sport bittet um Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Die Landesregierung verzichtet. Dann spricht jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau Quade. Von der Reihenfolge her war die SPD-Fraktion vorgesehen, aber es gibt für die Koalitionsfraktionen nur einen Redner, und das wird dann Herr Striegel sein, sodass ich jetzt Frau Quade das Wort erteile.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Das Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin erfreute sich reger Aufmerksamkeit und war Ziel konservativer und - ja, man muss auch sagen - reaktionärer Abwehrhaltung. Das ging einher mit allerlei Desinformation und Fake News, und natürlich durfte da die AfD nicht fehlen. Im Sommer behauptete sie, Polizisten würden quasi verfolgt werden. Ihnen würde Verfolgung drohen, wenn sie in Berlin Amtshilfe leisten würden, weil alle, die mit polizeilichen Maßnahmen nicht einverstanden seien, einfach alles behaupten könnten und dann die Polizisten bestraft werden würden.
Das ist natürlich Unsinn. Obwohl der Innenminister damals seine offenkundige Sympathie für eine Volte gegen das Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin weder verbergen konnte noch wollte, machte er auch in der damaligen Debatte klar: Völlig egal, wie man zum Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin steht, entbehrt der Antrag jeder Grundlage. Das Gesetz gilt für Berlin und Berliner Behörden. Wenn Beamte aus Sachsen-Anhalt in Berlin Amtshilfe leisten und es über das Antidiskriminierungsgesetz zu einer Beschwerde, zu einer Bestätigung der Vorwürfe und zu einem Entschädigungsanspruch käme - zum Beispiel für Betroffene einer rassistischen Polizeikontrolle -, dann trägt nicht das Land Sachsen-Anhalt die Kosten, auch nicht der handelnde Beamte, sondern das Land Berlin.
Amtshilfe auszusetzen, weil einem das Gesetz nicht passt, ist aus mehreren Gründen schlichtweg rechtlich unmöglich. Das haben - mit abweichenden Einschätzungen zum Antidiskriminierungsgesetz Berlin selbst - alle Rednerinnen in der damaligen Debatte - außer natürlich die AfD - deutlich gemacht. Aber auch hier: Statt den Quatsch einfach abzulehnen, erfolgte, weil ja unbedingt das Signal gesendet werden musste, dass die CDU auch ein Problem damit hat, dass staatliches Handeln auf Diskriminierung überprüfbar sein muss, eine Überweisung. Und nun dann diese qualitativ hochwertige Beschlussempfehlung, die wieder so gar nichts am Status quo ändert, aber dafür Zeit gebunden hat.
Dinge dem Prinzip der Diskontinuität unterliegen werden, muss ich sehr klar sagen: So kann man parlamentarische Arbeit auch ad absurdum führen.
Meine Fraktion wird sich hinsichtlich der Beschlussempfehlung der Stimme enthalten, weil sie einerseits so nichtssagend ist, dass man das nicht einmal ablehnen kann, und weil es andererseits offenbar mittlerweile notwendig ist, per Landtagsbeschluss festzuhalten, dass geltendes Recht und das Grundgesetz nicht gebrochen werden.
Zum Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin sage ich für meine Fraktion ganz klar: Berlin hat mit dem ADG als erstes Bundesland Regelungen beschlossen, die das sich aus der Verfassung ergebende Diskriminierungsverbot nicht mehr nur für den Bereich des privaten und des Arbeitsrechts ausdefinieren, sondern eben auch für staatliches Handeln.
Damit hat Berlin Rechtssicherheit geschaffen, indem Regelungen für jene transparent nachzulesen sind, die an sie gebunden sind, weil sie staatliche Gewalt ausüben, und für jene, die Betroffene sind, die die Regelung also schützen soll.
Berlin setzt damit unionsrechtliche Vorgaben um und leistet einen wichtigen Beitrag gegen Diskriminierung, die es natürlich auch durch staatliche Stellen und Behörden wie eben die Polizei gibt und geben kann. Jedem, der das bezweifelt, rate ich, mit Betroffenen von Racial Profiling zu reden.
Statt dagegen Stimmung zu machen, wäre es die Aufgabe der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass dieses Unionsrecht in Sachsen-Anhalt auch endlich umgesetzt wird, und dafür einen Vorschlag zu machen. Das wäre einmal eine Beschlussempfehlung wert. - Danke schön.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Quade für den Redebeitrag. - Für die Koalition spricht dann Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gesagt worden, es gab zum Sommer dieses Jahres eine ganze Menge Aufruhr um das Landesantidiskriminierungsgesetz in Berlin. Neben grundsätzlicher Ablehnung, weil vorgeblich die Notwendigkeit für ein solches Gesetz fehle, wurde von den Gegnern des Gesetzes außerhalb Berlins auch die Sorge ins Feld geführt, dass Bund und Länder für Schadenersatzansprüche, die bei Einsätzen ihrer Polizistinnen
Diese Aufregung war - es ist gesagt worden - gegenstandslos. Das Land Berlin hat bereits Ende Juni erklärt, dass das Gesetz ausschließlich für die Berliner Verwaltung gilt und sich an die Berliner Stellen und ihre Bediensteten richtet. Folglich drohen auch dem Land Sachsen-Anhalt keine Entschädigungsansprüche bei Einsätzen von Polizeibeamtinnen und -beamten in Berlin. Die bundesweite Zusammenarbeit der Polizeien des Bundes und der Länder und die Amtshilfe bei polizeilichen Unterstützungseinsätzen werden deshalb selbstverständlich fortgesetzt.
Das Berliner LADG betrifft alle staatlichen Behörden in Berlin. Die durchsichtige Sorge, die dem heute zu erledigenden AfD-Antrag zugrunde lag, hat sich vier Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes als völlig unbegründet herausgestellt. Eine Klagewelle ist ausgeblieben.
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes sind bisher 104 Beschwerden eingegangen. Die betreffen alle Bereiche des staatlichen Handelns, nicht nur die Polizei. Stattdessen hat sich gezeigt, dass Diskriminierung in vielfältigen Lebensbereichen stattfindet. So gab es nicht nur Beschwerden aufgrund von Diskriminierung nichtweißer Gruppen oder der sexuellen Orientierung sowie der sexuellen Identität. Auch in der Pandemie zeigten sich Diskriminierungseffekte. Beispielsweise beschweren sich sehbehinderte Menschen darüber, dass viele Behörden nur noch online erreichbar seien.
Das in Berlin geltende Gesetz zeigt, dass breite Bevölkerungsschichten davon profitieren, dem Kampf gegen Diskriminierung durch staatliche Behörden einen gesetzlichen Rahmen zu geben.
Als GRÜNE engagieren wir uns deshalb dafür, dass auch in Sachsen-Anhalt die Menschen eine einfach anwendbare Rechtsgrundlage haben, um sich gegen Diskriminierung durch öffentlich-rechtliches Handeln wehren zu können. Ein Landesantidiskriminierungsgesetz ist ein weiterer Schritt hin zu einem toleranten, weltoffenen und modernen Sachsen-Anhalt. - Herzlichen Dank.