Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Einbringer ist Minister Herr Prof. Dr. Willingmann. Herr Minister Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Wirtschaft in SachsenAnhalt befindet sich trotz bekannter konjunktureller Risiken, die von internationalen Handelskonflikten und beispielsweise dem Brexit ausgehen, in guter Verfassung. Die Arbeitslosigkeit, so erwarten wir in diesem Frühjahr, wird unter die 7%-Marke fallen. Die Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter ist mit mehr als 800 000 auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren.

Im Export werden weitere Höchstzahlen erreicht und in Höchstform ist auch unsere Wirtschaftsförderung. Wenn Sie sich die Jahre 2017 und 2018 anschauen, dann stellen Sie fest, dass mit Unterstützung des Landes erheblich mehr investiert

wurde als in der Zeit davor. Lassen Sie mich exemplarisch nennen die neue Papierfabrik in Sandersdorf-Brehna mit einem Investitionsvolumen von 376 Millionen €, das neue Werk des Brezelbäckers Ditsch in Oranienburg-Wörlitz mit einem Investitionsvolumen von 45 Millionen €, das neue Logistikzentrum des Onlinemöbelhändlers Home24 in Halle mit einem Investitionsvolumen von 41 Millionen € und nicht zuletzt die jüngste Investition in Höhe von 16 Millionen € von Thyssen-Krupp in Ilsenburg.

Unsere Wirtschaftsförderung ist effektiver geworden. Mit jedem Fördereuro werden rund 12,60 € an Investitionen ausgelöst. Das ist fast eine Verdopplung gegenüber dem Wert von vor vier Jahren.

Damit der Mittelstand allerdings als zentraler Wachstumsmotor auch in den kommenden Jahren weiterhin auf Hochtouren läuft, wollen wir mit der Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes einem modernen Rahmen für die Förderung schaffen. Es wurde bereits erwähnt, das Mittelstandsförderungsgesetz stammt aus dem Jahr 2001. Es war also an der Zeit, es zu überarbeiten. Wir schaffen damit den Rechtsrahmen für unsere Förderpolitik.

Inhaltlicher Schwerpunkt bleibt die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen bei Investitionen und bei der Internationalisierung. In den Fokus rücken dabei Themen wie Fachkräftesicherung, Bewältigung des digitalen Wandels, Unternehmensnachfolge, Integration, Nachwuchsgewinnung sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Zahlreiche Förderinstrumente setzen wir dabei bereits erfolgreich ein: die Meistergründungsprämie, der KMU-Folgefonds, der Mittelstands- und Gründerfonds, Innovationsassistenten, die neu aufgelegten Digitalisierungsprogramme. Bei allen Instrumenten verzeichnen wir eine anhaltend hohe Nachfrage und erhalten positive, bestärkende Rückmeldungen von den Unternehmen. Wir werden unsere Angebote mit Blick auf die geplante Meisterprämie noch erweitern.

Ein weiteres zentrales Anliegen, das mit der Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes verfolgt wird, ist der Bürokratieabbau. Bei der Meistergründungsprämie haben wir bereits unter Beweis gestellt, dass Förderinstrumente nicht bürokratisch ausgestaltet sein müssen. Deshalb wird für alle unsere künftigen Vorhaben gelten: Wo immer es möglich und vertretbar ist, werden wir auf bürokratische Regelungen verzichten.

Bürokratieentlastung zieht sich jedenfalls wie ein roter Faden durch den Gesetzentwurf. So heißt es, dass das gesamte Zuwendungsverfahren mit möglichst geringem bürokratischen Aufwand ver

bunden sein soll, Möglichkeiten der Digitalisierung von Arbeitsabläufen zur Entbürokratisierung genutzt werden oder Vorschriften, die investitions- und beschäftigungshemmende Wirkung haben oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand verursachen, abgebaut oder vermieden werden sollen.

