Die Kenia-Koalition vertritt eben verschiedene Auffassungen in diesem Bereich der Pflegepolitik. Da wir das eben auch nicht zu entscheiden haben, braucht es hier nicht abschließend geklärt zu werden. Wir werden mit einem „Wir haben darüber geredet“ wieder auseinandergehen. Daher erspare ich mir an dieser Stelle eine argumentative Befassung mit der Pflegebürgerversicherung.
Kommen wir lieber zum durchaus spannenden Teil, wie ich finde, Ihres Antrages, dem Pflegewohngeld. Wie Sie richtig schreiben, steht in NRW, Mecklenburg-Vorpommern und SchleswigHolstein eine solche Sozialleistung zur Verfügung. Allerdings wurde sie im Saarland, in Hamburg und in Niedersachsen wieder abgeschafft.
Sozialpolitisch bin ich ja für vieles zu haben. Aber vom Pflegewohngeld bin ich selbst - ich persönlich; wir haben das in unserer Partei noch nicht wirklich ausdiskutiert - nicht wirklich überzeugt; das will ich hier ganz ehrlich sagen. Daher erscheint mir die Überweisung wirklich sinnvoll.
Ich will nicht ausschließen, dass ein Pflegewohngeld in den Haushaltsberatungen nach 2021 eine Rolle spielen wird. Aber zurzeit stellen sich mir mehr Fragen, als ich Antworten habe.
Ich will die Diskussion auch jetzt noch anreichern, indem ich ein paar Fragen vorstelle, nämlich: Ist das Pflegewohngeld nicht nur ein weiteres Beispiel für den sogenannten Linke-Tasche-rechteTasche-Effekt, dass wir als Land also Hilfen zur Pflege einsparen und gleichzeitig mit dem Pflege
Oder auch die Frage: Ist durch die Bundesregelung zur Heranziehung der Kinder der Pflegebedürftigen erst ab einem Einkommen von
100 000 € dem Sozialstaatsprinzip nicht möglicherweise Genüge getan? Gibt es darüber hinaus wirklich noch Handlungsbedarf? Auch die Frage: Macht es wirklich für die Betroffenen einen so großen Unterschied, ob sie nun Hilfe zur Pflege oder Pflegewohngeld beziehen? Ich bin mir der Unterschiede bewusst, sowohl in Bezug auf den Stigmatisierungsaspekt der Sozialhilfe als auch im Hinblick auf die Verfahrensvereinfachung, wenn die Einrichtung das Pflegewohngeld und nicht die oder der Pflegebedürftige beantragt und ausbezahlt bekommt.
Dennoch: Ist die Schaffung eines neuen Leistungsanspruches wirklich nötig? Und, ja, natürlich stellt sich auch die Frage: Was kostet es unter dem Strich? Wie viel mehr an Landesgeld müssen wir einplanen? Wäre dieses Geld eine effiziente, gerechtigkeitssteigernde, zielgenaue Leistung, mit der sich gegebenenfalls auch ein politischer Steuerungseffekt einstellt? - Wie gesagt, das sehe ich bisher nicht, bin aber gern bereit, mich im Fachausschuss näher mit dieser Frage zu befassen. Deswegen werden wir das überweisen. - Vielen Dank.
Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ja, wir sprechen heute wiederholt über ein außerordentlich wichtiges Thema; denn das Ansteigen des Eigenanteils der Bewohner von Pflegeeinrichtungen an den Gesamtkosten des Aufenthalts in der Einrichtung ist bundesweit gravierend. Das ist also kein Problem, das
speziell in Sachsen-Anhalt auftritt. Daraus folgt: Das bundesgesetzlich normierte System Pflegeversicherung muss auch eine bundesgesetzliche Regelung bekommen.
Dass das erfolgen muss, steht wohl außer Frage. Dazu bietet der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE allerdings keinerlei Ansatz. Das verwundert mich umso mehr, als die Einbringerin die Problemstellung durchaus treffend beschrieben hat.
Aber: Erstens. Die Einbeziehung aller Einkommensarten in die Beitragszahlung zur Pflegeversicherung ändert überhaupt nichts am Charakter der Pflegeversicherung als Teilkaskoversicherung. Diese sieht die Finanzierung von Unterkunft und Verpflegung, von Investitionskosten und Ausbildungskosten sowie besondere Pflegekosten nun mal bisher überhaupt nicht vor.
