Protokoll der Sitzung vom 18.12.2018

Meine Damen und Herren! Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Situation: Als dünn besiedeltes Gebiet wurde die Altmark von den Telefonanbietern, im Wesentlichen der Telekom, bis auf wenige Stellen sträflich missachtet, wenn es um die Versorgung mit schnellem Internet ging. Daraufhin haben die Kommunen das Richtige getan und entschieden, dass die Altmark für die Zukunft gerüstet sein muss und der Breitbandausbau nicht schrittweise, sondern gleich mit der bestmöglichen Technologie erfolgen soll, also Glasfaser bis zum Haus und bis zur Wohnung, um für das Gigabitzeitalter gerüstet zu sein.

Dazu haben sie einen Zweckverband gegründet und sich um Fördermittel bemüht. Eine richtige Entscheidung, die unsere Unterstützung finden muss, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Hier im Haus hat der Zweckverband viele Sympathisanten. Im Hinblick auf das für Digitalisierung zuständige Ministerium jedoch hat man den Eindruck, dass dem Zweckverband ein Stein nach dem anderen in den Weg gelegt wird. Es ist bedauerlich, dass man eine kommunale Initiative so knebelt, während auf dem Markt tätige Unternehmen, die jedoch die Versorgung mit Breitband nicht für jeden sicherstellen wollen, gehätschelt und getätschelt werden.

Denn eines ist doch klar: Die Versorgung mit Breitbandanschlüssen ist heutzutage Daseinsvorsorge wie Wasseranschluss, Straße oder Strom. Deswegen ist es richtig, dass sich die Kommunen darum kümmern.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wäre die Post in den 90er-Jahren so zögerlich mit den Telefonanschlüssen im Osten umgegangen wie die Telekom heute mit Breitband, dann könnten manche Orte heute wahrscheinlich noch immer nicht im Festnetz telefonieren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das zeigt, dass man die Entwicklung einer Infrastruktur nicht einfach dem Markt überlassen darf.

Meine Damen und Herren! Was passiert nun unter dem Knebelinstrument der aktuellen Richtlinie? - Nun, zunächst musste eine Markterkundung erfolgen. Immer dann, wenn vor Ort nachgefragt wurde, wachte die Telekom auf und kündigte einen Anschluss mit Vectoring an. Sie muss es ja nur ankündigen. Das reicht schon, damit der Zweckverband nicht handeln darf. Da damit die zwar lahmen, aber von der Landesregierung als ausreichendes Ausbauziel beschriebenen von 30 Mbit/s erreicht werden, darf der Zweckverband

diese Haushalte nicht mit dem superschnellen Glasfaseranschluss erschließen, wenn er gefördert wird.

Meine Damen und Herren! Das führt zu der irren Situation, die man den Menschen vor Ort nicht mehr erklären kann. Da werden bei Tangerhütte kleine Ortsteile mit High-Speed-Internet versorgt. Die Glasfaserkabel werden durch die Kernstadt verlegt, aber diese darf nicht erschlossen werden. Gleiches in Osterburg: Ganze Straßenzüge werden getrennt, die eine Seite darf schnelles Internet haben und die andere Seite nicht. So ist es auch in Grieben, in Schleuß oder in Kehnert.

Und nicht nur in der Altmark ist das so. Wenn man liest, dass der Geschäftsführer der Glasmanufaktur in Derenburg große Datenmengen auf einem Stick speichert und diesen per Post verschickt, dann ist das nur noch peinlich und wirtschaftsfeindlich.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Selbst wenn Anwohner anbieten, Kosten für ihre Anschlüsse mitzutragen, erlaubt die Förderrichtlinie das nicht, da ansonsten die restliche Förderung verloren geht.

Meine Damen und Herren! Mit dem Begriff „Schildbürgerstreich“ ist diese Situation extrem mild beschrieben; denn eine Anwohnerversammlung nach der nächsten macht sich ihrem Ärger über diese Situation Luft. Wie zur Strafe lässt das magentaverträumte Ministerium den Zweckverband allein und er bekommt den Unmut der Menschen vor Ort völlig zu Unrecht ab. So wird oft von dem Gefühl gesprochen, als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden, und Verdrossenheit macht sich breit.

Meine Damen und Herren! Wir müssen diesen nicht haltbaren Zustand schnellstmöglich beenden. Lassen Sie uns endlich brechen mit einer lobbygetriebenen Förderpolitik, die mit lächerlich lahmen 30 Mbit/s an der Zukunft vorbeirauscht. Dem letzten Marktradikalen muss doch klar sein, dass das Zukunftsziel nicht bei 30 oder 50 Mbit/s liegen kann.

Lassen Sie uns endlich ins Gigabitzeitalter starten, und zwar so, wie es andere Länder auf der ganzen Welt tun. Wir müssen die Strukturen unterstützen, die das realisieren wollen. Deswegen muss die Regelung fallen, dass mit 30 Mbit/s erschlossene Gebiete nicht erschlossen werden können und nicht erschlossen werden dürfen, obwohl dort gerade gebaut wird. Es ist doch eine Verschwendung von Mitteln, wenn zweimal angefangen werden muss.

