Cornelia Lüddemann
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir erleben gerade das Scheitern einer Hoffnung, der Hoffnung auf freiwilliges Mittun in weit größerem Maße, als es erlebbar war.
Als der sogenannte Lockdown light Ende Oktober beschlossen wurde, war die Zielstellung klar. Wir wollten das exponentielle Wachstum der Zahl der Neuinfektionen beenden. Die Zahl der Neuinfektionen wollten wir stark reduzieren und damit auch die Zahl derer, die auf die Intensivstation müssen, und dann natürlich auch die Zahl derer, die versterben. Das war und ist das Ziel. Das - so muss man selbstkritisch sagen - haben wir nicht geschafft. Das muss man leider klipp und klar feststellen.
Bundesweit ist einzig das exponentielle Wachstum so gut wie gestoppt. Der R-Wert liegt aktuell bei knapp 1. Damit verharrt die Zahl der Neuinfektionen aber weiterhin auf hohem Niveau.
Die Zahl der belegten Intensivbetten steigt und steigt. Mit Stand von gestern sind von den 681 Intensivbetten im Land noch 178 frei gewesen. Wir wissen, dass es inzwischen noch weniger sind. Ob diese weniger werdenden freien Betten überhaupt mit Personal abgedeckt werden können, das steht noch auf einem ganz anderem Blatt. Das ist unser weitaus größeres Problem.
Und in der Tendenz steigt auch die Zahl der täglich Verstorbenen. So kann und darf es nicht weitergehen. Insbesondere bei uns im Land kann und darf es so nicht weitergehen; denn unser Inzidenzwert steigt seit Anfang Oktober flächendeckend. Erst in der vorigen Woche sind in einzelnen Landkreisen die Inzidenzwerte leicht gefallen. Sie liegen aber im Burgenlandkreis weiterhin um die 300.
Der nun ab morgen geltende harte Shutdown ist aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion unumgänglich. Niemand will ihn.
Keine und keiner, die oder der heute in politischer Verantwortung steht, macht das gern. Aber weil es einfach zu viele Menschen gibt, die weiter unvorsichtig soziale Kontakte pflegen, weil zu viele Menschen unvorsichtig sind, weil digitaler Unterricht nicht in Gang kommt, bleibt uns schlicht und ergreifend nichts anderes übrig.
Für eine verantwortungsvolle Politik ist der jetzige harte Shutdown wirklich alternativlos. Meine Partei hat diesen Shutdown bereits in der letzten Woche gefordert. Aber da waren wir noch einsame Rufer in der Wüste. Jetzt gehen wir zwangsläufig über die damals von uns geforderten Einschränkungen hinaus.
Dass wir nun in eine mit normalen Mitteln nicht mehr beherrschbare Situation gekommen sind, hat viele Gründe in einer durchaus komplexen Gesamtlage. Nur eines möchte ich doch ganz klar feststellen: Wer als Partei oder als Fraktion die Coronapandemie verharmlost, wer trotz allem an Parteigroßveranstaltungen festhält und damit Wasser auf die Mühlen aller Coronaleugner und Querdenker gießt, der trägt eindeutig eine Mitschuld an der jetzigen Situation.
Und man kann durchaus eine Korrelation feststellen zwischen den Regionen mit der zurzeit höchsten Inzidenz und den Regionen mit einer hohen AfD-Zustimmung.
Das haben Forscher am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena um den Soziologen Matthias Quent untersucht. Und erste Ergebnisse von Zahlenanalysen zeigen eben: Dort, wo die AfD stark ist, sind die Infektionszahlen tendenziell höher.
Wer das Tragen von Masken als Zumutung empfindet, wer Abstandhalten und das Vermeiden von nicht unbedingt nötigen sozialen Kontakten schon als ein zu großes Opfer betrachtet, verhält sich schlicht asozial. So einfach ist das.
Er verhält sich asozial seinen Nächsten gegenüber, asozial gegenüber all denen, die jetzt ökonomisch in schwieriges Fahrwasser geraten.
Ich halte es ebenso für einen Skandal, dass anscheinend viele der Schnelltests, die wir den Altenheimen zur Verfügung gestellt haben, nicht genutzt worden sind. Ich habe dazu zahlreiche Gespräche geführt und es scheinen nicht nur Einzelfälle gewesen zu sein, dass Besucher ohne vorherigen Test in die Einrichtung gelangen. Das halte ich für fahrlässig. Deswegen hat die Landes
regierung dankenswerterweise in der letzten Woche sehr schnell reagiert und vorab die entsprechende Verordnung geändert. - So viel zur aktuellen Pandemielage.
Ich will auch noch auf die Impfungen eingehen. Am 27. November fand eine auf Antrag der koalitionstragenden Fraktionen kurzfristig angesetzte Sondersitzung des Sozialausschusses statt, um die damals in Arbeit befindliche Coronaverordnung zu behandeln.
Das Ministerium stand entsprechend Rede und Antwort zu zahlreichen Fragen und Anmerkungen der Abgeordneten. Das Thema Impfung wurde dabei auch angesprochen.
Im Nachgang zu dieser Sitzung hat das Ausschusssekretariat die Impfstrategie des Landes an alle Ausschussmitglieder verschickt, ein viele Seiten umfassendes Dokument mit allen nötigen Informationen und Hinweisen. - So viel zum Vorwurf der Intransparenz, der sich im AfD-Antrag findet. Er ist schlicht nicht haltbar.
Auf diesen 20 Seiten wird nicht mit einem Wort, nicht einmal indirekt oder zwischen den Zeilen eine Impflicht ins Spiel gebracht oder Diskriminierungsabsichten gegenüber nichtgeimpften Personen.
Auch unser Alternativantrag geht nicht einen Zentimeter in diese Richtung. Selbst ein stets berechtigtes Wehret-den-Anfängen greift hier nicht. Ich sehe nicht einmal Anfänge für eine solche Forderung.
Wissen Sie, die ganze Welt ist heilfroh, dass wir jetzt Impfstoff haben. Ich persönlich hätte damit in diesem Jahr noch gar nicht gerechnet. In England kursiert sogar der Begriff V-Day für den ersten Tag der Impfung in Analogie zum D-Day. Die historische Dimension dieses Ereignisses ist damit wohl klar zum Ausdruck gebracht.
Aber statt in das kollektive Aufatmen einzusteigen, zeichnet die AfD das Zerrbild einer Impfdiktatur und malt einen nur für sie sichtbaren Teufel an die Wand.
Es wird eine Herkulesaufgabe sein, alle vulnerablen Gruppen und systemrelevanten Berufe möglichst zeitnah zu impfen,
damit wir endlich in Richtung Normalität schreiten können. Diese Aussicht auf ein Leben wie vor der Pandemie im Frühjahr und Sommer des nächsten Jahres, das ist doch die gegenwärtige Hoffnung, das ist doch das, was die Menschen von uns er
warten. Aber statt Hoffnung schüren Sie mal wieder Ängste. Das kennt man ja.
Den Immunitätsnachweis, den Minister Spahn im Frühjahr im Rahmen des zweiten Bevölkerungsschutzgesetzes ins Spiel gebracht hat, haben wir GRÜNEN immer und sehr klar kritisiert, nicht nur wir. Daher war dieses Vorhaben auch relativ schnell vom Tisch.
Bezüglich einer Impfpflicht formuliert Minister Spahn jetzt sehr eindeutig und klar - ich zitiere -:
„Ich gebe Ihnen mein Wort: Es wird in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben.“
Auf einem ähnlichen Kurs sind Frankreich, Spanien, Italien oder auch Tschechien. Bundespolitisch und auch in weiten Teilen Europas hat das Thema Impfpflicht bzw. eine Impfpflicht für spezifische Gruppen also kaum Fürsprecher.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Punkt erwähnen, den DIE LINKE in ihrem Antrag zur Kinderarmut angeführt hat. Jetzt ist von der LINKEN kaum noch jemand da. Ich werde es trotzdem ausführen.
DIE LINKE fordert in ihrem Antrag, auch Geringverdienenden gleichermaßen Zugang zur Coronaimpfung einzuräumen. Dazu kann ich in aller Deutlichkeit nur sagen: Niemand, wirklich absolut niemand hat je auch nur angedeutet, dass es eine sozio-ökonomische Differenzierung geben könnte, sollte oder müsste. Nicht einmal Herr Merz hat das getan.