Zweitens. Die Einführung eines bewohnerorientierten und dazu einkommensabhängigen Zuschusses genau zu diesen eben erwähnten Kosten zementiert geradezu das alte System. In Ihrer Begründung schreiben Sie, dass sich die Träger der Einrichtungen veranlasst sehen, Kosten auf Bewohner umzulegen. Genau das sieht die derzeitige Konstruktion der Pflegeversicherung vor. Genau das muss verändert werden. Deshalb hoffe ich sehr, dass die Diskussion im Ausschuss vielleicht für alle Beteiligten etwas zur Aufklärung beiträgt. - Vielen Dank.
Ich danke Frau Dr. Späthe für den Redebeitrag. Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal Frau Zoschke das Wort. - Frau Zoschke, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Frau Ministerin, uns ist durchaus bewusst, dass wir auf zwei Ebenen tätig sein müssen. Das heißt, auf der einen Ebene den Bund zum Nachsteuern, was die Pflegeversicherung betrifft, aufzufordern. Gleichzeitig sind wir gefordert, etwas vor Ort hier in unserem Land zu tun. Daraus ist unser Antrag entstanden.
Wenn Sie sich erinnern: Schon zu Beginn dieser Legislaturperiode, im Herbst 2016, haben wir nach konkreten Dingen gefragt, die wir hier im Land tun können. Bis jetzt ist bis auf die Tatsache „Wir warten mal ab“ nichts passiert. Deswegen denken wir, dass wir mit unserem Antrag auf Pflegewohngeld einen kleinen Baustein in die richtige Richtung setzen können.
Unter dem Strich müssen das auch die Heimbewohner - das wird wieder umgelegt - bezahlen. Das bedeutet, dass diejenigen, die heute schon nicht wissen, wie sie die Heimkosten aufbringen können, das auch im Herbst 2021 nicht wissen werden. Dafür müssen wir eine Lösung schaffen.
Ich bin ein bisschen traurig, Frau Lüddemann, dass Sie sich darauf zurückgezogen haben, dass wir nicht Entscheidungsträger sind; denn ich denke schon, dass auch wir, die wir nicht Entscheidungsträger sind, was die Pflegeversicherung betrifft, etwas Druck machen könnten.
Ich finde, Ihre These „linke Tasche, rechte Tasche“ ist tatsächlich eine, die man durchdenken und beachten muss. Allerdings ist das für meine Begriffe eine verwaltungstechnische und auch sehr akademische Frage, weil diejenigen, die unter dem Strich gegenwärtig darüber nachdenken, wie sie ihre Heimkosten im nächsten Monat aufbringen, eine konkrete Antwort brauchen,
Frau Dr. Späthe, dass Sie mich mit meiner Bürgerinnen- und Bürgerversicherung nicht verstehen, das ist halt so. Ich habe vorhin eindeutig gesagt: Bürgerinnen- und Bürgerversicherung bedeutet für uns: Alle Einkommensarten zahlen ein und alle Leistungen werden daraus bezahlt. Das heißt, es wird aus der Teilleistungsversicherung eine Vollleistungsversicherung. Das löst das eine oder andere Problem tatsächlich.
Wir stimmen der Überweisung zu, weil ich denke, dass es noch eine ganze Menge Klärungsbedarf gibt. Aber wir sollten mutig sein und das tatsächlich auf den Weg bringen.
Ich danke Frau Zoschke für Ihre Schlussbetrachtung. - Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Ich konnte den Vorschlag wahrnehmen, den Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen.
Das ist so, dann stimmen wir darüber ab. Wer für die Überweisung dieses Antrags in den Sozialausschuss ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe, das ist das komplette Haus. Wer stimmt dagegen? - Gegenstimmen sehe ich keine. Gibt es Stimmenthaltungen? - Die sehe ich auch nicht.
Vielen Dank. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im November 2019 gaben die veröffentlichten Zahlen im Schuldneratlas für das Jahr 2018 erneut Anlass für Sorgenfalten.
Die private Verschuldung der Menschen in Sachsen-Anhalt betrug mehr als 7 Milliarden €, bundesweit sind es übrigens 200 Milliarden €. Das sind in Sachsen-Anhalt pro Schuldnerin und Schuldner 30 000 € und betrifft etwa 240 000 Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter.