Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

Im November 2016 erfolgte der Antrag des Bildungsministeriums auf Zustimmung zur Übergabe der Schlosskirche an das Ministerium der Finanzen. Ebenfalls im November 2016 leitete das Ministerium der Finanzen den Antrag an den Finanzausschuss weiter. Am 9. November 2016 wurde dieser Antrag im Ausschuss besprochen, siehe Niederschrift 7/FIN/6 in TOP 5.

Die Befürworter dieses Antrags im Finanzausschuss begründeten die Schenkung mit den hohen Unterhaltskosten nach der Sanierung, weswegen es im Interesse des Landes wäre, dieses Objekt loszuwerden. Konzepte für eine anderweitige Lösung gab es nicht.

Für uns, die AfD-Fraktion, ist ein Aspekt in dem Antrag selbst allerdings sehr interessant. Ich zitiere: Genutzt wird die Schlosskirche ausschließlich durch die Evangelische Kirche in Deutschland, regelmäßig auch im Rahmen der Predigerausbildung der Union Evangelischer Kirchen.

Ich zitiere weiter: Bewirtschaftungskosten trägt der Nutzer. - Hier wäre ich gespannt, ob diese Bewirtschaftungskosten auch wirklich übernommen werden. Diese Aspekte werden wir gesondert erfragen.

Für uns, die AfD-Fraktion, und auch einzelne Abgeordnete anderer Fraktionen bleiben bei dieser Schenkung einige Fragen offen. Herr Scheurell beispielsweise sprach von fahrlässiger Arbeit des Notars, da keine Einsicht in das Grundbuch erfolgte. Einige Flurstücke gehören gar nicht dem Land. Wie ist in diesem Fall die Grunderwerbsteuer geregelt? - In der Tat: Plötzlich wird der Stadtrat von Wittenberg aktiv und versucht seinerseits, hier noch zu retten, was zu retten ist.

Frau Eva Feußner kritisierte, dass die EKD ihren ursprünglich zugesagten Finanzierungsanteil zum Reformationsjubiläum um 3,5 Millionen € reduziert.

Herr Olaf Meister fragte, ob das Land nach der Übertragung von Restaurations- und Sanierungsbeteiligungen befreit sei.

Herr Knöchel hatte Bedenken gegen die Eigentumsüberlassung in der jetzigen Form. Er sprach von der Herauslösung eines Filetstücks.

Herrn Scheurell fiel ein weiterer Fakt auf. Ein ursprünglicher Unterzeichner, die Union der Evangelischen Kirchen, existiere gar nicht mehr.

Nach Aussage des Landesrechnungshofs könnte die Neuordnung der Besitzverhältnisse gar nicht mehr realisiert werden, wenn der Letter of Intent, also die Absichtserklärung, an einer Stelle gekündigt würde. Hier müssen Juristen dahin gehend befragt werden, inwieweit jedwedes Vertragsverhältnis rechtens ist, wenn einer der Partner nicht mehr existiert.

§ 3 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung besagt, dass die Kosten für die Restaurierung der Kirchenausstattung, der Wand- und Deckengemälde sowie der übrigen Kunstwerke das Land trägt. Hier wäre zu klären, ob wir die nun von der EKD oder vom Priesterseminar genutzte und damit sich im Zustand verschlechternde Kirchenausstattung wirklich noch weiter restaurieren müssen.

Ein weiterer einseitiger positiver Aspekt für die EKD ist, dass sie jederzeit weitere Landesfördermittel beantragen kann. Ich persönlich würde nach den vorliegenden Fakten nur noch Geschäfte mit dem Land machen.