Es ist doch völlig klar, dass in Deutschland alle Menschen gleich sind. In der Impfstrategie ist eindeutig ein Phasenmodell aufgeführt, entwickelt unter Einbeziehung der Ständigen Impfkommission, des deutschen Ethikrates und der Leopoldina. Das zeigt klar auf, nach welchen Kriterien und Prioritäten die Impfungen erfolgen sollen. Einkommensbezogene Kriterien sind dabei Fehlanzeige.
Mir scheint es geradezu infam zu suggerieren, irgendjemand wolle einkommensschwachen Personen die Impfung vorenthalten. Etwa Bewohnerinnen und Bewohner von Obdachlosenunterkünften sind nach derzeitigen Planungen der dritten Risikogruppe zugeordnet mit einem avisierten Impfzeitraum im Sommer 2021.
An dieser Stelle funktioniert unsere Demokratie vorbildhaft. Wir alle sind gleichgestellte Bürgerinnen und Bürger und unser Infektionsrisiko bzw. das Erkrankungsrisiko ist das Einzige, was an dieser Stelle zählt, und nichts weiter.
Man kann sich kaum ausmalen, wie die Situation in Ländern ist, die ein schwächeres Gesundheits
system haben als wir, Länder wie Syrien und Afghanistan, die von Krieg und Gewalt, von Konflikten gebeutelt sind, die davon geprägt sind, dass ihr Gesundheitssystem sowie die gesamte Infrastruktur am Boden liegt.
Diese Länder trifft die Coronapandemie mit voller Härte. Es ist unverantwortlich und unmenschlich, Menschen in der momentanen Situation in solche Länder abzuschieben. Deswegen setzt sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN grundsätzlich für die Aussetzung von Abschiebungen in Drittstaaten ein, mindestens so lange, wie die WHO die Coronapandemie nicht für erledigt erklärt hat.
Insgesamt und zum Abschluss: Bei all den Einschnitten und Einschränkungen, die jetzt erst einmal bis zum 10. Januar bestehen, möchte ich auch darum bitten, dass wir - salopp gesagt - die Kirche im Dorf lassen. In Deutschland und in Sachsen-Anhalt bleiben alle lebensnotwendigen Infrastrukturen funktionsfähig und am Netz.
Jeder und jede kann draußen spazieren gehen, kann Sport treiben, kann sich mit Verwandten treffen, wenn auch in reduzierter Form, und vielleicht sogar einmal ruhige Tage genießen ohne den Stress der letzten Jahre. Gerade Weihnachten sollten wir nicht vergessen, wie gut es die meisten von uns haben, trotz Corona und Shutdown.
Wir brauchen den Shutdown, um die vielen Vernünftigen und Schwachen vor den wenigen Unvernünftigen zu schützen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin tatsächlich dankbar für diese Aktuelle Debatte. In der ganzen Behandlung des Themenbereichs Rundfunkbeitrag, 86 Cent und Medienrechtsänderungsstaatsvertrag sind wir nun ganz klar in die Phase der Legendenbildung für die Geschichtsschreibung eingetreten. Daher sei vorausgeschickt, was mir sehr wichtig ist. Es hat unter den Koalitionsfraktionen keine Einigung in der Sache und keinen Kompromiss gegeben. Das ist ein wesentlicher Punkt, der am Montag in der Staatskanzlei festgestellt und unter der Überschrift „Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind“ der Welt verkündet wurde.
Wir GRÜNE sind uns also in jedem Augenblick treu und in der Haltung klar geblieben. Wir wollten den Staatsvertrag aus formalen und inhaltlichen Gründen, dessen Ratifizierung ein Teil des festgelegten Verfahrens ist, und wir wollten eine offene Abstimmung im Parlament über diesen Staatsvertrag. Wir hätten uns weder an einer Aufforderung beteiligt, den Staatsvertrag zurückzuziehen, noch hätte unsere Ministerin sich daran im Kabinett beteiligt, so meine Vermutung.
Nach der ultimativen Feststellung dessen, was schon wochenlang klar war, dass sich nämlich unter den regierungstragenden Fraktionen die Meinungen diametral gegenüberstehen und dass es keine Mehrheit für irgendeine Position gibt, hat der Ministerpräsident seine Schlussfolgerungen gezogen und seine Handlungen daran ausgerichtet. In der Folge war eine Behandlung des Staatsvertrages im Ausschuss obsolet und eine Abstimmung im Parlament unmöglich, weil keine Vorlage hierher überwiesen werden konnte.
Das ist aus grüner Sicht bitter, zu allererst für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk selbst. Die weiteren Reformen hängen auch davon ab, dass sich nach elf Jahren, in denen es keine Erhöhung des Rundfunkbeitrages gab, in denen dieser sogar einmal gesenkt wurde, Beitragsstabilität darstellt, wie wir das im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
Beitragsstabilität bedeutet nämlich, dass unter anderem Inflationsausgleich und Tarifanpassungen eingepreist werden. Das wurde in den Koalitionsverträgen in drei weiteren Ländern so vereinbart, siehe Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen und Niedersachsen. Alle drei Länder verstehen Beitragsstabilität so, wie es in diesem Lande SPD und GRÜNE tun, und haben dem Staatsvertrag folgerichtig zugestimmt.
Wenn wir den nominell gleichbleibenden Betrag gewollt hätten, dann hätten wir genau das in den Koalitionsvertrag geschrieben.
Dort steht aber eben nicht, der Beitrag soll bei 17,50 € eingefroren werden, sondern darin steht: Beitragsstabilität. Ich hätte mir im Jahr 2016 tatsächlich nicht vorstellen können, dass das Jahre später von der CDU anders interpretiert wird.
Wir GRÜNE stehen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, klar und deutlich, aber nicht kritiklos.
Auch wir sehen Reformnotwendigkeiten und haben uns die ganze Zeit über sehr für deren Bearbeitung eingesetzt. Insbesondere meine Kollegin Frederking hat noch bis zur letzten Minute immer wieder unsere Argumente vorgetragen, immer wieder telefoniert und unsere Ideen ausgebreitet. Ich will folgende Stichworte nennen: Anzahl der Sparten, Größe von Sendeanstalten, Sendekanäle und Doppelstrukturen. Aber man muss in der Debatte auch ehrlich sein. Wenn man diese Reformnotwendigkeiten ernsthaft sieht, muss man diese nicht nur krittelnd benennen, sondern an die Stellen heran, an denen auch
wirklich etwas geändert werden kann. Das ist eben nicht der hier in Rede stehende Staatsvertrag zu den Rundfunkgebühren, sondern das ist ein anderer Staatsvertrag, der den Auftrag und den Inhalt der Sendeanstalten beschreibt.
Es ist mehr als unredlich, den Sendeanstalten vorzuwerfen, jetzt Geld für die Auftragsbearbeitung einzufordern, nachdem wir selber ihnen den Auftrag dazu erteilt haben.
Erst im September haben wir hier in diesem Hohen Hause dem Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland zugestimmt, ohne Debatte. Im Medienbereich gilt, was in anderen allen anderen Lebensbereichen auch gilt: Was man bestellt, muss man auch bezahlen.
Fachpolitikerinnen im Medienbereich sollte bekannt sein, dass die Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, inzwischen als MPK bekannt, im Juni 2020 beschlossen hat - ich zitiere -:
„Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bitten die Rundfunkkommission, spätestens bis zu ihrer Konferenz im Sommer 2022 einen Reformvorschlag vorzulegen. Hierfür sind nach Bedarf die KEF, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie externe Sachverständige einzubeziehen.“
Grüne Vorschläge sind bekannt. Die CDU hat die Latte für Änderungen sehr hoch gehängt. Ich bin gespannt.
Was noch zur Ehrlichkeit bzw. zur Unehrlichkeit in der Debatte gehört - das hatte der Kollege Gebhardt eingebracht und auch deswegen will ich noch einmal darauf eingehen -, ist die Frage der zu hohen Intendantengehälter. Das war ein wesentlicher Punkt in der Argumentation der Kollegen der CDU.
Ja, auch ich finde, diese Intendantengehälter sind zu hoch. Aber, Herr Bommersbach, dann müssen Sie sich einmal mit Ihren Leuten auseinandersetzen. Wir verhandeln ja parallel über den MDRStaatsvertrag. Dabei haben alle drei beteiligten grünen Landtagsfraktionen - in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt - in Einigkeit den Vorschlag gemacht, in diesem Staatsvertrag die Intendantengehälter zu deckeln. Raten Sie einmal, wer das abgelehnt hat? - Das wird Sie sehr traurig machen; das war nämlich die CDU-Seite.
Und wo stehen wir jetzt? - Das ist unehrlich.
- Doch. Wo stehen wir jetzt?
Der interne Machtkampf in der CDU ist offen ausgebrochen und hat nicht nur der CDU in SachsenAnhalt, sondern der CDU bundesweit Schaden zugefügt. Dem Land ist Schaden entstanden, mindestens im Image.
Wir stehen bundesweit isoliert da, nachdem alle anderen 15 Bundesländer einen gemeinsam ausgehandelten Vertrag unterschrieben und ratifiziert haben, wie es eben der allgemeine Weg ist.
Man mag es komisch finden, dass die Parlamente bei Staatsverträgen lediglich eine Notarfunktion wahrnehmen - auch ich finde das überdenkenswert -, aber dann muss man das Verfahren ändern,
und zwar bevor es in Gang gesetzt wurde.
Der Ministerpräsident hat den Vertrag unterschrieben, obwohl er wusste, dass es im Landtag keine Mehrheit gibt, obwohl er wusste, dass ihm die eigene Fraktion nicht folgen würde. Ich weiß nicht, worin genau die Hoffnung bestand, aber mit der Unterschrift wurde ein Zug aufs Gleis gesetzt, der von 15 Ländern angeschoben wurde. Nur die CDU in Sachsen-Anhalt hat sich wie ein trotziges Kind auf das Gleis gesetzt, und zwar vor den Zug.
Das wird uns noch lange nachhängen. Das Scheitern des Staatsvertrages hat direkte Auswirkungen auf die Sendeanstalten, insbesondere auf den MDR. Dieser steckt mitten in einem Reformprozess; insbesondere die Digitalisierung und Barrierefreiheit müssen gemeistert werden.
In den vier Jahren rund 165 Millionen € einsparen zu müssen - das entspricht im Gegenwert dem Betrieb des Landesfunkhauses Sachsen-Anhalt -, ist verheerend. Der MDR als mitteldeutsches Medienhaus ist schon jetzt schlank und sparsam aufgestellt. Wenn die Beitragserhöhung nicht kommt, wird gerade der MDR mit seiner regionalen Verankerung und Berichterstattung über Ostdeutschland überproportional hart betroffen sein. Eine starke und vielfältige Stimme des Ostens wird leiser; der MDR wird beschädigt. Ich halte das für katastrophal.
Es hat aber auch verheerende Auswirkungen auf dem Medienstandort Sachsen-Anhalt und das Kulturcluster rund um Halle. In den vergangenen zehn Jahren wurde eine kleine, aber vitale und
prägende Filmproduktionslandschaft geschaffen. Es ist kaum abzusehen, welche Folgen sich für diese ergeben werden. Viele Aufträge werden wegfallen. Die Landesmedienanstalt wird den Gürtel enger schnallen müssen.
Dieses Manöver der CDU lenkt von der eigentlichen Aufgabe der Politik ab, nämlich substanzielle Reformen bei Auftrag und Struktur der öffentlich-rechtlichen Anstalten auf den Weg zu bringen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nach dem Zweiten Weltkrieg mit Bedacht in seiner jetzigen unabhängigen Struktur und Finanzierung gegründet worden. Nach dem Vorbild der BBC soll er faktenbasierten, unabhängigen Journalismus garantieren. In keiner Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg brauchen wir diesen faktenbasierten, unabhängigen Journalismus so nötig wie heute, in Zeiten von Fake News und Coronaleugnern.
Ich kann nur hoffen, dass auch in diesem Fall unabhängige Gerichte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schützen werden. Eilanträge, Klagen, Verfassungsbeschwerden sind auf dem Weg.
Das Programm scheint auch nicht am Publikum vorbeizugehen. Am 7. November haben 15,4 Millionen die „Tagesschau“ eingeschaltet; das entspricht einem Marktanteil von 45,5 %. Etliche blieben dabei; 6,1 Millionen Zuschauer haben danach den Samstagsfilm „Die Diplomatin“ gesehen; das entspricht einem Marktanteil von 18,6 %.
Interessant ist auch, dass sich die Menschen gerade bei den Öffentlich-rechtlichen über die Wahlniederlage des US-amerikanischen Präsidenten informiert haben, der unabhängige Medien ständig als Fake-News-Betreiber diskreditierte.
Ich kann nur hoffen, dass einige in der CDU endlich aufwachen und sehen, dass das Bedienen der Narrative der Rechten immer nur den Rechten hilft.
Kurzsichtigkeit und Eigeninteresse bringen die Demokratie ins Wanken. Das werden wir GRÜNE nicht zulassen.
Die Gerichte werden die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunk schützen. Wir schützen die Demokratie und werden weiterhin der Stabilitätsanker der Kenia-Koalition sein und der Stachel im Fleisch all derer, die sich etwas anderes in diesem Lande wünschen.
Ich werde eine Antwort finden.
Ich kann Abstimmungsverhältnisse in lokalen Stadträten nicht darstellen. Das ist mir schlicht und ergreifend nicht bekannt. Ich weiß, dass Herr Striegel als überparteilicher Stadtratsvorsitzender dort einen sehr guten Job macht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Kernanliegen des in Rede stehenden Gesetzentwurfes ist absolut geboten. Die gesetzlichen Krankenversicherungen gilt es im Zuge der Coronapandemie finanziell zu unterstützen. Schließlich wird von einem Defizit im kommenden Jahr von etwa 16 Milliarden € ausgegangen. Man bekommt schnell Zustimmung dafür, dieses Defizit auszugleichen.
Aber wie immer ist es eine politisch heikle Frage: Auf welche Schultern verteile ich die finanzielle Last? - Die Antwort der Bundesregierung: Das Defizit soll durch einen Bundeszuschuss in Höhe von 5 Milliarden €, durch die Teilauflösung von Rücklagen der Kassen und durch höhere Zusatzbeiträge der Versicherten abgefedert werden. Diese geplante Finanzierung verursacht die große Unwucht des Gesetzes.
Warum sollten die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung dieses Defizit größtenteils tragen, frage ich mich. Aus grüner Sicht stellt sich etwa die Frage: Was ist zum Beispiel mit den privat Versicherten? - Entsprechend waren sich die Länder einig, dass sich der Anteil des Bundes deutlich erhöhen muss. Im besten Fall sollte dieser statt 5 Milliarden € gleich 11 Milliarden € übernehmen. Das ist sicherlich eine Maximalforderung, die DIE LINKE natürlich dankbar aufgreift. Aber sie zeigt zumindest die deutliche Luft nach oben, die in Sachen Bundeszuschuss existiert.
Weitere Punkte des Gesetzentwurfs begrüße ich durchaus, etwa die Erhöhung von Personalkapazitäten in der Geburtshilfe, die Schaffung von 20 000 zusätzlichen Stellen für die Pflegehilfskräfte sowie die geplante Einbeziehung der Kinder- und Jugendmedizin in die zusätzliche Finanzierung für bedarfsnotwendige Krankenhäuser im ländlichen Raum. Einen Sicherstellungszuschlag kann ich für unser Land nur absolut begrüßen.
Aber trotz dieser inhaltlich auch guten Ansätze würden wir GRÜNEN die Anrufung des Vermittlungsausschusses, wie von Brandenburg initiiert, wollen. Wie zu hören ist, wird es vonseiten des Bundes wohl noch ein verbessertes Finanzierungsangebot geben. Über die freie Hand hat die Ministerin bereits informiert.
Da also noch Verhandlungsspielraum besteht, haben die Verhandlungsführer für Sachsen-Anhalt im Bundesrat dieses Mandat, das in Aussicht stehende Angebot des Bundes im Vorfeld der Bundesratssitzung zu verhandeln. Dann wird sich zeigen, ob der Vermittlungsausschuss noch nottut. Ich denke, es dürfte allen daran gelegen sein, das Gesetz möglichst zügig zu beschließen. Schließlich sieht das Gesetz auch eine Verlängerung der coronabezogenen Schutzschirm- und Ausgleichsleistungen für Leistungserbringer vor, die ansonsten Ende des Jahres auslaufen, und das wird keiner wollen.
Es kann im Grunde genommen nur das Ziel sein, hierbei also schnell vorwärts zu kommen. Daher setze ich auf ein weiteres Entgegenkommen des Bundes und unterstütze natürlich auch die Initiative der grünen Gesundheitsministerin in Brandenburg, diesbezüglich den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wie ich weiß, gibt es einige unter Ihnen, die sich heutzutage große Sorgen machen, ihre Kinder in den Wald zu lassen - nicht wegen der Wildschweine, was ich, ehrlich gesagt, gut verstehen würde, sondern wegen des Wolfes. Ich sage Ihnen: Ich hätte viel mehr Angst und ich habe viel mehr Angst, Kinder auf unsere Straßen und Fußwege zu lassen.
Im letzten Jahr hatten wir fast 3 000 Unfälle mit Beteiligung von Radfahrenden zu beklagen. In über 2 000 Fällen gab es dabei Verletzungen, 15 Menschen sind tödlich verunglückt, als sie auf dem Rad unterwegs waren.
Auch wenn sich die Zahlen der Verunglückten in den letzten Jahren wenigstens stabilisiert haben, bleibt Radfahren gefährlich. Die Sicherheit von Radfahrenden bleibt prekär.
Anfang des Monats berichtete der MDR über Radwege, die plötzlich im Nichts enden, wie zum Beispiel im Salzatal oder in Bennstedt. Aber eigentlich enden sie nicht im Nichts, sondern sie hören schlicht und ergreifend an der Kreisgrenze auf. Stellen Sie sich das einmal für Autofahrerinnen oder Autofahrer vor. Die rollern gemütlich über die Straße, plötzlich ist die Straße weg und sie hoppeln über den Feldweg, sie hoppeln über ein Feld, in der Hoffnung, dass alles gutgeht und dass es schadensfrei enden wird. Genau so ist die Situation für Tausende von Radfahrenden täglich im Land Sachsen-Anhalt; nicht zu reden von den vielen Menschen, die erst gar nicht aufs Rad steigen, weil es zu gefährlich ist.
Nun kam letzte Woche die Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir, wie das Geld für den Radverkehr im Haushalt abfließt. Ganz ehrlich: Diese Antwort hat nur noch mehr Fragen produziert. Der aktuelle Koalitionsvertrag gibt sehr ambitionierte Ziele vor, für die Verkehrssicherheit, aber auch für den Klimaschutz. Doch bei mir hat sich insgesamt der Eindruck verfestigt, dass man im Verkehrsministerium nur das tut, was eben unmissverständlich und unvermeidbar von ihnen verlangt wird.
Wenn also beispielsweise im Koalitionsvertrag ein genauer Prozentsatz steht - hier von 8 % -, wie hoch die Mittel für den Radwegebau an Landesstraßen sein sollen, dann wird genau diese Summe eingestellt. Ob die Mittel dann auch wirklich verbaut werden, scheint niemanden zu interessieren. Dabei täte das not. An vielen Stellen ist es in diesem Land lebensgefährlich, als Radfahrender unterwegs zu sein, weil entweder gar kein Radweg vorhanden ist, dieser Radweg in einem sehr schlechten Zustand oder unbeleuchtet ist.
Besonders in diesen Coronazeiten würden viele Eltern ihre Kinder, da die Busse meistens überfüllt sind und es infektionsschutztechnisch bedenklich ist, gern mit dem Fahrrad in die Schule schicken. Aber unter diesen Umständen ist die größere Gefahr, das Kind auf das Fahrrad zu setzen.
Es lohnt sich, kreativ zu sein, auszutesten oder mindestens nachzumachen, was andere Bundesländer uns vorbauen, zum Beispiel bewegungssensitive Lampen an Radwegen, die von Schülerinnen und Schülern genutzt werden. Man könnte Parkhäuser bauen, Protected Bike Lanes schaffen, um den Bereich der Radfahrenden vom fließenden Autoverkehr zu trennen.
Um dies zu ermöglichen, gibt es den schönen Haushaltstopf „Modellprojekte“. In der Gesamtschau des Verkehrsetats ist dieser in Höhe von
300 000 € eher schmal ausgestattet, aber es hätte ein Anfang sein können.
Doch was lese ich in der Antwort auf meine Kleine Anfrage: Der Fördertopf ist zur Spardose mutiert. Er bleibt im zweiten Jahr unangetastet. Dabei brauchen wir positive Beispiele, um insbesondere auch die Kommunen zu animieren, sich zu engagieren; denn in der Kommune vor Ort fängt jede Radfahrerkarriere an.
Wenn wir es nicht schaffen, den Kindern und erster Linie natürlich auch den Eltern nicht nur eine gefühlte, sondern eine tatsächliche Sicherheit im Radverkehr zu verschaffen, werden diese jungen Menschen später als Erwachsene niemals auf das Rad steigen, und sie werden das schon gar nicht ihren Kindern zumuten. Das muss anders werden. Radfahren muss eine völlig normale, gleichgestellte Art der Fortbewegung sein.
Rein rechtlich ist das so, wenn man in die Straßenverkehrsordnung schaut - dazu hat Kollege Büttner ausnahmsweise einmal völlig Recht; das ist so -, aber es ist nicht so, wenn ich in die Augen von ängstlichen Kindern und besorgten Müttern schaue. Die haben nämlich die Realität vor Augen, und diese sieht anders aus als die Theorie der Straßenverkehrsordnung. Da nützt es auch nichts, wenn wir das Geld der Landesverkehrswacht respektive der Jugendverkehrsschulen verdoppeln, was - damit ich nicht falsch verstanden werde - wirklich gut, richtig und wichtig war; dafür habe ich mich auch sehr eingesetzt, aber das ist eben nur ein Baustein.
Wir müssen in unserem Land eine Situation schaffen, dass Alltagsradverkehr adäquat zum Autoverkehr behandelt wird, und zwar auch bei der Mittelverteilung und beim Mittelabfluss. Ein guter Weg dafür könnte das Landesradwegenetz sein, das derzeit erarbeitet wird. Es wird nämlich in sinnvoller Weise über das gesamte Land hinweg geplant, unabhängig von den Zuständigkeiten und verschiedenen Baulastträgern. Das ist ein geradezu revolutionärer Ansatz angesichts der bisherigen strikten Trennung.
Ich kann Ihnen sagen: Jede Radfahrerin und jeder Radfahrer in diesem Land wird es uns danken, wenn das tatsächlich bis zum Ende durchgezogen wird. Es wäre ein echter Segen, wenn man nicht mehr am baulichen Untergrund spüren würde, wo die eine kreisfreie Stadt aufhört und der nächste Landkreis beginnt.
Meine Fraktion zeigt auf dem Twitter-Account ein Beispiel, bei dem man sich anschauen kann, wie man in diesem Land derzeit von Delle zu Delle holpert. Hier muss die Planung aus einer Hand vorangetrieben und auch für deren Umsetzung
gesorgt werden. Mir ist klar, dass bei den Kommunen oft nicht nur der politische Wille nicht vorhanden ist, sondern es fehlt auch an Planungskapazitäten oder am Geld. Abseits des kommunalen Investitionsprogramms, des sogenannten KIP, braucht es wieder zweckgebundene Gelder für den kommunalen Radwegebau.
Wir müssen als Land unsere Gesamtverantwortung auch stärker wahrnehmen. Es ist gut, dass wir die Landesradwegekoordinatorin haben. Zu Recht haben wir GRÜNE beim Koalitionsvertrag sehr dafür gestritten. Aber man kann oder, deutlicher gesagt, man darf den Bereich Radverkehr nicht zu einer One Woman Show machen. Es sind so viele Aufgaben, die wir zu bewältigen haben - das kann nicht eine Frau allein leisten.
Eine strategische Planung und die Aufstockung der finanziellen Mittel waren ein erster Schritt. Es muss aber weitergehen. Dazu gehört, dass wir die Planungskapazitäten erhöhen müssen. Weder beim Landesstraßenbaubetrieb noch in den kommunalen Behörden haben wir genug Planerinnen und Planer für den Bereich Radverkehr.
Dazu passend ist es dem Land Sachsen-Anhalt nicht gelungen, eine der sieben Stiftungsprofessuren für den Bereich Radverkehr vom Bund ins Land zu holen. Das wäre eine gute und großartige Chance gewesen, Nachwuchs selbst heranzuziehen. Es braucht eine empathische Steuerung des Bereichs Radverkehr, um vorrangig mehr Verkehrssicherheit zu schaffen und den Klimaschutz voranzutreiben.
Auch an dem folgenden Beispiel wird deutlich, dass der Verkehrsminister bei dem Thema Radverkehr unambitioniert vorgeht. Es gibt die schöne Richtlinie, die sicherlich allen hier im Hohen Hause bekannt ist: Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung nachhaltiger Mobilität, Radverkehrsanlagen und Infrastruktur. Diese Richtlinie gibt es seit 2014.
