Dies sollte nicht etwa so sein, weil wir uns aus bestimmten religiösen, ethischen oder sonstigen Motivationen heraus eine Wegwerfmentalität versagen sollten. Diese Motive spielen sicherlich eine nicht zu unterschätzende Rolle. Doch stehe ich auf dem Standpunkt, dass alles, was der Mensch noch in irgendeiner Form verwerten oder nutzen kann, auch so zur Anwendung kommen sollte.
Hier, in dieser Beschlussempfehlung, sind es Lebensmittel, die uns täglich begleiten und zu einer zweckentsprechenden Praxis auffordern, nämlich des Gebrauchs in Form des Verzehrs.
anleitungen vor dem Hintergrund durchgeführter Studien, Programme und ehrenamtlichen Engagements aufgezeigt. Sie erscheinen selbstverständlich, sind es aber im Alltag oft nicht.
Ich möchte exemplarisch die Notwendigkeit herausstellen, das allseits bekannte Mindesthaltbarkeitsdatum auf Lebensmitteln einer stringenten Überprüfung zu unterziehen. Diese Forderung ist nicht neu, aber noch immer berechtigt. Denn wenn wir uns strikt an vorgegebenen Haltbarkeitsdaten ausrichten, dann wird die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln nicht geringer. Häufig sind Lebensmittel im Einzelfall noch verwertbar, auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. An dieser Stelle ist die Urteilsfähigkeit des Verbrauchers zu stärken,
der entscheiden muss, ob er ein Lebensmittel noch verzehren kann oder nicht. Wie oft ist der Joghurt oder der Apfel vermeintlich in seiner Frische beeinträchtigt, ohne jedoch ungenießbar geworden zu sein. Fragen wir uns einmal, warum wir einen Apfel in den Abfall werfen, nur weil er äußerlich nicht mehr dem Ideal entspricht, das wir uns auch bei vielen anderen Dingen in unserem Leben zum Maßstab machen.
Es gilt nach meiner Auffassung, einmal verstärkt über unsere Maßstäbe nachzudenken, die wir uns selbst auferlegen. Es gilt, unser Bewusstsein zu schärfen, wie wir mit Lebensmitteln in unserem Alltag umgehen. Das Bewusstsein ist bei vielen - seien wir ehrlich - nicht so ausgeprägt, wie es eigentlich sein sollte. Bei allen in der Beschlussempfehlung genannten Punkten schwingt diese meine Forderung zumindest unterschwellig mit.
Ich komme gleich zum Ende. - Deshalb bitte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit Ihrer Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung zu dokumentieren, wie wichtig und notwendig ein verändertes Bewusstsein für diese Problematik in unserer Gesellschaft ist.
Gestatten Sie mir bitte einen allerletzten Satz, Herr Präsident. - Die Ausgabe der „FAZ“ vom gestrigen Tage zeigt uns auf, dass auch die Umwelt durch diesen Umgang mit Lebensmitteln beeinträchtigt wird. So werden zum Beispiel 2,6 Millionen ha landwirtschaftliche Fläche umsonst bewirtschaftet, was zu 48 Millionen t erzeugter Treibhausgase führt. Also auch in diesem Sinne: Geht
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Kolze für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. Frau Eisenreich, Sie haben das Wort.
Danke schön. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor fast zwei Jahren hat die Fraktion DIE LINKE den Antrag zum Thema Wegwerfverbot für Lebensmittel hier im Plenum gestellt. Dieser Antrag enthielt drei konkrete Punkte, mit deren Hilfe wichtige Schritte zur Reduzierung der Menge weggeworfener Lebensmittel unternommen werden sollten.
Immerhin sind es deutschlandweit jährlich 11 Millionen t Lebensmittel, die weggeworfen werden. Mit unserem Antrag haben wir gefordert, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für ein gesetzliches Wegwerfverbot von Lebensmitteln einsetzen sollte, wie es übrigens in Frankreich und Italien inzwischen gilt. Lebensmittelgroß- und Einzelhändler sollten unverkaufte und beschädigte, aber noch genießbare Ware als Lebensmittelspenden Wohltätigkeitsorganisationen zuleiten. Die Landesregierung war aufgefordert, bis zum dritten Quartal 2017 konkrete Umsetzungsmaßnahmen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung in Sachsen-Anhalt vorzulegen. Das war demnach vor mehr als einem Jahr.
Fast zwei Jahre lang war der Antrag im Parlament und in den Fachausschüssen unterwegs; wir haben es gehört. Doch in diesem Fall können wir nicht sagen: Was lange währt, wird gut. Ich würde eher sagen, der Berg kreißte und gebar eine Maus. Denn je länger in den Ausschüssen über den Antrag diskutiert wurde, desto weniger ist vom Ursprungsantrag übrig geblieben. Die nunmehr zahlenmäßig zwar auf zehn angewachsenen Punkte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit kaum echte Veränderungen möglich werden.
Im Rahmen der Anhörung zu dem Antrag hat sich der Beauftragte für „Brot für die Welt“ der Diakonie Mitteldeutschland in seiner Stellungnahme deutlich für eine bundesweite gesetzliche Regelung bis spätestens 2020 ausgesprochen. Dies entspricht genau der Intention unseres Ursprungsantrages.
das Gesetz konsequent umgesetzt; bis 2025 soll die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln um die Hälfte reduziert werden.
