Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

Wenn in solchen Gesprächen der Weg zum Minister direkt gesucht wird, ich diesen Weg eröffne und ich dann selbstverständlich Vertraulichkeit zusichere, dann halte ich mich daran auch, selbst wenn danach eine merkwürdige und verzerrende Darstellung der Inhalte irgendwie nach draußen dringt. Deshalb bin ich den Klinikdirektoren Lohmann und Costa dankbar dafür, dass sie gestern als Teilnehmer dieser berühmten Gesprächsrunde vom Januar 2018 gesagt haben, worum es tatsächlich ging.

Und noch etwas: Der Brandbrief vom August 2018 an den Ministerpräsidenten, der selbstverständlich an den Wissenschaftsminister übergeben wurde, wurde von mir folgendermaßen bearbeitet: Ich habe darum gebeten, dass nicht nur die Unterzeichner, sondern die Klinikdirektorenkonferenz in Gänze das Gespräch mit mir sucht. Ich bin drei Wochen nach Erhalt dieses Briefes im Universitätsklinikum gewesen und habe dort mit den Klinikdirektoren exakt über die Inhalte ihres Briefes gesprochen. Ich halte dies für einen vernünftigen

Umgang zwischen Minister und Mitarbeitern öffentlicher Einrichtungen. Das gilt selbstverständlich auch für Mitarbeiter anderer Einrichtungen. Ich halte es aber vor allen Dingen für einen ganz normalen Vorgang unter Wissenschaftlern.

Deshalb war für mich völlig klar, dass bezüglich dieses Brandbriefs nicht irgendeine schriftliche Antwort erfolgen musste, sondern unbedingt ein Gespräch des Ministers mit den Unterzeichnern und weiteren Mitgliedern dieses Klinikums. Dabei haben wir ausführlich beraten. Wir haben deutlich gemacht, wo Probleme liegen, auch finanzielle Probleme. Wir haben deutlich darüber gesprochen, dass diese Universitätsklinik wieder eine Vision braucht, dass sie eine Person braucht, hinter die man sich auch stellen kann. Und der Minister hat deutlich gemacht, wo seine Gestaltungsmöglichkeiten an dieser Stelle liegen: beim Hochschulmedizingesetz, mit dem wir uns dieses Jahr noch befassen wollen, und natürlich bei der Begleitung der strategischen Ausrichtung des Universitätsklinikums Magdeburg. Darum ging es.

Es war allen Beteiligten klar, da zu diesem Zeitpunkt der Prozess zur Besetzung der Stelle des Ärztlichen Direktors lief, dass wir selbstverständlich zuwarten, bis diese Entscheidung gefallen ist, damit ein neuer Ärztlicher Direktor zusammen mit dem Team im Klinikvorstand die Leitung übernehmen und seine Ausrichtung sofort umsetzen kann. Deshalb wäre es völlig unsinnig gewesen, bestimmte Prozesse im laufenden Jahr 2018 fortzusetzen, die unter einer anderen Leitung entwickelt wurden, aber an dieser Stelle den künftigen Plänen zuwiderlaufen könnten. Deshalb gab es - Frau Abg. Dr. Pähle hatte es angesprochen - das Agreement im Aufsichtsrat, dass wir den Masterplan Bau einfach nicht weiterverfolgen, solange an dieser Stelle der Ärztliche Direktor noch nicht im Amt ist.

Wir haben darüber hinaus gesagt: Dieser Masterplan Bau muss unbedingt mit einer neuen medizinischen Strategie verknüpft werden. Es gibt wohl niemanden, der besser eine strategische Ausrichtung eines Universitätsklinikums vornehmen kann als der neue Ärztliche Direktor Herr Prof. Heinze. Er ist ein international anerkannter Kenner der Universitätsmedizin und ihrer Strukturen. Das war ja der Grund, warum wir ihn für uns gewonnen haben. Darüber bin ich nach wie vor ausgesprochen froh.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Nein.

Sie sind noch nicht ganz fertig, ich weiß.

Ich weiß - -

Es steht mir zwar nicht zu, aber Sie haben natürlich schon fast das Doppelte - -

Ohne Frage, aber bei diesem Thema - -

(Zuruf von Ministerpräsident Dr. Reiner Ha- seloff)

Aber - bitte ganz still bleiben - in Anbetracht dessen, dass es wirklich ein brisantes und wichtiges Thema ist, gestatte ich Ihnen natürlich, die Redezeit zu überziehen. - Bitte.

