Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne hiermit die 66. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der siebenten Wahlperiode und begrüße Sie alle auf das Herzlichste.
Folgende Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung liegen uns vor: Herr Minister Webel ist am heutigen Tage aufgrund der Teilnahme an einer Beerdigung in der Zeit von 13 Uhr bis 16 Uhr verhindert.
Zur Tagesordnung. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 31. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Hierzu gibt es eine Wortmeldung. - Bitte, Herr Erben, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Im Einvernehmen mit den anderen Fraktionen dieses Hauses beantrage ich die Absetzung des Tagesordnungspunktes 23.
Gibt es Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Sie haben auch gerade begründet, dass die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes im Einvernehmen erfolgt. Damit wird der Tagesordnungspunkt 23, der für morgen als letzter Tagesordnungspunkt vorgesehen war, abgesetzt. Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? - Herr Lippmann, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erinnern uns noch daran, dass wir bereits in der letzten Sitzung versucht haben, etwas von der Landesregierung, vom Finanzminister und vom Ministerpräsidenten, über die finanziellen Risiken zu erfahren, die sich aus der Rettung der angeschlagenen NordLB für das Land Sachsen-Anhalt ergeben. Wir erinnern uns auch daran, dass es uns nicht gelungen ist, etwas
Aus unserer Sicht war zu diesem Zeitpunkt längst klar, was die Spatzen inzwischen von den Dächern pfeifen, dass es nämlich zu einer Beteiligung des Landes kommen wird, und zwar nicht in Höhe von 100 Millionen €, sondern in Höhe von ungefähr 200 Millionen €. Wir mussten diese Informationen wieder aus der Zeitung erfahren. Wir haben aus der Zeitung erfahren, dass dazu am Dienstag etwas im Kabinett beschlossen wurde, dass grünes Licht gegeben wurde für weitere Verhandlungen, in welcher Weise auch immer, und dass es einen Fahrplan bis Anfang April gibt, in dem wieder keine Parlamentsbeteiligung in irgendeiner Art und Weise vorgesehen ist. Und das, obwohl noch am Freitag - -
Herr Lippmann, einen kleinen Moment bitte. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist angesichts der Unruhe sehr mühsam, dass das, was von jemandem hier vorn vorgetragen wird, an die Ohren derjenigen gelangt, die gern zuhören möchten. Deswegen bitte ich Sie, den Geräuschpegel etwas zu senken. - Bitte, Herr Lippmann.
(Robert Farle, AfD: Es geht um die Tages- ordnung! Dazu spricht er gar nicht! Das ist Missbrauch der Tagesordnung!)
Vielen Dank. - Hören Sie doch mal bis zum Ende zu! Sie sind doch nun wirklich kein Waisenknabe, Herr Farle, also ehrlich.
Es wurde ein Fahrplan bis Anfang April aufgestellt, der wieder keine Parlamentsbeteiligung vorsieht, und das, obwohl noch am Freitag in einer kurzen Pressemitteilung zu diesem Thema eine enge Abstimmung mit dem Landtag in Aussicht gestellt wurde.
Wie das geht, kann man in Niedersachsen sehen, wo es eine Sondersitzung des Plenums mit einer Regierungserklärung bereits Anfang Februar gegeben hat. Hier sieht es allerdings so aus, als dass die Befassung des Parlaments so lange hinausgeschoben wird, bis sozusagen auch die letzten Messen gesungen sind, wenn überhaupt noch welche gesungen werden. Das erinnert ein bisschen an Theresa May mit ihrem Brexit, dass man so lange wartet, bis man dem Parlament nur noch die Pistole auf die Brust setzen kann und es gar keine Entscheidungsmöglichkeiten mehr gibt.
Deswegen hier zur Tagesordnung. Denn heute und hier ist die letzte Gelegenheit, sich hierzu als Regierung zu erklären und die Beteiligung des Parlamentes sicherzustellen. Oder erfahren wir möglicherweise heute Abend beim parlamentarischen Empfang der Sparkassen mehr, als wir hier im Parlament heute und jetzt erfahren?
Im Übrigen wäre es auch die Gelegenheit, einmal etwas zu dem Finanzierungsdefizit in Höhe von 500 Millionen € bei der Fluthilfe zu sagen. Auch dazu hört man ja kein Wort.
Ich habe den Ministerpräsidenten bereits am Dienstag schriftlich aufgefordert, hier eine Regierungserklärung abzugeben. Wir haben schon zu viel banaleren Themen Regierungserklärungen im Hohen Hause gehört. Das Thema ist wirklich wichtig genug. Es ist für uns mehr als nur eine Enttäuschung, dass ich wieder hier nach vorn kommen muss, um an die Rechte des Parlamentes und an die Verantwortung der Landesregierung zu erinnern.
