Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss aber jetzt schon darauf hinweisen, dass wir, wie gesagt, den Abschmelzprozess - das ist bis jetzt der einzige gangbare Weg, wo wir eine Mehrheit haben, um die Einkommensund Steuereinbrüche, besonders in der Milchviehhaltung abzumildern. Aus meiner Sicht weist die EU-Agrarreform eine erhebliche Schwachstelle hinsichtlich des großen nationalen Ausgestaltungsspielraumes der jungen Mitgliedstaaten auf. So ist es nicht nur die Umverteilung zwischen den Betrieben, die uns Kopfzerbrechen bereitet, sondern auch die von der Bundesregierung vorgeschlagene 35-prozentige Umverteilung zwischen den Bundesländern. Profitieren würden vor allem Länder wie Brandenburg, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Thüringen gehört neben Bayern und Sachsen zu den Ländern, die Finanzmittel abgeben müssen. Konkret bedeutet das einen Verlust von knapp 7,5 Mio. % sprüngliche Thüringer Prämienplafond reduziert sich damit um rund 2,7 Prozent auf rund 273 Mio. ?   jeder, was soll das, 7,5 Mio. "  /kraften. Nur wenn ich das pro Hektar umrechne, sind das immerhin 9 bis 10 ! 2"     && das schon eine gewaltige Menge, die sie dann verkraften müssen, die ihnen dann fehlt. Folglich bin ich nach wie vor dafür, eine Umverteilung abzulehnen. Aber auch hier muss ich sagen, dass unsere Position sehr schwach ist, denn nur Bayern, Hamburg und Sachsen sind damit gegenwärtig auf unserer Seite. Der gemeinsame Antrag ist also somit zurückgewiesen worden und im Moment erscheint es aussichtslos eine Umverteilung der Prämie noch zu verhindern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe die Befürchtung, dass wir die Folgen der Umsetzung des Reformelementes Cross Compliance noch gar nicht abschließend beurteilen können, aber mit erheblichen Auswirkungen auf Landwirte und Verwaltungen zu rechnen ist. Wörtlich mit Überkreuzverpflichtung übersetzt, erstreckt sich dahinter die Bindung der Direktzahlung an die Einhaltung zahlreicher verbindlicher Vorschriften. Immerhin

konnte eine Reduzierung von ursprünglich 36 auf 18 zu kontrollierende EG-Verordnungen bzw. -Richtlinien erreicht werden. Da diese Vorschriften aber die Bereiche Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze, Umwelt sowie Tierschutz betreffen, wird auch klar, Cross Compliance muss ressortübergreifend umgesetzt werden. Dies erfordert eine schwierige und intensive Koordination und Abstimmung. Darüber hinaus muss der Landwirt für den Erhalt der Direktzahlung seine Fläche in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischem Zustand erhalten. Bei Verstößen erfolgt eine teilweise oder sogar völlige Kürzung der Zahlung. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, bei den momentanen Haushaltsituationen und der daraus resultierenden schwierigen Personalsituation ist eine EU-konforme Umsetzung der Vorgaben durch die zuständigen Verwaltungseinheiten kaum zu leisten. Daraus erwächst ein hohes Anlastungsrisiko für die Verwaltung bzw. den Mitgliedstaat und ein hohes Sanktionsrisiko für den Landwirt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Bundesregierung lässt die tatsächliche Umsetzung noch relativ offen. Für den Erhalt eines guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands werden nur Maßnahmen zum Schutz des Bodens vor Erosion, zur Erhaltung der organischen Substanz und der Bodenstruktur sowie zum Mindestmaß an Instandhaltung der Flächen genannt. Die Anforderung der 18 EG-Verordnungen bzw. -Richtlinien werden als verbindliche Vorschriften nur genannt und sind bisher nicht weiter als Kontrollvorschriften oder Indikatoren untersetzt. Endgültige Regelungen sind offensichtlich erst mit den entsprechenden Durchführungsverordnungen von der EU bzw. den nationalen Rechtsverordnungen zur Umsetzung des Gesetzes zu erwarten. Letztgenannte werden dann auch die bisher noch ausstehenden Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Cross Compliance aufgreifen. Ich will hier nur so viel sagen, diese Unterarbeitsgruppe Cross Compliance ist letzte Woche am Dienstag geplatzt. Der Bund hat sie aufgekündigt, weil man sich nicht einig geworden ist. Der Bund wird das jetzt selber in die Hand nehmen und wird im Verbund mit dem Bundesumweltministerium uns dann die dementsprechenden Vorgaben erteilen, was wir alles zu kontrollieren, was wir alles zu machen haben. Ich kann nur sagen, darauf freuen wir uns alle jetzt schon ganz besonders. Aus unserer Sicht stehen für die Umsetzung von Cross Compliance-Vorgaben folgende Punkte im Vordergrund:

