Bekannt wurde auch, dass Klemme Fördermittel des Landes dafür beantragte und erhielt. Man versprach die Schaffung von 295 Arbeitsplätzen. Gleichzeitig wurde in Immekath nicht mehr in nennenswertem Umfang investiert. Der Standort Immekath war somit bereits seit 2014 bewusst und geplant aufs Abstellgleis geschoben worden.
Trotzdem beantragte und erhielt Klemme Fördermittel. Soweit mir bekannt ist, waren dies Mittel in Höhe von rund 5 Millionen €. Nun soll der Standort Fricopan in Immekath geschlossen werden. Mehr als 500 Beschäftigte sollen auf der Strecke bleiben. Das heißt also rein rechnerisch: Das Land hat letztendlich minus - minus! - 205 Arbeitsplätze gefördert. Schon deshalb muss man Klemme und Fricopan zusammen betrachten.
Ähnlich gelagert ist auch der Fall des Backwarenunternehmens Lieken. Lieken kündigte im vergangenen Jahr an - das war auch Thema hier im Landtag -, ein neues Werk in Wittenberg zu errichten, das Ganze mit Mitteln in Höhe von mehr als 11 Millionen € durch das Land Sachsen-Anhalt gefördert. Gleichzeitig schließt Lieken den Standort Weißenfels. Auch hier - betrachtet man die reine Anzahl der Arbeitsplätze - ist das ein reines Minusgeschäft.
Tolle Förderpolitik, sage ich da nur. Kein Wunder, wenn wir im Bundesvergleich Schlusslicht in der wirtschaftlichen Entwicklung sind.
Als Betriebsrat, als Gewerkschafter und als jetziger Landtagsabgeordneter sage ich deshalb noch einmal klar und deutlich: Für mich ist dies eine Form von missbräuchlicher Verwendung von Fördermitteln.
Wenn im selben Konzern an einem Standort, noch dazu im selben Bundesland, Fördermittel in Anspruch genommen werden und ein anderer Standort gleichzeitig geschlossen wird, so ist das eine Form von Missbrauch. Für so etwas sind Fördermittel und andere Investitionshilfen grundsätzlich nicht da.
Dazu noch einige Zahlen zu angeblich geschaffenen zusätzlichen Arbeitsplätzen. Bereits seit Mitte 2015 wurden in der Fricopan Back GmbH Immekath Arbeitsplätze auf verschiedenste Art und Weise sukzessive abgebaut. Im Juli 2015 betrug die Beschäftigtenzahl noch 548, bereits im Dezember 2015 nur noch 529 und per März 2016 gerade einmal 508. Dazu muss man wissen, dass dort im Durchschnitt regelmäßig und dauerhaft noch 40 bis 50 Leiharbeiter beschäftigt waren, die nun auch weggefallen sind bzw. ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Mit dem Neubau des Werks 7 der Klemme GmbH in Eisleben sollten 295 Arbeitsplätze mehr entstehen. Entsprechend internen Daten ging die Gesamtbeschäftigtenzahl aber zurück. Laut Bilanz der Klemme AG für das Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Beschäftigtenanzahl im Juli 2014 1 585 Mitarbeiter. Laut internen Daten waren es im Juli 2015 1 798 Beschäftigte und per März 2016 nur noch 1 718 Beschäftigte. Dies zeigt, dass von Mitte 2014 bis März 2016 nicht einmal die Hälfte der geforderten Arbeitsplätze bei der Klemme GmbH entstanden ist.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich frage Sie somit: Wo sind denn die versprochenen Arbeitsplätze geblieben? Wer kontrolliert so etwas? Wie wird so etwas kontrolliert? - Man könnte sogar die Vermutung anstellen, dass zwischen dem Fördermittelerhalt und dem Bonus für Herrn Kilian, den Chef des Backwarenkonzerns Aryzta, im Jahr 2014 ein Zusammenhang besteht. Er verdiente im Jahr 2014 mit rund 5,9 Millionen Franken 44 % mehr als im Vorjahr. Das sind also rund 5,33 Millionen €, wobei man hier von „verdienen“ wirklich nicht sprechen kann.
Wirtschaftskonzerne bzw. Heuschrecken wie dieser Aryzta-Konzern, die allein schon durch ihre Größe eine faktische Macht haben, die stärker und nachhaltiger wirkt als zum Beispiel unser Parlament, die keinerlei Innovation und Nach
Letztendlich müssen Monopolstrukturen überwunden werden. Wir müssen nicht nur darüber nachdenken, wie das Handwerk, der Mittelstand, die Landwirtschaft, das Dienstleistungsgewerbe und die öffentliche Daseinsvorsorge in der Altmark bzw. in ganz Sachsen-Anhalt gestärkt werden können, sondern auch handeln. Wir müssen uns stärker für die kleinen und mittleren Unternehmen, die hier sind und die zu uns kommen wollen, einsetzen; denn das sind die Zukunftsträger.