Machen Sie von Ihrem Rederecht Gebrauch. Schenken Sie uns hier und heute reinen Wein darüber ein, welches Spiel hier gespielt wird. - Vielen Dank.
- Das war eine Aufforderung, ja. Aber Sie haben zum Beispiel nicht gesagt, dass Sie Tagesordnungspunkte absetzen wollen oder an anderen Stellen behandeln wollen. Das war eine Aufforderung zur Abgabe einer Regierungserklärung. Das ist im Protokoll auch festgehalten worden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat fristgemäß ein zusätzliches Thema zur Aktuellen Debatte eingereicht, das unter Punkt 24 in die Tagesordnung aufgenommen wurde und nach einer Verständigung der parlamentarischen Geschäftsführer am morgigen Sitzungstag als dritter Tagesordnungspunkt behandelt wird.
Sie finden unter den Tagesordnungspunkten 25 und 26 zwei Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien in den Drs. 7/3991 und 7/3992. Es besteht Einverständnis aller Fraktionen bezüglich der Aufsetzung dieser Punkte auf die Tagesordnung. Die Gegenstände sollen an letzter Stelle
Der Tagesordnungspunkt 18 - Azubi-Ticket anschieben: Kreise und Städte bei Modellprojekten unterstützen - soll entsprechend dem im Ältestenrat geäußerten Wunsch der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am morgigen Tag gleich nach der Mittagsunterbrechung behandelt werden.
Zum zeitlichen Ablauf der 31. Sitzungsperiode. Die morgige 67. Sitzung des Landtages beginnt ebenfalls um 9 Uhr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach mittlerweile 14 Jahren sind die Wendungen des Falls Oury Jalloh mehr als verworren und es ist schon deshalb notwendig, sie immer wieder zu erzählen und sich die Fakten des Falles und seiner Nichtaufklärung vor Augen zu führen. Dadurch wird nämlich auch klar, worin der zentrale Unterschied zu anderen Fällen besteht, die hier im Hause immer wieder thematisiert wurden, und warum der Vorwurf, DIE LINKE habe mit ihrem Agieren im Fall Oury Jalloh erst den Boden für die Attacken auf den Rechtsstaat von Rechtsaußen bereitet, schlichtweg infam ist.
Es geht nicht um den einen Skandal. Es geht um eine Kette von Skandalen. Der größte Skandal ist, dass ein an Händen und Füßen gefesselter Mensch im Polizeigewahrsam stirbt. Über 14 Jahre und zwei Prozesse vergehen ohne Aufklärung. Verunmöglicht wird die Aufklärung durch Polizisten, die lügen und schweigen, durch eine Gesellschaft, die nicht nach den Todesumständen eines
schwarzen Asylbewerbers fragt, durch eine Politik, die Verantwortung von sich wegschiebt, und durch eine Justiz, die entscheidende Fragen nicht stellt.
Die jüngste Welle der öffentlichen Aufmerksamkeit und auch der erneuten Beschäftigung im Landtag begann im August 2016 mit dem von der Dessauer Staatsanwaltschaft angeordneten Brandversuch in Dippoldiswalde. Im April 2017 kommt der Dessauer Staatsanwalt auf Grundlage der Arbeit mehrerer Sachverständiger und Experten zu einem für das bisherige Agieren der Justiz revolutionären Schluss: Es sei am wahrscheinlichsten, dass Oury Jalloh mit einer geringen Menge Brandbeschleuniger bespritzt wurde und das Feuer von dritter Hand gelegt worden war.
„Oury Jalloh - das war Mord“ wurde damit erstmals offiziell zu einem Verdacht der Justiz. Damit verwirft die Dessauer Staatsanwaltschaft die Hauptermittlungsthese, die auch sie über zwölf Jahre vertreten hat und nach der alle Untersuchungen ausgerichtet waren. Denn obwohl es vor 2016 schon Brandversuche gegeben hatte, war dieser der erste, der der Frage nachging, wie das Feuer in der Zelle eigentlich entstanden ist.
Dabei gab es frühzeitig Hinweise darauf, dass Oury Jalloh sich nicht selbst angezündet haben kann. Sie wurden immer wieder von der OuryJalloh-Initiative und der Familie Jalloh als Nebenklägerin vorgetragen. Die zentralen Fragen sind weder neu noch beantwortet. Wie soll sich ein Mensch, der gefesselt ist und bei dessen Durchsuchung kein Feuerzeug gefunden wurde, selbst anzünden? Warum brennt eine feuerfeste Matratze? Warum fehlen entscheidende Teile der Videodokumentation der Zellenbegehung? Warum taucht das Hauptbeweismittel, das Feuerzeug, erst Tage später auf?