1. Es müssen einfache EU-weit einheitliche Prüfindikatoren benannt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

2. Die Zahl der zu überprüfenden Vorschriften sind drastisch auf wenige leicht prüfbare, nachvollziehbare und justiziable Prüfungsindikatoren zu reduzieren, um den Aufwand für die Überwachungsbehörde und Landwirte vertretbar zu gestalten.

3. Es müssen sinnvolle, praxistaugliche Prüfkriterien gefunden werden, die sich an dem geltenden Fachrecht orientieren und das Sanktionsrisiko für die Landwirte und das Anlastungsrisiko für die Mitgliedstaaten minimieren.

4. In allen Kontrollbereichen dürfen die auf freiwillige Verpflichtungen des Landwirts beruhenden Fördermaßnahmen der zweiten Säule nicht gefährdet werden.

5. Die Konkretisierung der Anforderung betrifft die Kontrollen und darf nicht zu einer Verschärfung des Fachrechts führen.

Im Ergebnis des Agrarausschusses gab es zu diesen Punkten zwar Ländermehrheiten, es ist aber eher davon auszugehen, dass eine Durchsetzung dieser Länderinteressen im weiteren Verfahren gegenüber der Bundesregierung bzw. dem Bundesumweltministerium schwierig wird. Auch die EU-Kommission zeigt leider bisher gegenüber den Kritikpunkten der Mitgliedstaaten an ihrem Cross Compliance Ansatz wenig Gesprächsbereitschaft und beharrt auf den einzuhaltenden Verordnungen und Richtlinien.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sehe die Betrachtung der GAP-Beschlüsse zur zweiten Säule in unmittelbarem Zusammenhang mit der obligatorischen Modulation. Die EU-Kommission hat das Spektrum für die zweite Säule inhaltlich um neue Fördermaßnahmen aus den Bereichen Tierschutz, Lebensmittelqualität, Umweltschutz und für die Erfüllung von Standards erweitert. Die Finanzierung dieser neuen Maßnahmen bzw. die Aufstockung bereits durchgeführter Programme soll über die anfallenden Modulationsmittel erfolgen. Aus Thüringer Sicht müssen jetzt jedoch einige landesspezifische Besonderheiten beachtet werden, auf die ich kurz eingehen möchte.

Sicherlich steht für uns im Vordergrund, dass die Modulationsmittel durch entsprechende Maßnahmen auch wieder direkt an die Betriebe fließen. Allerdings setzt das auch immer eine Kofinanzierung mit Landesmitteln voraus. Unter der Prämisse, dass keine Gelder bei bestehenden Maßnahmen weggenommen und auch keine weiteren zusätzlichen Landesmittel zur Verfügung gestellt werden, sind die Möglichkeiten für die Etablierung neuer Maßnahmen in die ländliche Entwicklung gegenwärtig stark eingeschränkt, wenn nicht ausgeschlossen. Thüringen hat im Rahmen der nationalen Modulation bereits zwei neue Agrarumweltmaßnahmen mit der vorgeschriebenen Laufzeit von fünf Jahren eingeführt. Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal daran erinnern, dass wir bereits in der Vergangenheit eine ganze Menge von Agrarumweltmaßnahmen durchgeführt haben und wir mit zu den Ländern gehören, die auch den höchsten Anteil an Fördermitteln dafür ausgeben.

(Beifall bei der CDU)

So stehen uns für diese zwei Maßnahmen, die gegenwärtig neu hinzugekommen sind, aus der Modulationsabgabe 6 Mio.  *  %  &    den Bedarf, der sich aufgrund der Antragstellung der Betriebe abzeichnet, zu decken. Positiv ist an diesem Umstand, dass wir das Geld der Landwirtschaft wieder voll auszahlen können. Leider für die einzelnen Betriebe nicht in der angestrebten Höhe. Wir benötigen Finanzmittel aus der obligatorischen Modulation, um die Verpflichtungen aus den fünfjährigen KULAP-Maßnahmen fortzuführen. So bleibt im Ergebnis am Anfang der obligatorischen Modulation kaum Spielraum für neue Maßnahmen.