Auf Anregung und in Zusammenarbeit mit den gewerblichen Kammern des Landes werden wir erstmals auch einen Leitfaden zur Bürokratievermeidung mit dem Titel „Mittelstandsfreundlichkeit und Unternehmensorientierung in SachsenAnhalt“ herausgeben. Der Leitfaden soll alle Verwaltungseinheiten, ob auf Landes- oder auf kommunaler Ebene, anhalten, mittelstandsfreundliche Verwaltung tatsächlich zu leben.

Hilfestellung soll hierbei unter anderem der KMUTest geben, der die Verwaltung sensibilisiert, ob ein Vorhaben mittelstandsrelevant ist oder nicht. Geplant ist, dass wir den Leitfaden veröffentlichen, sobald das Mittelstandsförderungsgesetz vom Landtag verabschiedet wurde und in Kraft tritt.

Das Verfahren kann im Vorblatt und in der tabellarischen Auswertung detailliert nachgelesen werden. Wir haben zwischenzeitlich bereits die zwölf Kammern, Verbände und Spitzenorganisationen angehört.

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen zum Gesetzentwurf, in denen weitere Inhalte der Gesetzesnovelle noch vertieft werden sollen, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Professor Willingmann für die Einbringung des Gesetzentwurfes. - Wie steigen in die Dreiminutendebatte der Fraktionen ein. Für die AfD spricht der Abg. Herr Raue. Herr Raue, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gern beschäftigen wir uns mit der Förderung des Mittelstandes als Herzstück unserer Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Dabei reden wir über mehr als 99 % aller Betriebe mit 74 % aller Mitarbeiter. Deshalb ist unser Mittelstand in der Lage zu halten, sowohl konkurrenzfähige Produkte weiterhin abzuliefern als auch innovativ tätig zu sein.

Diesem Ziel soll das neue Mittelstandsfördergesetz dienen. Der Mittelstand steht für Fleiß und Innovation, für Pioniergeist, für Mut und Verantwortung.

Eine wirkliche Förderung wäre allerdings auch ohne dieses Gesetz möglich, zum Beispiel die unsinnigen Russlandsanktionen zu beenden.

Doch im Sinne der blinden EU- und US-Gefolgschaft fehlt Ihnen die Courage, die alte Strategie „Handel schafft Wandel“ umzusetzen.

Neuer Förderschwerpunkt soll nun die Integration von Migranten zur Deckung des Fachkräftebedarfs sein. Nehmen Sie zur Kenntnis: Die AfD setzt sich für die schnelle Rückführung vieler dieser Menschen ein. Erst dann werden Hunderte Milliarden € für Wachstum deutscher Familien, für Bildung und Forschung frei, auch für den Mittelstand. Zurzeit wird unfassbar viel Geld für die Aufnahme illegaler Migranten ausgegeben - Geld, das an anderer Stelle fehlt. Die demografische Tragödie der Deutschen ist kein Schicksal, sondern Ergebnis Ihrer Politik. Wenn es aufgrund fehlender Kinder zu Fachkräftemangel kommt, ist es das Ergebnis Ihrer Politik.

Wir brauchen eine Neuausrichtung auf eine echte Familienförderpolitik, die sich positiv auf die Kinderanzahl im Land auswirkt. Jedoch sind wir in der Lage, den Auswirkungen des Fachkräftemangels mit einer intensiven Automatisierung zu begegnen.

Eine weitere Frage ist, warum der Vorschlag der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände nach Vorlage von zwei Mittelstandsberichten innerhalb einer Legislaturperiode abgelehnt wird. Ich halte es für angemessen, zweimal in einer Legislaturperiode oder zumindest alle drei Jahre einen Bericht über die Lage der mittelständischen Wirtschaft zu fertigen. Wir reden diesbezüglich über die Existenz von 580 000 Mitarbeitern. Die AfD wird sich für diesen Vorschlag einsetzen.

In Anbetracht der abgehängten wirtschaftlichen Lage Sachsen-Anhalts erscheint es geradezu widersinnig, die Vorlageintervalle der Mittelstandsberichte von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Somit schwächen Sie die Mechanismen der Selbstreflexion und der parlamentarischen Kontrolle.

