Protokoll der Sitzung vom 20.11.2020

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Thomas. - Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt gibt mir zumindest Gelegenheit, mich beim medizinischen Personal im Harzklinikum und in ganz Sachsen-Anhalt dafür zu bedanken, dass sie uns in diesem Jahr wunderbar durch diese Pandemie geführt und vielen Leuten trotz der schwierigen Bedingungen geholfen haben. Dafür auch seitens meiner Fraktion herzlichen Dank.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Das Harzklinikum ist ein Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft,

und das ist auch gut so; denn nur so haben wir überhaupt die Möglichkeit, im öffentlichen Raum darüber zu diskutieren und mit darüber zu bestimmen, wohin die Entwicklung gehen soll. Man stelle sich vor, es wäre privat, dann würden wir darüber gar nicht zu diskutieren brauchen, weil wir nichts zu sagen hätten.

Nichtsdestotrotz, Herr Siegmund, sind wir in einem Wettbewerb zwischen kommunalen und privaten Häusern, und diesem Wettbewerb muss man sich stellen. Am Ende des Tages geht es nun einmal um das Geld - dafür ist es ein Unternehmen - und es muss bezahlt werden.

Meine Damen und Herren! Das Harzklinikum hat in den vergangenen Jahren viele Veränderungen mitmachen müssen. Ich erinnere an die Einführung der Fallpauschalen, DRG. Ich erinnere daran, dass gerade der Standort Quedlinburg einer der ersten Standorte in Sachsen-Anhalt und deutschlandweit war, an dem ein medizinisches Versorgungszentrum etabliert werden konnte. Wir haben im Rahmen der Kreisgebietsreform die Kliniken in Wernigerode und Blankenburg mit dem Hauptstandort Quedlinburg fusioniert.

All das waren schwierige Prozesse. Es zeigt, dass es immer wieder Veränderungen gab und dass sich das Unternehmen immer wieder an die Rahmenbedingungen, die sich stetig ändern, anpassen musste.

Ich glaube, es wird auch erwartet, dass ein Unternehmen wie das Harzklinikum gerade auch mit dem Ziel, kommunal bleiben zu wollen, die Verpflichtung hat, zumindest die Geschäftsführung, sich darüber Gedanken zu machen, wie es in den nächsten zehn bis 15 Jahren weitergehen soll, damit uns dieses Unternehmen auch in zehn oder 15 Jahren noch die Freude macht, die es uns gerade bereitet. Wir haben leider Beispiele, bei denen wir erleben mussten, wie kommunale Häuser privatisiert werden mussten, wie man sich von Häusern getrennt hat, bei denen die Unzufriedenheit entsprechend groß war. Ich glaube, das wollen wir im Harz nicht. Deswegen ist es richtig, dass man sich darüber Gedanken macht.

Nun kann man natürlich auf verschiedene Arten reagieren. Natürlich kann man sich erst einmal ein Gutachten anfertigen lassen und es erst einmal als Empfehlung betrachten. Ich will deutlich sagen, bis dato ist noch keine Entscheidung über irgendwelche Punkte gefallen, die hier im Raum stehen. Es war noch nicht einmal Beratungsgegenstand in den zuständigen Gremien, sondern wir unterhalten uns über Vorschläge. Inwieweit sie umgesetzt werden, weiß noch niemand.

Deswegen möchte ich dafür werben, hier keine Panik zu verbreiten oder die Menschen nicht zu verunsichern, sondern die Leute in den Gremien erst einmal diskutieren zu lassen, Geschäftsfüh

rung, Aufsichtsrat, Gesellschafterversammlung bis hin zum Kreistag. Ich denke, das sind die Leute vor Ort. Sie wissen, worum es geht.

Dann will ich noch eines sagen. Wer sich noch gar nicht gemeldet hat - das werden sie aber in den kommenden Tagen tun -, ist das medizinische Personal. Der Chefarzt vor Ort möchte eben die beste Betreuung für seine Patienten haben. Wie diese aussehen soll, auch das werden wir in den kommenden Tagen und Wochen noch hören.

Ich denke, es bleibt abzuwarten, wohin diese Diskussion geht. Ich will ganz deutlich sagen, zwei Ziele haben wir als CDU deutlich im Blick: Wir wollen dieses Haus in kommunaler Trägerschaft belassen und wir wollen die derzeitige medizinische Versorgung an den Standorten Ballenstedt und Quedlinburg erhalten und nicht verschlechtern. Nun sind intelligente Lösungen dafür gefragt, wie man genau das unter den erschwerten Rahmenbedingungen schafft.

