Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Nach den Feststellungen aus dem Jahr 2015 für den Einsatz von Lehrkräften im Ruhestand als befristete Vertretungslehrkräfte an den Schulen wurde übrigens eines sehr deutlich: Von den rechtlichen Möglichkeiten wurde nur in ganz wenigen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht. Ein sehr großer Teil der Lehrkräfte hat aufgrund der besonderen Belastungssituation, die der Lehrerberuf nun einmal mit sich bringt - darauf ist Herr Tillschneider bereits eingegangen -, insbesondere bei einem Ausscheiden vor dem Erreichen der Altersgrenze kein Interesse an einer Verlängerung der Lehrtätigkeit gehabt.

Zudem richten sich die konkreten Einsatzmöglichkeiten nach den Bedarfen an den Schulen. Da diese nicht zwingend am Wohnort der ausgeschiedenen Lehrkräfte auftreten, erfordert der Einsatz einen Mobilitätswillen, der bei bereits im Altersruhestand befindlichen Personen in der Regel so nicht erwartet werden kann.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das ist auch ein ökologisches Argument!)

- Ich stimme Ihnen durchaus zu, Kollege Borgwardt, dass auch das ein wichtiger Aspekt ist, den wir in die Diskussion einbringen können.

Jetzt kommt der Kern der Argumentation. Mit den zahlenmäßigen Erhebungen aus den Schuljahren 2012/13 bis 2015/16 - mit Zahlen kann man vieles am besten erläutern - wurde es beispielsweise im Bereich der in Betracht kommenden tarifbeschäftigten Lehrkräften sehr deutlich, meine Damen und Herren: Von den insgesamt 1 149 potenziellen Lehrkräften waren nur zehn Lehrkräfte bereit, als befristete Vertretungslehrer weiterhin im Schuldienst tätig zu sein.

Eine sogenannte einseitige Reaktivierung durch den Dienstherrn oder Arbeitgeber ist bei Eintritt in den Ruhestand nach Erreichen der Altersgrenzen aus rechtlicher Sicht ohnehin nicht möglich. Darauf hat auch Kollege Aldag im Ausschuss schön öfter hingewiesen. Ich glaube, das ist ein wichtiges Argument, auch wenn er mir gerade nicht zuhört. - Kollege Aldag, ich habe gerade Ihre Argumentation aus dem Ausschuss noch einmal in die Diskussion eingebracht.

Im Ergebnis sind die personalwirtschaftlichen Möglichkeiten in diesem Zusammenhang sehr eingeschränkt. Grund hierfür sind die versorgungsrechtlichen Beschränkungen bei den verbeamteten Lehrkräften sowie die individuellen Belange in der Rentenversicherung in Abstimmung mit dem Rentenversicherungsträger. Darüber hinaus hält sich das Interesse der ausgeschiedenen Lehrkräfte, insbesondere bei einem vorzeitigen Ausscheiden vor dem Erreichen der Altersgrenze, nach den bereits erfolgten Feststellungen sehr in Grenzen. Das korreliert im Übrigen mit der Aufmerksamkeit von einigen wenigen Kollegen bei dieser Debatte im Landtag. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Minister. Ich sehe keine Fragen. - Ich habe bei mir einen angekündigten Verzicht für die Debatte seitens der SPD-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der CDU vermerkt. Demzufolge kommen wir sofort zu Herrn Tillschneider, der noch einmal für die AfD-Fraktion das Wort hat.

Es ist ein starkes Stück. Ich wollte jetzt auf die Debattenbeiträge eingehen. Jetzt habe ich gar nichts zum darauf eingehen.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜ- NEN)

Ansonsten sagen Sie auch mit vielen Worten nichts. Dann ist es vielleicht ehrlicher, wenn Sie buchstäblich nichts sagen.

(Beifall bei der AfD)

Das bringt aber doch einen fehlenden Respekt gegenüber diesem Anliegen und auch gegenüber diesem Hohen Haus zum Ausdruck. So etwas werden Sie von der AfD nie erleben.

(Zustimmung von Daniel Roi, AfD)

Wir nehmen hier jeden Redebeitrag wahr. Und wir setzen uns mit jedem Antrag von Ihnen auseinander, und sei er noch so schwachsinnig.