Die obligatorische Modulation, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist darauf gerichtet, den Landwirten Gelder zu streichen, die dann zwar zu 80 Prozent wieder zurückfließen, aber nur, wenn das Land kofinanziert, das heißt, wir müssen die Landeshaushalte dann insgesamt stärker belasten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal die aus meiner Sicht wichtigsten Ziele Thüringens für die nationale Umsetzung der GAP-Reform zusammenfassen:

1. Die Umverteilung von Prämienvolumen ist sowohl zwischen den Länder als auch zwischen den Betrieben abzulehnen.

2. Die betriebsindividuelle Tierprämie einschließlich der Milchprämie ist dauerhaft beizubehalten, um Wertschöpfungspotenzial im ländlichen Raum zu erhalten.

3. Zur Ausgestaltung der Sonderrolle Milch ist die Milchprämie dauerhaft als betriebsindividuelle Prämie zu gewähren.

4. Der Abschmelzprozess muss verschoben und im Zeitablauf verlängert werden, um den Betrieben Anpassungsreaktionen zu ermöglichen.

5. Cross Compliance muss für Landwirte und Verwaltung händelbar gestaltet werden. Die erforderliche ressortübergreifende Koordinierung muss frühzeitig im Interesse der Sache erfolgen.

6. Die Modulationsmittel müssen durch entsprechende Fördermaßnahmen vollständig wieder an die Betriebe zurückfließen.

7. Die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft muss gewährleistet bleiben, d.h. für mich, auch zu schauen, was machen die an Deutschland angrenzenden Länder.

Wenn Frankreich - wie vorgesehen - die Schlachtprämie weiter gekoppelt lässt, also an das Produkt gebunden, dass ich als Landwirt gezwungen bin, Schlachtrinder zu produzieren, um an die Prämie zu kommen, hat dies natürlich fatale Folgen für die betroffenen Vermarktungsunter

nehmen in Deutschland, da diese Unternehmen dann dahingehen, wo das Rindfleisch produziert wird, das heißt mit anderen Worten: Abbau von Arbeitsplätzen und Schaffung von Arbeitsplätzen, dort, wo es produziert wird. Leider, muss ich sagen, spielen solche Überlegungen bei unserem Bundesministerium keine Rolle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn letztlich noch nicht ganz klar ist, wie weit unsere Forderungen noch im weiteren Gesetzgebungsverfahren Eingang finden, so werde ich mich doch weiter für diese Positionen, die ich hier genannt habe, einsetzen und hoffe dabei, dass ich auch die notwendige Unterstützung aus diesem Hause dazu bekomme. Es ist wichtig und notwendig, dass wir das tun. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass wir auch noch 2010 und darüber hinaus eine Landwirtschaft betreiben wollen, die nicht nur darin besteht, dass ich einmal im Jahr die Äcker und Wiesen mulche und das Gras abmähe, sondern dass ich nach wie vor landwirtschaftliche Produkte erzeuge und Landwirtschaft so betreibe, wie es richtig ist und dass wir für unsere Verbraucher hier in Deutschland auch nach wie vor noch Produkte aus unseren Regionen haben. Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Möchten die Fraktionen oder eine Fraktion die Aussprache zu diesem Bericht?

Die PDS-Fraktion beantragt die Aussprache.

Die anderen Fraktionen offensichtlich nicht. Da fällt mir übrigens ein, Herr Kummer, wenn Sie das sagen, ich wurde darauf hingewiesen, dass der parlamentarische Abend heute nicht nur auf Einladung des Thüringer Landesjagdverbands, sondern auch auf Einladung des Thüringer Landesangelfischereiverbands Erfurt stattfindet. Das ist heute Morgen nicht vollständig gesagt worden. Ihre Redeanmeldung hat mir jetzt die Assoziation dazu noch einmal gegeben.

In der Aussprache rufe ich auf als ersten Redner für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Botz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Verordnung Nummer 1782/2003 des Rats der EU erfährt die europäische Agrarpolitik ab dem Jahr 2005 eine umfassende Neuausrichtung. Dass eine solche Neuausrichtung einmal kommen wird und kommen muss, war allen aufmerksamen Beobachtern seit vielen Jahren klar. Wenn es nun im Jahr 2003 anlässlich einer ursprünglich

vorgesehenen Halbzeitbewertung der Agenda 2000 zu dieser schnellen Abfolge der Entscheidung kam, so hat das auch Gründe, die nicht zu unterschätzen sind. Ich nenne sie mal kurz: die anstehende Osterweiterung, der Druck der Welthandelsgespräche und nicht zuletzt die auslaufende Amtsperiode des Agrarkommissars Fischler, der seit vielen Jahren auf eine derartige Reform hingearbeitet hat, sind hier sicher mit zu nennen. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 01.08. - der Minister hat es ausgeführt - die Gelegenheit, diese Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Die Abläufe wurden dargestellt. Ich kann mir das nach der Rede des Ministers natürlich ersparen.