Wenn uns das Land dabei etwas hilft, dann sagen wir im Harz gern Dankeschön. Es ist ja schon viel geholfen worden, Frau Sozialministerin. Das möchte ich ausdrücklich sagen. Sie wissen aber, wie es ist in der medizinischen Betreuung, es kann immer noch besser gehen.

In dem Moment freuen wir uns auf die Beratung. Wir werden diesen Antrag heute an den Sozialausschuss überweisen und dann sicherlich noch etwas detaillierter darüber zu diskutieren haben. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich Herrn Thomas für den Redebeitrag. Ich konnte wahrnehmen, dass Sie den Vorschlag unterbreitet haben, den Antrag an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zu überweisen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt die Abg. Frau Zoschke. - Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Werte Kollegen und Kollegen! Lassen Sie mich zuallererst einen Satz zu Bitterfeld-Wolfen sagen, weil es hier immer wieder im Raum steht. Es waren 17 Änderungsanträge aus allen Fraktionen, mit denen der Antrag des Landrats verändert wurde, und es ist nicht nur eine Fraktion tätig geworden.

(Zustimmung - Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Allerdings wäre ich dem Kollegen Siegmund sehr dankbar, wenn er sich einmal mit dem Vertreter seiner Fraktion im Aufsichtsrat verständigte, um zu klären, wie konsequent man zu diesen Änderungsanträgen bis zum Schluss steht.

Der vorliegende Antrag macht uns den Umgang mit ihm sehr einfach, meine Damen und Herren. Wir lehnen ihn ab und haben einen Alternativantrag entwickelt, den ich wie folgt begründen möchte:

Erstens. Insellösungen machen nur dann Sinn, wenn sie eine Machbarkeit und Nachhaltigkeit auch an einer anderen Stelle ermöglichen. Das ist mit diesem Antrag nicht machbar.

Zweitens. Für auftretende Problemsituationen müssen konkret die Ursachen benannt werden, um für die Zukunft nicht nur Ähnliches zu verhindern, sondern um solche Situationen gänzlich unmöglich zu machen. Auch dies leistet der vorliegende Antrag nicht.

Drittens. Der Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt - das haben wir an dieser Stelle bereits mehrmals diskutiert - ist ein gültiges Dokument und bildet den aktuellen Bestand des Angebotes an medizinischer Leistung in unserem Land ab. Das geht uns - das wissen Sie - nicht weit genug. Eine reine Bestandsfeststellung verdient das Wort Planung nicht. Wir favorisieren eher eine Gestaltung der Krankenhauslandschaft. Auch dazu gibt der vorliegende Antrag weder Motivation noch eine diskutable Grundlage.

Viertens. Wir brauchen nachhaltige Lösungen für alle Krankenhäuser, nicht nur für einzelne Standorte. Wir brauchen eine andere Finanzierung, weil für uns Krankenhäuser nicht zwingend wirtschaftliche Unternehmen sind, sondern Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge.

(Zustimmung)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Alternativantrag.

(Beifall)

Ich danke Frau Zoschke für den Redebeitrag. Fragen dazu gibt es nicht. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Quedlinburg regt sich berechtigterweise Protest gegen die Schließungsabsichten bezüglich der Geburtshilfe und der Kinderklinik. Ganz vorn dabei der Stadtrat samt entsprechender Resolution, und auch die dortigen GRÜNEN positionieren sich als Kreistagsfraktion eindeutig, dies auch öffentlich durch die Organisation und Anmeldung einer entsprechenden Kundgebung. Denn gerade eine Geburtsstation gehört zum Kern einer medizinischen Grundversorgung. Diese Grundversorgung gilt es ohne Wenn und Aber auch in der Fläche zu sichern.

Daher braucht es natürlich weiterhin die Möglichkeit, in Quedlinburg zu entbinden. Der Einzugsbereich der jetzigen Geburtsstation mit etwa 500 Geburten im Jahr ist im Übrigen auch viel zu groß, um alle werdenden Eltern in Zukunft nach Wernigerode fahren zu lassen.

In Ballenstedt sieht es etwas anders aus. Eine Lungenklinik gehört für mich nicht integral zu einer Grundversorgung. Ich denke, in diesem Fall macht eine Spezialisierung an einem Standort des Klinikums durchaus Sinn, zumindest prinzipiell. Es gab, soweit mir bekannt ist, auch schon Planungen, die Pneumologie aus Wernigerode nach Ballenstedt zu verlegen und dort die Leistungen zu konzentrieren. An welchem Standort auch immer die Konzentration dann erfolgen sollte: Für eine Einrichtung heißt das zwangsläufig, dass sie umziehen muss. Dass das nicht allen gefällt, liegt auf der Hand. Aber eine Konzentration von Leistungsangeboten halte ich prinzipiell für den richtigen Ansatz.