(Zurufe von Olaf Meister, GRÜNE, und von der LINKEN)

Das gebietet die Würde des Hohen Hauses. Das gebietet die Form der parlamentarischen Demokratie, die Sie immer so loben. - So. Das dazu.

(Beifall bei der AfD - Swen Knöchel, DIE LINKE: Oh, oh, oh!)

Aber ein bisschen kann ich ja zum Herrn Minister sagen; er hat sich dankenswerterweise geäußert.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Er muss!)

Er meint, er würde an der Bildung nicht sparen! Sparen ist ein relativer Begriff. Ich sage: Solange man für Maßnahmen mit Gender-Hauptziel im Haushalt pro Jahr mehr als 300 Millionen € ausgibt, was mehr ist als für alle Grundschulen des Landes zusammen - für die gibt man nämlich nur 250 Millionen € aus -, sparen Sie an der Bildung, weil Sie es an anderer Stelle rausschmeißen.

(Beifall bei der AfD)

Die Differenzierung, die Sie angebracht haben, ist richtig, klar. Aber wenn Sie erwarten, dass wir schon die Vertragsformulare vorlegen, dann haben Sie einen falschen Anspruch. Diese Differenzierung ist kein Argument gegen unser Anliegen. Dass voraussichtlich nur ein Bruchteil der Lehrer dieses Angebot annehmen wird, ist auch kein Argument dagegen. Ich habe in Ihrem Redebeitrag kein Argument dagegen vernommen, die Reserven, die in unserem Schulwesen und in unseren Pensionären noch schlummern, auszuschöpfen.

Es ist sehr schade, dass Sie dem Antrag Ihre Zustimmung verweigern. Die Bürger werden es Ihnen danken.

(Beifall bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Genau so ist es!)

Ich habe weder eine weitere Wortmeldung noch einen Überweisungsantrag gehört. Sie müssten mich korrigieren, wenn ich falsch liege. - Da

das nicht der Fall ist, kommen wir zur Anstimmung.

Wer dem vorliegenden Antrag in der Drs. 7/1145 zustimmt, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 15 ist beendet.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 16

Erste Beratung

Attraktivitätsoffensive Justizdienst - Justizwachtmeister aufwerten

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/1155

Alternativantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/1211

Einbringer für die Fraktion der AfD ist der Abg. Herr Lehmann. Herr Lehmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, vielen Dank. - Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! In Sachsen-Anhalt gibt es noch eine Laufbahn des öffentlichen Dienstes des Landes, die kommt dem Eintritt in einen Bettelorden mit Aufstockerniveau gleich. Die finden wir nicht bei unseren Lehrern. Die finden wir auch nicht bei unserer Polizei. Wir finden sie bei uns im Bereich der Landesjustiz. Wir schauen heute einmal auf die Laufbahn der Justizwachmeister.

In Sachsen-Anhalt ist es die letzte Laufbahn des einfachen Dienstes. Wer den Begriff schon einmal gehört hat und von früher kennt: Der einfache Dienst. Die Einstellung in diese Laufbahn beginnt bei uns im Land mit der Besoldungsgruppe A 4; sie endet theoretisch mit der Besoldungsgruppe A 6 plus Zulage, wenn man in den Ruhestand geht. In der Praxis ist mit der Besoldungsgruppe A 5 plus Zulage aber oftmals das Ende der Fahnenstange erreicht.

Ich übersetze das einmal in faktische Zahlen: Das sind 1 767 €. Das ist das Einstiegsgehalt. Wenn man den Taschenrechner nimmt, kommt man auf einen Stundenlohn von 10 €. Das steigert sich oftmals durch eine einzige Beförderung um satte 35 €. Das ist der gewaltige Hit, oder was meinen Sie dazu, liebe Abgeordnete?

Die Zulage liegt, wenn man sie erreicht, bei mächtig gewaltigen 20,06 €. Wer also mit der Besoldungsgruppe A 5 plus Zulage zur Ruhe gesetzt wird, erreicht mit Ach und Krach die Mindestpension.