Laut meiner Kleinen Anfrage war diese Richtlinie in den Jahren 2014, 2015 und 2016 mit 0 € dotiert. In den Jahren 2017 und 2018 gab es Geld, aber das ist nicht abgeflossen. Erst nach einer Überarbeitung der Richtlinie im Jahr 2019 ist das so ein bisschen in Gang gekommen. Das finde ich als Gesamtvorgang doch in höchstem Maße irritierend. Aber wir haben im letzten Plenum schon gelernt: Nach der Logik des Verkehrsministeriums ist das alles in Ordnung. Damals ging es um die Richtlinie zu barrierefreien Haltestellen. Damals sind wir belehrt worden, dass es nicht Aufgabe des Hauses sei, für die Inanspruchnahme einer Richtlinie zu sorgen.
Dazu muss ich sagen: Das sehe ich deutlich anders. Das zuständige Haus ist auch dafür verant
wortlich. Es muss mit geeigneten Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit dafür sorgen, dass eine Richtlinie bekannt wird und dass das Geld abfließt.
Dass das gelingen kann, sieht man am Beispiel der Lastenräder. Dafür haben wir als grüne Fraktion uns stark eingesetzt. Wir haben es dann auch als unsere Aufgabe angesehen, das Förderprogramm bekannt zu machen. Wir alle wissen, dass das Geld nach drei Wochen ausgeschöpft war.
Ich muss also bilanzieren: Der MDR-Bericht und zahlreiche Erfahrungsberichte leidgeprüfter Radfahrender, die Abwehrkämpfe zahlreicher Eltern sind leider berechtigt. Das Radfahren ist gefährlich und zwingt viele ins Auto. Das ist schlecht für die Menschen und für das Klima und gehört dringend geändert. Deswegen müssen wir an die positiven Pflänzchen dieser Legislaturperiode anknüpfen: Radverkehrskoordinatoren, Förderprogramm „Lastenrad“, neuartige Landesradnetzplanung, Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher
Kommunen mit eigenem Budget.
Die grüne Saat muss weitergetragen und ausgebaut werden, damit Kinder, Familien, Pendlerinnen und Pendler mit Lastenrädern künftig auf gut ausgebauten Radwegen durch Sachsen-Anhalt düsen können. Das muss politisches Ziel in diesem Land werden. - Vielen Dank.
Ich weiß, dass Sie nicht auf Twitter unterwegs sind - -
Sehr gern. Dass wir uns verstehen, ist mir ein Herzensanliegen. - Ich weiß, dass Sie nicht auf
Twitter unterwegs sind. Deswegen frage ich, ob Ihnen bewusst ist, dass wir auf Twitter nach Bildbeispielen von schlechten Radwegen gefragt haben. Woher Sie jetzt wissen, dass es nur drei sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Es sind nämlich tatsächlich deutlich mehr. Das ist auf Twitter aber noch nicht zu sehen.
Sehr geehrte Damen und Herren! In Quedlinburg regt sich berechtigterweise Protest gegen die Schließungsabsichten bezüglich der Geburtshilfe und der Kinderklinik. Ganz vorn dabei der Stadtrat samt entsprechender Resolution, und auch die dortigen GRÜNEN positionieren sich als Kreistagsfraktion eindeutig, dies auch öffentlich durch die Organisation und Anmeldung einer entsprechenden Kundgebung. Denn gerade eine Geburtsstation gehört zum Kern einer medizinischen Grundversorgung. Diese Grundversorgung gilt es ohne Wenn und Aber auch in der Fläche zu sichern.
Daher braucht es natürlich weiterhin die Möglichkeit, in Quedlinburg zu entbinden. Der Einzugsbereich der jetzigen Geburtsstation mit etwa 500 Geburten im Jahr ist im Übrigen auch viel zu groß, um alle werdenden Eltern in Zukunft nach Wernigerode fahren zu lassen.
In Ballenstedt sieht es etwas anders aus. Eine Lungenklinik gehört für mich nicht integral zu einer Grundversorgung. Ich denke, in diesem Fall macht eine Spezialisierung an einem Standort des Klinikums durchaus Sinn, zumindest prinzipiell. Es gab, soweit mir bekannt ist, auch schon Planungen, die Pneumologie aus Wernigerode nach Ballenstedt zu verlegen und dort die Leistungen zu konzentrieren. An welchem Standort auch immer die Konzentration dann erfolgen sollte: Für eine Einrichtung heißt das zwangsläufig, dass sie umziehen muss. Dass das nicht allen gefällt, liegt auf der Hand. Aber eine Konzentration von Leistungsangeboten halte ich prinzipiell für den richtigen Ansatz.
Ob und wie dieser Ansatz vor Ort tragfähig ist, müssen die direkt Verantwortlichen jeweils aushandeln und konzipieren. Aus der Ferne ist es schwer, das konkret einzuschätzen. Aber man kann es sich auch leicht machen und immer plump und simpel fordern: Alles soll so bleiben, wie es ist. Die schlichte AfD-Welt kennt nur Standortschließungen oder den Erhalt des Gegebenen. Ein konstruktiver Dialog über neue Strukturen, über neue Leistungsformen liegt Ihnen anscheinend nicht so.
Das war bereits in der Debatte um das Klinikum Gardelegen zu hören. Dabei produzieren der medizinische Fortschritt, die Alterung der Bevölkerung, das Sinken der Bevölkerungszahl und auch ein neues Berufsverständnis der jungen Generation von Ärztinnen und Ärzten eben auf vielen Ebenen Handlungsdruck.
Wir GRÜNEN wollen diese Krise der gegebenen Strukturen produktiv nutzen: zum Wohle der Patienten, zur Qualitätssteigerung in der Versorgung und um endlich alte Zöpfe wie die betonierte Sektorentrennung und die Degradierung der Pflege- und Gesundheitsberufe abzuschneiden. Das sind unsere Ansinnen und unser Politikverständnis.
Ihren Antrag werden wir überweisen. Schließlich steht im Sozialausschuss, wie Sie wissen, eine umfassende Beschlussempfehlung zum Bereich der Krankenhäuser an. Auch für diesen Antrag gilt: Letztlich spielt dafür die Musik in der entsprechenden Enquete-Kommission; auch das will ich hier nicht verhehlen. Eine Oppositionsfraktion kann hier natürlich immer zusätzlich Anträge stellen. Aber ich denke, wir dürfen nicht vergessen,
dass wir sowohl im Sozialausschuss als auch im Bereich der Enquete-Kommission umfangreiche Antragsverfahren laufen haben. Darin sind auch diese beiden Standorte einzubeziehen.
Vielen Dank dafür. - Gerade der letzte Redebeitrag hat gezeigt, dass der Antrag, über den wir zu beraten haben, nichts mit der Sachlage zu tun hat; denn es ging in der Anhörung darum, nicht ein Konzept für eine einzelne Fähre, für einen einzelnen Fährbetreiber und nicht einen einzelnen Fährträger zu haben, sondern ein Konzept für alle landesbedeutsamen Fähren zu verhandeln. Wir mussten - ich bin diesbezüglich bei einigen Kollegen, die das geäußert haben - tatsächlich feststellen, dass diejenigen, die Fähren in diesem Land betreiben, das so nicht wollen. Es waren Abstufungen von „Wir wollen für alles 100 % Geld, wollen aber die Trägerschaft behalten und somit die Ausrichtung bestimmen können“ bis hin zu Teilen davon.
Der Witz an der Sache ist, dass gerade die Bürgermeisterin der Fähre, die hier in Rede steht - von dieser ist das vorgetragen worden -, das alles nicht wollte. Sie wollte maximal einen Zuschuss haben. Sie hat uns erklärt, dass sie sich gerade mit den Gemeinden und dem Kreis in einem produktiven Gesprächszusammenhang - hier steht es - befindet, um die Fähre nachhaltig und langfristig gemeinsam zu sichern - das hat auch die Stellungnahme des Jerichower Landes bestätigt -, und die Beteiligten gemeinsam ein tragfähiges Konzept auf den Weg bringen wollen. Sie hat sich lediglich für eine Flexibilisierung des Zuschusses eingesetzt.
Also frage ich mich, was es soll, dass Sie jetzt willkürlich Haushaltsreste zusammentragen und der Gemeinde etwas antragen, was die Gemeinde so nie gewollt hat. Das kann ich tatsächlich nur als einseitig und populistisch abtun. Das ist etwas, wofür wir nicht zur Verfügung stehen. Wir werden uns - das ist, denke ich, für diese Legislaturperiode nicht mehr zu leisten - in unserem Wahlprogramm dazu äußern, wie wir insgesamt mit den landesbedeutsamen Fähren weiter umgehen werden. - Danke.
