Wir haben damals zwei falsche Antworten und ein uneingelöstes Versprechen gehört. Erstens müsse man die AfD entzaubern. Schon das war damals großer Unsinn. Nichts, aber auch wirklich gar nichts an dieser Partei war jemals verzaubert.
Zweitens müsse man ihr mit guter Sacharbeit den Boden entziehen. Auch das, meine Damen und Herren, war schlicht Unsinn, als wäre schlechte Sacharbeit sonst eine gute Option. Überhaupt: Die Vorstellung, auf eine dramatische politische Veränderung mit einer Flucht ins UnpolitischAdministrative etwas anderes zu erreichen als noch mehr Spielraum für die extreme Rechte - diese Vorstellung ist schon grotesk. Damit zum Versprechen. Ich zitiere den Koalitionsvertrag:
„Wir sind überzeugt, dass unser gemeinsames Handeln […] die politische Kultur in unserem Land fördern wird. Dabei sucht die Koalition aktiv den Schulterschluss mit der Zivilgesellschaft.“
Ja, dieses Versprechen haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, SPD und GRÜNEN, Ihrem Koalitionsvertrag vorangestellt. Was Sie bisher nicht getan haben, ist, es als Regierungskoalition in Gänze einzulösen. Auch das macht die heutige Debatte nötig.
Einer der Tiefpunkte dieses Parlaments war ohne Frage die Rede des damaligen AfD-Fraktionsvorsitzenden Poggenburg, der nach Protesten von Studierenden in Magdeburg in diesem Plenum an dieser Stelle auftrat wie ein Nationalsozialist und forderte,
man solle ihn dabei unterstützen, diese - ich zitiere - „Wucherungen am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden“.
Wir erinnern uns an die rassistische Rede in NPDManier über Menschen aus der Türkei, an Herrn Lehmanns Diffamierung von Geflüchteten als Vergewaltiger, an die Beschreibung von Männern, die vor Frauenhäusern randalieren, als gehörnte Ehemänner, an Reden wie die des jetzigen Fraktionsvorsitzenden Kirchner, der von - Zitat - „indigenen Deutschen“ sprach, die sich hier - damit meinte er wohl Deutschland - nicht vertreiben lassen würden.
Das ist nicht nur eine Rassifizierung von Staatsangehörigkeit, sondern d i e zentrale rechtsextreme Verschwörungsideologie vom angeblichen Volkstod, vom angeblichen Bevölkerungsaustausch.
Genau das verbindet rechtsextreme Gruppierungen und Parteien, ob AfD, NPD oder Die Rechte. Sie schließt nahtlos an Björn Höckes Rede über ausgedachte afrikanische Typen an und es die Fortschreibung der NS-Rassenkunde durch die AfD im Jahr 2018.
Doch es sind nicht nur die Reden, welche die AfD außerhalb des demokratischen Spektrums positionieren. Es ist auch ihr Handeln.
Da waren Jan Wenzel Schmidt bei einem Identitären-Aufmarsch im Harz, Herr Tillschneiders Büro im rechtsextremen Hausprojekt der Identitären in Halle - nun aus taktischen Gründen geschlossen, während er sich weiter zur rechten Schlägertruppe bekennt -,
Hagen Kohl mit Neonazis und Kubitschek vor genau diesem Haus in Halle - meine Damen und Herren, ich möchte daran erinnern, dass es sich um den Vorsitzenden des Innenausschusses dieses Landtages handelt -, der Vizepräsident dieses Hauses mit Rechtsextremen wie Sven Liebig in Merseburg, Todesdrohungen gegen Journalistinnen und Journalisten auf der AfD-Demonstration in Querfurt - in der ersten Reihe Herr Tillschneider gemeinsam mit Neonazis, der natürlich nichts gegen diese Drohungen tat -,
Auf deren Leistungen will ja auch der Bundesvorsitzende der AfD stolz sein, damit auf einen brutalen Vernichtungskrieg, auf Massaker, auf Babi Jar und auf einen Krieg, der dafür sorgte, dass die Konzentrationslager weiterlaufen konnten und Millionen Menschen industriell ermordet wurden.
Da ist es nun konsequent, dass die AfD auch dabei war, als zuletzt in Köthen „Nationaler Sozialismus jetzt!“ skandiert
(André Poggenburg, AfD: Falsch! Der war doch nicht dabei! Das war eine separate Veranstaltung! Da war er noch nicht dabei! Blöd! - Weitere Zurufe von der AfD)
Beim Sommerfest des Landtages bedrängten Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten meine Kollegin Christina Buchheim und meinen Kollegen Andreas Höppner.
In Regensburg schoss der Burschenschaftler, JAFunktionär und Mitarbeiter von Herrn Kohl mit einer Schreckschusswaffe
und weder sein Arbeitgeber noch die AfD-Fraktion haben sich davon distanziert, im Gegenteil, es wurde durch Herrn Kohl der Täter zum Opfer gemacht. Das haben wir auch schon bei Herrn Tillschneiders Einlassung zum Angriff von Identitären auf Polizisten in Halle gesehen.
Rechte Gewalt versucht immer, sich als Notwehr auszugeben, egal ob Synagogen, Geflüchtetenunterkünfte oder Menschen angegriffen wurden.
Herr Lehmann, der so viel Wert darauf legt, Polizist zu sein, soll nun seinen Fraktionskollegen körperlich angegriffen haben.
Und, meine Damen und Herren: Gab es bis heute ein Wort der Distanzierung der Fraktion von dieser Gewalt?
Nein. Und: Nein, das kann man nicht anders als als Duldung und Akzeptanz dieses gewalttätigen Verhaltens werten.