Ich danke Ihnen sehr. - Meine Damen und Herren! Sie werden wahrscheinlich gleich noch die eine oder andere Frage haben. Eine will ich vielleicht gleich vorwegnehmen:

Als das Marsh-Gutachten im letzten Frühsommer bekannt wurde und der Klinikvorstand - damals - den Aufsichtsrat informierte, habe ich eine Sondersitzung des Aufsichtsrats einberufen. In dieser Sondersitzung wurden Sofortmaßnahmen besprochen. Es wurde vor allen Dingen sofort geklärt, dass eine Gefahr für Patienten wie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter natürlich auszuschließen ist, und zwar durch Maßnahmen, die der Klinikvorstand ergreift. Er hat diese Maßnahmen ergriffen; er hat danach einen Prozess eingeleitet, wie wir zu einer dauerhaften Verbesserung kommen.

Jetzt müssen wir im nächsten Arbeitsgang zu einer vernünftigen Investitionsplanung kommen, die solche Zustände auf Dauer oder für die Zukunft ausschließt. So läuft das Zusammenspiel zwischen Klinikleitung und Aufsichtsrat, und es ist auch gut, dass es so läuft.

Blicken wir aber bitte nach vorne. Wir haben uns im Aufsichtsrat für diesen neuen Ärztlichen Direktor ausgesprochen, weil wir von seiner hohen Kompetenz überzeugt sind. Nachdem ich von November des letzten Jahres bis Februar dieses Jahres mit ihm Verhandlungen über die Bestellung zum Ärztlichen Direktor führen durfte, hat er seinen Dienst am 1. März 2019 angetreten. Es ist

völlig richtig, dass er für sich eine Bestandsaufnahme will, dass er wissen will, wo wir stehen, und dass er von dort aus nach vorn schaut. Dahin, nach vorne, will ich jetzt auch schauen.

Wir brauchen schon von Rechts wegen - ich muss es leider doch erwähnen - nach dem Hochschulmedizingesetz einen Masterplan Bau, der durch den Aufsichtsrat bestätigt wurde. Der letzte Masterplan Bau - ich habe gerade berichtet, warum er nicht weiterverfolgt wurde - wurde seinerzeit - übrigens vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt der Beurteilung durch das Finanzministerium - nicht legitimiert, also nicht bestätigt, weil daran noch weitere Arbeiten, insbesondere eine weitere Priorisierung, finanzielle Untersetzung und dergleichen zu erfolgen hatten und weil wir natürlich jetzt zum Masterplan Bau auch eine Medizinstrategie brauchen.

Es gibt vorbereitende Unterlagen. Einige davon haben Sie offenbar schon erhalten; das ist erfreulich. Genau diese Strategie wird vom neuen Ärztlichen Direktor nun vorangetrieben. Sie wurde von ihm auch bereits im Rahmen seiner Vorstellung vor dem Aufsichtsrat im November 2018 betont. Magdeburg soll ein Ort der Spitzenmedizin mit neuen Leuchttürmen bleiben. Darauf baue ich mit ihm.

Dieser abgestimmte Plan ist deshalb so wichtig, weil sich große Baumaßnahmen nicht auf Zuruf umsetzen lassen. Dafür braucht es eine seriöse Planung mit Priorisierung, Zeitplan und Finanzplan. Aber das wissen Sie.

Dass der neue Ärztliche Direktor ein Zentrum für Präzisionsmedizin einrichten will, wissen Sie auch. Das ist eine wichtige Neuausrichtung. Wir sollten sie unterstützen und haben dazu sicherlich noch Gelegenheit.

Nun zum Schluss: Meine Damen und Herren! Ich bin mit dem neuen Ärztlichen Direktor völlig darin einig, dass der von ihm postulierte Investitionsbedarf in Höhe von 800 Millionen € keineswegs kurzfristig und allein aus dem Landeshaushalt aufzubringen sein wird. Das ist eine gewaltige Zahl, selbst wenn wir sie über zehn Jahre strecken, und fraglos eine gewaltige Herausforderung für Klinik und Sachsen-Anhalt. Wenn wir uns aber die Gesamtsituation anschauen, dann brauchen wir eben einen Mix aus Haushaltsmitteln des Landes und Kofinanzierung des Bundes.

Ein Drittel der deutschen Universitätsklinika arbeitet defizitär. Ich teile übrigens durchaus mit großer Sympathie die hier wiederholt geäußerte Vorstellung, dass Uniklinika möglicherweise nicht jedes Jahr eine schwarze Null schreiben müssen. Damit rennen Sie bei mir offene Türen ein. Wir müssen uns dann aber darüber einig sein, wer das Defizit deckt.