Mir kommt es aber darauf an, noch einmal klar zum Ausdruck zu bringen, dass es gemäß unseres föderalen Staatsaufbaus nach den Entscheidungen in Brüssel und in Straßburg der Bund und die Länder waren, die gemeinsam in einen intensiven Meinungsaustausch eingetreten sind und zu diesen sehr detaillierten Fragen der nationalen Umsetzung der Reform monatelang inzwischen Gespräche im Rücken haben. Das darf man sagen. Sie haben das auch hier im Detail dargestellt.

Es hat natürlich eine Fülle interner Beratungen auch Abstimmungen gegeben. Auf der Grundlage dieser Beratungen und Abstimmungen legte die Bundesregierung dann den inzwischen bekannten Gesetzentwurf vor. Sicher wird es noch Änderungen im Detail geben, nicht zuletzt, weil der Bundesrat hier ein gewichtiges Wort mitsprechen wird und es ist auch gut so. Ich sage das ausdrücklich. Es ist schon deshalb gut so, weil die örtlichen Unterschiede zwischen den Bundesländern selbst innerhalb großer Bundesländer derartig groß sind, dass niemand - weder von Brüssel noch von Berlin aus - wirklich real einschätzen kann, welche Konsequenzen es hätte, wenn man hier gravierende Fehler machen würde. Insofern begrüßen wir auch diesen grundsätzlichen Ansatz, der zwischen Bund und Ländern hier gewählt wurde.

Schließlich geht es um die konkrete Ausgestaltung eines Verfahrens, nach dem in den kommenden Jahrzehnten und ich betone es noch mal ausdrücklich - ca. 5.500 Mio.  pro Jahr in die ländlichen Regionen unserer Länder fließen werden. Die Zahlen für Thüringen hat der Minister genannt. Ich glaube, man sollte sich das wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen, dass man sich dann auch in einem Landtag einmal vielleicht mehr als eine Stunde Zeit nimmt, um angesichts dieser Größenordnung über diese Veränderungen zu debattieren. Es ist unmöglich, auf alle Details einzugehen. Das habe ich auch nicht vor. Aber zu einem der wesentlichen Elemente möchte ich eingangs doch etwas sagen, und zwar zur Entkopplung.

Mit der Einführung dieser Betriebsprämienregelung ist die Gewährung der Direktzahlung nicht mehr an die Verpflichtung zu einer bestimmten Produktion gekoppelt. Das heißt, meine Damen und Herren, das ist noch nicht jedem klar, dass de facto die Stützwirkung, die beabsichtigt ist, die auch unumgänglich ist, die weiter bleiben muss, dass

diese Stützwirkung vom Erzeugnis hin zum Erzeuger verlagert wird. Das erhöht einmal die Einkommenssicherheit, das erhöht - auch wenn es am Anfang schmerzt - die Entscheidungsfreiheit des Landwirts und fordert selbstverständlich auch seine unternehmerischen Qualitäten stärker, als das bisher der Fall ist. Für bestimmte Produktionsbereiche wird das natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf den Produktionsumfang haben. Weiter gehende Konsequenzen bis hin zu den so genannten vorund nachgelagerten Bereichen der landwirtschaftlichen Urproduktion werden unvermeidlich sein. Es bringt nichts, irgendjemanden hier in der Illussion zu belassen, dass das nicht ohne schmerzliche Entwicklung in den nächsten Jahren ablaufen wird. Besonders hart werden Bereiche mit sehr intensiver Produktion ohne große Flächenausstattung betroffen sein. Darüber sind sich die Fachleute einig. Das waren und sind aber eben auch oft diejenigen Betriebe und ich bitte diese Aussage nicht nur auf den Freistaat Thüringen, sondern bitte auf die gesamte Europäische Union angewandt zu sehen -, deren Rahmenbedingungen sich oft negativ auf Umwelt und Natur ausgewirkt haben. Zu erwarten ist aber eben auch eine Marktentlastung mit den entsprechenden positiven Preis- und Einkommenseffekten für die Landwirtschaft. Gelingt das zukünftig, so ist auch in der Zukunft dann eine weitere Reduzierung der so genannten Marktstützungsmaßnahmen für Produkte zu erwarten.