Ich will versuchen, mich kurz zu fassen. - Ehrlich gesagt, wusste ich nicht so richtig, was ich von dem Antrag halten soll; denn tatsächlich ging es mir ein wenig wie den Vorrednern. Wir haben eine Enquete-Kommission, die Sie initiiert haben und in der wir uns wirklich lang und breit und redundant immer wieder mit den gleichen Themen beschäftigen. Dabei ist dieses Zentrum immer wieder einmal Gegenstand der Betrachtungen: Wie sollte man es ausweiten? Die Universitätsklinik Halle hat eine Vorlage erarbeitet, die Krankenkassen haben Vorlagen erarbeiten. Die Fraktionen haben Ideen zur Digitalisierung mit dem Landeskompetenzzentrum vorgelegt.
Ich finde es schade, dass Sie das jetzt aus der Fachlichkeit der Enquete-Kommission, bei der wir die Chance haben, dazu etwas im Abschlussbericht zu beschreiben, heraus und hier in den politischen Raum geholt haben. Es ist seit Jahren bekannt, dass das nicht immer hilfreich ist, wenn man wirklich etwas Fachliches erreichen will.
Ich glaube, Sie haben damit die Chance verpasst, an dieser Stelle etwas Sinnvolles auf den Weg zu bringen. Ich sehe eher der nächsten Legislaturperiode entgegen, in der sich aus den einzelnen Wahlprogrammen Positionierungen dazu ergeben werden. Aber so wird es jetzt nichts mehr.
Dieses Zweigleisigfahren - uns auf der einen Seite in der Enquete-Kommission immer wieder die Zeit zu stehlen und fachlich irgendwie auftrumpfen zu wollen, aber hier auf der anderen Seite dann politisch zu agieren und alles zu zerreden, nur um zu sagen: „Wir haben es eingebracht, aber Sie haben es nicht gewollt“ - finde ich echt schwierig.
Ich will das noch einmal klarstellen. Ich habe gesagt: Sie stehlen uns die Zeit,
indem Sie dieses Kompetenzzentrum aus der Fachlichkeit der Enquete-Kommission herausholen, hier einen Antrag präsentieren, von dem Sie wissen, dass er zerredet wird, anstatt uns die Chance zu geben - - Wir haben uns wirklich ernsthaft bemüht. Die Kollegin ist zum Glück nach mir dran und wird vermutlich auch bestätigen können, dass wir uns ernsthaft immer wieder mit dem Abschlussbericht beschäftigen, dass wir dazu Vorschläge machen und dass wir das dort aufnehmen wollen.
Ich will jetzt nicht prognostizieren, wie das am Ende mit einer gemeinsamen Einigung nach dieser Debatte heute hier ausgeht. Das ist im Endeffekt gestohlene Zeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Für mich zentral ist der Antrag der koalitionstragenden Fraktionen - nicht weil er von uns kommt, sondern weil er tatsächlich am konkretesten ist und den Kommunen sachgerechtes Handeln ermöglicht, so sie es denn wollen.
Niemand wird gezwungen, alles ins Internet zu verlegen. Auch das muss vor Ort nach Kenntnis der Lage, nach Größe des Rates und nach den Gegebenheiten, wie sie sich räumlich darstellen, entschieden werden.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist in diesem Zusammenhang allerdings auch klar: Die Kommunen bilden das Land Sachsen-Anhalt. Wenn wir für die kommunale Ebene die pandemische Lage ausrufen, müssen wir im nächsten Schritt auch etwas zur Landesebene sagen.
Dazu erinnere ich an die Vorschläge, die ich bereits in der Sondersitzung machen durfte, dass wir nämlich davon ausgehen, dass es richtig und notwendig ist, das Parlament regelmäßig über die Verordnungen, über den Stand der Umsetzung der Verordnungen, über Fachverordnungen etc. hier in diesem Hohen Hause zu informieren. Die Fragestunde - das haben wir heute wieder erlebt - reicht dafür nicht aus; denn sobald das Thema Corona aufgerufen wird, ist jegliche Möglichkeit verstrichen, noch andere Fragen zu stellen.
Das heißt, wir brauchen einen regelmäßigen Tagesordnungspunkt, ob man das jetzt „Aktuelle Stunde Corona“, „Information“ oder wie auch immer nennt. Wir brauchen einen regelmäßigen Tagesordnungspunkt, der die Information und die Fragestellung seitens des Parlaments, des gewählten Souveräns, ermöglicht.
Außerdem brauchen wir eine strukturierte Parlamentsbeteiligung. Wir haben es uns wahr
scheinlich alle im Frühjahr nicht vorstellen wollen, wie lange und intensiv uns dieses Virus begleitet, auch im nächsten Kalenderjahr. Wir gehen davon aus, dass es nicht sein kann, dass Grundrechtseinschränkungen über eine derart lange Dauer nur mittels Verordnungen stattfinden.
In allen anderen ostdeutschen Bundesländern gibt es sehr konkrete Bestrebungen, über ein Parlamentsbeteiligungsgesetz eine Möglichkeit des detaillierten Widerspruchs einzuziehen. In Brandenburg wird das im Dezember im Parlament verhandelt werden. In Sachsen und in allen anderen Bundesländern gibt es dazu Gespräche. Bei uns ist es ein bisschen schleppend angelaufen, aber auch die Koalitionspartner haben sich jetzt bereit erklärt, darüber zu reden und mit uns über einen GRÜNEN-Entwurf für ein Parlamentsbeteiligungsgesetz in Austausch zu treten. Das begrüße ich ausdrücklich.
Ich finde es auch richtig und notwendig, dass wir, um eine bessere Vorsorge für unser Verfassungsorgan in Zeiten von Pandemien, aber auch in Zeiten von anderen Katastrophenszenarien, die denkbar sind, zu treffen, über ein Notparlament - das hat sich als Arbeitsbegriff bei uns eingespielt - reden, über Regelungen, wie wir in solchen Zeiten sachgerecht tagen und als Parlament infektionsschutzmäßig Vorbild sind.
Wir sind bundesweit das einzige Parlament, das so tut, als ob nichts wäre, das genauso hier sitzt wie vor einem Jahr. Alle anderen tagen in Stadien, tagen mit 20 % Beteiligung etc. Ich glaube, auch hier müssen wir noch deutlich mehr tun und müssen deutlich besser werden.
Ganz kurz zum Antrag der AfD-Fraktion. In Punkt 1 wird von einer mittelschweren Grippe gesprochen. Nach Punkt 2 soll es dann doch besondere Schutzkonzepte für betroffene Risikogruppen geben. Ich bin mir nicht sicher, was Sie wollen. Der Unterschied zwischen Infizierten und Erkrankten kommt in keiner Weise vor. Der Beitrag des Herrn Farle hat das Ganze auch nicht einfacher gemacht.
Aber nach allem, was ich gestern in Berlin gesehen habe, zeigen die Äußerungen und Kommentierungen der gestrigen Ereignisse dort ganz deutlich, dass die AfD gar nicht gewillt ist, sich mit der Pandemie auseinanderzusetzen, und dass es der AfD gar nicht um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung geht. Vielmehr geht es darum,
die Ängste mancher Menschen auszunutzen, um Angriffe auf Verfassungsorgane, auf gewählte Abgeordnete, auf ihre Mitarbeiter und dergleichen zu leisten
und dass sie sich nicht scheut, Menschen, die Sorgen haben, die mit ihren Kindern auf der Straße sind, einzubeziehen. Das hat mich, ehrlich gesagt, erschüttert. Das zeigt mir, dass jegliche sachliche und fachgerechte Diskussion mit Ihnen darüber obsolet ist.
Bezüglich der langfristigen Strategien setze ich einen anderen Schwerpunkt, als die Kollegin Pähle es getan hat. Ich glaube, wir brauchen beides. Ich glaube, wir müssen auf Sicht fahren und Ad-hoc-Entscheidungen treffen. Dazu ist die Exekutive da. Aber wir brauchen auch - dafür ist der Bildungsbereich exemplarisch - langfristige Strategien, wie wir mit solchen pandemischen Lagen umgehen.
Ich kann es nicht akzeptieren, dass man immer sagt: Wir gucken mal, wir gucken mal. - Dass man das Max-Planck-Institut als nicht sach- und fachgerechte Institution diskreditiert, das hat mich vorhin ein bisschen geärgert.
Ich glaube, es gibt genug Expertise. Man muss sie nur anwenden und man braucht einen Plan, wie man über dieses Schuljahr kommt. Die Vorschläge dazu sind alle gemacht worden. Uns ist überhaupt nicht klar, in welche Richtung der Hybridunterricht gehen soll, Maskenpflicht ja oder nein, Luftreinigungsgeräte in Kombination mit sachgerechtem Lüften.
