Protokoll der Sitzung vom 05.04.2019

Herr Farle hat sich gemeldet. - Herr Farle, Sie haben das Wort.

Ich will an dieser Stelle, die Sie erwähnt haben, einsetzen. - Es ist eine Kurzintervention.

Sie befürworten einen Ethikunterricht, in dem der Islam behandelt wird.

Neben den christlichen Religionen, der jüdischen Religion.

Okay. - Jetzt will ich mir das konkret vorstellen. Für mich ist es dann undenkbar, dass in diesem Ethikunterricht nicht behandelt wird, dass die Vielweiberei aus ethischen Gründen zu verurteilen ist, dass wir in unserer Gesellschaft die Gleichberechtigung der Frau fordern - das ist ein Grundtatbestand -, was der Islam im Koran ablehnt, und dass man den Alleinherrschaftsanspruch einer Religion nicht akzeptieren kann, den der Islam erhebt. Das heißt, Sie müssen, wenn Sie Ethikunterricht zum Islam anbieten, auf die wesentlichen Bestandteile des Islams hinweisen, zum Beispiel auch auf die Suren, nach denen der Islamgläubige berechtigt ist, Christen zu töten und Ungläubige zu verfolgen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Können Sie diesen Unsinn unterlassen!)

- Ich habe mich damit ein bisschen beschäftigt.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ein bisschen mehr wäre notwendig gewesen!)

Das müsste dann Bestandteil des Ethikunterrichts sein. Das heißt, dass der Islam mit der Scharia ein eigenes Regelwerk hat, das in den Ländern, wo er auftritt, an die Stelle der dortigen Gesetze tritt, und dass er nicht zuletzt aufgrund dieses Regelwerks im Moment so viele Christen tötet, wie es vorher in kaum einer geschichtlichen Epoche der Fall gewesen ist.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist doch völliger Unfug!)

Das muss dann dort ethisch hinterfragt werden. Das ist sicherlich nicht die Ethik-Konzeption, die Sie vertreten. Deswegen hat das dort in dieser Art nichts zu suchen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Gallert, Sie haben nochmals das Wort.

Na gut, ich versuche es noch einmal. - Das ist ja genau das, was ich gesagt habe. Solche Passagen, solche Begründungen einer religiösen Intoleranz bis hin zum Aufruf, denjenigen zu vernichten, der dieser Religion nicht angehört, finden Sie in jeder Religion, definitiv in jeder abrahamitischen Religion: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Es gibt genügend Stellen auch im Alten Testament, die ausdrücklich davon ausgehen, dass diejenigen, die dem Glauben nicht folgen, verdammt seien usw. usf.

Wir haben doch eine historische Erfahrung damit, dass du, egal welche Religion du dazu benutzen kannst, jemandem, der einer anderen Religion angehört hat, das Lebensrecht absprechen kannst. Das ist doch nun wirklich seit 1 500 Jahren von allen drei abrahamitischen Religionen definitiv vorgeführt worden. Oder haben Sie alle keinen Geschichtsunterricht gehabt, oder was?

Deswegen ist es gerade wichtig, im Ethikunterricht genau über diese Dinge zu reden, darüber zu reden, welche Potenziale und Möglichkeiten religiöse Verankerung hat, aber auch darüber zu reden, welche radikalen Konsequenzen religiöse Intoleranz hat, was es bedeutet, religiöse Grundsätze in politische Grundsätze, sprich in Gesetze zu überführen.

Diese Debatte muss es im Ethikunterricht geben, und da ist es völlig egal, ob wir die christliche, die

muslimische oder auch die jüdische Religion oder meinetwegen den Buddhismus nehmen. Diese Dinge sind in all diesen Religionen parallel vorhanden. Deswegen ist es wichtig, darüber zu reden, um Menschen genau davor zu schützen, diese Gefahren einer Religion nicht zu erkennen. - Danke.

Herr Gallert, es gibt noch eine Frage von Herrn Raue.

