Protokoll der Sitzung vom 02.06.2016

Herr Lehmann, bitte.

Vielen Dank für das Wort. - Ihre Rede hat mir ganz gut gefallen. Ich hätte gern gewusst, wie Sie zu der Vergütung bzw. Besoldung der Lehrer im Rahmen der stattfindenden Einstellungsdebatte stehen.

Aus der Vergangenheit kann ich für den Bereich der Lehrer, Pädagogik, öffentlicher Dienst in

Sachsen-Anhalt sagen, es gibt drei Lehrer: Die Lehrer A, B und C. Der erste ist Beamter, der zweite ist Angestellter und der dritte ist als pädagogischer Mitarbeiter beschäftigt und macht aufgrund von Ausfällen genauso viel Unterricht wie die Lehrer A und B. Es gibt drei unterschiedliche Besoldungen. Beide machen eine Stunde Matheunterricht, der eine hat die Besoldung X, der andere die Besoldung Y und der Dritte hat die Besoldung Z.

Ich kenne auch Fälle, dass in der Pädagogik, wie auch generell im öffentlichen Dienst SachsenAnhalts, Leute eingestellt und bezahlt werden, bei denen seit zehn Jahren der Begriff „Wahrnahme der Amtsgeschäfte“ auf ihren Zuweisungszettel vermerkt ist. Das betrifft Schulleiter, die die Amtsgeschäfte als Schulleiter wahrnehmen und seit zehn Jahren ohne Aussicht darauf zum Beispiel, den Dienstposten zu bekommen, als Physiklehrer laufen. Wird dieses Unrecht im Bereich der Besoldung bei dieser Initiative auch angegriffen? Oder wie würden Sie das sehen?

Bitte.

Grundsätzlich bestehen all diese Probleme. Es sind aber zwei Seiten der gleichen Medaille. Es geht um die gleichen Beschäftigten. Auch diese Probleme hängen zum Teil miteinander zusammen, aber nicht in jedem Fall.

Die Frage, dass pädagogische Mitarbeiterinnen vielfach für Unterrichtsaufgaben eingesetzt werden, ist ein Missstand, der aus zweierlei Gründen beendet werden muss, und zwar nicht in erster Linie aufgrund der von Ihnen angesprochenen Vergütungsproblematik, sondern in erster Linie, weil die Arbeit der pädagogischen Mitarbeiterinnen als eine ganz spezielle Profession, die nicht die Profession von Lehrkräften ist, in den Schulen gebraucht wird.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das heißt, wir dürfen auch keine Entwertung dieser Arbeit betreiben, indem wir sagen, wenn sie da sind, dann ist es gut, und wenn sie für den Unterricht gebraucht werden, dann setze ich sie dafür ein; denn sie sind ja vorhanden.

In der Not passiert das immer einmal. In der Not passieren immer alle Geschichten in der Schule. Aber die Dimensionen, die inzwischen erreicht sind, die wir auch statistisch nachweisen können, sind viel zu groß; sie unterscheiden sich auch zwischen den Schulformen. Sie sind in den Grundschulen und in den Förderschulen sehr groß und nehmen in den weiterführenden Schulen bis hin zum Gymnasium ab.

Zu der unterschiedlichen Bezahlung der Lehrkräfte. Vielleicht ist es eine gute Gelegenheit, auch in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinzuweisen: Die Gewinnungsprobleme, die wir haben werden - daran haben wir keinen Zweifel -, sind Probleme der Ausbildung, weil Lehrkräfte in einem hohen Masse eine regionale Verortung haben. Wir sind davon überzeugt, dass ich das, was ich im Lande nicht ausbilde, auch am Ende nicht einstellen kann.

Insbesondere in den Außenregionen, wie Gräfenhainichen, Harzgerode, Stendal oder dem Burgenlandkreis, haben wir große Probleme, Lehrkräfte zu gewinnen. Diese muss man aus den Regionen gewinnen und auch in der Region ausbilden. All diese Dinge stehen auf der Tagesordnung und haben mit der Frage der Ausbildung zu tun.

Besoldungsmäßig haben wir keine Standortnachteile. Im Gegenteil: Wir haben eher Standortvorteile.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Wir haben gute Arbeitszeiten!)

- Das wurde auch etwas von uns angetrieben oder von uns verhindert, was die Verschlechterung betrifft. In meiner alten Funktion als Mitglied der GEW darf ich das einmal sagen.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Dar- über können wir mal reden!)

Wir haben weder bei der Frage der Arbeitszeit noch bei der Frage der Vergütungsbedingungen Standortnachteile. Wir haben noch ein paar Baustellen im Besoldungsgesetz, die wir auch noch ansprechen werden.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Rich- tig!)

Aber diese sind nicht so groß.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Die gehen wir auch an!)

Im Grunde haben wir in diesem Bereich kein Problem, insbesondere nicht bei der Frage der Verbeamtungen, wobei ich davon überzeugt bin, dass die Frage, ob verbeamtet wird oder nicht, zwar in dem Fall, in dem die Konkurrenz groß ist, eine Rolle spielt, aber andere Fragen, wie die Arbeitszeit und die Einsatzperspektiven eher eine größere Rolle spielen.

