Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 77. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der siebenten Wahlperiode und begrüße Sie alle auf das Herzlichste.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Abg. Herr Florian Philipp von der CDU-Fraktion hat zum 31. Juli 2019 sein Landtagsmandat niedergelegt.
Die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 1. August 2019 mitgeteilt, der Sitz sei auf Herrn Harry Lienau übergegangen, der die Wahl am 1. August 2019 angenommen habe. Ich darf auf die hierzu herausgegebenen Unterlagen in der Drs. 7/4592 und in der Drs. 7/4690 verweisen.
Sehr geehrter Herr Lienau, seien Sie recht herzlich willkommen. Im Namen des Hohen Hauses begrüße ich Sie recht herzlich.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen in Ihrer Funktion als Schriftführer, zu dem Sie später noch gewählt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 37. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Gibt es Ihrerseits Bemerkungen oder Fragen zur Tagesordnung? - Das sehe ich nicht. Dann werden wir nach der Ihnen vorliegenden Tagesordnung verfahren.
Zum zeitlichen Ablauf der 37. Sitzungsperiode. Die morgige 78. Sitzung des Landtages beginnt um 10:30 Uhr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegt ein Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses vor. Gemäß Artikel 54 Abs. 1 der Landesverfassung hat der Landtag das Recht und auf Antrag von mindestens einem Viertel seiner Mitglieder die Pflicht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.
Den Antrag in der Drs. 7/4778 haben 22 Mitglieder des Landtages unterzeichnet. Damit hat der Landtag die Pflicht, den Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Zunächst wird der Einbringer des Antrags auf Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses das Wort erhalten. Hierzu erteile ich Herrn Jan Wenzel Schmidt das Wort. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Viele von Ihnen haben schon einmal Fortuna beschworen und ein Rubbellos oder einen traditionellen Lottoschein ausgefüllt. Da Sie aber noch immer so zahlreich hier sitzen, scheint es bei Ihnen mit den Lottomillionen nicht geklappt zu haben.
Die Landesgesellschaft Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt wurde 1991 gegründet. Es war ein gutes Jahr, in dem wichtige Strukturen nach der Wende geschaffen wurden. Die Gründung der Landesgesellschaft war eine Erfolgsgeschichte, die viele Millionen zusätzlich in die Landeskasse spülte und ab und an mal einen Sachsen-Anhalter zum Millionär machte. 20 Jahre lang führte Herr Wolfgang Angenendt die Gesellschaft.
Im Jahr 2012 begab er sich in den verdienten Ruhestand und seine Nachfolgerin wurde die ehemalige „Radio SAW“-Moderatorin Maren Sieb. Wer ist Maren Sieb? - Frau Sieb begann ihre Karriere als Radiomoderatorin kurz nach dessen Gründung bei dem Radiosender „SAW“. 2006 hat sie sich dann mit ihrer Werbeagentur ISA_i_motion GmbH selbstständig gemacht.
Im Jahr 2011 gewann sie den Mitteldeutschen Radiopreis für vier Sendungen, die sie im Auftrag des Paritätischen bei „Radio SAW“ moderierte. Bereits damals war es ein Skandal. Hagen Eich
ler titelte in der „Volksstimme“ am 17. September 2015 dazu: „Die Journalistin, die keine war“, da sie laut „Volksstimme“ zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr für den Radiosender arbeitete und die Sendungen nicht als Werbung gekennzeichnet waren. Den Radiopreis und die Prämie in Höhe von 2 500 € behielt sie selbstverständlich.
Wie konnte Frau Sieb Lotto-Toto-Geschäftsführerin werden? - Im Folgenden möchte ich Ihnen sechs Zufälle präsentieren, die im Zusammenhang mit Frau Siebs Karriere stehen. Bitte entscheiden Sie selbst, ob es sich bei diesen Vorgängen wirklich um bloße Zufälle handelt, und bedenken Sie, sechs Zufälle sind fast so unwahrscheinlich wie sechs Richtige im Lotto.
