Protokoll der Sitzung vom 26.10.2017

Nochmals: Wenn eine Überweisung des Antrages an den Finanzausschuss nicht beantragt wurde und nach der Abstimmung festgestellt wird, dass dies gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt erforderlich ist, ist damit automatisch eine Überweisung an den Finanzausschuss erfolgt. Das nur zur Kenntnisnahme. Vielen Dank. Damit ist der Tagesordnungspunkt 9 erledigt.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 10

Erste Beratung

Entwurf eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes SachsenAnhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/1992

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/2027

Für die Landesregierung spricht der Minister Tullner.

(Unruhe)

- Herr Minister Tullner, einen kleinen Moment bitte. Damit Ihre Ausführungen Gehör finden, bitte ich, die Lautstärke der Diskussion zwischen den Koalitionsfraktionen SPD und CDU zu dämpfen, damit wir fortfahren können. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Abg. Borgwardt, Frau Dr. Pähle und Herr Erben, ich würde mich sehr freuen, wenn wir die Emotionen zum vorherigen Gesetzentwurf ein wenig dämpfen; denn ich behaupte: Das KiFöG ist wichtig, aber das Schulgesetz ist mindestens genauso wichtig.

(Zustimmung bei der CDU - Eva Feußner, CDU: Jawohl!)

Deswegen bitte ich Sie, mir zuzuhören.

Bevor ich Ihnen diese 14. Novelle zur Änderung des Schulgesetzes vorstellen möchte und dafür werben möchte, diese im parlamentarischen Raum zu behandeln, möchte ich mich entschul

digen. Ich möchte mich bei allen Verbänden und Anzuhörenden dafür entschuldigen, dass wir ihnen bei der Vorbereitung des Schulgesetzes in der Landesregierung eine Anhörungsfrist zugemutet haben, die ungewöhnlich und außergewöhnlich ist und, ich glaube, auch einmalig bleiben soll.

Es waren nicht einmal 14 Tage - netto, glaube ich, zehn Tage -, und das in den Schulferien. Wer von Schule auch nur ein Gefühl von Ahnung hat, weiß, dass das eine Zeit ist, die dem Problem nicht angemessen ist.

Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich dafür geworben habe, eine längere Anhörungsfrist vorzusehen, aber wir haben in Kenia manchmal Problemlagen, die sich dann in Paketen äußern. Die Verknüpfung des Kinderförderungsgesetzes mit dem Schulgesetz hat zeitlich zu dieser Dynamisierung geführt.

Ich denke, es ist umso wichtiger, dass wir jetzt in der Landtagsberatung die Zeit, die den Anzuhörenden für Stellungnahmen gefehlt hat, in der Anhörungen und Stellungnahmen nicht gewürdigt werden konnten und nicht auf sie eingegangen werden konnte, umso intensiver nutzen, um diesen Missstand abzubauen.

Das Schulgesetz, das Ihnen heute vorliegt und das ich Ihnen zu einer freundlichen - -

Herr Erben, ich habe eine herzliche Bitte: Hören Sie zu; denn alles andere macht es für mich schwierig. Als Sie noch 49 Jahre alt waren, waren Sie aufmerksamer, aber mit 50 Jahren wird man manchmal etwas wilder. Ich werde im nächsten Jahr auch 50 Jahre alt. Mal gucken, wie es mir geht.

(Markus Kurze, CDU: Schon! - Robert Far- le, AfD: Wir sparen für die Blumen! - Un- ruhe)

Aber an der Stelle werbe ich um ein bisschen Akzeptanz.

Dieses Schulgesetz hat aus meiner Sicht vier wesentliche Punkte, die ich Ihnen ganz kurz vorstellen möchte. Der erste Punkt heißt Schulverbund. Wir sind in Sachsen-Anhalt in einem Land, das sehr stark ländlich geprägt ist und in dem wir in den letzten Jahren sehr stark um die Frage gerungen haben, wie wir ein Schulnetz im ländlichen Raum aufrechterhalten können, das auf der einen Seite pädagogische Dimensionen so abbildet, dass die Kinder etwas lernen können, und auf der anderen Seite demografische Dimensionen und die Schulwegeplanung einbezieht, sodass wir am Ende nicht das Gefühl haben, wir konzentrierten uns nur auf wenige zentrale Orte und der ländliche Raum blutet aus.