Der letzte Mittelstandsbericht von 2014 beinhaltete die Kernaussage, dass das Wirtschaftswachstum von 2010 bis 2013 um 4,5 % gestiegen ist. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt lag das Wachstum in dieser Periode mit 9,7 % mehr als doppelt so hoch. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner kämpft Sachsen-Anhalt um den letzten Platz im Ländervergleich. Der Bundesdurchschnitt liegt 50 % höher. Diese Defizite müssen regelmäßig mit dem Parlament ausgewertet werden. So betrachtet, müssten Sie jedes Jahr einen Mittelstandsbericht vorlegen.

Aus unserer Sicht ist der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Fassung noch nicht zustimmungsreif. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Raue für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Thomas. Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Jawohl, Herr Minister, Sie haben recht. Die Wirtschaft brummt. Viele Zahlen sind auf Rekordniveau. Manche sind auch auf Sinkniveau wie die Zahl der Arbeitslosigkeit. Aber es gilt das alte Sprichwort: „Geht’s dem Esel zu gut, geht er aufs Eis“. Genau das sollten wir nicht tun, sondern wir sollten in einer hochkonjunkturellen Phase aufpassen, dass wir Probleme im Blick behalten und dass wir sie mit Blick auf mögliche zukünftige Dellen in der wirtschaftlichen Entwicklung - - Jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, es wird irgendwann wieder eintreten, dass wir eine Talsohle beschreiten. Dann sollten wir uns nicht mit einem Rucksack versehen haben, der uns belastet, sondern uns auf diese Phase vorbereitet haben.

Für uns als CDU-Fraktion gilt deshalb nach wie vor der Dreiklang aus Investieren, Forschen und Wachsen. Das anstehende Mittelstandsförderungsgesetz bietet eine gute Möglichkeit, uns mit dieser Problematik zu beschäftigen und unsere Wirtschaft darauf vorzubereiten, wenn es vielleicht einmal nicht so gut läuft.

Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft Sachsen-Anhalts besteht heute zu 90 % aus dem Mittelstand. Insgesamt beschäftigen Mittelstand und Handwerk hierzulande 580 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Genau diese Unternehmen stehen in diesen Tagen vor großen Herausforderungen in vielfältigster Weise. Kleinteiligkeit kann genauso ein Problem werden wie der Fachkräftebedarf oder vielleicht zurückgehendes Exportvolumen, gerade mit Blick auf den Brexit.

Meine Damen und Herren! Deshalb verstehen wir den Prozess der Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes als ein Maßnahmenpaket, als ein Paket, in das wir die Dinge schreiben können, die uns aus der Sicht der Wirtschaftsförderer wichtig sind. Dazu gehören die Förderung der Digitalisierung - ich denke, das ist eines der wichtigsten Themen für die Zukunft -, aber auch die Förderung von Investitionen sowie von Forschung und Entwicklung.

Besonders betonen möchte ich aber: Da, glaube ich, ist der Gesetzentwurf noch nicht der große Wurf. Wir sollten uns die notwendige Zeit in den Ausschüssen nehmen, das tiefsinnig zu beraten,

Herr Raue, und nicht über Dinge zu sprechen, die nicht in ein Mittelstandsförderungsgesetz gehören, sondern über konkrete Vorschläge. Das sind Vorschläge, die kein Geld kosten, die aber große Wirkung entfalten, und das sind Vorschläge zur Entbürokratisierung.

Meine Damen und Herren! Das kostet uns kein Geld, aber es entlastet die Firmen von zusätzlichen Tätigkeiten, die sie von ihrem Kerngeschäft abhalten. Da, denke ich, müssen wir noch besser werden. Ich glaube, dass wir das hinbekommen können; denn wir haben in unserem Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir tatkräftig voranschreiten wollen, gerade beim Thema Entbürokratisierung.

Meine Damen und Herren! Ob sich Wirtschaft wirklich aus sich selbst heraus entwickelt - na ja, das ist eine Botschaft dieses Entwurfs. Darüber müssen wir noch einmal reden. Das sehen wir von der CDU-Fraktion doch etwas anders; denn wir setzen nur die Rahmenbedingungen, in denen sich Wirtschaft entwickeln soll. Diese sollen möglichst gut sein und die Wirtschaft entlasten und nicht belasten. Das gilt vor allem auch für Gesetze und Verordnungen, die ihre Wirkung für den Mittelstand und das Handwerk entfalten.

