Protokoll der Sitzung vom 28.09.2018

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ist das Selbstüberschätzung?)

muss der Minister hier sein.

(Chris Schulenburg, CDU: Er ist bei Polizei- beamten, Herr Büttner! - Zuruf von Tobias Rausch, AfD - Weitere Zurufe - Unruhe)

Nun kriegen wir uns alle wieder ein. Frau Brakebusch hat sich noch einmal gemeldet und sie bekommt das Wort für eine kurze Nachfrage.

Meine kurze Nachfrage: Ist Ihnen bewusst, dass der Minister heute bei einer wichtigen Konferenz ist, an der alle Innenminister teilnehmen, um diese wichtigen Themen zu besprechen? Ich denke, es ist ganz wichtig, dass er selbst als sogenannter

Hausherr - er ist der Vorsitzende der Innenministerkonferenz - dabei ist.

Ich möchte Ihnen noch einen kleinen Hinweis geben. Sie haben vorhin gesagt: Brüllen Sie nicht dazwischen! Wenn ich brülle, das haben Sie noch nicht erlebt und wollen Sie sicher auch nicht.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Sie haben mich missverstanden; denn zu Ihnen habe ich das nicht gesagt. Dann ist es falsch herübergekommen; dafür entschuldige ich mich. Ich habe Sie damit in keiner Weise gemeint.

Gut, dann hätten wir das jetzt geklärt.

(Unruhe bei der AfD)

Ich möchte an die Kritik von Herrn Büttner anknüpfen. Über dieses Thema müsste in der AfDFraktion einmal geredet werden. Natürlich wird auch im Ältestenrat kritisch über die Entschuldigungen von Ministern geredet. Im Ältestenrat gibt es sehr wohl auch Debatten dazu, ob die Entschuldigung eines Ministers akzeptabel ist oder nicht.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wir haben so- gar schon welche abgelehnt!)

Das ist aber in dem Fall durch die Vertreter der AfD-Fraktion nicht gemacht worden. Deswegen bitte ich darum, wenn es solche Probleme gibt, diese fraktionsintern zu klären. Und dann müssen Sie, Herr Büttner, mit den Mitgliedern Ihrer Fraktion, die dem Ältestenrat angehören, ins Gericht gehen, die offensichtlich die Prioritätensetzung des Ministers akzeptiert haben, die das anders gesehen haben als Sie.

Wenn es erst einmal soweit ist, dann brauchen wir nicht mehr darüber zu jammern, dass die Minister nicht anwesend sind. Im Ältestenrat muss gegebenenfalls ein Beschluss gefasst werden, dass der jeweilige Minister nicht entschuldigt werden darf. Das ist die einzige Variante, wie wir damit umgehen können.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Wir sind am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Eine Überweisung der Anträge ist nicht beantragt worden. Deswegen stimmen wir jetzt über die Anträge ab.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Ursprungsantrag der AfD-Fraktion in der Drs. 7/3376. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um

das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer ist dagegen?- Das sind die Koalitionsfraktionen, ein fraktionsloser Abgeordneter und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 7/3411. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen, die AfD-Fraktion und ein fraktionsloser Abgeordneter. Gibt es Gegenstimmen? - Nein. Gibt es Stimmenthaltungen? - Die Fraktion DIE LINKE enthält sich der Stimme. Somit ist der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen angenommen worden.

Damit können wir den Tagesordnungspunkt 16 schließen und kommen zum

Tagesordnungspunkt 17

Beratung

Uneingeschränkte polizeiliche Vollzugshilfe für Gerichtsvollzieher

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/3377

Einbringer für die AfD-Fraktion ist der Abg. Herr Kohl. Herr Kohl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag wollen wir die Vollzugshilfe der Polizei für die Gerichtsvollzieher bei Vollstreckungshandlungen wieder verpflichtend machen.

Die Gerichtsvollzieher verzeichnen eine zunehmende Gewaltbereitschaft und in zunehmendem Maße Anfeindungen von Titelschuldnern bei Vollstreckungsversuchen. Nach Angabe des Landesverbandes der Gerichtsvollzieher in Sachsen-Anhalt scheitern Vollstreckungshandlungen häufig an Gewaltandrohung und Gewaltanwendung. Dies hat mehrere Ursachen und liegt nicht nur an der Art und der Eingriffstiefe der Maßnahmen, sondern mitunter auch an der schwierigen Klientel.