Die Fraktion DIE LINKE kann in der vorgelegten Beschlussempfehlung keinen echten Veränderungswillen erkennen, der dem Grundanliegen des Ursprungsantrages auch nur annähernd gerecht würde, und lehnt sie daher ab.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Eisenreich für die Ausführungen. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, habe ich wiederum die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren vom SPDOrtsverein Teuchern in unserem Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Frederking. Frau Frederking, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Grundlage und die Urproduktion für unsere lebensnotwendigen Lebensmittel ist die Landwirtschaft. Bisher hat alles gut geklappt. Unsere Teller sind voll, und wir sind dankbar für die Nahrungsmittel, die uns die Landwirtschaft jeden Tag mit ihrer wertvollen Arbeit gewährt.
Doch die Landwirtschaft, wie wir sie kennen, wird es in Zukunft nicht mehr geben; denn der Klimawandel ist da und die schon jetzt dramatischen Auswirkungen sind leider irreversibel. Wir erfahren extreme Wetterereignisse, und die Wetterlagen bleiben länger bestehen und wechseln nicht mehr so häufig ab, da aufgrund der globalen Erwärmung die großräumigen Winde als Motor für die Wetterwechsel abnehmen. Dieses Phänomen erleben wir schmerzlich mit der seit Monaten anhaltenden Dürre. Der Boden ist knochentrocken. Es wächst nichts.
Wenn uns andere Staaten und Bundesländer nicht helfen würden, hätten wir nicht mehr genug zu essen. Wir beklagen dramatische Ernteeinbußen nun schon das zweite Jahr in Folge. Auch in Zukunft werden wir nicht mehr so viel von der Fläche holen können. Es geht um unsere Lebensgrundlagen. Spätestens jetzt ist klar, dass die mit viel Aufwand hergestellten Lebensmittel nicht weggeworfen werden dürfen. Sie sind zu gut für die Tonne.
Ernährungssicherheit, aber auch als Baustein für eine ressourcen- und umweltschonende Landwirtschaft, wenn der Produktionsdruck von der Fläche genommen wird.
Die vorliegende Beschlussempfehlung führt geeignete Maßnahmen auf, um die weltweit mit einem Drittel angegebenen Lebensmittelverluste zu reduzieren. Ich selbst lebe in einem Stadtteil mit öffentlich zugänglichen Kühlschränken, in denen Lebensmittel zum Verschenken angeboten werden. Dieses Foodsharing funktioniert prima und sollte zum Nachahmen propagiert werden. Auch die Dose im Gepäck kann helfen, bei Buffets Lebensmittel vor der Tonne zu retten. Im angestrebten Dialogprozess können all diese konkreten Schritte erörtert werden.
In der Gesellschaft muss die Wertschätzung von Lebensmitteln wieder eine größere Rolle spielen. Zur entsprechenden Sensibilisierung bietet es sich an, verschiedene Aspekte wie die Regionalität, den Aufwand der Produktion, den Anteil des landwirtschaftlichen Verdienstes am Produktpreis und auch die Kunst des Lebensmittelhandwerks verstärkt in den Fokus zu rücken; denn was wertgeschätzt wird, wird fair bezahlt und nicht mehr weggeworfen. - Vielen Dank.
Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Frau Frederking, Sie erwähnten wieder, dass eine Lebensmittelknappheit hier im Lande zu befürchten ist. Das sehe ich anders.
Sie erwähnten wieder, dass wegen der Dürren und wegen Umweltkatastrophen eine Lebensmittelknappheit zu befürchten ist. Aber solange wir Energiepflanzen anbauen, um aus Lebensmitteln Energie herzustellen, müssen wir doch diese Diskussion nicht führen.
Ich sage nur: Mais für Biogas, Raps für Bio-Öl oder Getreide für Bio-Ethanol. Solange wir ein Drittel der Landesfläche Sachsen-Anhalts zur Energieherstellung nutzen, müssen wir doch nicht über Lebensmittelknappheit diskutieren.
Herr Gehlmann, die Dürre in diesem Jahr - es wächst gar nichts mehr. Das heißt, selbst wenn wir mehr Fläche hätten, die wir nicht für den Maisanbau für die Biogasanlagen nutzen würden, hätten wir trotzdem keine Erträge als Lebensmittel oder Futtermittel. Wenn es kein Wasser gibt, dann wächst gar nichts, auch nicht für die Biogasanlagen. Wir müssen die Fläche, die wir haben, gut aufteilen - für Lebensmittel, für Futtermittel, für die Energieerzeugung und auch für die stoffliche Nutzung. Wir brauchen zum Beispiel auch Holzprodukte, um sie beim Bauen zu verwenden. All das muss gut austariert sein.
Ein Punkt ist zum Beispiel: Es wird viel Fläche dafür verwandt, um Futtermittel zu erzeugen. Diesen Anteil sollten wir etwas reduzieren. Man sieht bei uns in der Gesellschaft die Entwicklung, dass der Konsum von tierischen Lebensmitteln schon etwas zurückgefahren wird. Es muss also alles gut austariert werden.
Wie ich vorhin sagte: Die Landwirtschaft, wie wir sie heute kennen, wird es nicht mehr geben. Wir brauchen ganz andere Maßnahmen. Es wird mit einem unglaublichen Aufwand verbunden sein, überhaupt etwas von der Fläche zu holen. Möglicherweise werden wir in Zukunft mehr Gewächshäuser haben, die uns vor diesen Wetterextremen schützen.
Vor diesem Hintergrund darf es eben überhaupt nicht mehr vorkommen, dass wir Lebensmittel wegwerfen oder dass es an anderen Stellen in der Produktionskette in großem Umfang Lebensmittelverluste gibt.
Frau Frederking, in vielen Ländern dieser Erde werden landwirtschaftliche Flächen schon mit Wasser aus Meerwasserentsalzungsanlagen bewässert. Wäre das Ihrer Meinung nach auch eine Möglichkeit für Deutschland?
- Klar haben wir kein Meer, das ist schon richtig. Aber wir sind immerhin noch ein Nationalstaat, Herr Striegel.