Wir brauchen also eine Kofinanzierung des Bundes. Das kann man hinbekommen, wie wir es beim Hochschulpakt gerade erlebt haben. Man kann Kofinanzierung des Bundes hinbekommen, und zwar nachhaltig für die Universitäten und Hochschulen. Der Hochschulpakt, den wir vor vier Wochen mit der Bundesforschungsministerin ausverhandelt haben, ist dafür ein schönes Beispiel.

Wir brauchen an dieser Stelle auch die Krankenkassen an Bord; denn die Universitätsklinika sind nicht nur für Forschung und Lehre, sondern sie sind insbesondere auch für maximale Krankenversorgung zuständig.

Wir brauchen auch mehr Freiheitsgrade für die Uniklinika, insbesondere ihre Klinikvorstände. Auch deshalb haben wir uns unter meiner nicht unmaßgeblichen Beteiligung für den neuen Ärztlichen Direktor Heinze entschieden.

Wenn wir schnell wettbewerbsfähig werden wollen, dann brauchen die Klinika Kreditermächtigungen für Investitionen, die Bauherreneigenschaft

(Zustimmung bei der SPD)

und die Reduktion bürokratischer Prozesse, gerade im Zusammenspiel mit Landesbehörden. Seien wir selbstkritisch: Wir sind gelegentlich die Stolpersteine für den Investor und für denjenigen, der etwas erreichen will. Dies zu ändern strebe ich mit dem neuen Hochschulmedizingesetz an, das noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden soll.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen einen Maßnahmenplan. Dieser wird kurzfristig verabredet. Ich rege schon für die nächste Woche einen vernünftigen Gesprächstermin an, wie ihn der Direktor und der Minister ohnehin vertrauensvoll haben. Dann müssen wir über die akuten Maßnahmen reden, die wir kurzfristig brauchen, und über das, was wir mittel- und langfristig anlegen wollen.

Aber die wichtigste Grundlage zur Lösung des Investitionsstaus legen Sie, meine Damen und Herren, heute mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen. Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke für Ihr Verständnis für die längeren Ausführungen und insbesondere für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Prof. Willingmann. Sie können auch gleich vorn stehen bleiben; denn mir liegen mehrere Wortmeldungen vor. Als Erster hatte sich der Abg. Herr Raue gemeldet. - Bitte, Herr Raue.

Herr Willingmann, können Sie bestätigen, dass die Kenntnislage von Ihnen und von Finanzminister Schröder nach gemeinsamen Aufsichtsratssitzungen die gleiche gewesen sein muss?

Jetzt bin ich etwas irritiert.

Herr Minister!

Pardon!

Sie müssen sich noch einmal kurz sammeln.

Ich weiß nicht ganz genau, wie die Kenntnislage nach der gemeinsamen Aufsichtsratssitzung bei dem Kollegen ist. Aber ich kenne meine Kenntnislage und gehe davon aus, dass es die gleiche ist.

Dann komme ich gleich zu meiner zweiten Frage. An welcher Stelle hat denn dann Finanzminister Schröder die Bereitstellung weiterer Finanzmittel in Kenntnis der Dramatik der Situation blockiert?

Nein! Halt, halt, halt!

Herr Minister.

Der Minister Schröder hat nicht die Bereitstellung weiterer Finanzmittel blockiert, weil er im Aufsichtsrat darüber gar nicht zu entscheiden hat. Er hat im Aufsichtsrat darüber zu entscheiden, wie ein Masterplan Bau und eine Medizinstrategie in Zukunft aussehen sollen. Das ist die vorgelagerte Entscheidung vor einer späteren Entscheidung darüber, welche Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Er hat diesen Masterplan Bau seinerzeit mit dem Hinweis auf fehlende Priorisierung und auf einen fehlenden realistischen Zeitstrahl zurückgewiesen.

Dem hat sich der Aufsichtsrat übrigens angeschlossen - das muss man einmal sagen -; das war eine einstimmige Entscheidung, die übrigens seinerzeit auch im Klinikvorstand verstanden wurde. Dann, wie gesagt, gab es das Agreement: Wir warten bitte jetzt, da klar war, dass es einen neuen Ärztlichen Direktor geben würde, auf diesen.

Ist denn - -

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Raue, Sie hatten jetzt zwei Fragen.

Darf ich noch eine letzte Nachfrage stellen?

Wenn, dann würde ich Ihnen noch eine ganz kurze Nachfrage zugestehen; denn Sie sind nachher auch noch als Redner an der Reihe. - Ja?