Protokoll der Sitzung vom 21.11.2019

Im Jahr 1973 verabschiedeten die Medien einen Pressekodex, der von der Nennung der Täterherkunft wegen möglicher Diskriminierung und Verallgemeinerung abrät. Mittlerweile stellen wir aber fest, dass genau damit das Gegenteil, das Kontraproduktive, die Gerüchteküche, die Spaltung der Gesellschaft und das Misstrauen gefördert worden sind.

Nach 46 Jahren mit diesem Pressekodex von 1973 befürwortet selbst der Deutsche Presserat eine Änderung dieser damals gegebenen Selbstzensur. Man hat in den Schreibstuben der Medien festgestellt, dass die Regelung aus dem Jahr 1973 nicht mehr zeitgemäß und kontraproduktiv ist. Nur ist das leider noch nicht in den Ministerialschreibstuben angekommen.

Wir wissen, wie schwer sich die Gesellschaft regelmäßig tut, wenn irgendetwas verändert werden soll und wir selbstkritisch Eingeständnisse machen sollen. Das wird nicht immer gerne zugegeben. Aber Ihr Amtskollege, Herr Innenminister, der Innenminister Herbert Reul von der CDU aus Nordrhein-Westfalen, hat im September 2019 angekündigt, nunmehr bei Veröffentlichungen der Polizei des Landes grundsätzlich die Herkunft bzw. die Nationalität von Tätern und Verdächtigen zu nennen. Warum also nicht hier bei uns? Andere Bundesländer sind uns bereits weit voraus, Sachsen-Anhalt sollte hierbei nachziehen.

Das Innenministerium sollte ein Zeichen setzen und nicht lange hinterherkleckern und so tun, als ob nichts wäre. Warum kneifen Sie?, fragen wir uns. Wenn immer öfter Linksextreme zum Beispiel gewalttätig werden, warum werden sie dann regelmäßig zu schillernden Aktivisten verklärt? Warum können Sie die Wahrheit nicht regelmäßig nennen, wenn es Straftaten mit Migrationshintergrund gibt? Das Herkunftsland zu nennen, das kann man sich eigentlich politisch leisten. Der Bürger honoriert den Gedanken der Wahrheit positiv. Sie können ihm zutrauen, dass er das anständig einschätzt.

Dann wäre bei dieser Offenheit auch klar, wer manchmal den Schwerpunkt legt bei BTMDelikten wie gestern bei der Durchsuchung in Sachsen-Anhalt. Bei Gewaltübergriffen, bei Sexualstraftaten wüssten wir, wo die Schwerpunkte liegen. Bei Bandenkriminalität, sogenannter ClanKriminalität, wüsste man, wer dort dominiert, wer sich Sozialleistungen erschleicht. Darüber sollten wir offen reden und auch den Bürgern reinen Wein einschenken.

Ich fasse noch einmal Pressemitteilungen der letzten Woche aus Sachsen-Anhalt zusammen. Ich habe nur welche aus Magdeburg herausgesucht und nicht landesweit. Dort steht: Raubstraftat in Stadtfeld. Ein 26-Jähriger wird durch drei Männer geschlagen und ausgeraubt.

Nächste Meldung aus Magdeburg: Zwei Männer werden in der Lübecker Straße zunächst von einer Männergruppe - da haben wir wieder den Begriff - beleidigt, bespuckt, umringt, angegriffen, ausgeraubt.

Im Breiten Weg, hier gleich um die Ecke, verlässt ein Pärchen eine Gaststätte, gerät auf dem Heimweg in Streit mit einer siebenköpfigen Männergruppe. Die werden dann tätlich. Es endet in einem Übergriff, in Gewalt. Die Leute werden zusammengeschlagen und beraubt.

Solche geschönten Meldungen, wie Ihre Polizei sie herausgibt, sind nicht mehr zeitgemäß.

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Forscht man nach bei diesen drei Meldungen, die ich eben genannt habe, kommt dann zum Beispiel zutage: eine Arabisch sprechende Tätergruppe mit südländischem Aussehen. Die Täter hatten dunkle Haare, sprachen mit ausländischem Akzent, oder sie hatten eine arabische Herkunft oder afrikanische Herkunft. Immer wieder taucht dieses ominöse „Südland“ auf, das ich bisher auf keinem Globus dieser Welt gefunden habe. Wo liegt Südland?

Das waren alles Meldungen aus Magdeburg aus der letzten Woche. Ich habe nicht einmal lange suchen müssen. Das war ein Klick im Internet, dann hatte ich die drei Meldungen zusammen. Ich hätte auch in Wittenberg, Dessau oder überall gucken können, eine ähnliche Informationslage stellt sich dort auch dar.

Vor 30 Jahren konnten wir selbst noch erleben, dass uns in der verblassenden DDR damals die Genossen der Volkspolizei neben der inneren Sicherheit auch politisch korrekt erziehen wollten. Fragte man damals einen Schutzmann auf der Straße zu einem ihm politisch vielleicht nicht so ganz in den Kram passenden Sachverhalt, bekam man prompt die antrainierte Antwort wie beim pawlowschen Reflex: Darüber darf ich keine Auskunft geben! Ich verweise Sie an die Genossen der Pressestelle des MdI! - Das war die Standardantwort eines deutschen Volkspolizisten der DDR. Ja, steif und hölzern wirkte das für die Bürger damals in der DDR, unglaublich hilflos und lächerlich. Man gewann den Eindruck, das war nicht unsere Volkspolizei, das waren die Polizeigenossen der SED, die Polizei einer Partei.