Meine Damen und Herren, ich möchte im Weiteren entlang des CDU-Antrags, der insgesamt in unserer Fraktion, nachdem dieser eine Änderungsantrag von uns gemeinsam abgesprochen wurde, Konsens gefunden hat

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

ja, das ist durchaus einen Beifall wert. Wissen Sie, Kollegen von der PDS, das möchte ich hier mal ganz klarstellen, Sie haben heute zum Beispiel erlebt, dass jemand in einem anderen Politikbereich Ihren Antrag im Namen und mit Stützung unserer Fraktion unterstützt hat, weil es der Sache dient, weil es fach- und sachpolitisch hervorragend begründet werden kann und genauso sachlich und fachlich sind wir hier der Auffassung, dass wir den wesentlichen Teilen dieses Antrags, ob er nun von dieser Fraktion kommt, ob er von Ihnen gekommen wäre, ob er von uns gekommen wäre, in der Sache hier zustimmen können.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Gut, dass Sie es gesagt haben, sonst hätten wir das nicht gemerkt.)

Gut. Das war ja nur Ihrem Beifall geschuldet.

Meine Damen und Herren, einige Bemerkungen zu diesem Antrag, an dem ich mich in der nächsten Zeit entlanghangeln möchte. Zum ersten Punkt dieses Antrags: Die Landwirtschaftsuntenehmen müssen die Chance erhalten, sich auf die erheblichen Veränderungen rechtzeitig einstellen zu können. Herr Minister, meine Wahrnehmung

ist es, dass, obwohl viele Monate als zum Teil auch in der Fachpresse eigentlich die Grundzüge dargestellt wurden, der Kenntnisstand bei den Betrieben und Landwirten draußen durchaus unterschiedlich ist, über die Konsequenzen, die auf sie alle zukommen und die zu erwarten sind. Wir sollten deshalb nichts unversucht lassen, um die erforderlichen Informationen zügig und konkret dort hinzu geben, wo sie benötigt werden. Wir teilen aber natürlich die Auffassung, dass insgesamt wegen der erheblichen Veränderung hier natürlich der Prozess gestreckt werden muss.

Zum zweiten Punkt, der Abschmelzprozess der betriebsindividuellen Zahlungsansprüche sollte insbesondere für Unternehmen, die gerade erst erhebliche Investitionen getätigt haben, ich glaube, da liegt der Schwerpunkt der Sorge, wie auch immer kompensiert werden. Das wird sicher einer der Schwerpunkte der weiteren Verhandlungen sein. Ob es aber die beste Lösung ist für die Landwirte in Thüringen insgesamt, diesen Abschmelzprozess so spät wie möglich zu beginnen und auch abzuwickeln, das bezweifle ich. Denn Sie haben es selber gesagt, Herr Minister, es wird wieder eine Halbzeitbewertung geben. Wenn wir diesen Abschmelprozess, in dem ja einige Risiken und Unkalkulierbarkeiten stecken - ich will nicht auf alle Details eingehen, Auswirkungen auf den Bodenund Pachtmarkt - so weit hinausziehen, dass andere im Prinzip die Halbzeitbewertung mit klaren Ergebnissen und Aussagen treffen können, wir aber - also andere Nationen sozusagen - nicht in der Lage sind, diese endgültigen Konsequenzen real einschätzen zu können, würde ich auch ein gewisses Risiko darin sehen, den Abschmelzprozess auf den Sankt-Nimmerleins-Tag hinauszuschieben.

Zum dritten Punkt, meine Damen und Herren, die Umverteilung des Prämienplafonds zwischen den Bundesländern ist natürlich für diejenigen, die etwas abgeben müssen, also für uns in Thüringen, ein sehr schwer nachvollziehbarer Prozess. Das würde den anderen auch so gehen, wenn sie in der Situation wären. Gott sei Dank sind wir nicht so stark betroffen, dass man dramatische Auswirkungen darin sehen müsste, aber, ich gebe Ihnen Recht, jede Million, die Thüringen verloren geht, geht dem Einkommen unserer Landwirte verloren und deswegen können wir nur viel Erfolg wünschen bei den weiteren Verhandlungen. Wir wünschen auch, dass sich die Mehrheitsverhältnisse, die Sie mehrfach angesprochen haben, wie sie bisher im Bundesrat gewirkt haben, vielleicht noch dahin gehend ändern, dass aus diesen 2,5 Prozent ein noch geringerer Betrag wird. Das ist natürlich in unser aller Thüringer Interesse.