Zufall Nr. 1. Bereits 2006 machte sie sich mit ihrer eigenen Werbeagentur ISA_i_motion selbstständig. Durch ihre jahrelange Arbeit bei „Radio SAW“ hatte sie beste Kontakte zur Politik. 2011 betreute sie noch den Wahlkampf des SPD-Spitzenkandidaten Jens Bullerjahn, der anschließend neuer Finanzminister und somit Hauptgesellschafter der Lotto-Toto GmbH wurde. Rein zufällig wurde dann die Wahlkämpferin Maren Sieb zur neuen LottoToto-Geschäftsführerin. Ihre Werbeagentur übernahm ihr Lebenspartner. Neuer Job, neue Kontakte und viele weitere Zufälle.
Zufall Nr. 2. Als Geschäftsführerin der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt kommt man nicht nur mit hochrangigen Politikern zusammen, sondern auch mit vielen Vereinen und wohltätigen Organisationen. Diese stehen Schlange, um etwas von den zu vergebenden Lotto-Toto-Fördermillionen zu bekommen. Die Werbefirma ISA_i_motion GmbH, die nun Frau Siebs Lebensgefährte führt, bekommt viele Aufträge der Lotto-Toto-Fördermittelempfänger. Ob ein Zusammenhang besteht, wird der Untersuchungsausschuss aufklären.
Zufall Nr. 3. Bis 2016 erhielten alle sieben selbstständigen Lottobezirksleiter einen recht einheitlichen Vertrag, nach dem sie einen Anteil von 0,7 % der Umsätze innerhalb ihres Bezirkes als Provision bekamen. Plötzlich wurden die Verträge angepasst und eine Umsatzstaffelung kam hinzu. Dadurch brach bei allen Bezirksleitern die Provision ein - bei fast allen, bei einem Bezirksleiter mit CDU-Parteibuch nicht. Dieser erhielt nach der Vertragsanpassung, ohne nur einen Handschlag mehr zu machen, rund 50 000 € netto jährlich mehr. Damit es nicht so wirkt, als würde man irgendwen nach Parteibuch bevorzugen, bekam die Tochter des Bezirksleiters zwei Jahre später den zweitumsatzstärksten Bezirk gleich noch obendrauf. Auch diese Vorgänge wird der Untersuchungsausschuss aufklären.
Zufall Nr. 4. Es gibt nicht nur personelle Überschneidungen zwischen Siebs ehemaliger Werbeagentur ISA_i_motion und Lotto, sondern auch zwischen ehemaligen Kollegen Siebs bei „Radios SAW“ und Lotto. Lars F. arbeitete 2013 für Lotto und vorher wie auch danach für die ISA_i_motion. Anja W. war gemeinsam mit Maren Sieb bei „Radio SAW“ tätig. Nun wird sie von Lotto für diverse Seminare und Veranstaltungen gebucht.
In letzter Zeit gab es viele Presseanfragen zu diversen Verstrickungen der Lottogeschäftsführerin Maren Sieb. All diese wurden von der Pressesprecherin Astrid Wessler beantwortet, die ebenfalls mit Frau Sieb bei „Radio SAW“ tätig war.
Manchmal wird es jedoch schwer, für eine Freundin eine direkte Unterbringung im Lottohaus zu organisieren. Monatelang ging Frau Andrea K., die früher auch mit Sieb bei „Radio SAW“ arbeitete, in der Geschäftsstelle der Lotto-Toto GmbH Magdeburg ein und aus, bis das Warten endlich vorbei war und sie die Handelsvertretung für den Lottobezirk Magdeburg erhielt. Dafür ließ man mal eben einen 19 Jahre bestehenden Vertrag mit dem bisherigen Bezirksleiter auslaufen. Obwohl er sich als erfahrener Bezirksleiter erneut bewarb, bekam die ehemalige Arbeitskollegin Siebs den Zuschlag. Die beiden Mitarbeiter wurden durch die neue Bezirksleiterin nicht übernommen und stehen dank dieses Gebarens fortan auf der Straße. - Lotto bringt Glück, solange man die richtigen Kontakte hat.