Zu den anderen Bereichen, und zwar zum Bereich Kultur, über den wir uns große Sorgen machen und für den wir einen klaren Vorschlag haben, wie man dort in den Neustart gehen kann, und zum Bereich Wirtschaft werden dann meine Kolleginnen und Kollegen in den anderen Tagesordnungspunkten ausführen, Herr Präsident.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Corona klang für viele Menschen lange Zeit wie ein böses Märchen aus fernen Ländern. Überfüllte Krankenhäuser in Italien, Frankreich oder Tschechien, Ärzte über ihrer Belastungsgrenze und in der Notwendigkeit zu entscheiden, welchen Patienten behandele ich und welchen nicht. Wer bekommt das Beatmungsbett und wen schiebe ich auf den Flur zum Sterben?
Solche Bilder gab es Gott sei Dank aus Deutschland nicht. Wir sind insgesamt bisher recht gut durch diese größte Herausforderung der letzten Jahrzehnte gekommen.
Die jetzt steigenden Infektionszahlen sind beängstigend, auch in Sachsen-Anhalt. Deshalb ist es notwendig, Kontakte im freiwilligen Bereich so weit einzuschränken, also in der Freizeit, im Sport und in der Familie, dass alle nötigen Kontakte, also Kontakte im Bildungsbereich, in der Schule
und in der Hochschule, sowie für die Arbeit weiterhin möglich sind. Das ist das Leitmotiv der nächsten Wochen.
Wir müssen Maßnahmen ergreifen. Die Erfahrungen zeigen, je früher und je konsequenter gehandelt wird, desto erfolgreicher ist man. Um es klar zu sagen: Die aktuellen Maßnahmen sind richtig, sie kommen eher zu spät als zu früh.
Absolut relevant für uns ist die Aufrechterhaltung der Bildung. Die Schulschließungen im Frühjahr, die nach damaligem Kenntnisstand - und immer das ist entscheidend - richtig waren, haben auch Schaden angerichtet. Jetzt müssen wir es besser wissen und die Schule muss auch unter diesen Bedingungen funktionieren. Das ist die Aufgabe der Stunde, Herr Bildungsminister Tullner.
Wenn ich höre, dass den Schulen der Hybridunterricht vom Landesschulamt untersagt wird, wenn ich höre, dass bei geöffnetem Fenster in Jacken unterrichtet wird, dann ist das für mich erschreckend. Ich frage mich wirklich: Was hat das Landesschulamt und was haben Sie in den letzten sieben Monaten getan?
Die zweite Welle war absehbar. Meine Fraktion hat immer wieder nachgefragt und gedrängt. Jetzt scheinen wir vor den gleichen ungeklärten Fragen zu stehen wie im Frühjahr. Unterricht muss stattfinden. Kinder haben ein Recht auf Bildung.
Deshalb brauchen wir Luftreinigungsgeräte. Wir brauchen mehr Serverkapazitäten, damit die - so wird es mir berichtet - gut geeignete Plattform Moodle überhaupt genutzt werden kann. Wir brauchen eine Breitbandoffensive, damit sie tatsächlich bei allen Endverbraucherinnen und Endverbrauchern überall ankommt. Und wir brauchen landeseinheitliche Hygienekonzepte. Das muss beginnen mit einer Maskenpflicht mindestens auf den Verkehrswegen, also auf Fluren, in Treppenhäusern und auf Schulhöfen.
Kolleginnen und Kollegen! Mögen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus noch so bitter sein, mögen sie auf den ersten Blick in der eigenen Kommune und im eigenen Umfeld nicht in Gänze nachvollziehbar sein - vielleicht noch? -, sie sind insgesamt notwendig und solidarisch. Um aber wirklich in alle Richtungen solidarisch zu sein, ist es essenziell, dass alle - dieses Mal wirklich alle -, die unter den Beschränkungen wirtschaftlich leiden, schnell und unbürokratisch entschädigt werden. Meine Fraktion begrüßt es außerordentlich, dass 75 % des Umsatzes an Ge
werbetreibende, an die Gastro-Branche, an Fitnessstudios und vor allem dieses Mal auch an die Soloselbstständigen erstattet werden.
Es muss sichergestellt werden, dass Kunst- und Kulturschaffende und Theater eine finanzielle Entschädigung erhalten. Wer im November des letzten Jahres keine Einnahmen hatte, für den muss ein Jahresdurchschnitt gebildet werden. Wer im November des letzten Jahres noch nicht am Markt war, für den muss ein Durchschnitt gebildet werden. Hierbei müssen wir Solidarität üben; denn ansonsten verlieren wir das Mittun aller Sachsen-Anhalterinnen und SachsenAnhalter.
Sollte es eine Möglichkeit geben, hierbei mit Landesmitteln zusätzlich zu helfen und eher zu helfen, als, wie ich vermute, das Geld vom Bund kommt, dann bin ich sehr dafür. Meine Fraktion ist dabei an der Seite der SPD. Dann müssen wir hier etwas tun. Ein Härtefallprogramm ist genau der richtige Weg.
Ich vermute ganz stark, dass von den Mitteln in Höhe von 500 Millionen €, die wir im Frühjahr freigegeben haben, um gegen Corona aktiv zu werden, noch nicht alles bis auf die letzte Million ausgegeben worden ist. Hierfür wäre das Geld sehr gut eingesetzt.
Kommunikation ist immer wichtig. Kommunikation ist in diesem Krisenfall wie in jedem Krisenfall ganz besonders wichtig. Wir brauchen daher eine Kampagne, um die notwendigen AHA-Regeln immer wieder zu kommunizieren. Ich stelle fest, dass das eben noch nicht bis zu dem letzten Bürger und zu der letzten Bürgerin durchgedrungen ist. Abstand, Hygiene und Alltagsmasken sind zu kommunizieren, genauso wie das Lüften und die Corona-App.
Die AHA+L+C-Regeln basieren auf dem gegenwärtigen Stand der Forschung. Das Wort „gegenwärtig“ ist hierbei sehr relevant; denn wir alle sind immer noch Lernende im Umgang mit dem Virus und den sich daraus ableitenden Maßnahmen.
Wir im Parlament haben dabei eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Wir müssen Vorbilder sein beim Infektionsschutz. Wir müssen aber auch Vorbild sein, wenn es darum geht, dass man das Notwendige, also die Arbeit, aufrechterhält. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich, dass wir jetzt eine Maskenpflicht hier im Hohen Hause haben. Ich finde es auch richtig, dass wir für unsere eigenen Arbeitsmethoden pandemieangepasste Variationen finden.
Aber etwas, das gar nicht geht, das brandgefährlich und fahrlässig ist, ist Folgendes. Wenn Volks
vertreter dieses Hohen Hauses den Grund für die Einschränkungen infrage stellen, wenn aus den Reihen der AfD Fake News über das Coronavirus verbreitet werden und wenn die grundlegenden Einschätzungen angezweifelt und Lügen verbreitet werden.
Das Gejammer über angeblich unzumutbare Einschränkungen ist auch völlig unangebracht. In den meisten Ländern rund um Deutschland weiß man, was eine Einschränkung ist. Dort gibt es nämlich Ausgangssperren, dort gibt es Besuchsverbote, dort gibt es massivste Einschränkungen von Grundrechten.
Damit sind das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und eine Kontaktreduzierung nicht vergleichbar.
Aus tiefstem Herzen die kleine Zumutung der Coronamaßnahmen mit der DDR-Diktatur gleichzusetzen, verhöhnt die Opfer des damaligen Unrechtsstaates und ist völlig unangemessen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten, brauchen wir demokratische Elemente auch in der Pandemie. Es ist klar, dass dies eine längere Erscheinung ist, dass uns das Virus noch länger begleiten wird. Wir müssen uns auch ganz grundsätzlich besser auf Katastrophenszenarien vorbereiten. Deshalb begrüße ich es sehr, dass nun mehr Fraktionen, mehr Mitglieder dieses Hohen Hauses der Ermöglichung eines Notparlaments offen gegenüberstehen, dass wir dann miteinander ins Gespräch kommen, um auf der Grundlage einer Verfassungsänderung hier die nötige Vorsorge für ein sogenanntes Notparlament zu schaffen. Ich hoffe, dass uns das gelingen wird.
Zurück zur Parlamentsbeteiligung. Das Parlament muss stärker in den Prozess einbezogen werden.