Ob und wie dieser Ansatz vor Ort tragfähig ist, müssen die direkt Verantwortlichen jeweils aushandeln und konzipieren. Aus der Ferne ist es schwer, das konkret einzuschätzen. Aber man kann es sich auch leicht machen und immer plump und simpel fordern: Alles soll so bleiben, wie es ist. Die schlichte AfD-Welt kennt nur Standortschließungen oder den Erhalt des Gegebenen. Ein konstruktiver Dialog über neue Strukturen, über neue Leistungsformen liegt Ihnen anscheinend nicht so.

(Zurufe)

Das war bereits in der Debatte um das Klinikum Gardelegen zu hören. Dabei produzieren der medizinische Fortschritt, die Alterung der Bevölkerung, das Sinken der Bevölkerungszahl und auch ein neues Berufsverständnis der jungen Generation von Ärztinnen und Ärzten eben auf vielen Ebenen Handlungsdruck.

(Zurufe)

Wir GRÜNEN wollen diese Krise der gegebenen Strukturen produktiv nutzen: zum Wohle der Patienten, zur Qualitätssteigerung in der Versorgung und um endlich alte Zöpfe wie die betonierte Sektorentrennung und die Degradierung der Pflege- und Gesundheitsberufe abzuschneiden. Das sind unsere Ansinnen und unser Politikverständnis.

Ihren Antrag werden wir überweisen. Schließlich steht im Sozialausschuss, wie Sie wissen, eine umfassende Beschlussempfehlung zum Bereich der Krankenhäuser an. Auch für diesen Antrag gilt: Letztlich spielt dafür die Musik in der entsprechenden Enquete-Kommission; auch das will ich hier nicht verhehlen. Eine Oppositionsfraktion kann hier natürlich immer zusätzlich Anträge stellen. Aber ich denke, wir dürfen nicht vergessen,

dass wir sowohl im Sozialausschuss als auch im Bereich der Enquete-Kommission umfangreiche Antragsverfahren laufen haben. Darin sind auch diese beiden Standorte einzubeziehen.

(Zustimmung)

Fragen dazu sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Lüddemann für den Redebeitrag. - Für die SPDFraktion spricht der Abg. Herr Steppuhn. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Zunächst finde ich es sehr interessant, wie der Kollege Herr Siegmund hier Ferndiagnosen stellt. Ich bin mir sicher: Sie waren nicht einmal vor Ort und haben auch keine Gespräche in der Sache geführt. Sich einfach ein Gutachten anzuschauen und eine Ferndiagnose abzugeben, wird, glaube ich, der Sache nicht gerecht.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren! Ich habe großes Verständnis dafür, dass die Menschen in Ballenstedt und in Quedlinburg große Sorgen um ihre Standorte haben. Es geht um die Lungenklinik in Ballenstadt und um die Geburtshilfe in Quedlinburg. Es geht um eine ortsnahe Gesundheitsversorgung, aber auch um Arbeitsplätze. Vor allem bei dem Standort Ballenstedt haben wir es mit einer strukturbestimmenden Einrichtung im ländlichen Raum zu tun.

Deshalb war es für mich selbstverständlich, dass ich vor Kurzem bei der Protestdemonstration in Ballenstedt vor Ort war, um mich über die Situation zu informieren.

(Unruhe)

- Können Sie ein bisschen ruhiger sein, Kollege, damit wir hier in Ruhe debattieren können? Sie können sich dann zu Wort melden, wenn Sie das möchten.

Ich bin bei dieser Protestdemonstration vor Ort in Ballenstedt gewesen, um mich über die Situation zu informieren, aber auch, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Im Übrigen, meine Damen und Herren, waren dort abends ca. 500 Menschen auf der Straße, und ich war der einzige Landtagsabgeordnete, der den Weg dorthin gefunden hat. Wir wissen, dass solche Diskussionen nicht immer ganz einfach sind. Aber ich glaube, wir sind auch in der Landespolitik gefragt, uns dieser Diskussion zu stellen. Deshalb wundert es mich auch, dass gerade die AfD-Fraktion dieses Thema jetzt aufgreift.

(Unruhe)

Aber nun zur Sache selbst. Ich glaube, dass wir im Landtag, aber auch die Landesregierung aktuell vor Ort wenig beeinflussen können. Es ist die Entscheidungsebene des Landkreises Harz. Hier ist zunächst der Kreistag gefragt. Auch das vom Harzklinikum in Auftrag gegebene Gutachten muss zunächst in den zuständigen Gremien ausgewertet werden. Hiernach muss der Kreistag über Empfehlungen und Schlussfolgerungen beraten und entscheiden. Die Landespolitik ist zum jetzigen Zeitpunkt gut beraten, nicht schon vor diesem Prozess einzugreifen.