Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Wir wissen es alle, der Haushalt in Sachsen- Anhalt ist eng gestrickt. Doch wir können es uns nicht mehr leisten, ausgerechnet bei Bildung zu sparen; denn wer an Bildung spart, der spart an der Zukunft der jungen Menschen in Sachsen-Anhalt und der spart damit an der Zukunft unseres Landes. Für uns als Bündnisgrüne ist das ein absolutes No-Go; denn die Kinder und Jugendlichen in unserem Bundesland verdienen es, die bestmögliche Bildung zu erhalten.

Unser Land, die Unternehmen, die Universitäten, die Handwerkerinnen brauchen diese bestmöglich ausgebildeten jungen Menschen. Wir haben keine Zeit mehr zu reden. Wir wissen klar, was das Problem ist: der Lehrkräftemangel. Unter anderem wir Bündnisgrüne haben in den vergangenen Monaten konkrete Vorschläge gemacht und machen sie weiterhin, wie wir dieses Problem bekämpfen können.

Wir fordern die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen dazu auf, endlich zu handeln und den Lehrkräftemangel an der Wurzel anzupacken. Setzen Sie sich ernsthaft mit unseren und mit den anderen vorliegenden Vorschlägen auseinander. Vertun Sie nicht noch mehr Zeit. Erledigen Sie Ihren Job. Führen Sie die Bildung

in Sachsen-Anhalt aus der Krise heraus. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Sziborra-Seidlitz, es gibt eine Frage von Herrn Thomas. Lassen Sie sie zu?

Gern.

Herr Thomas, bitte. - Gern.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kollegin, Sie haben jetzt hier einen bunten Strauß von Forderungen formuliert, was wir im staatlichen Schulsystem machen sollten. Nun gibt es auch Kolleginnen und Kollegen unter uns, deren Kinder auf eine Privatschule gehen. Inwiefern würden Sie denn im Wettbewerb zu den Privatschulen unsere staatlichen Schulen einordnen? Wo sehen Sie persönlich den Stellenwert einer Privatschule, dass Sie sagen würden, also, ich würde meinen Kindern empfehlen, zu einer Privatschule zu gehen?

Ich ahne, worauf Sie hinauswollen. Deswegen gleich vorab: Meine Kinder besuchen staatliche

Schulen. Es gibt Leute, die anderes behaupten. Das ist nicht wahr.

(Alexander Räuscher, CDU: Ein bisschen lau- ter! - Zuruf von CDU: Ja, ich habe es auch nicht verstanden!)

- Wir sind Quedlinburger. Wir wissen an der Stelle, worum es geht.

(Alexander Räuscher, CDU: Ja, aber wir wol- len es auch hören!)

Ich glaube, dass die Privatschulen an vielen Stellen eine sinnvolle und gute Ergänzung für das staatliche Schulsystem sein können. Sie schaffen Bildungsangeboten in Bereichen - das meine ich räumlich und inhaltlich -, in denen staatliche Schulen kein Angebot haben. Ich sehe das nicht in Konkurrenz, sondern tatsächlich in Ergänzung.

Die Frage, ob ich meine Kinder auf Privatschulen schicken würde, das habe ich ja gerade schon erklärt: Ich finde staatliche Schulen durchaus angemessen.

Herr Thomas, ganz kurz.

Der guten Ordnung halber für das Protokoll: Ich habe Sie nicht gefragt, wo Ihre Kinder zur Schule gehen. Das haben Sie mir jetzt

Unterstellt.

unterstellt. Dagegen verwahre ich mich. Wir wollen hier nicht persönlich werden. Ich habe Sie nur gefragt,

(Unruhe bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

- ja, das habe ich nicht gefragt -, wo Sie Privatschulen im Wettbewerb zu den staatlichen Schulen sehen. Darauf lege ich schon Wert; denn persönlich, glaube ich, sollten wir hier nicht werden.