Zufall Nr. 5. Es wurde durch die Antwort auf meine Kleine Anfrage bekannt, dass 2018 1,3 Millionen € im Bereich Sportwetten Oddset durch eine Person eingesetzt worden sind. Die Lottogeschäftsführung sieht es als Erfolg und glaubt nicht an Spielsucht oder Geldwäsche, da der Spieler aus 1,3 Millionen € rund 1,5 Millionen € gemacht hat, also einen Gewinn von 182 000 € erzielte.
Die Unterbindung von Spielsucht ist für die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt nicht nur eine Aufgabe, sondern auch eine gesetzliche Vorschrift. Doch wenn jemand 1,3 Millionen € setzt, scheint die Lottogeschäftsführung kein Interesse an einer Überprüfung von möglicher Spielsucht oder Geldwäsche zu haben. Doch wo lässt sich besser Geld waschen? - Einfach mit dem Schwarzgeld zur nächsten Lottoverkaufsstelle gehen, eine Oddset-Systemwette eingehen und schon haben Sie bei der Auszahlung einen Beleg darüber, woher Ihr Geld stammt. Das Risiko bei Systemwetten ist gering. Ich führe nicht weiter aus, um nicht noch jemanden zur Geldwäsche zu verleiten.
Noch interessanter wird es, wenn der Verkaufsstelleninhaber involviert ist und auch noch die Provision von rund 80 000 € mitnimmt. Zu erwähnen ist, dass es nicht nur 2018 einen Großspieler dort gab. Aber für den dortigen Lottobezirksleiter mit CDU-Parteibuch bedeutet das auch eine zusätzliche Provision von mehr als 100 000 € netto, also nicht so schlimm.
Zufall Nr. 6. Sport tut gut. Noch besser ist es, einen entspannten Sport zu betreiben, den sich nicht jeder leisten kann. Wie wäre es mit Golf? - So in der Art dachten es sich wohl Maren Sieb und ihr Lebensgefährte. Beide traten in den Magdeburger Golfclub e. V. ein. Nur ein Jahr nach ihrem Beitritt erhielt der Golfclub eine großzügige Lottoförderung über 39 000 €. Im Antrag wurde behauptet, mit diesem Geld ein Jugendzentrum aufzubauen. Dieses tolle Jugendzentrum samt Jugendmannschaft wollte ich mir einmal genauer ansehen, getreu dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Das war dem Magdeburger Golfclub wohl zu viel Kontrolle. Bis heute erhielt ich trotz mehrfacher Nachfrage keinen Termin. Glücklicherweise wurden unserer Fraktion, nachdem wir die Verstrickungen zwischen Frau Sieb und dem Golfclub öffentlich gemacht hatten, Bilder des Neubaus zugesandt. Das Jugendzentrum sucht man vergeblich. Es ist Teil eines normalen, für alle Golfmitglieder zugänglichen Abschlagplatzes mit acht einzelnen Nischen. Übersetzt bedeutet das, dass aus vier Abschlagsplätzen nun acht gemacht wurden. Davon ist kein einziger für irgendeinen Jugendbereich separiert. Den Nutzen ziehen Golfclubmitglieder wie Maren Sieb und ihr Lebensgefährte.
Diese sechs Zufälle in Verbindung mit der Superzahl von 22 Abgeordneten, die unterschrieben haben, ergeben den Jackpot für die Lottogeschäftsführung. Sie bekommen hier und heute den parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Statt eines Millionengewinns erwartet sie jedoch eine Anhörung in diesem Ausschuss.
Den Bürgern in Sachsen-Anhalt garantiere ich, dass wir alles restlos aufklären werden. Wir werden ausfindig machen, wer wofür Geld erhalten hat und ob das gerechtfertigt war. Wir werden weitere Zufälle aufdecken, unter anderem vermutliche Verstöße gegen das Glücksspielgesetz, weitere Verquickungen, Zahlungen für Sonderwerbeanlagen und ob Spieler durch Werbemaßnahmen getäuscht worden sind.