Protokoll der Sitzung vom 24.10.2019

Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Antisemitismus geht stets mit der Verneinung von Freiheit und Demokratie einher.“ Das hat unser Ministerpräsident gestern gesagt. Wir als Unionsfraktion stellen uns absolut dahinter. Für uns gehört auch der Schutz der Synagogen zur Staatsräson Deutschlands und aller seiner Länder.

In diesem Sinne haben sich die Regierungsfraktionen in ihrem gemeinsamen Leitantrag gestern nachhaltig dazu bekannt, die Maßnahmen zum Schutz des jüdischen Lebens in unserem Land weiter zu verstärken. Das ist ja schon im Grundgesetz festgeschrieben.

Diese Landesregierung wird also alles Notwendige tun, alle polizeilichen Maßnahmen ergreifen, um Orte des jüdischen Lebens, aber auch um andere bedrohte Orte vor Terrorismus, Gewalt und politisch motivierter Kriminalität zu schützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit meine ich alle Orte. Damit schließe ich nichts aus, auch die Orte nicht, die wir schon länger kennen, und die Orte nicht, die wir erst kennengelernt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die AfD hier von politischer Verantwortung spricht, so erkläre ich jedenfalls für meine Fraktion, dass Herr Minister Stahlknecht seiner politischen Verantwortung hinreichend gerecht geworden ist. Wir weisen die Rücktrittsforderung entschieden zurück. Weder ihm als oberstem Dienstherrn der Polizei noch den Sicherheitsbehörden kann man ein Fehlverhalten vorwerfen. Deshalb führt Ihr Antrag heute die falsche Richtung.

Herr Minister Stahlknecht hat im Ausschuss für Inneres und Sport ausreichend, umfassend und minutiös Bericht erstattet. Herr Ministerpräsident hat ebenfalls gestern bereits erklärt, dass die bisherigen Sicherheitsanalysen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes im Lichte der gestiegenen Gefährdungslage überprüft und nach möglichst einheitlich vereinbarten Standards neu erstellt werden müssen.

Wir begrüßen auch die Ankündigung der Landesregierung, entsprechend dem Protokoll zum

Staatsvertrag mit der jüdischen Gemeinschaft eine gesonderte Vereinbarung zur finanziellen Unterstützung von baulichen Sicherheitsmaßnahmen an Synagogen zu treffen. Ebenfalls begrüßen wir es, die unverzüglich aufgenommenen sicherheitspolitischen Gespräche weiter fortzuführen; denn sie sind bisher in einer sehr guten Atmosphäre und einem vertrauensvollen Klima erfolgt.

Wir als CDU-Fraktion verurteilen den rechtsterroristischen und antisemitischen Anschlag von Halle zutiefst; und die Debatte, warum wir ihn so definieren, haben wir gerade geführt. Wenn sich selbst der Täter dazu bekennt und der Generalsbundesanwalt entsprechend ermittelt, kann und muss man von einer rechtsterroristischen, antisemitischen Tat sprechen. Diese Tat ist eine Zäsur, die uns allen deutlich vor Augen führt, dass heute mittlerweile jeder dieser Gewalt und dem Terror zum Opfer fallen kann und sie eine Bedrohung für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft darstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Für uns ist der Name Stahlknecht Programm. Für den einen ist er zu hart, für den anderen vielleicht zu geschmeidig, für den Nächsten ist er immer zu hart, aber für uns stimmt die Gesamtmischung.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Thomas Lippmann, DIE LINKE, lacht)

Von daher: Er ist Innenminister und er bleibt Innenminister. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kurze, es gibt noch eine Nachfrage seitens der AfD von Herrn Tobias Rausch. - Herr Rausch, ist es dabei geblieben? - Dann haben Sie jetzt das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vielen Dank, Herr Kurze, für Ihre Ausführungen. Sie sprachen von der „Verrohung der Sprache“. Darauf würde ich gern näher eingehen und Sie fragen, was Sie davon halten, dass die neuesten Studien in Deutschland besagen, dass sich die Menschen in Deutschland immer weniger trauen, ihre Meinung zu sagen, und das mit einer links-grünen Mainstream-Linie verbinden.