Vielen Dank dafür, vielen Dank auch für die Ergänzung, dass wir nicht persönlich werden sollten. Das bin ich in den letzten Tagen - nicht von Ihnen; explizit nicht von Ihnen - hier im Hohen Haus nur nicht mehr gewöhnt, dass man nicht persönlich wird. Deswegen entschuldigen Sie den kleinen Ausflug.

Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz. - Als Redner für die CDU-Fraktion ist angekündigt der Abg. Herr Borchert. - Herr Borchert, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Die Opposition nimmt mit gutem Recht in Anspruch, eine Aktuelle Debatte zu beantragen, die den Finger in die Wunde legt und die Regierung treffen soll. Das ist auch eine Wunde; das muss man akzeptieren. Wir hätten es als Opposition sicherlich genauso gemacht.

Aber Worte wie „Krise“ oder „Bildungsnotstand“ gehen in unseren Augen doch etwas an der Realität vorbei und sind unserer Meinung nach völlig überzogen.

(Zustimmung bei der CDU - Eva von Angern, DIE LINKE: Man kann es sich auch schön malen!)

Sie haben sicherlich recht damit, dass wir gegenwärtig in einer sehr schwierigen Phase für unser Schulwesen sind. Sie haben sicherlich recht damit, dass es durch externe Einflüsse zusätzlich erschwert wird. Anstatt von Krise würde ich eher von ernsten Problemen sprechen, die gelöst werden müssen und nach meiner Auffassung auch gelöst werden können. Solange unsere Schüler zur Schule gehen, um etwas lernen zu wollen, haben wir keinen Bildungsnotstand und schon gar keine Krise.

Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was in unserem Land nicht funktioniert. Ich meine mit „in unserem Land“ nicht Sachsen-Anhalt, sondern die Bundesrepublik Deutschland; denn wir reden hierbei nicht von Sachsen-Anhalt, wir reden von der Bundesrepublik Deutschland, wo die Probleme überall gleich sind. Wir leben nicht auf dem Mond, sodass wir die Einzigen wären, die irgendwelche Probleme haben. Wir haben sie alle. Ich möchte nicht darüber reden, was nicht funktioniert und wer daran schuld ist. Das haben Herr Lippmann und teilweise Herr Tillschneider schon gemacht. Obwohl, Herr Tillschneider, ich musste vorhin über Sie lächeln, als Sie gesagt haben, am Bildungsnotstand sei DIE LINKE schuld. Wenn es so einfach wäre, dann wäre das Problem vielleicht sogar irgendwann zu lösen. Aber das ist ja nun Blödsinn. DIE LINKE kann keine Schuld daran haben; denn sie regiert ja auch nicht.

Ich möchte sachlich und ohne Emotionen Dinge ansprechen, die nur wir

(Unruhe)

- ich hoffe, es hören auch alle zu - Politiker gemeinsam auf den Weg bringen könnten und können, gemeinsam und ohne ständig unabhängig voneinander in der Presse aufzuschlagen, um sich gut zu fühlen, wenn man etwas fordert und verspricht durchzusetzen, obwohl man es gar nicht durchsetzen kann, wie es DIE LINKE z. B. jetzt in wenigen Minuten wieder einmal versucht hat. Es ist nun einmal so, dass Mehrheiten reagieren. Es ist nun einmal so, dass auch in der Koalition Einigkeit bestehen muss, wenn man etwas verändern will. Ich denke, dieser Demokratieprozess sollte erhalten bleiben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ansonsten wäre das Leben zu einfach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen dafür sorgen, dass nicht nur geredet, sondern auch gehandelt wird. Das hören wir immer wieder. Es nützt keinem Lehrer, keinem Elternteil und keinem Schüler draußen, wenn wir immer wieder sagen, ihr seid alle toll, die Lehrer sind gut. Wir müssen etwas tun.

Ich fange einmal mit meinem Ministerpräsidenten an. Bildung ist Chefsache, hat er gesagt.