Gerichtsvollzieher haben es zum Beispiel mit psychisch kranken Personen zu tun, also mit Menschen, deren Verschuldung oder Lebenssituation nicht selten auch Folge ihrer Erkrankung ist. Gerichtsvollzieher bekommen es auch mit renitenten Staatsverweigerern zu tun. Beispielhaft sei an den Fall Adrian U. in Reuden erinnert.

Besonders problematisch sind Kindeswegnahmen oder Zwangsräumungen. In diesen Fällen ist eine Eskalation aufgrund der emotional aufgeladenen Situation jederzeit möglich, wie der Fall an der Grundschule in Helbra im März 2018 gezeigt hat.

Eine Eskalation kann nie zu 100 % ausgeschlossen werden, auch wenn die Polizei eine Einzelfallprüfung und eine Gefährdungsbewertung vornimmt und nach Datenlage keine Gefährdung erkennt.

Ebenfalls problematisch sind Schuldner aus kulturfremden Kreisen. Diese akzeptieren zum Teil keine Gerichtsvollzieherinnen bzw. nehmen diese nicht ernst. In diesen Fällen ist eine Vollstreckung ohne Unterstützung der Polizei nicht möglich. Gerade in dieser Woche musste eine Voll

streckungsmaßnahme in einem Dönerladen abgesagt werden, weil die Polizei nicht ausreichend Personal zur Unterstützung zur Verfügung stellen konnte. Der Grund war, dass aufgrund der Gefährdungsbewertung der Polizei statt der üblichen zwei Beamten sechs Beamte hätten eingesetzt werden müssen. Dafür war schlicht und einfach das Personal nicht vorhanden. Es ist also auch die schlechte Personalsituation bei der Polizei, die die Arbeit der Gerichtsvollzieher erschwert.

Sie sehen also, dass die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers gefahrengeneigt ist, weswegen diese schon jetzt eine stichfeste Weste tragen, wenn Indizien für eine mögliche Gewaltanwendung bei der Amtshandlung vorliegen. Eine Unterstützung der Polizei ist in diesen Fällen jederzeit sicherzustellen. Verhinderte Vollstreckungen oder mangelnde Rechtspflege haben für Sachsen-Anhalt und seine Kommunen konkrete Folgen bei der Unternehmensansiedlung. Eine schnelle und effektive Titelvollstreckung stärkt das Vertrauen der Gläubiger in den Rechtsstaat. Für unternehmerische Standortentscheidungen ist die Einbringlichkeit von Schulden in einer Region ein Kriterium für die Ansiedlung.

Säumige Schuldner bedrohen zudem die berufliche Existenz von Kleinunternehmen, Handwerkern und Selbstständigen. Bei nicht durchgeführten Titelvollstreckungen drohen zudem Steuerausfälle.

Zu den vorgenannten Problemen kommt die schwierige Personalsituation hinzu. Durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung wurde im Jahr 2017 ein Bedarf von 160 Gerichtsvollziehern ermittelt; dem steht ein Personalbestand von 136 Gerichtsvollziehern gegenüber. Das bedeutet, 15 % der Stellen oder jede sechste Stelle ist unbesetzt. Dies erhöht den Arbeitsdruck und macht eine überaus effiziente Arbeitsweise für die Aufgabenerledigung notwendig.

Wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes hat diese Berufsgruppe eine ungesunde Altersstruktur. Auch dort steht die Alterspyramide auf dem Kopf bzw. auf der Spitze. In Anbetracht der kläglichen Einstellungszahlen ist eine Verbesserung der Personalsituation nicht zu erwarten.