Worauf ich hinauswill: 1934 wurde die jüdische Professorin Agathe Lasch aus dem Hörsaal der Uni Hamburg gejagt. In dieser Zeit erleben wir, dass Bernd Lucke von ebendiesen Links-Grünen aus diesem Hörsaal gejagt und Christian Lindner von dieser Uni ausgeladen wurde, weil er ein

neoliberales Weltbild vermitteln würde, und Ihr Abgeordneter im Bundestag Thomas de Maizière ebenfalls von diesem linken Mob aus der Uni Göttingen gejagt worden ist.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: In Magdeburg! - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Was hat das jetzt mit dem Antrag zu tun?)

Ich frage mich, wie Sie das bewerten und ob dieser Hass und die Hetze in Deutschland nicht überwiegend vom linken Block ausgehen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kurze, Sie haben noch einmal das Wort.

Sehr geehrter Herr Rausch, wir schweifen jetzt ein wenig vom Thema ab.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Lassen Sie mich einmal ausreden. Ich komme gleich noch zum Kern meiner Aussage.

Grundsätzlich habe ich zu Beginn schon auf das, was Sie nachfragten, abgehoben. Ich glaube, wir tun alle gut daran - alle politischen Vertreterinnen und Vertreter, und dabei ist das hier im Landtag noch Kindergarten, wenn wir uns die Debatten im Bundestag ansehen; ich habe das nicht ohne Grund gesagt, wie man dort miteinander umgeht - - Ich glaube, wir sollten allen empfehlen, politisch verbal abzurüsten. Wir - es steht nicht ohne Grund im Grundgesetz - sollten mit Respekt und Anstand miteinander umgehen, und das gilt auch in einer politischen Debatte.

Deshalb kann ich es nicht gutheißen, wenn Studenten heute versuchen, Leute auszusperren, wenn sie eine Vorlesung halten. Das hat mich wirklich sehr stark betroffen gemacht, als ich das gestern in den Medien wahrnehmen musste. Wir tun alle gut daran, wenn wir unser Land voranbringen und gemeinsam etwas erreichen wollen, politisch verbal abzurüsten, uns auf die Sache zu konzentrieren und vernünftig miteinander umzugehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Damit danke ich Herrn Kurze für den Redebeitrag. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Lehmann. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich bedanke mich auch bei meinem Vorredner Herrn Kurze, der wieder eine gewisse Ruhe und Würde ins Haus ge

bracht hat. Ich musste gestern und heute schmunzeln, als die CDU-Landesregierung immer wieder ihrem Innenminister Herrn Stahlknecht das vollste Vertrauen aussprach, und mich an Ihre Bundeskanzlerin erinnern: Jedes Mal, wenn sie jemandem ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen hatte, war der wenig später weg vom Fenster.

(Matthias Büttner, AfD, lacht)

Was mich in den letzten Monaten ebenfalls stutzig machte: Immer, wenn Ihr Innenminister Herr Stahlknecht hier spricht, bekommt er in der Regel fast nur von links und von den GRÜNEN Applaus. Das würde mich, wenn ich in der CDU-Fraktion sitzen würde, ebenfalls stutzig machen.

(Ulrich Thomas, CDU: Sitzen Sie aber nicht!)

- Gott sei Dank.

(Ulrich Thomas, CDU: Ja, Gott sei Dank!)

Ansonsten: Herr Erben erwähnte vorhin, die AfD fordere hier amerikanische Waffenverhältnisse. Das ist nicht richtig, das haben wir nie gefordert. Aber ich muss dazu sagen: Man muss ja nicht einmal nach Amerika schauen. Auch israelische Waffenverhältnisse sind so ähnlich.

Wenn wir amerikanische Waffenverhältnisse hätten - unabhängig von Ihrer falschen Behauptung -, dann hätten wahrscheinlich auch in der Synagoge eine, zwei, drei oder vier Langwaffen gestanden oder im Döner-Laden hätte eine legale Schusswaffe unter dem Tresen gelegen.

(Lachen bei den GRÜNEN - Zuruf von An- dreas Steppuhn, SPD)

Das hätte dann wahrscheinlich auch das Ausmaß der polizeilichen Interventionszeit von über einer Stunde ausgeglichen. Dann wäre vielleicht die Terrorlage vor der Synagoge schon nach zehn Sekunden vorbeigewesen. - Das einmal als Einstieg.

(Zustimmung bei der AfD)

Und weil es hier immer um Hass und Hetze geht: Ich muss daran erinnern, dass im März 2018 in Thüringen eine linke radikale Terrorzelle ausgehoben wurde, die Sprengstoff in Massen hergestellt und gehortet hatte. Wenn wir hier eine Achse ziehen: Unten in Thüringen, bei Ministerpräsident Ramelow, ist niemand darauf gekommen zu behaupten, die LINKEN seien der verlängerte terroristische Arm des Linksterrorismus im Parlament, wie das heute bei uns gemacht wird.

Nach Ihren Beiträgen als Vorredner muss ich den Schluss ziehen: Sie radikalisieren sich im Ton im Parlament und draußen in den Medien und nicht wir. Es ist eine Anmaßung und Frechheit, uns eine Radikalisierung in die Schuhe zu schieben, dass die AfD im Parlament und in der Gesell

schaft den Ton vergiften würde. Den Ton vergiften nämlich ich Sie, liebe Herrschaften, und nicht wir.

(Zustimmung bei der AfD)

Wie ist das so in der Demokratie? Der Wähler schaut und entscheidet sich, auch 2021 in Sachsen-Anhalt wieder, und bei Deckungsgleichheit des Wählerwillens mit der Politik der Etablierten macht er bei Ihnen das Kreuz. Das ist gut und schön und sorgt für Stabilität in der Demokratie. Sollten Sie sich aber wie in den letzten Jahren von Ihrem Kurs verabschieden, dann entsteht eine Diskrepanz zwischen dem Wählerauftrag und der ausgeführten aktuellen Politik; und dann entsteht eine Opposition wie wir, und Sie entfernen sich immer weiter von der Demokratie.

Herr Kurze sagte auch, die Mitte müsse verteidigt werden. Das machen wir nämlich. Wir sorgen dafür, dass die Mitte wieder zur Mitte zurückrückt, nachdem die CDU unter Frau Merkel sie nach links gerückt hat. Die Opposition entsteht eben dann bei abweichendem politischem Willen der etablierten Parteien unter Nichtberücksichtigung des Wählerwillens. Wir von der AfD entstehen dann aus der Opposition und füllen die Lücken aus, wenn Sie Ihren Kurs weiter verlassen und unbelehrbar sind, und dann werden wir Sie auch früher oder später ablösen.

(Ulrich Thomas, CDU: Haben Sie Ihre Re- den verwechselt? Zu welchem Tagesord- nungspunkt reden Sie?)

Erfolgt von Ihrer Seite keine Kurskorrektur, dann wird die Opposition immer stärker und wird demnächst Ihre Aufgaben übernehmen.

Aber was kann man an Ihrer Stelle tun, wenn Sie Ihren Einfluss nicht verlieren wollen? Sie verschärfen dadurch aktuell den Ton. Sie ändern Regeln in der Demokratie, Sie ändern Gesetzeslagen und Sie diffamieren die Opposition, kriminalisieren und verunglimpfen sie, sprich: die AfD.

Dabei kann man sich fragen: Wo soll das noch hinführen? Soll das vielleicht einmal unter Ihrer Ägide in einigen Jahren zum Verbot der Opposition führen, damit Sie in Ihrer Sphäre weiterarbeiten können?

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)