Ich versuche einmal, diesen Sachverhalt bildlich darzustellen: Der Besitzer eines 80 Jahre alten heruntergekommenen Oldtimers richtet diesen sehr aufwendig her. Er steckt viel Geld und viel Zeit hinein. Der Zustand ist nun fast besser als das Original. Nun kommt ein schlauer Interessent, der das Fahrzeug nach der Restauration geschenkt bekommen möchte. Aber nicht nur das: Er verlangt noch vor dem Kauf eine Komplettrestauration des Innenraums. Nach dem Kauf trägt der Erstbesitzer alle weiteren Kosten für weitere Verschleißarbeiten an dem Oldtimer. Wer von Ihnen hält dieses Geschäft für lohnenswert? - Denken Sie darüber nach!

Die Staatskanzlei wurde betreffend die Schlosskirchen-Schenkung von einem Bürger angeschrieben, welcher diese Abmachung bemängelte. Anstatt aber auf die Sorgen der Bürger einzugehen, wurde ihm mitgeteilt, dass dieses unentgeltliche Abgeben nach § 13 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung möglich ist. Doch dieser Paragraf stellt nicht die ganze Rechtsgrundlage dar.

Bei dem im Finanzausschuss eingebrachten Antrag bezog man sich auf § 64 der Landeshaushaltsordnung. Dieser besagt:

„Haben Grundstücke erheblichen Wert oder besondere Bedeutung und ist ihre Veräußerung im Haushaltsplan nicht vorgesehen, so dürfen sie nur mit Einwilligung des Land

tags oder des für den Haushalt zuständigen Ausschusses des Landtags veräußert werden, soweit nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme hiervon geboten ist.“

Dies alles klingt sehr rechtssicher. Unsere Landesverfassung jedoch besagt Gegenteiliges. Ich zitiere aus der Landesverfassung, Siebenter Abschnitt - Finanzwesen - Artikel 92 - Landesvermögen -:

„Landesvermögen darf nur mit Zustimmung des Landtages veräußert und belastet werden. Die Zustimmung kann für Fälle von geringer Bedeutung allgemein erteilt werden.“

Damit ergibt sich in den Augen der AfD-Fraktion kein gültiges Schenkungsversprechen nach dem BGB.

Ich bin gespannt, wer von den Anwesenden behauptet, dass die Schlosskirche mit Weltkulturerbestatus von geringer Bedeutung ist.

Der „Mitteldeutschen Zeitung“ habe ich in dieser Woche entnommen, dass der Notarvertrag bereits unterzeichnet wurde. Eine Unterrichtung der Abgeordneten fand aber bisher nicht statt. Sind dort die bereits erwähnten Einwände der anderen Abgeordneten berücksichtigt? Hat der Landtag diesem Verkauf überhaupt zugestimmt? - Ich glaube nicht.

(Zuruf von der CDU: Doch!)

Die Überschrift unseres Antrags lautet: Kein Recht des Staates zu Geschenken. - Ist die Evangelische Kirche in Deutschland wirklich derart bedürftig? - Der Bilanz des Jahres 2014 konnte ich Folgendes entnehmen: Die ordentlichen Erträge der Evangelischen Kirche in Deutschland belaufen sich auf 221 Millionen €. Das Anlagevermögen beläuft sich auf 570 Millionen €. Für mich ist ganz klar zu erkennen, dass die Kirche wie ein Wirtschaftsunternehmen arbeitet, welches sogar in Aktien investiert. Meinen Sie wirklich, dass die Kirche kein Interesse an der historischen Schlosskirche hatte, dass man sie ihr schenken musste?

Aufgrund der Schenkungsabsicht nutzt die EKD seit dem 3. Mai 2016 dieses Objekt, ohne dass hier bekannt ist, ob Bewirtschaftungskosten getragen wurden. Diese Bewirtschaftungskosten würden nämlich die zukünftigen Unterhaltskosten beträchtlich senken, selbst wenn es 1 Million € an laufenden Kosten je Jahr für unser Land sind. Diese 1 Million € sind im Vergleich zu den Hunderten von Millionen Euro, um diesen Genderzirkus voranzutreiben, geradezu vernachlässigbar.