Verbessern lässt sich die Effizienz der Titelvollstreckung durch eine Klarstellung des im Antrag

erwähnten Runderlasses des MI und des MJ aus dem Jahr 2007, mit dem das SOG am Gesetzgeber vorbei eingeschränkt worden ist. § 50 Abs. 1 SOG sieht nämlich kein Entschließungsermessen vor. Nach der Aussage des Landesverbandes der Gerichtsvollzieher ist es auf der Grundlage des Runderlasses möglich geworden, dass die Polizei auch dann keine Präsenz zeigt, wenn der Gerichtsvollzieher vorher schriftlich um Vollzugshilfe gebeten hatte. Daran scheitern Vollstreckungen. Uns wurde versichert, dass das kein Einzelfall ist.

Wohlgemerkt: Uns geht es nicht darum, dem Gerichtsvollzieher beim Vollstrecken zur Hand zu gehen; vielmehr geht es darum, ihm mit unmittelbarem Zwang Schutz zu gewähren, wenn dieser erforderlich sein sollte. Oft reicht eine Hintergrundpräsenz aus, um eine Eskalation zu vermeiden.

Hinzu kommt, dass Gerichtsvollzieher keine erweiterte Auskunft aus dem Melderegister einsehen können. Sie wissen also nicht, ob der Schuldner im Besitz legaler Waffen ist oder nicht. Das weiß allerdings die Polizei; sie kann ihrerseits das Gefährdungspotenzial bewerten.

Mit der von uns geforderten verpflichtenden polizeilichen Vollzugshilfe schließt Sachsen-Anhalt wieder an den Standard der anderen Bundesländer an.

Wir haben übrigens nichts dagegen, dass die Vollzugshilfe schriftlich und nicht ad hoc anzufordern ist, damit diese in die Dienstplanung einbezogen werden kann. Natürlich ist die uneingeschränkte polizeiliche Vollzugshilfe weder als Unterstellung der Polizei unter den Gerichtsvollziehern noch als vorrangige Aufgabe der Polizei zu verstehen. Insbesondere das Auswahlermessen verbleibt bei der Polizei. Diese entscheidet auch, wie dringlich der konkrete Einsatz ist. Gegebenenfalls wird sich der Gerichtsvollzieher gedulden müssen, wenn eine andere ungeplante polizeiliche Maßnahme Vorrang hat und sich im Einzelfall die Vollzugshilfe verzögert. Dazu sind beiderseitige Absprachen unerlässlich. Lediglich ein Ignorieren und ein pauschaler Verweis auf dringendere Dienstgeschäfte sollen nicht länger möglich sein.

Gerichtsvollzieher refinanzieren sich selbst. Wenn das Land schon nicht genügend Gerichtsvollzieher, zum Beispiel über einen Seiteneinstieg oder aus dem Kreis der Justizsekretäre gewinnen kann, dann sollte das Land zumindest für normale Arbeitsbedingungen der verbliebenen Gerichtsvollzieher sorgen. Dazu gehört regelmäßig die Zusammenarbeit mit der Polizei, die so reibungslos wie möglich gestaltet werden muss.

Wir möchten den Gerichtsvollziehern, die Rechtspflege betreiben und damit auch einen wichtigen Beitrag für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt leisten, die polizeiliche Unterstützung erhal

ten, die für die Durchführung der Vollstreckungshandlungen notwendig ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen an den Redner. Deswegen kommen wir zu der Dreiminutendebatte. Zuvor spricht für die Landesregierung Ministerin Frau Keding, die Minister Herrn Stahlknecht vertritt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sieht man sich die Begründung zu diesem Antrag an, ist man versucht, Ihnen zu empfehlen, beim Lesen eines juristischen Kommentares nicht nur die Randnummer 1 zu einem Paragrafen zu lesen, sondern auch die nachfolgenden Randnummern zu studieren.

(Zustimmung bei der SPD und von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Hätten Sie dies getan, dann hätten Sie in der Randnummer 3 des von Ihnen erwähnten Kommentars gelesen, dass § 50 Abs. 1 SOG LSA gerade nicht im Rahmen der von den Polizeibehörden zu leistenden Justizhilfe anzuwenden ist. Die Justizhilfe ist ein besonderer Fall der Amtshilfe und ist nicht uneingeschränkt zu leisten. Genau dies bringt die Erlassregelung - „sofern nicht andere dringende Dienstgeschäfte entgegenstehen“ - zum Ausdruck.