Wer sich das Personalkonzept der Justiz in Sachsen-Anhalt angeschaut hat, der weiß gleichzeitig, nur etwa 85 % der Dienstposten in diesem Bereich sind tatsächlich besetzt. Es ist bekannt, dass bis 2018 25 der noch ca. 200 aktiven Justizwachtmeister aus dem Dienst ausscheiden werden. Das ist ein Anteil von mehr als 10 % des Personals, der verschwindet. In diesem Jahr befinden sich nach unseren Zahlen vier Anwärter in der Ausbildung. Das heißt, es wird nicht einmal ein Fünftel der Ruhestandsabgänge personell aufgefrischt.

Mit solchen Zahlen wird der Status quo nicht gehalten. Personalzugänge und -abgänge kommen nicht plötzlich und unerwartet. Das sollte man im Bereich Personal wissen. Von einem Personalkonzept kann man also in diesem Fall gar nicht reden.

Für die AfD muss ich sagen: Das Personaldornröschen, das in Sachsen-Anhalt schlummert, sollte endlich einmal ausgiebig von einem AfD-Prinzen wie uns in der hellblauen Rüstung wachgeküsst werden.

(Zustimmung bei der AfD)

Bereits jetzt haben einzelne Gerichte in SachsenAnhalt eine Unterdeckung des Personals im Justizwachtmeisterdienst von bis zu 50 % zu verzeichnen. Wer aufgrund des Personalmangels Zusatzschichten leisten muss, unterliegt einem besonderen gesundheitlichen Verschleiß. Die Folge ist ein steigender Krankenstand, der die Personalsituation in diesem Bereich, die schon eng ist, nicht unbedingt verbessert.

Solche Lücken werden bereits durch privates Sicherheitspersonal aufgefüllt oder durch Amtshilfe - Bettelbriefe, wie man dies bei der Polizei nennt - der örtlichen Polizeidienststellen, die ohnehin kaum noch einen Funkwagen bekommen, aufgefrischt. Das ist ein Unding; denn hoheitliche Aufgaben der Justizwachtmeister sollten und dürfen nur von ausgebildeten Beamten und nicht von privaten Dienstleistern oder durch einspringende Landespolizei abgedeckt werden, die nebenbei noch Gerichtsverhandlungen bewachen, obwohl die Funkwagen auf die Straße gehören.

Es ist kein Geheimnis, sehr geehrte Abgeordnete, dass die Justizwachtmeister im einfachen Dienst mittlerweile einen vergleichbaren Dienst wie die Justizvollzugsbeamten im mittleren Dienst leisten. Auch sie erledigen in den Gerichten und Staatsanwaltschaften Sicherheitsaufgaben und müssen gegebenenfalls auch unmittelbaren Zwang ausüben.

Sie leben auch gefährlich, wenn man beispielsweise an die Briefanschläge in der letzten Zeit denkt. Auch erhöhte sich in den letzen Jahren die Aggressivität bei allen Arten von Prozessbeteilig

ten in den Gerichten. Auch fallen mir renitente Straftäter in den Gerichtssälen ein, die durch das Sicherheitspersonal befriedet werden müssen. Erwähnen möchte ich auch die aggressiven Anhänger von Angeklagten - das ist auch aus den Medien bekannt -, die die Gerichtsprozesse mittlerweile johlend begleiten.

Diese Krawallbrüder, die bei wichtigen Prozessen anwesend sind, reichen von politisch extremistischen Fanklubs aller Couleur mittlerweile bis hin zu arabischen Großfamilien, die sich bekanntermaßen relativ wenig aus unserer Rechtsordnung in Deutschland machen, wenn ein Familienmitglied von ihnen auf der Anklagebank sitzen sollte. Was in der Vergangenheit bei manchen Prozessen in den Gerichtsgebäuden abgezogen wurde, dürfte allen durch die mediale Berichterstattung bekannt sein.

Das alles macht Maßnahmen zur Aufwertung des Justizwachtmeisters dringend erforderlich. Wir fordern deshalb, diese relativ kleine und auch vergessene Berufsgruppe besoldungsrechtlich anzuheben und auch in den Fokus zu rücken. Das ist die Grundvoraussetzung, um den Justizwachtmeisterdienst überhaupt zu erhalten.