Zur Einschätzungslage ist im Innenausschuss ausgeführt worden, und wir haben dort die Bewertungen, die dem zugrunde gelegen haben, ausgeführt. Sie kennen das und Sie können das im Protokoll nachlesen. Das muss ich jetzt nicht wiederholen. Es ist ja auch öffentlich geäußert worden, dass wir in den Jahren 2014 bis 2019 insgesamt 14 antisemitische Straftaten mit Gewaltbezug im Land Sachsen-Anhalt hatten und dass wir in den letzten fünf Jahren keine Straftat hatten, die in einem Zusammenhang mit der Synagoge in Halle stand. Das zeichnet nicht frei, weil wir seit dem 9. Oktober 2019 wissen, dass man sich darauf nicht verlassen kann, weshalb wir auch eine Zäsur haben.
Ja, ich halte mich kurz. - Ich habe noch eine konkrete Nachfrage. Ist es denn so oder haben Sie den Eindruck, dass wir, also das Land SachsenAnhalt und insbesondere die Strafverfolgungsbehörden, in den letzten Jahren zu wenig unternommen haben, um den Antisemitismus zu bekämpfen?
Die Strafverfolgungsbehörden tun das, was sie tun, nämlich nach dem Legalitätsprinzip - das wissen Sie auch - ein Ermittlungsverfahren aufzunehmen, wenn ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt. Ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass irgendein Polizeibeamter in diesem Land dieses Legalitätsprinzip verletzt hat. Ich habe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Staatsanwaltschaft dieses Legalitätsprinzip verletzt hat. Und ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass Gerichte solche Verfahren nicht ordnungsgemäß geführt haben.
schaftlichen Verantwortung. Genau da nehmen wir Sie in die Verantwortung, weil Sie sich komischerweise heute hier hinstellen und gestern hier hinstellen und sich als Verteidiger derer darstellen, obwohl Sie durch gelegentliche Wortmeldungen eher dazu beitragen, dass wir so eine vergiftete Atmosphäre im Land haben.
Dann will ich Ihnen noch etwas zu der Einsatzhundertschaft sagen. Die war für einen Nachmittagseinsatz - ich glaube, in Leipzig; das können wir gegebenenfalls noch nachliefern - eingeplant und hatte deshalb im Rahmen der Dienstdisposition vormittags frei. Das ist nichts Besonderes. Es ist eben so, dass eben Dienstdispositionen getroffen werden.
Wie gesagt, wenn wir vorher konkrete Hinweise darauf gehabt hätten, dass es einen Anschlag gibt, dann hätten wir den verhindern können. Dann hätte auch die Einsatzhundertschaft nicht frei gehabt. Es ist die Erkenntnis des 9. Oktober 2019, dass wir eben jederzeit an jedem Ort mit einem Anschlag rechnen müssen, dass wir aber auch gerade aus Gründen der Staatsräson und der geschichtlichen Verantwortung gewisse sensible Bereiche besonders schützen müssen.
Gehen Sie davon aus, dass uns das sehr nachdenklich macht. Ich habe bereits mehrfach gesagt, dass es mich persönlich betroffen, wütend und traurig gemacht hat. Dass das für uns alle, die wir gemeinsam hier im Parlament Verantwortung tragen, eine schwierige Lage ist, das können Sie mir schon glauben.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich habe noch zwei weitere Wortmeldungen, Herr Abg. Lehmann und Herr Abg. Raue. - Sie haben das Wort. Bitte, Herr Abg. Lehmann.
Ja, vielen Dank, Frau Präsidentin. - Weil wir jetzt konkret beim Thema Halle sind, möchte ich noch eine Antwort zur 4. Einsatzhundertschaft in Halle haben, weil dazu in den Ausschüssen, medial und auch hier im Parlament verschiedene Aussagen - auch jetzt von Ihnen - getroffen worden sind.
Zum einen hieß es, die 4. Einsatzhundertschaft in Halle sei an dem Tag des Attentats komplett einsatzbereit gewesen. Dann hört man, die Einsatzhundertschaft war beim Abbummeln von Überstunden. Dann hört man, die Einsatzhundertschaft hat jetzt komplett Urlaub genommen, obwohl es völlig unverständlich ist, dass eine ganze Hundertschaft nach Hause geht und Urlaub hat. Herr Mi
Abschließend möchte ich noch Bezug nehmen auf Ihre Äußerung im MDR am Tage nach dem Attentat und möchte Sie Folgendes fragen: Warum haben Sie in Ihrer Rolle als Innenminister und Teil der Landesregierung im Interview mit dem MDR - wahrscheinlich bewusst - gegen das Neutralitätsgebot verstoßen und so einen scharfen Angriff, einen unredlichen Angriff in unredlicher Art und Weise gegen die AfD gefahren?
Wissen Sie, wenn Sie die Pressekonferenzen nachhören, dann stellen Sie fest, dass ich den Namen Ihrer Partei, soweit ich mich erinnern kann, gar nicht in den Mund genommen habe.
Das zeigt doch, dass Sie sich angesprochen fühlen, wenn ich darüber rede, dass die Sprache verroht ist, dass ich mit mittlerweile 54 Jahren in dieser Bundesrepublik Deutschland, in Sachsen-Anhalt und im Landtag Dinge erlebe, die für mich niemals vorstellbar waren, einen NS-Sprachgebrauch, eine Diskriminierung von Minderheiten und die Vorstellung eines Weltbildes einer Frau, das aus dem 18. Jahrhundert stammt.