Von mir aus bleiben Sie bei der Technologieneutralität. Aber lassen Sie uns Mindestraten von 100 Mbit/s im Up- und Downstream, und zwar

symmetrisch, vorschreiben. Dann bleibt nur der Glasfaseranschluss und der schafft dann auch das Gigabitziel der Zukunft. Lassen Sie die Menschen vor Ort nicht mit dem Gefühl zurück, dass sie Menschen zweiter Klasse sind. Lassen Sie die Unternehmen vor Ort am High-Speed-Internet teilhaben, damit sie sich entwickeln können.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Lange für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Prof. Dr. Willingmann. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben genau vor einem Jahr auch schon darüber gesprochen. Der Antrag hieß ganz ähnlich, lieber Herr Lange. Die Gründe, die Sie vorgetragen haben, waren sehr ähnliche, und die, die ich jetzt vortragen muss, sind auch sehr ähnliche. Weil wir uns immer im selben Schema bewegen, nämlich jener Förderpolitik, die man nun gut oder schlecht heißen kann, aber die wir hier im Lande seit 2015 verfolgen.

Aber lassen Sie mich zunächst noch einmal zwei Sätze zum Zweckverband sagen. Meine Begeisterung für den Zweckverband ist erklärtermaßen hoch. Der Zweckverband ist nun schon seit einigen Jahren unterwegs und er wird ohne Frage gelegentlich mit Problemen konfrontiert, die auch ich mir so nicht wünsche. Sie sind allerdings nicht - wie das jetzt hier so gelegentlich durchkam - allein in meinem Hause zu suchen. Ich denke, da sollten wir auch fair miteinander umgehen.

An der Gigabit-Strategie sind wir doch dran. Im vergangenen Jahr hat der Landtag einen Beschluss gefasst, mit dem wir aufgefordert wurden, eine solche zu entwickeln und im Wirtschaftsausschuss vorzulegen. Das wollen wir tun. Die Landesregierung wird im ersten Quartal 2019 eine solche Gigabit-Strategie vorlegen. Es wird hierzu im Plenum - so wurde mir aus der Koalition bedeutet - auch noch eine Debatte geben. Das kann ich nur begrüßen.

Wenn ich aber nun auf den Antrag im Einzelnen eingehe, gestatten Sie mir, kurz zu erläutern, wo wir stehen und welche Fortschritte wir 2018 gemacht haben. Die Zahl der Haushalte und Unternehmen im Lande mit einem 50-Mbit-Anschluss

ist um 8,6 % gestiegen, auf nun nicht ganz 60 %, auf 59,9 %.

Wir kommen voran. Wir holen auf. Dazu tragen Glasfaseranschlüsse bei, aber selbstverständlich auch Vectoring und die Aufrüstung von Kabel-TVNetzen. Nur damit wir das Bild des Jammerns noch einmal schnell relativieren: Wo stehen denn die anderen ostdeutschen Bundesländer, weil wir ja jedes Mal meinen, wir sind hier bei 60 % und der Rest ist fertig.

Mecklenburg steht bei 66,5 %, Thüringen bei 69,1 %, Sachsen bei 70,8 % dieser Ausbaustufe 50 Mbit.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Das kann man aber auch nicht so sagen, aber wir sind Letzter!)

- Es geht ja nicht darum, ob man Letzter ist oder nicht, sondern wir wollen 100 %.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Doch, ein biss- chen schon, Herr Willingmann!)

- Nein, Herr Gallert. Wir können gern den Streit über die Tabellenführung und den Abstiegsplatz führen. Das Problem ist nur, wenn wir feststellen, dass wir allerorten mit dem Ausbau nicht so recht zurande kommen, dann sollten wir jedenfalls nicht den Eindruck erwecken, als ob es einzig und allein bei uns so sei und hier würden Menschen abgehängt, andernorts wäre das anders.

Es gibt im ganzen Land ein veritables Problem beim Ausbau. Das liegt doch auf der Hand. Warum das so ist, wissen wir übrigens auch. Wir haben uns vor zehn bis zwölf Jahren dazu entschieden, einen vor allen Dingen marktgetriebenen Ausbau voranzutreiben. Der war wirtschaftlich geboten und zwingend erforderlich. Der ist aber ohne Frage in Flächenländern, wie wir es sind, nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen, wie man sich das möglicherweise in Stadtstaaten oder Ähnlichem vorstellt.

Bleiben wir mal bei den Glasfaseranschlüssen. Davon haben wir im Land zurzeit rund 70 000. Das ist eine Quote von 5,8 %; nur zur Orientierung. Im Bund sind es 8,5 % reine Glasfaseranschlüsse. So sieht die Welt insgesamt in der Bundesrepublik im Moment aus.

Nun sind aber im Moment nahezu alle unsere Kommunen beim Ausbau zugange. Sie versuchen, die weißen Flecken zu löschen. Natürlich ist auch der Eigenausbau der Telekommunikationsunternehmen vorangegangen.

