Zum 6. Punkt, meine Damen und Herren, zum Einsatz der Mittel aus der obligatorischen Modulation: Es ist durchaus sinnvoll, diese Mittel zur gezielten Entwicklung des ländlichen Raums einzusetzen. Unstrittig ist auch, dass das, was wir als Urproduktion bezeichnen, eine entscheidende Säule wirtschaftlicher Tätigkeit in ländlichen Räumen bleiben wird und bleiben muss, wobei - das möchte ich hier auch anmerken - zur Urproduktion aus unserer Perspektive natürlich inzwischen auch der Anbau und die Verarbeitung z.B. von Energiepflanzen zählen sollte. Auch das verstehen wir unter Urproduktion. Die Frage ist nur, was man unter "vorrangig" versteht. Dieser Begriff "vorrangig" taucht ja im Antrag hier mit auf. Mathematisch gesehen könnte man sagen, zwischen 51 und 99 Prozent wäre die Vorrangigkeit erfüllt, also wenn das dann in Richtung 99 Prozent mehr verstanden werden soll, wenn ich das mal so pauschal hier ausdrücken darf, dann, glaube ich, würde man zu kurzsichtig handeln. Wenn es nämlich stimmt, meine Damen und Herren, dass diese Reform die unternehmerischen Initiativen der Landwirte beim Wettbewerb um Marktanteile und Einkommen wecken wird und wecken muss, dann muss auch eher früher als zu spät von diesen 99 Prozent abwärts in Richtung niedrigeren Prozentzahlen gegangen werden, um eben Alternativen, Beschäftigungs- und Einkommensquellen zu eröffnen, eben auch durch Einsatz dieser Modulationsmittel. Als eine Selbstverständlichkeit, Herr Minister oder werte Kollegen von der CDU-Fraktion, sehen wir die Bereitstellung der notwendigen Landesmittel zur Kofinanzierung dieser Modulationsmittel an. Das Wort "sollen" an dieser Stelle scheint mir etwas zu schwach gewählt. Das ist nun nicht unbedingt ein Grund, dass wir sagen, dass wir deshalb dem Antrag nicht zustimmen können, aber diese kritische Anmerkung gehört schon in die Debatte. Nachdem der Herr Ministerpräsident schon vor Monaten bei seinem ersten Auftritt vor den thüringischen Bauern in Arnstadt ganz klare Zusagen gemacht hat, ist das für uns auch etwas unverständlich. Herr Althaus hat in Arnstadt davon gesprochen, dass Landwirtschaft für ihn ein Teil von Wirtschaft ist. Dazu habe ich keine andere Auffassung. Wenn das aber so ist, meine Damen und Herren, muss die Wirtschaft in den wenig entwickelten Räumen Thüringens - und das sind nun mal unsere so genannten ländlichen Räume - natürlich besonders gefördert werden. Wer das vor hat, muss zuerst einmal vorhandene Mittel - das sind Modulationsmittel - dafür auch kofinanzieren. Also, Herr Minister, werte Kabinettskollegen, liebe Landesregierung, tun Sie es, Sie haben zurzeit die Verantwortung dafür und das kann in den entsprechenden Papieren und in den Verhandlungen auch klar zum Ausdruck kommen.
Dem letzten Punkt, dem Punkt 7 kann man natürlich auch zustimmen. Die Einführung der Reformmaßnahmen darf nicht gefährdet werden, das hieße, das Heft des Handelns aus der Hand geben. Niemand kann sich das leisten.
Meine Damen und Herren, ich wünsche mir für die kommenden Monate weniger Klagelieder darüber, dass es diese Reform nun gibt und dafür mehr Aufklärung und Anregung, wie sich unsere Landwirte am besten auf sie einstellen können. Die meisten Reden, die man von Funktionären, aber auch von Politikern hört, fangen ganz schrecklich an, von wegen Horrorszenarien usw., aber enden meist mit der Aufforderung, die großen Chancen, die zweifellos auch in dieser Reform stecken, nun zu nutzen. Dem letzten Teil dieser Rede, meine Damen und Herren, schließen wir uns grundsätzlich an. Das laufende Gesetzgebungsverfahren sollte auch von der Landesregierung genutzt werden, um diese Startbedingungen möglichst günstig für Thüringen, für Deutschland und sicher am Schluss auch für eine europäische Agrarpolitik zu gestalten.
