Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

Ich will nach dem, was Herr Lippmann von sich gegeben hat, deutlich sagen: Das Abstandsgebot muss auf jeden Fall eingehalten wer- den; denn es ist ein grundlegender Unterschied,

ob jemand an der Grundschule den Kindern das kleine Einmaleins beibringt oder ob er sie als Gymnasiallehrer in die Geheimnisse der nichtlinearen Mathematik einführt.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das, was Herr Lippmann hierarchisches Denken nennt, ist das, was uns groß gemacht hat; denn wir sind heute hier und haben das, was wir haben, weil bei den Generationen zuvor dieses Denken geherrscht hat. Ein Gymnasiallehrer muss mehr verdienen als ein Grundschullehrer. Dabei bleiben wir.

(Zuruf von der LINKEN: Nein!)

Wer das beseitigen will und eine Tabula-rasaGleichmacherei einführen will, der beseitigt unsere Kultur.

(Zustimmung bei der AfD)

Wir sind am Ende dieser Aktuellen Debatte angelangt und damit am Ende der Aktuellen Debatten dieses Tages.

Abstimmung

Beschlüsse sind nicht vorgesehen, aber wir müssen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen in der Drs. 8/1949 abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer dagegen ist, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer enthält sich

der Stimme? - Das ist die AfD. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen angenommen und der Gesetzentwurf abgelehnt worden. - Vielen Dank.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 20

Erste Beratung

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/1945

Ich bitte die Kollegen vorn links.

(Zurufe von der LINKEN: Also die Kollegen von der CDU! - Herr Tullner!)

- Ja, die Kollegen links von der CDU.

(Lachen im ganzen Haus)

Es ist in Ordnung, dass ihr euch dorthin gestellt habt, aber ihr seid trotzdem zu laut. Ich würde gern fortsetzen. Für diejenigen, die nicht wissen, wie spät es ist: Es ist 18:40 Uhr. Wenn wir auf unseren Zeitplan sehen, dann stellen wir fest, dass wir Nachholbedarf haben, also Konzentration.

Frau Lüddemann nimmt bitte Ihre schwarzen Gehhilfen und bringt den Gesetzentwurf ein.

(Guido Heuer, CDU: Schwarz ist immer gut!)

Das ist mir vorhin nur aufgefallen, weil sie so geglänzt haben.

Die Farbe habe ich mir in alter Verbundenheit ausgesucht. Die Farbe konnte ich mir aussuchen.

(Zuruf von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

- Das passt zu allem.

(Lachen bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Haben Sie schon einmal ein stationäres Carsharing-Angebot im öffentlichen Straßenraum gesehen?

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

- Wunderbar, sehr gut. - Darum soll es jetzt nämlich gehen; denn es ist eine Seltenheit. An öffentlichen Straßen findet man eher selten solche Standorte, sodass die Suche nach den Carsharing-Fahrzeugen unter Umständen etwas dauern kann.

(Unruhe)

Die Standorte sind im öffentlichen Straßenraum nicht verortet, sie sind eher versteckt in Parkhäusern, Tiefgaragen, im Innenhof größerer Wohnsiedlungen, auf Parkplätzen von Supermärkten. Dann laufen Sie, sofern Sie ein Carsharing-Fahrzeug gebucht haben, mit dem Smartphone in der Hand und suchen erst ein- mal das gebuchte Auto. Wir wollen, dass

diese gut sichtbar, gut nutzbar, direkt auf Parkplätzen am Straßenrand zu finden sind, was heutzutage nicht die Regel ist.

Warum ist das so? - Weil Parkplätze am Fahrbahnrand formal zur Straße gehören und einer Sondernutzung unterliegen. Daher finden sich Carsharing-Angebote in Sachsen-Anhalt für gewöhnlich auf privaten Stellflächen. Dazu zählen auch Supermarktparkplätze. Das ist ein Problem; denn es ist nutzerunfreundlich und ein wirklicher Hemmschuh für den Wachstumsmarkt Carsharing. Diese flächenmäßige Beschränkung muss beendet werden.