Im Frühjahr standen wir alle vor einer absoluten Ausnahmesituation. Alles musste schnell gehen. Jetzt aber ist klar - ich habe es bereits erwähnt -: Wir müssen länger mit dieser Situation klarkommen. In dieser Zeit darf das Parlament nicht außen vor bleiben. Die Interessen der Volksvertreter und der Beteiligungsanspruch des Parlaments lassen sich auch in diesen schwierigen Zeiten auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 des Grundgesetzes wahren - ausdrücklich - das will ich sagen - die Interessen der Opposition eingeschlossen, als notwendiges Korrektiv in einer parlamentarischen Demokratie.
Ich halte es deshalb für notwendig, eine Einbeziehung des Parlaments festzuschreiben, am besten in einem Parlamentsbeteiligungsgesetz. Dort könnte formuliert werden, dass alle Verordnungen die Zustimmung des Parlaments brauchen. Wird die Zustimmung nicht erteilt, wird der jeweilige Teil der Verordnung nach vier Wochen außer Kraft gesetzt.
Verordnungen zu einzelnen Fachbereichen wie beispielsweise im Bildungsministerium benötigen demnach nicht die Zustimmung des Parlaments, sie müssen diesem aber frühzeitig übersandt werden, sodass der jeweils zuständige Fachausschuss die Möglichkeit hat, sein Veto einzulegen, und dem Parlament gegebenenfalls die Ablehnung empfehlen kann.
Weiterhin würde in einem Parlamentsbeteiligungsgesetz hinterlegt werden können, dass in jeder Sitzungsperiode automatisch eine Aktuelle Stunde zu dem Thema Corona gehalten und somit die Information des Parlaments gesichert ist. Mit diesen Regeln würde sichergestellt, dass die Landesregierung einerseits in Eilfällen nicht daran gehindert ist, schnell zu reagieren, das Parlament andererseits aber ausreichend beteiligt ist. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes für diese Regeln ergibt sich, wie oben bezeichnet, aus Artikel 80 Abs. 4 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 32 des Infektionsschutzgesetzes.
Um die Entscheidungen der Landesregierung auf breitere Füße zu stellen, halten wir GRÜNE - das ist die nächste Anregung - einen Pandemierat für sinnvoll. Dieser sollte sowohl die Landesregierung als auch die Fraktionen beraten. In diesem Pandemierat würden Fachleute aus unterschiedlichen Professionen, Juristinnen, Virologen, Ärzte, Vertreter von Seniorenverbänden, des DEHOGA etc., zusammenkommen. Es wäre ein transparent arbeitendes und fachlich fundiertes Gremium zur Beratung von Landesregierung und Landtag.
Auch die Bevölkerung sollte stärker einbezogen werden. Wir müssen die getroffenen Maßnahmen noch besser kommunizieren. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, dass ich im letzten Plenum die Methode Bürgerrat für SachsenAnhalt angeregt habe. Das lässt sich in Teilen auch auf die Kommunikation der hier besprochenen Maßnahmen übersetzen.
In Baden-Württemberg ist in der letzten Woche beschlossen worden, ein Bürgerforum ins Leben zu rufen. 50 per Losverfahren zusammenkommende Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, mit unterschiedlichen Erfahrungen, mit unterschiedlichen Alltagskompetenzen, mit ihren Ansichten und Meinungen kommen zusammen und beraten über Corona, über die Maßnahmen zu Corona und über die Auswirkungen
von Corona. Ich denke, das kann die Akzeptanz der Maßnahmen deutlich erhöhen und gibt auch den Entscheidern Hinweise darauf, wo gegebenenfalls nachzusteuern ist.
Ich denke, das würde auch Sachsen-Anhalt gut zu Gesicht stehen. Das würde auch mancher skeptischen Argumentation der Bürger den Boden entziehen. Ich glaube, über mehr Information können wir mehr Verständnis erreichen. Nur wenn die Bürger die Maßnahmen verstehen, werden sie sie auch nachvollziehen können.
Meine Damen und Herren! Die Stärke Deutschlands liegt im Föderalismus, der dafür sorgt, dass verschiedene Sichtweisen zusammenkommen
und beachtet werden, um auf der Bundesebene tatsächlich adäquate Antworten zu geben. In unserer Demokratie liegt die Stärke in der Transparenz und in dem Austausch zwischen unterschiedlichen politischen Ebenen und unterschiedlicher politischer Meinungen. Dass dies auch in der Coronakrise gegeben ist, dafür müssen wir die Grundlagen schaffen.
Meine geehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich finde nicht jede Maßnahme bis ins Detail vollständig nachvollziehbar, für mich persönlich, in meiner kleinen Welt. Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht nicht um jede einzelne Maßnahme. Es geht darum, grundsätzlich Kontakte zu minimieren, dort, wo es möglich ist.
Gerade heute wurde in Mecklenburg-Vorpommern eine repräsentative Umfrage veröffentlicht. Dieses Land ist vom Grundsatz her mit uns vergleichbar. Es gibt niedrige Inzidenzzahlen, es ist ein ostdeutsches Bundesland etc. Ein Anteil von 58 % der Bürgerinnen und Bürger spricht sich für die ergriffenen Maßnahmen aus und hält diese für richtig. Weitere 25 % sagen, ich will sogar noch härtere Maßnahmen. Insofern sind wir hier auf einem sehr, sehr guten Weg. Niemand muss Angst davor haben, mit den Bürgern über die beschlossenen Maßnahmen zu kommunizieren.
Entscheidend ist, dass wir in bundesweiter Solidarität handeln. Das finde ich unmittelbar und gänzlich nachvollziehbar. Dass zur Abwendung eines nationalen Gesundheitsnotstandes jeder seinen Beitrag leisten muss und auch wir alles dafür tun müssen, dass auf der Coronalandkarte Deutschland nicht weiter in Richtung Dunkelrot wandert, wie unsere Nachbarländer, muss unser Ziel sein.
Meine drei wesentlichen Anregungen noch einmal zusammengefasst: die Beteiligung des Parlaments auf zu schaffender Grundlage, die Beratung von Landesregierung und Parlament durch einen Pandemierat und die Beteiligung der Bevölkerung über ein Bürgerforum. Das Mögliche
beschränken, um das Nötige zu ermöglichen. Das muss die Richtung sein. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“ - Dieses Zitat von Bärbel Bohley aus dem Jahr 1991 beschreibt anschaulich die Gefühlslage und Ambivalenz vieler Menschen in den neuen Bundesländern nach dem Verfliegen der Euphorie über friedliche Revolution und Mauerfall, über Beitritt respektive Wiedervereinigung.
Dem Hochgefühl des Triumphes über ein diktatorisches System folgten die Mühen der Ebene und der für viele Menschen schwierige Start in einem neuen System. Nach 30 Jahren muss ich feststellen, dass diese Gefühlslage in Teilen der Bevölkerung bis heute nachwirkt.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die demokratische Ordnung des Grundgesetzes und der Rechtsstaat historische Errungenschaften sind. Niemals in der Geschichte Deutschlands haben wir in solcher Freiheit und Sicherheit gelebt. Und doch scheint unser demokratisches Gemeinwesen hier und da etwas angestaubt.
Das Gefühl von Angestaubtheit liegt weniger am Grundgesetz selbst als daran, dass wir die Demokratie nicht ausreichend mit Leben erfüllen. Ich habe das Gefühl, zu viele Menschen nehmen die demokratische Ordnung als etwas Selbstverständliches oder stehen ihr gleichgültig bis hin zur
Ablehnung gegenüber. Hier verlieren wir, hier verliert unser Land viel Potenzial.
Denn die Demokratie lebt von der lebendigen und streitbaren Partizipation ihrer Bürgerinnen und Bürger. Ohne diese Partizipation hat die Demokratie keine Zukunft. Alle Demokratinnen und Demokraten müssen sich fragen, ob wir genug dafür tun, andere Menschen zur Mitarbeit zu bewegen,
ob wir genug dafür tun, Demokratie mit Leben zu erfüllen, und bei aller Notwendigkeit, sie immer wieder neu auszutarieren, ob wir genug dafür tun, elementare demokratische Grundfesten zu verteidigen, ob wir genug dafür tun und diejenigen unterstützen und stärken, die sich oftmals gegen große, auch persönliche Widerstände immer wieder Demokratie- und Verfassungsfeinden in den Weg stellen.
Ich danke an dieser Stelle all denjenigen, die sich unter diesem hohen persönlichen Einsatz mit ihrem Gesicht, mit ihrem Namen und unter Einsatz ihrer Familie Verfassungsfeinden und Demokratieverächtern entgegenstellen.