Genauso lächerlich und hilflos wirkt auf uns heute wieder das krampfhafte Verbergen und auch das Zurechtbiegen der täglichen Polizeilage, um es der aktuellen Politik recht zu machen. Sorgen Sie dafür, dass das eng geschnürte Informationskorsett, das Sie unseren Behörden geben, endlich fällt. Wir Bürger wissen selbst, wie die schonungslosen Nachrichten anschließend zu bewerten sind. Wir können selbst lesen, haben einen Kopf und können uns selbst unser Urteil bilden und das selbst bewerten. Sie brauchen vor uns keine Angst zu haben.

Wir sind keine Kleinkinder, denen Sie weiter mit irgendwelchen verwischten Floskeln wie „Männergruppen“, „Jugendgruppen“ oder „Großfamilien“ beikommen müssen. Ich sage Ihnen, wir sind alt genug. Deshalb kann man unserem Antrag nur zustimmen, wenn man wirklich nichts zu verbergen hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Lehmann, Sie sind fertig mit der Einbringung Ihres Antrags?

Ja, ich bin fertig.

Es gibt jetzt noch zwei Abgeordnete, die sich zu Wort gemeldet haben. Als Erster spricht Herr Erben.

Herr Erben.

Herr Erben, Sie haben das Wort.

Herr Lehmann, Sie haben immer wieder den Begriff „Leugnen von Fakten“ gebraucht im Zusammenhang mit Polizeimeldungen oder mit Ermittlungsbehörden. Dazu fällt mir zunächst einmal ein, dass sich die AfD, insbesondere Ihr Fraktionsvorsitzender, gestern sehr viel Mühe gegeben hat, Dinge zu leugnen, die der GBA bekannt gemacht hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist aber nicht der Grund meiner Wortmeldung.

(Oliver Kirchner, AfD: Ich hatte das nur ent- kräftet, nicht geleugnet!)

Sie haben - - Herr Kirchner, darf ich weitermachen?

Klar, machen Sie weiter.

Offensichtlich entscheiden Sie, wer hier reden darf.

(Oliver Kirchner, AfD: Das ist nur das Par- lament, das ist nur Gelaber!)

Herr Lehmann, Sie haben vorhin den Begriff der „Lügenbehörde“ gebraucht. Ich meine, der Begriff der Lügenpresse und Ähnliches gehört ja zum Standardvokabular, aber vielleicht können Sie dem geneigten Publikum hier erklären, was aus Ihrer Sicht eine Lügenbehörde ist.

(Minister Holger Stahlknecht: Das würde mich auch mal interessieren!)

Herr Lehmann, Sie haben das Wort.

Herr Erben, Ihre Frage ist sehr weltfremd. Gehen Sie jetzt einfach einmal raus, fragen Sie die Men

schen, wie sie polizeiliche oder behördliche Pressemitteilungen bewerten. Die kommen sich alle sehr gegängelt und veralbert vor.

(Zurufe von Thomas Lippmann, DIE LINKE, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Zu Ihrer Frage, woher im Volksmund dieser Begriff „Lügenbehörde“ genau wie der Begriff „Lügenpresse“ kommt: Der wird aus dem alltäglichen Leben, aus dem Alltag heraus geboren.

(Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

Wenn Sie draußen an der Basis mehr Politik machen würden, liebe SPD, was Sie im Laufe der Jahre wahrscheinlich vergessen haben, dann könnten Sie die Frage selbst beantworten und bräuchten sie hier gar nicht zu stellen.

(Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

Herr Erben hat noch eine kleine Nachfrage. Wir sind in der Dreiminutendebatte.

Ja, aber ich glaube, ich darf das trotzdem. - Herr Lehmann, eine Behörde ist jede Stelle, die mit Aufgaben öffentlicher Verwaltung betraut ist, also auch die Polizei. Würden Sie so weit gehen, dann sogar den Begriff der „Lügenpolizei“ zu verwenden?

Herr Lehmann, Sie haben das Wort.

Bitte? - Nein, das würde ich nie machen, Herr Erben, auch wenn Sie versuchen, mir diese Murmel jetzt unterzuschieben. Nein, Herr Erben, da müssen Sie schon früher aufstehen, bevor Sie mir so eine Kindergartenfrage stellen.

(Chris Schulenburg, CDU: Sie sind doch Mitarbeiter der Lügenbehörde!)

Herr Striegel, Sie haben jetzt das Wort.

Sind Sie fertig, Herr Erben?

Herr Striegel hat sich noch zu Wort gemeldet, Herr Lehmann. - Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Lehmann, der Sprachgebrauch, von dem Sie berichten, den kenne ich ansonsten eher aus Reichsbürgermilieus, aber das sei mal dahingestellt.

(Oliver Kirchner, AfD: Da bewegen Sie sich?)

Was mich interessieren würde, ist: Sie haben jetzt wortreich erklärt, wie sehr das Vertrauen in das Handeln von Behörden und insbesondere auch in die Polizei durch die von Ihnen kritisierte unzureichende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gesunken sei. Können Sie mir sagen, wie sich das Vertrauen in die Institution Polizei in den Jahren zwischen 2016 und 2019, also in diesem Jahr, in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt hat?

Herr Striegel, wenn der zukünftige Ministerpräsident von der CDU Sie vielleicht im Jahr 2021 zum Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt macht - woran alle mit Grausen denken -, dann können Sie diese Frage selbst klären.