Der Bund hat über sein Carsharing-Gesetz Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen für Carsharing-Angebote geöffnet. Die Kollegen aus der letzten Legislaturperiode werden sich erinnern: Wir hatten damals darüber gesprochen, dies eventuell im Zuge der Bauordnung aufzugreifen, aber dazu kam es nicht. Deswegen fehlt bis heute eine gesetzliche Regelung für die Zuständigkeit zur Umsetzung dieses Bundesgesetzes. Das wollen wir mit der Nr. 3 unseres Gesetzes und der entsprechenden Klarstellung in § 18 des Straßengesetzes endlich regeln.

Noch wichtiger, weil zahlenmäßig um ein Vielfaches höher, sind die potenziellen Stellplätze an Landes- und an kommunalen Straßen. Entsprechend haben sich einige Länder diese Bundesregelung zum Vorbild genommen und Carsharing an eben diesen Straßen ermöglicht, also den gesetzlichen Rahmen für entsprechende Sondernutzungen geschaffen und ein Ausschreibungsverfahren festgelegt.

Wir wollen Carsharing-Fahrzeuge im öffentlichen Straßenraum, auf den Parkplätzen an den großen Straßen, in den Städten und Gemeinden; denn diese Angebote sollen best- möglich sichtbar und nutzbar sein. Dafür

braucht es eben den neuen § 18a im Straßengesetz. Hierbei geht es eigentlich schlicht und ergreifend um die Umsetzung von Bundesrecht in Landesrecht, wie wir es an vielen Stellen gewöhnt sind.

Kommunen im Land können sich über Sondernutzungssatzungen auch diesem Anliegen widmen. Das ist möglich, aber es ist nicht sinnvoll, weil es einen Flickenteppich zur Folge hätte, und wir wollen eine landesweit einheitliche Regelung. Nur diese landesweiten Regelungen für Carsharing-Angebote sind eben gut praktikabel, weil sie dann einheitlich sind. Sie schaffen gute und handhabbare Bedingungen für den Carsharing-Markt in Sachsen-Anhalt.

Neben dem Nutzen für das individuelle Mobilitätsverhalten geht es uns um gute Rahmenbedingungen und gute wirtschaftliche Standortbedingungen, also um grüne Wirtschaftsförderung im Sinne der Mobilitätswende.

Warum wollen wir das Teilen des Autos fördern? - Jedes stationäre Carsharing-Fahrzeug kann bis zu zehn private Pkw ersetzen. Statt etlicher privater Stehzeuge wollen wir geteilte Fahrzeuge. Wir wollen Sharing-Fahrzeuge, die wirklich für Mobilität genutzt werden, die wirklich nur dann Kosten für Nutzerinnen und Nutzer verursachen, wenn sie gefahren werden.

Wollen wir als Land flexible, bedarfsgerechte und auch komfortable Mobilität fördern, dann braucht es diese gesetzliche Regelung.

Nun zum zweiten Teil unseres Vorschlags. Neben Carsharing steht auch der Radverkehr für die Zukunft der Mobilität. Denn der Radverkehr ist spätestens seit der rasanten Entwicklung der E-Bikes und der zunehmenden Verbreitung von Lastenrädern Garant für die Mobilitätswende.

Gerade E-Bikes und Lastenräder lassen die tagestauglichen Distanzen im Radverkehr deutlich steigen. Ist eine Strecke von 15 bis 20 km wahrscheinlich für die meisten von uns zu lang, um sie täglich mit dem Fahrrad zu pendeln oder eine Strecke zum Einkaufen zurückzulegen, so ändert sich das, wenn man ein E-Bike nutzt.

So ändert sich das gleich noch einmal, wenn besagter Pendler auf einem Radschnellweg - sei es eine Radschnellverbindung oder eine Radvorrangroute, wie die beiden gängigen Definitionen gemäß der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen heißen - unterwegs ist. Dann kommt der Radfahrende schnell, sicher und staufrei voran,

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Ja! - Zurufe von der CDU, von der AfD und von der FDP)

überwiegend getrennt von anderen Verkehrsteilnehmenden. Bei Radschnellwegen im Sinne unseres Entwurfes reden wir also infrastrukturell primär über - ich zitiere - vom Gehweg getrennte selbstständige Radwege im Zweirichtungsverkehr

(Zuruf von der AfD)

gemäß der Definition in den Qualitätsstandards des Landes für Radverkehrsanlagen. Solche Art eigenständige Radwege wollen wir gemäß der Logik der Einteilung von Straßen klar definieren und die Baulastträgerschaft regeln; denn Radwege sind nicht mehr nur für den örtlichen Verkehr wichtig.