Das sind diejenigen, die Arbeitsplätze langfristig installieren und ein ureigenes Interesse daran haben, dass der Laden lange und ausgiebig läuft.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! DIE LINKE und mein Vorgänger Frank Thiel sprachen seit Jahren über die falsche Ansiedlungspolitik. Man hat mit den Versprechen von Fördermillionen Heuschrecken angelockt und wundert sich nun, dass sich diese auch so benehmen. In den letzten 25 Jahren war die Quantität der Arbeitsplätze sicherlich ein wichtiger Faktor, doch jetzt, im Zeitalter des Fachkräftemangels, muss es mehr um die Qualität der Arbeitsplätze gehen. Es muss also um die Schaffung und den Erhalt von hochwertigen und mitbestimmten Arbeitsplätzen gehen.
Die jetzigen Regelungen zur Fördermittelvergabe sind einfach veraltet. Eine Schwerpunktsetzung auf die einzelbetriebliche Förderung, vor allem von Großunternehmen, wird der Struktur von Sachsen-Anhalt einfach nicht mehr gerecht. Es muss Schluss sein mit der Förderung von verlängerten Werkbänken. Wenn wir Unternehmen fördern, dann soll, bitte schön, die Unternehmens- bzw. Konzernführung sowie - das halte ich für besonders wichtig - die jeweilige Entwicklungs- und Innovationsabteilung auch hier in SachsenAnhalt sitzen oder hierher kommen.
Auch junge und neue Unternehmer müssen mehr unterstützt werden, zum Beispiel beim Erwerb oder Neuaufbau von Firmen. Andere Bundesländer sind uns dabei schon weit voraus. Die Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben, kleine und mittelständische Unternehmen und vor allem auch regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern. Nur steht leider nicht dabei, wie Sie das tun wollen.
Vielleicht hilft Ihnen ein Blick nach Thüringen. Schauen Sie sich deren Richtlinie zur Förderung von wirtschaftlichen Infrastrukturvorhaben und sonstigen Maßnahmen zur Unterstützung der Regionalentwicklung einmal genauer an. Dort werden auch Bildungseinrichtungen, zum Beispiel der ergänzenden überbetrieblichen Berufsausbildung, regionalwirtschaftliche Entwicklungskonzepte sowie Regionalmanagement gefördert. Das, finden wir, ist ein nachhaltiger und zukunftsfähiger Ansatz für unsere Wirtschaftsstruktur in SachsenAnhalt.
Mit unserem Antrag haben wir einen Vorschlag unterbreitet. Wir sind aber natürlich auch gern bereit, weitere, zielführende Diskussionen mit konkreten Vorschlägen dazu im Ausschuss zu führen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Die angekündigte Schließung des Fricopan-Werkes in Immekath hat uns alle sehr betroffen gemacht. Die Entscheidung des Schweizer Eigentümers Aryzta war schmerzhaft, und sie ist es immer noch, sowohl für die rund 500 Beschäftigten als auch für die gesamte westliche Altmark. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir die FricopanMitarbeiter jetzt nicht alleinlassen.
Aktuell bemühen wir uns intensiv darum, einen neuen Investor für dieses Werk zu finden. Dazu haben sich die Experten der Investitions- und Marketinggesellschaft IMG vor Ort ein umfassendes Bild gemacht. Sie suchen jetzt im Auftrag des Landes mit Hochdruck nach potenziellen Investoren, um dann den Kontakt zum Schweizer Mutterkonzern herzustellen.
Bis gestern Abend hat die IMG rund 200 Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie angerufen bzw. angeschrieben. Parallel dazu recherchieren die Ansiedlungsexperten, für welche ausländischen Firmen aus der Ernährungswirtschaft das Fricopan-Werk interessant sein könnte. Auch Branchennetzwerke werden intensiv genutzt.
Natürlich ist es schwierig, von jetzt auf gleich einen geeigneten Investor zu finden, da darf man sich nichts vormachen und auch die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Dennoch gilt: Wir sind es den Beschäftigten und den Menschen in der
Region schuldig, im Rahmen unserer Möglichkeiten alles erdenklich Mögliche zu tun, um eine Lösung zu finden. Das habe ich bereits mehrmals deutlich gemacht und auch bei meinem Besuch vor Ort in der Altmark am 10. Mai 2016 erläutert.