Da habe ich niemals „AfD“ gesagt, meine Damen und Herren. Aber Sie springen hoch und sagen: Was wollen Sie eigentlich von mir?
Sie fühlen sich doch deshalb angesprochen, weil ich das kritisiere, was Sie permanent im Einzelnen und in Gänze hier vorleben.
Das Einzige, das Ihnen dazu jetzt einfällt, weil Sie sich jahrelang darüber geärgert haben, dass ich mich hier vorn hingestellt habe und Sie gelegentlich maßgenommen habe, ist, dass Sie mich heute maßnehmen wollen. Das ist doch der eigentliche Hintergrund.
Ich sage noch einmal deutlich, dass wir aus den Erfahrungen in Halle gemeinsam etwas gelernt haben, dass es uns leid tut und dass es hinsichtlich der Gefährdungslage zukünftig eine völlig andere Beurteilung geben wird, weil wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass etwas abstrakt ist, dass wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass nichts passiert, weil in fünf bis sechs Jahren nichts passiert ist. Vielmehr müssen wir das Risiko stets deutlicher vor Augen haben, dass in einer offenen Gesellschaft jederzeit ein Anschlag möglich ist.
Wir haben und ich habe - jetzt muss man gar nicht in der Wir-Form reden - verstanden und ich stelle mich dieser Herausforderung und Verantwortung, und zwar gemeinsam konstruktiv mit den jüdischen Gemeinden. Punkt!
Kommen wir noch einmal zur Einsatzhundertschaft; ich habe nur Ihren Begriff verwandt. In Halle gibt es nur einen Zug und noch keine komplette Einsatzhundertschaft. Ansonsten habe ich Ihnen das ausgeführt, Herr Lehmann. Es gibt gelegentlich Dienstzeiten, die Sie als Polizeibeamter auch kennen. Wenn Sie irgendeinen Schichtdienst hatten, dann waren Sie gelegentlich morgens auch mal nicht im Dienst, ohne dass Ihnen das irgendjemand vorgehalten hat,
weil das dienstfrei war. Wir haben den Zug der Einsatzhundertschaft alarmiert und er war - das reiche ich Ihnen noch einmal schriftlich nach - gegen Mittag einsatzbereit.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist doch alles bekannt! Das haben Sie doch im In- nenausschuss gesagt!)
Es liegen weitere Wortmeldungen vor. Es haben sich zu Wort gemeldet Herr Raue, Herr Höse, Herr Farle und Herr Loth. Herr Raue ist der Nächste. Ich weise darauf hin, dass die Fragestunde in zehn Minuten beendet ist. - Bitte, Herr Raue.
Herr Innenminister, wir haben 2015 eine große Grenzöffnung gehabt. Zumindest haben wir seit 2015 einen starken Zuzug von Menschen mit
einem islamischen Religionshintergrund, die teilweise einen sehr großen Hass auch auf unsere jüdischen Bürger im Land mitgebracht haben.
Ich stelle fest, dass sich viele jüdische Bürger an Sie und auch an die nationale Politik gewandt haben und regelmäßig vor den Konsequenzen, die das für ihr Leben mit sich bringt, gewarnt haben. Und ich stelle fest, dass genau diese Probleme auf der Bundesebene regelmäßig in Berichten der Behörden des Innenministeriums thematisiert wurden und die Gesellschaft insgesamt aufgefordert wurde, mehr hinzuschauen.
Das heißt, auf der Bundesebene war bekannt, dass die jüdischen Einrichtungen in Gesamtdeutschland gefährdet sind, und zwar wesentlich stärker gefährdet sind, als sie es vorher waren. Ich frage Sie, wie es denn zu Ihrer eklatanten Fehleinschätzung kommen konnte, diese Einrichtungen bei uns an einem wichtigen Feiertag nicht schützen zu müssen,
auch wenn fünf Jahre lang nichts passiert ist? Wie konnten Sie zu einer völlig anderen Einschätzung kommen als die Ministerien in den anderen Bundesländern? - Punkt eins.
Die zweite Frage lautet: Die jüdische Gemeinde selbst hat häufiger bei Ihnen angefragt und um Schutz gebeten. Natürlich haben Sie ihnen - das habe ich der Zeitung entnommen - Mittel für Kameraüberwachung etc. zur Verfügung gestellt.
Es gehört zu Ihren Aufgaben, an solchen wichtigen Tagen - mir selbst ist die Bedeutung des Tages erst im Nachgang bekannt geworden - proaktiv dafür zu sorgen, dass diese Einrichtungen geschützt werden. Jüdisches Leben muss in Deutschland auch fühlbar sein; sie müssen sich mit ihrer Kippa auf die Straßen begeben können.
An dieser Stelle, so finde ich, haben Sie schwer versagt. Aber es stellt sich wirklich die Frage, warum Sie zu einer so anderen Einschätzung als die anderen Innenministerien kommen.
Die Einschätzungen der Innenministerien in den Ländern sind unterschiedlich. Ich habe vorhin ausgeführt, wie Gefährdungsbeurteilungen erfolgen. Ich habe ausgeführt, dass das eine Zäsur ist. Das muss ich nicht alles wiederholen.
Wir haben uns sowohl auf der Bundesebene als auch auf der Landesebene mit Anschlagszenarien beschäftigt und uns damit auseinandergesetzt. In