(Zuruf von der LINKEN: Wie viele denn noch?)

Nein, Herr Vizepräsident, das beantworte ich nicht!

Herr Raue, Sie haben stattdessen eine Kurzintervention?

Aber genau das, was Sie gerade hier fordern, leistet nicht nur der Religionsunterricht nicht, das leistet auch der Ethikunterricht nicht. Das wird er wahrscheinlich auch zukünftig nicht leisten.

Was den Kindern zurzeit beigebracht wird, ist eine übertriebene Toleranz gegenüber dem muslimischen Glauben und gegenüber dem Islam. Den Kindern wird aber vor allen Dingen beigebracht, dass der Islam überhaupt in seiner gesamten Ausprägung gar nicht gefährlich ist, dass er im Prinzip dem, was Sie hier gerade gesagt haben, dieser Instrumentalisierung gar nicht selbst folgt. - Der Islam ist aber eine Instrumentalisierung der Bevölkerung, nichts anderes ist es. Die Kinder werden permanent im Ethikunterricht beschallt, dass der Islam nichts Schlimmes sei, dass der Islam keine Nachteile mit sich bringe.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der ist auch nichts Schlimmes!)

Die Kinder werden von den Lehrkräften - zumindest ist es bei uns an der Schule so - durchweg mit einem harmlosen Islam konfrontiert. Das leistet der Ethikunterricht gerade nicht. Das wird er auch in Zukunft nicht leisten, solange Sie die Lehrpläne schreiben.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann kommen wir zum nächsten Redner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin nicht so leicht zu entsetzen, aber das Maß an Intoleranz, das Sie hier von sich geben, meine Herren und eine Dame von der AfD, ist wirklich schwer zu ertragen;

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

denn Sachsen-Anhalt will Heimat für alle sein, für alle, die hier leben, lernen und arbeiten. In unserem Land leben viele Menschen, die an gar keinen Gott glauben. Hier leben Christen, hier leben Juden, Muslime und Angehörige weiterer Religionen. Unsere Verfassung garantiert allen, dass sie friedlich zusammenleben können, und unser Rechtsstaat wacht darüber, dass auch das Recht auf tatsächliche Ausübung der Religionsfreiheit gewahrt bleibt. Wir GRÜNE verteidigen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wir verteidigen das Recht aller religiösen Menschen, ihren Glauben zu leben,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und wir verteidigen dieses Recht auch für den öffentlichen Raum. Sich zu einer Religion zu bekennen ist ein individuelles Recht. Als religiöser Mensch leben zu können ist aber nicht auf den privaten Raum beschränkt.

Auch der Islam gehört zu Deutschland und zu Sachsen-Anhalt, weil hier in Merseburg, in Magdeburg, Dessau oder Haldensleben Muslima und Muslime leben, die Sachsen-Anhalt ihr Zuhause nennen.

Als Katholik will ich sagen: Der Vorwurf, dass ein Leben als Muslim nicht mit den Pflichten kompatibel sei, die in Deutschland für alle Menschen gelten, ist eine Argumentation, die mir historisch bekannt vorkommt. Sie hat vor 150 Jahren Katholiken getroffen, denen der Vorwurf des Ultramontanismus gemacht worden ist, dass sie also dem Papst treuer seien als ihrem eigenen Land. Er war damals nicht zutreffend und ist heute gegenüber den Muslima und Muslimen nicht zutreffend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wo diese Muslime schulpflichtig sind, sollten sie - wie christliche Kinder auch - die Möglichkeit haben, mehr über ihre Religion zu erfahren, zum einen in den Moschee-Gemeinden, klar, in den Elternhäusern, aber eben auch in der Schule.

Wir wissen aus den muslimischen Gemeinden hierzulande und auch aus der wissenschaftlichen Begleitung des islamischen Religionsunterrichtes in NRW, dass der Bedarf an und die Akzeptanz der Muslima und Muslime eines bekenntnisorientierten Islamunterrichts an Schulen hoch ist. Viele Eltern sowie Schülerinnen und Schüler entscheiden sich bewusst für den Besuch dieses Ange

bots. Ein solcher Unterricht ist auch eine Möglichkeit, Radikalisierungstendenzen vorzubeugen und ihnen gezielt entgegenzuwirken.

Meine Damen und Herren! In der Regel sind es die Religionsgemeinschaften selbst, die sich organisieren und in Schulen als Partner des Staates agieren und die Durchführung eines bekenntnisorientierten Religionsunterrichtes ermöglichen.

Zur rechtlichen Lage ist bereits etwas gesagt worden. All dies steckt bei uns in Sachsen-Anhalt noch in den Kinderschuhen - ein Dilemma für die Nachfrage und für das Bedürfnis der Muslima und Muslime in Sachsen-Anhalt.

Wir haben als Koalition nun einen Weg gefunden, die Bedürfnisse muslimischer Schülerinnen und Schüler ebenso in den Blick zu nehmen wie den bestehenden verfassungsrechtlichen Rahmen und wie auch die Realitäten in diesem Bundesland, das nun einmal dadurch geprägt ist, dass sich die allermeisten Menschen hier zu überhaupt keinem Gott bekennen. Indem der Ethikunterricht insbesondere an Schwerpunktschulen in Magdeburg und Halle durch Islammodule angereichert wird, schaffen wir die Grundlage für einen dialogorientierten, aufgeklärten Unterricht, der auch den Muslima und Muslimen mehr Bildung über ihre Religion ermöglicht.

Vom Bildungsministerium erwarten wir nun die Vorlage eines entsprechenden Konzepts zur Anpassung der Curricula; der Bildungsminister hat dies ja angekündigt. In die Erarbeitung des Konzeptes sollten die Vertreterinnen und Vertreter der Muslime ebenso wie jene einbezogen werden, die im Bereich Prävention islamistischer Radikalisierung tätig sind. Ich erwähne hier als Beispiel das Projekt Salam, das ja auch vom Land gefördert wird.

Den auf Spaltung unserer Gesellschaft gerichteten Antrag der Hassprediger der AfD lehnt meine Fraktion selbstredend ab. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Herr Striegel, Herr Farle hat sich ebenso wie ein weiterer Redner zu Wort gemeldet. - Herr Farle, Sie haben das Wort.

Es ist sonnenklar, dass die AfD die Religionsfreiheit verteidigt.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Ach! - Hendrik Lange, DIE LINKE: Das haben wir heute gemerkt!)

Das ist sonnenklar, und keiner von uns wird fordern, dass sich die Islamanhänger nicht in ihren

Gebetsräumen treffen, genauso wie das auch Anhänger des jüdischen Glaubens und alle anderen in diesem Land tun können. Was wir nicht wollen, ist, dass sich eine Religion mit einem Alleinherrschaftsanspruch an die Stelle aller anderen setzt.

Es tut mir leid, die Auffassung, dass Islam und Christentum gleichgesetzt werden können, ist natürlich völlig unsinnig. Das Christentum hat eine Aufklärung durchgemacht. Im Christentum wird das, was im Alten Testament steht, auch als Altes Testament gewertet. Die Barmherzigkeit und die Toleranz sind Werte des Christentums, die auch mit unserem Grundgesetz voll kompatibel sind.

Was Sie nicht kapieren und auch nicht kapieren wollen, ist, dass im Islam der Koran als unveränderbares Gesetz aller Muslime gilt. Wenn Sie das nicht wissen, dann wissen Sie gar nichts über diese Religion. In diesem Koran ist eindeutig und unmissverständlich und für alle strenggläubigen Islamanhänger verbindlich das niedergelegt und verankert, was ich vorhin als kritikwürdig und als unvereinbar mit dem Grundgesetz charakterisiert habe. Das wissen Sie nicht, wenn zum Beispiel Sie, Herr Gallert - - Nein, ich will nicht zu Ihnen sprechen.