Die angesprochenen Statusunterschiede gibt es. Sie stellen auch ein Problem dar. Wir können sie aber von der Stelle aus nicht lösen. Wir müssen über die Ausbildung sprechen. Das werden wir übrigens auch im September machen. Ich kann bereits ankündigen, dass wir auch in dieser Frage viel größere Schritte gehen müssen, als wir es bisher gemacht haben.

Herr Lippmann, noch einen Augenblick. Herr Raue hat sich noch eine Frage überlegt. Möchten Sie die Frage beantworten?

Herr Raue, bitte.

Sehr geehrter Kollege, haben Sie auch das Gefühl, dass der aktuelle Integrationsdruck an den Schulen dazu führt, dass unsere eigenen Kinder ihre Bildungschancen reduziert sehen müssen?

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Herr Lippmann, bitte.

Ich beantworte das einmal anders. Schule ist in dem Moment, in dem die Schultür aufgeht, mit der gesamten Bandbreite von Problemen in der Gesellschaft konfrontiert. Denn die Kinder, die Jugendlichen und die Heranwachsenden sortieren nicht, ob sie ihre Probleme draußen lassen oder in die Schule hineinbringen.

Die Schule muss mit diesen Problemlagen klarkommen. In aller Regel kommt sie damit auch klar, wenn sie ausreichend und entsprechend qualifiziertes pädagogisches Personal hat, und zwar nicht nur Lehrkräfte, sondern auch pädagogische Mitarbeiterinnen.

Es gibt in der Schule natürlich immer Probleme, auch erhebliche Probleme, auch Probleme der Überlastung und des Verschleißes, wenn dieses Verhältnis zwischen Schüler und Personal unter die Räder kommt, weil dann ein Arbeitsaufwand verlangt wird, der nicht zu leisten ist.

In diesem Kontext ist natürlich auch die Aufnahme von derzeit 6 000 Schülern mit einem speziellen Sprachförderbedarf zu sehen, was im Übrigen nicht nur Flüchtlings- und Asylbewerber betrifft, sondern auch EU-Migranten aus Rumänien, Bulgarien usw. Damit müssen Schulen klarkommen. Das Land stellt - zwar zu wenige, aber in nicht unerheblichem Umfang - derzeit 224 Kräfte ein; es müssten doppelt so viele sein. Es wird aber etwas getan. Wo diese Leute sind, läuft es gut und sogar sehr gut.

Die Probleme, die die Schulen mit diesen Integrationsfragen haben, sind jedenfalls kleiner als die Probleme, die sie mit anderen Fragestellungen haben, angefangen bei flexiblen Schuleingangs

phasen bis hin zur Inklusion, sofern sie keine Leute haben. Wenn sie Leute haben, kommen sie mit den Problemen auch klar. Wenn sie keine Leute haben, kommen sie damit nicht klar. Diese Investitionen müssen getätigt werden. Aber es gibt kein spezielles Problem in Bezug auf die Integration von Migranten, jedenfalls nicht aus meiner Kenntnis.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Abg. Lippmann, es gibt noch eine weitere Nachfrage von Herrn Raue. - Herr Raue, bitte.

(Katrin Budde, SPD: Wir sollten die Fragen mal begrenzen!)

Ist es denn nicht tatsächlich so, dass dadurch, dass wir das Personal nicht haben und das Problem aktuell nicht lösen können, die Bildungssicherheit unserer eigenen Kinder gefährdet wird,

(Katrin Budde, SPD: Was? Bildungssicher- heit? - Sebastian Striegel, GRÜNE: Alle Kinder brauchen Bildung!)

nicht nur durch die zurückliegende Flutung des Bildungssystems, sondern auch durch die anstehende? - Denn das Problem wird nicht geringer werden, sondern es wird eher an Schärfe zunehmen.

(Katrin Budde, SPD: Einfach Nein sagen!)

Ich kann Ihnen nur empfehlen, Schulen, vorzugsweise Grundschulen, zu besuchen; denn dort sind die meisten Kinder mit Migrationshintergrund zu finden, dort finden Sie die größten Konzentrationen.

Wir haben Grundschulen, die nicht besonders groß sind, in denen 20, 30, 40, 60 Kinder mit Migrationshintergrund beschult werden. Gehen Sie in die Schulen, gehen Sie in Kindertageseinrichtungen und erleben Sie, wie das die Schulen voranbringt, wie es die Kreativität, die Auseinandersetzungsbereitschaft sowohl der Lehrerinnen und Lehrer, der pädagogischen Mitarbeiter als auch der Kinder fördert, und wie es sie bewegt und begeistert. An dieser Stelle gibt es Entwicklungen - das kann ich Ihnen sagen -, die herzergreifend sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Lippmann. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/60 ein.

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass es einen Antrag auf Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Kultur sowie in den Ausschuss für Finanzen gibt. Mit der Federführung soll der Ausschuss für Bildung und Kultur beauftragt werden. Habe ich das so richtig verstanden?

(Zurufe: Ja!)

Dann bitte ich Sie, darüber abzustimmen, den Antrag in der Drs. 7/60 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich glaube, das ist einstimmig. Gegenprobe! - Gibt es Stimmenthaltungen? - Nein. Dann war das einstimmig. Der Antrag ist überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 16 erledigt.

Wir kommen zu dem letzten Tagesordnungspunkt für heute:

Tagesordnungspunkt 17