(Zustimmung von Volker Olenicak, AfD)

Sparen wir lieber dort, anstatt historische Weltkulturerbestätten mit internationaler Bedeutung zu verschenken.

Anscheinend haben sich hier sehr ungleiche Vertragspartner gefunden. Einer wurde, landläufig gesagt, übers Ohr gehauen. Gehen Sie durch Wittenberg und befragen Sie die Bürger zu dieser Abmachung. Ich habe dies gemacht und befragte die Bürger nach der Schenkung. Jeder der Befragten sah das als Steuerverschwendung in Millionenhöhe an.

(Dr. Reiner Haseloff, CDU: Mich haben Sie nicht gefragt als Bürger! - Zuruf von der AfD)

Gehen Sie auf die Straße und erklären Sie den Bürgern, die den Abgeordneten hier im Haus ihr Vertrauen in vernünftige Politik gegeben haben, dass Schenkungen in Millionenhöhe im Interesse der Bürger liegen.

Wir, die AfD, scheuen uns nicht, täglich im Gespräch mit den Bürgern zu sein. Wir wollen nicht über die Bürger entscheiden, sondern mit ihnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Lieschke, Fragen sehe ich nicht. Ich möchte vielleicht auf einen Sachverhalt verweisen. § 85 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtages besagt:

„Beratungsgegenstand und -ergebnis nichtöffentlicher Sitzungen dürfen der Presse und anderen Außenstehenden mitgeteilt werden, nicht jedoch die Äußerungen einzelner Teilnehmer oder das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder des Landtages in der Sitzung.“

Dann muss ich mich entschuldigen.

(Oliver Kirchner, AfD: Das kostet! - André Poggenburg, AfD: Eine Runde!)

Sie haben hier Namen genannt. Ich möchte Sie darum bitten, das in Zukunft zu unterlassen.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Dann muss ich mich bei den Genannten entschuldigen. Das war nicht mit Absicht.

Ich danke ansonsten für die Ausführungen. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Tullner. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren!

(Minister Marco Tullner trinkt aus einem Wasserglas)

Das war das falsche Glas.

(André Poggenburg, AfD: Das war jetzt Wasser mit Schuss!)

Sie sehen mich in der ungewohnten Situation, dass ich meinen Chef, den Ministerpräsidenten, vor mir sitzen habe. Deswegen habe ich das falsche Manuskript genommen. Ich muss zurückgehen und das richtige Manuskript holen.

(Heiterkeit - Tobias Rausch, AfD: Das ist ja wie bei Heiko Maas!)

Herr Minister Tullner, trotzdem haben Sie wieder das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. - Im ersten Anlauf hatte ich die Antwort auf die Kleine Anfrage, die aber zurückgezogen wurde. Ich nehme jetzt den Redebeitrag.

Die Landesregierung hat sich viel Mühe dabei gegeben, diesen Redebeitrag zu erarbeiten, weil es unterschiedliche Zuständigkeiten gibt. Die Staatskanzlei ist für das Thema Reformationsjubiläum in allumfassendem Sinne zuständig. Ich als Kirchenminister bin für die kirchenrelevanten Themen zuständig. Herr Robra, der heute ohnehin nicht hier ist, und ich haben uns insofern darauf verständigt, dass ich diesen Redebeitrag halten werde und dabei die Würdigung beider Häuser und die ganze Landesregierung im Blick habe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundlage für all das, was wir heute hier bereden, ist das Gesetz zum Evangelischen Kirchenvertrag von Sachsen-Anhalt vom 3. Februar 1994. Auch das ist schon eine historische Dimension, wenngleich im Vergleich zur Dimension der Reformation natürlich nur eine kleine. - Dies als Anekdote der Geschichte.

In diesem Vertrag haben sich Landesregierung und Kirche verpflichtet bzw. sie haben verabredet, sich daran zu halten, hinsichtlich der kirchlich genutzten, aber dem Land gehörenden Grundstücke und Gebäude in Verhandlungen über Eigentumsübertragungen einzutreten.