Wie gesagt, die Suche nach Investoren läuft auf Hochtouren. Sollte sich bis August 2016 keine Lösung abzeichnen, muss doch zumindest eines gesichert sein, nämlich dass der Beschäftigtenabbau sozialverträglich erfolgt. Darauf habe ich die Geschäftsleitung des Schweizer Mutterkonzerns hingewiesen und die handelnden Personen eindringlich an ihre unternehmerische Verantwortung gegenüber der Belegschaft erinnert.
Die Signale sind durchaus ermutigend. Die Geschäftsleitung von Fricopan hat zugesagt, bei einer Schließung des Standortes an tragfähigen Lösungen für die Beschäftigten mitzuarbeiten. Die Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan haben jetzt begonnen. Auch dazu bleibe ich mit den Verantwortlichen in einem permanenten Gespräch. Ein weiteres Treffen dazu wird bereits in der kommenden Woche stattfinden.
Im Zusammenhang mit der angekündigten Schließung des Fricopan-Werkes in Immekath machte in der Vergangenheit auch das Wort Fördermittelmissbrauch, eben vom Kollegen Höppner noch einmal aufgerufen, die Runde. Klar ist: Man muss Unternehmen kritisieren, wenn sie Fördermittel in Millionenhöhe erhalten und kurz nach Ablauf der meist fünfjährigen Bindungsfrist den Standort verlagern oder schließen.
Die andere Seite der Medaille ist, dass Unternehmen immer am Markt agieren müssen. Dieser Markt kann sich mit der Zeit verändern. Fricopan ist letztmals im Jahr 2007, also vor fast zehn Jahren, mit öffentlichen Mitteln gefördert worden. Seitdem hat sich der Markt für Backwaren deutlich geändert - laut Aryzta einer der Gründe für die angekündigte Schließung.
Die entscheidende Frage für uns lautet: Können wir die Förderpolitik so anpassen, dass derartige Fälle künftig ausgeschlossen sind? Muss man also die Investitionsförderung aus der Bund-LänderGemeinschaftsaufgabe GRW grundsätzlich auf den Prüfstand stellen?
Dazu möchte ich Ihnen ganz kurz einen Überblick über die GRW-Förderung des Aryzta-Konzerns durch das Land geben.
Aryzta wurde in Sachsen-Anhalt bei der Errichtung und Erweiterung mehrerer Betriebsstätten unterstützt. Die Klemme AG, die seit dem Jahr 2013 zum Konzern gehört, ist seit dem Jahr 1992 insgesamt 15 Mal mit GRW-Mitteln gefördert worden.
Das Eisleber Unternehmen hat in diesem Zeitraum insgesamt gut 1 230 Dauerarbeitsplätze geschaffen. Aktuell laufen zwei geförderte Investitionsvorhaben. Sie umfassen ein Investitionsvolumen von 191 Millionen € und werden mit Mitteln in Höhe von 15 Millionen € aus der GRW bezuschusst.
Durch diese zwei Erweiterungen werden rund 440 neue Arbeitsplätze geschaffen. Bislang hat die Klemme AG alle Förderauflagen erfüllt. In Immekath sind die zu Aryzta gehörenden Unternehmen Fricopan Back GmbH sowie die Summer-Bake GmbH seit dem Jahr 1996 insgesamt viermal aus GRW Mitteln gefördert worden. Auch diese beiden Unternehmen haben bisher alle Förderbedingungen erfüllt.
Aktuell erfolgt aufgrund der aktuellen Situation und unserer Hinweise aus dem Ministerium eine Prüfung der Zweckbindung durch die Investitionsbank für die letzte Förderung, für die die Bindefrist Ende des Jahres 2015 abgelaufen ist.
Die Standorte des Aryzta-Konzerns in Eisleben und Immekath entwickelten sich bisher unabhängig voneinander. Die geförderten Investitionen an den zwei Standorten wurden unabhängig voneinander durchgeführt, da die Produktionslinien für verschiedene Produkte errichtet bzw. erweitert wurden.
In Eisleben liegt der Fokus auf Tiefkühlteiglingen für Brötchen, Laugengebäck und Süßgebäck. In Immekath werden - das kann Herr Höppner sicherlich bestätigen - vor allem Kräuterbaguettes und Teigtaschen produziert.
In meinen Gesprächen mit der Unternehmensleitung wurde ich darauf hingewiesen, dass der Markt für die bei Fricopan hergestellten Produktgruppen schrumpft. Eine Neuorientierung und der damit erforderliche Umbau seien aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Das kann ich letztlich nicht exakt bewerten.
Erstens. Hätte die Entwicklung des Standorts durch andere Förderbedingungen beeinflusst werden können?