(Zustimmung bei der CDU)

Er hat erkannt, dass wir die Probleme in der Bildung nur gemeinsam in den Griff bekommen können. Gemeinsam heißt für mich: mit all den Ministerien, die mit Bildung etwas zu tun haben. Ist es zielführend - die Frage stelle ich jetzt einmal in den Raum -, dass in unserem Bundesland neben dem Bildungsministerium das für den Kindergarten und den Hort zuständige Sozialministerium, das für die Ausbildung der Lehrer zuständige Wissenschaftsministe-

rium, das für den Sport zuständige Innenministerium, das Digitalisierungsministerium, das Wirtschaftsministerium und sogar die Staatskanzlei und Ministerium für Kultur über Bildung reden, aber das jeder für sich allein, nicht als eine Einheit? Unser Ministerpräsident hat erkannt, dass das nur in einer Einheit geht. Deshalb hat er dies zur Chefsache gemacht.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der CDU: Jawohl! - Unruhe)

Wann kommt endlich unser Bundeskanzler auf diese Idee? Wann muss ich mir bei „Markus Lanz“ von unserer Bundesbildungsministerin nicht mehr anhören, dass der Bund im Bereich der Bildung nichts weiter machen kann, weil das Grundgesetz dies verhindert? Wer kann denn versuchen, das zu ändern? Wer kann denn versuchen, dass Bildung endlich Chefsache wird und den Anforderungen unserer Gesellschaft entspricht? Wann sind wir so weit?

(Guido Kosmehl, FDP: Ja, Herr Borchert, wann sind wir so weit? - Unruhe)

Wann sind wir so weit, dass wir in Deutschland gemeinsam in eine Richtung arbeiten, um in der Bildung voranzukommen? Denn wenn jedes Bundesland weiter für sich arbeitet, kommen wir nie vorwärts.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber es sind doch die Unionsländer, die darauf bestehen! - Zuruf von der CDU: Weil ihr uns unter Druck setzt! - Lachen - Unruhe)

Können Sie noch einem Menschen dort draußen erklären, warum in Sachsen-Anhalt bspw. der erweiterte Realschulabschluss bei einem Notendurchschnitt von 2,4 vergeben wird und in Niedersachsen bei einem von 3,0 und warum

in Sachsen-Anhalt die Schüler im Gymnasium sogar den erweiterten Realschulabschluss hinterhergeschmissen bekommen, wenn sie zwar die 10. Klasse, nicht jedoch das Abitur geschafft haben? Das sind Dinge, die wir zum einen nicht allein in unserem Bundesland mit seinen Gymnasien und der Sekundarstufe lösen können, weil es diese Ungerechtigkeiten schon viel zu lange gibt.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)

Zum anderen ist es doch eine bundesweite Thematik, wenn ein Kind in einem Bundesland seinen erweiterten Realabschluss bei einem Notendurchschnitt von 3,0 bekommt und an einer Fachhochschule studieren kann und es in Sachsen-Anhalt dafür einen Durchschnitt von 2,4 haben muss. Welcher Durchschnitt richtig ist, vermag ich nicht zu beurteilen und das ist auch nicht meine Aufgabe.

(Zustimmung bei der CDU - Ulrich Thomas, CDU: Das versteht keiner! - Unruhe)

100 Milliarden € für die Bundeswehr. Wir haben ein Waffenarsenal in Deutschland und in der Welt, mit dem diese Welt zigfach vernichtet werden könnte. Was bringt dabei ein Leopard mehr oder weniger? Ich fordere 160 Milliarden € für die Bildung vom Bund, damit wir in allen 16 Bundesländern dieselben Voraussetzungen schaffen können und die Länder nicht damit alleingelassen werden, die Probleme zu lösen, die sich über viele Jahre angestaut haben. Das wäre der richtige Weg.

(Zustimmung bei und Zurufe von der CDU)