Jawohl, wir haben in jedem Gesetzentwurf einen Mittelstandsbericht. Aber oft stellen wir fest, gerade wenn sich Zuständigkeiten ändern, wenn sich Zuschnitte von Ministerien ändern, dass einmal gemachte Gesetze und Verordnungen vier, fünf Jahre später eher belastend als entlastend sind. Da sollten wir den Mut haben, entsprechend aktiv zu werden.

Wir befinden uns in einer ersten Befassung. Es sind nur drei Minuten Zeit, aber ich glaube, die Beratung im Ausschuss wird intensiver. Ich freue mich auf alle Vorschläge, die zum Thema Entbürokratisierung beitragen. Da sind wir als CDUFraktion vollkommen offen. Ich freue mich auf die Diskussion und die Zustimmung zur Überweisung in die Ausschüsse. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Thomas für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Höppner. Herr Höppner, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Wir waren uns schon im April 2017 einig, dass das Mittelstandsförderungsgesetz auf einen aktuellen Stand gebracht werden muss, und setzten im Beschluss dazu Schwerpunkte fest. Darin haben wir festgelegt, dass die Landesregierung

gebeten ist, das Mittelstandsförderungsgesetz zu novellieren und einen Gesetzentwurf bis Ende 2017 vorzulegen. Im Juli 2018 hat die Landesregierung endlich den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes beschlossen, und jetzt ist er, wie wir feststellen können, endlich im Parlament. Wir schreiben übrigens das Jahr 2019.

Es freut mich trotzdem, dass unsere Punkte, die wir damals im ersten Antrag beantragt haben, übernommen wurden, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat im Gesetzentwurf weiterhin enthalten sind. Aber wie wir wissen, bildet das Mittelstandsförderungsgesetz nur einen gewissen Rahmen. In anderen Richtlinien und Gesetzen wird es dann schon konkreter. Ich bin der Ansicht, da nun Betriebsräte und somit betriebliche Mitbestimmung im Mittelstandsförderungsgesetz konkret erwähnt werden sollen, wäre es folgerichtig, dass wir zum Beispiel die GRW-Richtlinie weiter konkretisieren und festlegen,

(Beifall bei der LINKEN)

dass beispielsweise Förderanträge grundsätzlich dem Betriebsrat vorzulegen sind und dieser somit direkt seine Meinung dazu darlegen kann.

Im Zusammenhang mit diesem Gesetz sehen wir eine ganze Reihe weiterer Änderungsanforderungen bzw. Diskussionen, die wir sicherlich führen können. Zum Beispiel geht es auch weiterhin für die Klein- und Kleinstunternehmen sowie für Soloselbstständige um Fragen wie eine Novellierung des Krankenversicherungsrechts, darum, dass endlich einmal das tatsächliche monatliche Einkommen zur Berechnung von Beiträgen in Ansatz gebracht wird und nicht ein fiktiver Beitrag. Auch über Pflichtmitgliedschaften und Pflichtbeiträge von Klein- und Kleinstunternehmen sollten wir reden. Das entlastet die Wirtschaft ebenfalls. Das ist diskussionswürdig.

Darüber hinaus - das wurde hier schon erwähnt - plädieren wir weiterhin dafür, dass die im Gesetz geforderte Pflicht der Landesregierung zur Berichterstattung über die Entwicklung und Lage der mittelständischen Wirtschaft mindestens in zweijährigen statt in fünfjährigen Abständen erfolgen soll. Entwicklungen und Veränderungen wie zum Beispiel der Brexit oder die Diskussion über Zölle in bei Export in die USA haben direkten Einfluss auf unsere Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Deshalb bin ich der Ansicht, dass wir frühzeitig darüber sprechen sollten und der Berichtzeitraum angepasst werden sollte.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussionen im Ausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)