Lassen Sie mich zu den drei Nummern Ihres Antrages kurz etwas sagen. Zunächst: Das Ziel, bis Ende 2018 flächendeckend die 50 bzw. 100 Mbit

zu erreichen, mussten wir aufgeben. Sie wissen, dass ich das bereits seit Frühjahr 2017 getan habe. Das war viel zu ambitioniert. Wenn Sie sich die Zahlen jetzt anschauen, war es völlig unrealistisch. Allerdings war es bundesweit unrealistisch. Alle anderen Bundesländer verfehlen das Ziel auch.

Die Antragsverfahren waren zu kompliziert. Das wissen wir inzwischen. Das Dilemma, dass wir mit zwei unterschiedlichen Verfahren, mit zwei unterschiedlichen Regularien arbeiten mussten, auf Bundes- wie auf Landesebene, war unglücklich, aber es hatte ein Ziel. Dieses Ziel ist 2015 formuliert worden. Wir wollten die größtmögliche Entlastung der Kommunen von Ausbaukosten erlangen. Wenn man das im Dreiklang der Finanzierung aus Land, Bund und EU macht, dann gibt es eben getrennte Förderverfahren. Dann ist der Ausbau eben kompliziert. Wir hätten ihn aber alleine mit Landesmitteln nie gestemmt.

Die bisherige Förderpraxis mit den 30 Mbit/s: Natürlich können Gebiete, die derzeit 30 Mbit haben, künftig an das High-Speed-Internet angeschlossen werden. Das funktioniert aber nur, wenn wir dafür wieder staatliche Förderung bekommen. Und das funktioniert nur dann, wenn EU und Bund die Beihilferegelungen ändern. Denn das Ziel der 30 Mbit/s ist eine EU-Vorgabe, die der Bund übernommen hat. Das wird erst im übernächsten Jahr möglich sein.

Mit unserer Gigabit-Strategie, die wir jetzt im Entwurf vorgelegt haben, wollen wir bis 2025 einen vollständigen Glasfaserausbau im Lande bewerkstelligen. Das klappt aber nur, wenn genügend Kapazitäten bei den TK-Anbietern, bei Tiefbauunternehmen, Hardwareherstellern, Glasfaserproduzenten und Netzplanern da sind. Wohl gemerkt, das alles hängt unmittelbar mit unserem aktuellen Zustand zusammen.

Wir können diese Förderkonditionen, lieber Herr Lange, nicht einfach ändern, übrigens auch kein anderes Bundesland. Zuständig sind nämlich in diesem Falle nicht einzelne Landesregierungen, sondern Bund und EU.

Die EU hat 2013 in ihren Breitbandrichtlinien die sogenannte Aufgreifschwelle von 30 Mbit verankert. Deutschland hat auf dieser Basis 2015 seine Rahmenrichtlinie zum Breitbandausbau veröffentlicht. Auf dieser Basis fördert Sachsen-Anhalt. Mit anderen Worten: Selbst wenn wir wollten, wir dürften es zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Wir wollen es aber beim Gigabit-Ausbau. Deshalb müssen die Verhandlungen mit dem Bund und danach auf europäischer Ebene geführt werden. Gelingt es, hier eine vernünftige Neuordnung der Beihilferegelungen zu bekommen, dann schaffen

wir auch künftig in einem Mix aus Eigenausbau und Förderung den Sprung ins Glasfaserzeitalter, und zwar flächendeckend.

Wir sollten darüber weiter im Gespräch bleiben. Wir wollen darüber ohnehin diskutieren. Wenn ich das richtig verstanden habe, soll der Antrag ja in den Wirtschaftsausschuss überwiesen werden. Wir freuen uns auf die Diskussionen. - Danke.

Herr Minister, Herr Gallert hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herr Minister, mich irritiert immer wieder, dass in diesen Debatten darauf hingewiesen wird, dass wir gar nicht die Tiefbaukapazitäten hätten, um diesen Glasfaseranschluss zu machen. Das Problem ist doch nur, hier ist die Situation völlig anders. Um die sogenannten weißen Flecken zu erschließen, gehen wir mit den Glasfaserkabeln durch angeschlossene Gebiete hindurch, und es wird verhindert, dass diejenigen, die die lahmen Telekom-Kupferleitungen benutzen müssen, sich an diese Glasfaserkabel anschließen. Vor dem Hintergrund knapper Ressourcen ist es völliger Irrsinn, was da gerade passiert. Wir schließen die letzten fünf Häuser, die noch keinen Anschluss haben, mit Glasfaser an, und gehen an den anderen 30 Häusern dazwischen vorbei und dürfen die nicht anschließen, weil sie an das Kupferkabel angeschlossen sind.

Diesen Wahnsinn müssen wir beenden, gerade deswegen, weil Geld und Ressourcen so knapp sind. Dafür brauchen wir den Einsatz.

(Beifall bei der LINKEN)