Zum vierten Punkt, zur Sonderrolle der Micherzeuger im Anpassungsprozess: Es gibt kaum einen Fachmann, der bestreiten würde, wie dringlich eine solche Sonderbehandlung, wie ich sie mal bezeichnen will, ist. Unserer Kenntnis nach wird es in dieser Sachfrage ein Entgegenkommen der Bundesregierung geben müssen, entsprechende Signale gibt es auch. Der Anteil der Milch bei der Wertschöpfung in unserer Landwirtschaft ist ganz einfach zu groß, als dass

man hier unsensibel verfahren könnte. Mittel- und langfristig aber ist eben genau dieser Sektor, der Milchsektor, einer derjenigen, der durch den allmählichen Abbau der produzierten Mengen, die ja zukünftig zu erwarten sind, zu einer wachsenden Preisstabilität im europäischen Kontext, und nur der ist ja letzten Endes im Binnenmarkt ausschlaggebend, führen kann und, unserer Auffassung nach, auch führen wird.

Zum fünften Punkt: Natürlich benötigen wir möglichst einfache und praktikable Indikatoren, um eine wesentliche Zielstellung der Agrarreform in die Tat umzusetzen. Es geht um die Bindung der nicht gerade unerheblichen Prämienzahlungen an Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Tier, Gesundheit und Pflanzenschutz. In europäischer Fachsprache nennt man das nun mal Cross Compliance, der Minister hat dazu Ausführungen gemacht. Ich möchte dazu nur noch einmal die Frage stellen oder die Aufforderung an uns alle richten: Warum ist denn eigentlich diese Zielstellung unausweichlich? Sie ist unausweichlich, weil wir nur auf diese Art diese für die Landwirtschaft unverzichtbaren großen Beträge auf Dauer in den nächsten Jahrzehnten aus den Welthandelsverhandlungen hinein in einen sicheren Bereich bringen, dazu brauchen wir die Kopplung an derartige Kriterien. Das ist grundsätzlich der einzige vernünftige Weg und über die Details - und Sie haben dazu sehr ausführlich gesprochen, Herr Minister wird weiter zu streiten sein. Wir unterstützen ausdrücklich das, was hier formuliert ist, weil es kurz und klar ist, es geht nämlich darum, nachvollziehbare, praktikable Kriterien zu erreichen. Wir können uns alle nur wünschen, dass das am Ende des Gesetzgebungsverfahrens auch so aussieht. Ich möchte aber noch eine Bemerkung anschließen, gerade an die Kollegen des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gerichtet. Wir haben in den letzten Jahren sehr viele Betriebe besichtigt, die unabhängig von ihren Eigentumsformen, wo wir fast immer den Eindruck mitnehmen konnten, also ich persönlich habe jedenfalls keinen Betrieb besichtigen können, wo ich nicht mit dem Eindruck weggegangen bin, dass unsere Landwirte in Thüringen sich sehr wohl erstens daran gewöhnt haben, vergleichbare Kriterien einzuhalten, weil sie als gute Landwirte eigentlich auch gar keine andere Absicht haben und das auch sich zur Ehre anrechnen, mit solchen Kriterien umzugehen. Sie haben schon sehr lange verstanden und begriffen, dass die Öffentlichkeit, dass der Steuerzahler und nicht zuletzt auch die Medien große Aufmerksamkeit auf die Einhaltung solcher Kriterien legen. Ich bin ganz optimistisch, dass unsere Landwirte in Thüringen in Zukunft mit der Einhaltung solcher Kriterien weniger Probleme haben, als der eine oder andere das im Augenblick zum Ausdruck bringt. Ich möchte aber eine Anregung aus der TLL-Tagung vor einigen Tagen hier in Erfurt aufgreifen, vielleicht auch als Frage an den Minister weitergeben oder als Aufforderung, als Anregung. Es wurde ja die Frage gestellt, inwiefern die positiv angelaufenen Zertifizierungen, die ja von den Landwirtschaftsunternehmen im wachsenden Maße aufgegriffen werden, nicht auch mit in diese praktikablen Kriterien einbezogen werden

können. Hier könnte das eine sinnhaft mit dem anderen verbunden werden.