Dazu dient dieses Instrument des Schulverbundes. Eine Forderung, die die Union, glaube ich,

auch im Wahlkampf sehr prominent vorgetragen hat, ist in diesem Gesetz verankert. Nun höre ich insbesondere von der GEW: Na ja, das ist ja alles laue Luft, weil nicht wirklich notwendig. Ich muss mich darüber schon sehr wundern. Ich denke, verantwortungsvolle Politik - das haben wir uns hoffentlich angewöhnt - denkt nicht nur in Wahlperioden.

Natürlich brauchen wir in dieser Wahlperiode dieses Instrumentarium in der Form nicht. Wir müssen doch aber Instrumentarien entwickeln, um auf die kommenden Herausforderungen, von denen wir wissen, dass sie, in welcher Dimension auch immer - darüber kann man sich streiten -, eintreten werden, reagieren zu können.

Die Schülerzahlen werden vielleicht insgesamt steigen. Im ländlichen Raum werden sie aber sinken. Sich darauf mit Instrumentarien vorzubereiten, halte ich nicht für verfrüht. Deswegen wollen wir dieses Instrument mit Modellprojekten in dieser Wahlperiode ausprobieren und sozusagen Erfahrungen sammeln, wo nachgesteuert werden muss, damit in der nächsten Wahlperiode, wenn das Thema Schulschließungen wieder auf der Agenda steht, dem mit einem Instrumentarium vorgebeugt werden kann, damit im ländlichen Raum Schulstandorte gesichert werden und wir auch in Zukunft eine gleichwertige Entwicklung zwischen städtischen und ländlichen Räumen in diesem Land möglich machen können, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Hardy Peter Güssau, CDU, und von Uwe Harms, CDU)

Ich muss mich schon sehr darüber wundern, dass mir die GEW vorwirft, ich würde über die Wahlperiode hinaus denken. Diesen Vorwurf nehme ich gerne an, weil er für mich kein Vorwurf ist, sondern eher Anerkennung.

Der zweite Punkt betrifft die Frage, wie wir uns dem Thema Lehrermangel von der Dimension her annähern, da wir davon ausgehen müssen, nicht mehr genügend Bewerber für unsere demnächst auszuschreibenden Stellen zu finden - das Thema Quer-und Seiteneinsteiger.

Ich lese ganz viel und bin immer interessiert daran, was sozusagen der eine oder andere politische Mitbewerber hier so verlautbaren lässt.

Ich sage einmal, liebe Leute, vielleicht können wir an dieser Stelle einfach einmal das Problem so zur Kenntnis nehmen, wie es ist. Auf der einen Seite haben wir im Moment 85 Seiteneinsteiger im System. Im Moment können wir fast alle unsere Stellen noch mit grundständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzen. Das hat bestimmte Gründe, weil es offenbar bestimmte Strategien gab, sich außerhalb des Schuldienstes berufliche

Perspektiven zu suchen, sodass man jetzt in den Schuldienst eintreten kann.

Wir ziehen entgegen der Fama, die heute Morgen wieder im Raum war, aus anderen Ländern mehr Leute an, als wir abgeben.

Die Klagen, die ich von meiner sächsischen Kollegin, die jetzt leider ausgeschieden ist, immer gehört habe, dass wir raubrittermäßig in Sachsen wilderten, sind eben auch ein Befund, den wir einmal zur Kenntnis nehmen sollten. Jetzt nähern wir uns der Frage, dass wir uns öffnen müssen, und zwar in einem Maße, dass wir am Ende die Qualität dessen, was wir betreiben, nicht außer Acht lassen.

Es gibt eine schöne Zeitung im Süden des Landes, die „Mitteldeutsche Zeitung“ - Leitmedium Süd nenne ich sie ab und zu. Darin hat mir der Kollege Schumann neulich vorgeworfen, ich wäre mutlos, weil ich sozusagen das Thema nicht annähme.

Wenn mir der Vorwurf der Mutlosigkeit gemacht wird an einem Punkt, an dem ich sage, Qualität ist für mich ein oberstes Kriterium, dann bin ich gern mutlos, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Eva Feußner, CDU, und von Angela Gorr, CDU)

An dieser Stelle will ich nicht, dass wir am Ende zum Zahnarzt gehen und uns im Regelfall die Zahnarzthelferin behandelt - um das Bild einmal zu gebrauchen -, sondern wir brauchen eine Qualitätsdebatte und können nicht immer nur in Mengen und Dimensionen reden, womit das Problem überhaupt nicht abgebildet wird; denn am Ende kommt es nicht nur darauf an, dass Unterricht stattfindet, sondern darauf, dass die Kinder auch etwas lernen. Diesen Aspekt vermisse ich gelegentlich in Debatten in diesem Landtag. Darauf werde ich jedenfalls nicht setzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

An dieser Stelle ist es deswegen umso wichtiger, dass wir uns dem Thema Ein- und Zwei-FachLehrer widmen. Ich biete ausdrücklich an, dass wir diese Diskussion im Landtag führen können. Aber, liebe Leute, wer von Schule auch nur ein bisschen Ahnung hat, der weiß, dass der ZweiFach-Lehrer in der KMK normiert und anerkannt ist. Die ganzen Dimensionen, die wir hier haben, müssen sowieso erst einmal von der Kultusministerkonferenz anerkannt werden.

Dann frage ich mich auch: Für die Schulorganisation ist es von elementarer Bedeutung, dass wir im Regelfall einen Zwei-Fach-Lehrer in den Schulen haben. Sonst kriegen wir die Unterrichtsorganisation nicht hin.

(Zustimmung von Eva Feußner, CDU)

Wer hier so leichtfertig immer sagt, der Tullner sei zu unflexibel, zu starr, zu doof oder irgendetwas, um sozusagen dem Ein-Fach-Lehrer Tür und Tor zu öffnen, der erkläre das in den Debatten bitte einmal genau den Leuten, die zwei Fächer studiert haben und am Ende sagen müssen: Ich habe zwei Fächer studiert und kriege dasselbe Geld wie der, der nur ein Fach hat. Diese Diskussion über Gerechtigkeit, Bezahlung und andere Dimensionen im Lehrerzimmer führen wir dann aber sehr offensiv. Dann bin ich einmal sehr gespannt darauf, wie kleinlaut einige Akteure dann aus diesen Debatten herausgehen werden, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Der dritte Punkt, den dieser Gesetzentwurf anbietet, betrifft die Frage, wie wir es schaffen, dem Eindruck entgegenzutreten, dass freie Schulen bei der Anerkennung von Lehrern anders behandelt würden, dass wir uns sozusagen andere Maßstäbe zumuteten als ihnen. Das wird an der Stelle glatt gezogen. Ich denke, es ist ein Beitrag zur partnerschaftlichen Gerechtigkeit, die wir uns im Schulsystem, zwischen dem staatlichen und dem System der freien Schulen, zumuten.

Das Thema freie Schulen bietet mir noch einmal ganz kurz Gelegenheit, auf einen anderen Punkt hinzuweisen. In der Koalitionsvereinbarung wurden an dieser Stelle ganz klare Wege aufgezeigt. Ich habe das Thema der Entwicklung der Finanzierung von freien Schulen nicht angefasst, weil wir auf dieses Gutachten warten.

Wir wissen alle, dass wir in Kenia manchmal ein paar Probleme haben, Dinge auf den Punkt zu bringen. Wir haben es geschafft. Das Gutachten ist mit Stand heute ausgeschrieben worden, sodass wir im Verfahren sind.

Es wird aber alles eine Weile dauern. Deswegen bin ich mir bewusst und habe auch wahrgenommen, dass wir diese Dimension in der Gesetzesberatung, wie sich die Finanzierung der freien Schulen darstellt, bis dieses Gutachten Wirkung entfaltet, noch einmal in den Blick nehmen müssen. Ich habe auch gehört, dass sich die Koalitionsfraktionen dessen annehmen wollen. Ich halte es auch für außerordentlich richtig, weil die Diskussionen ganz offensichtlich und offenkundig dieser Tage schon das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben.

Der vierte Punkt ist ein relativ kurzer, aber wichtiger, weil wir in Deutschland immer in dem Bemühen, den Bildungsföderalismus so zu gestalten, dass er den Herausforderungen einer globalisierten Welt gerecht wird, ihn dahin gehend ausarbeiten müssen, dass die Anerkennung von Lehrern innerhalb von Deutschland reibungslos und