Ich möchte abschließend hier auch noch zum Ausdruck bringen, dass ich im Namen meiner Fraktion einer Überweisung - dieser Antrag wird ja wohl noch kommen zur Behandlung an unseren Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ausdrücklich zustimmen möchte. Nicht zuletzt deshalb, um auch dort auf diesem Wege das zu tun, worauf ich auch in meinem Redebeitrag hier eingegangen bin. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Minister hat in seinem Sofortbericht auf Fakten und Zahlen hingewiesen. Diese Fakten und Zahlen zeigen eigentlich schon die Dramatik, vor der die Landwirtschaft in Thüringen und in Deutschland steht. Die nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik bildet in Thüringen derzeit den Mittelpunkt zahlreicher agrarpolitischer Diskussionen und wir haben ja an sehr vielen teilgenommen. Mit dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Agrarreform wird die agrarpolitische Diskussion noch wesentlich leidenschaftlicher geführt. Das liegt vor allem an den ungewöhnlich großen nationalen Umsetzungsspielräumen bei der Agrarreform. Es ist vom Minister und auch von Dr. Botz angesprochen worden, dies betrifft vor allem die Entkopplung der Direktzahlungen von der Erzeugung und die Neuanbindung an Standards den so genannten Cross Compliance. Hinzu kommen die verschärften Preissenkungen bei Milch, die eine Heranführung an den Welt
markt bedeuten. Wie die großen nationalen Umsetzungsspielräume von den verschiedenen Ländern gesehen werden, darauf hat der Minister sehr deutlich hingewiesen. Ich glaube, die Veränderungen in der Landwirtschaft sind durch die Reformbeschlüsse der Gemeinsamen Agrarpolitik doch sehr weit reichend. Ich glaube, jetzt wird auch vielen langsam deutlich, dass sich die Grundlagen für die Landwirtschaft in Thüringen auch stark verändern werden, es geht um die Standortsicherung der Thüringer Landwirtschaft. Deshalb will die CDU-Fraktion mit diesem Antrag in der Endphase der Verhandlungen - es ist eigentlich fünf vor zwölf, wenn ich das so sehe - dem Minister parlamentarisch den Rücken stärken. Wir sagen das auch klar, wir lehnen den Gesetzentwurf in der jetzigen Form ab, weil er zu weit reichenden negativen Konsequenzen unserer landwirtschaftlichen Betriebe führen würde. Das Ziel, die wirtschaftenden Betriebe zu stärken und Landwirtschaft in schwierigen Regionen zu halten, wird mit dieser Vorlage nicht erreicht. Die im Entwurf vorgesehenen Strukturbrüche und Verluste von Marktanteilen sind insbesondere dem tierischen Produktionssektor nicht zumutbar. Mit dem Wegfall der Bewirtschaftungsverpflichtung auf landwirtschaftlichen Flächen besteht die Gefahr, dass in einem enormen Strukturwandel in einigen Nahrungsmittelbereichen Produktionspotenziale aus Deutschland und eben dann auch aus Thüringen abwandern. Diese Gefahr - und darauf ist heute hingewiesen worden - besteht vor allem bei Rindfleisch und in der Milcherzeugung. Ich glaube, das kann so nicht hingenommen werden. Ich glaube, der Herr Minister und auch der Herr Dr. Botz haben es angesprochen, darüber wird noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch mal darauf hinweisen, dass die Nahrungsgüterindustrie in Thüringen der umsatzstärkste Wirtschaftszweig ist und daran hängen - und das wird sehr oft vergessen, wenn geschrieben oder diskutiert wird - Tausende von Arbeitsplätzen. Ich glaube, deshalb müssen jetzt in der Endphase die Parteien Position beziehen. Unsere sieben Grundpositionen im CDU-Antrag sollen dem Minister in den kommenden Verhandlungen die Gewissheit geben, dass das Thüringer Parlament mehrheitlich hinter seinem Standpunkt steht. Ich glaube, es ist auch an der Zeit, dem Minister für seine Verhandlungen zu danken, die er für die Thüringer Bauern in dieser Frage führt.
Diese Verhandlungsführung wird auch vom Berufsstand so gesehen. Aufgrund dieser Diskussion fordern wir, dass die Einführung des entsprechenden Modells so erfolgen muss, dass sich die landwirtschaftlichen Unternehmen auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen können. Deshalb lehnen wir den im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Abschmelzungsbeginn, die für die Tierhaltung im Referenzzeitraum betriebsindividuell zugewiesenen Prämienrechte ab 2007 und die dann bis 2012 in einer regional einheitliche Flächenprämie umgewandelt werden, ab. Hier sollten wir uns im Haus einig sein - ich
glaube, da sind wir auf der Seite des Ministers -, diesen Zeitraum so weit wie möglich hinauszuschieben. Um den Landwirten einen längeren Anpassungszeitraum zu ermöglichen, ist der Abschmelzungsprozess der betriebsindividuellen Zahlungsansprüche, wie gesagt, so spät wie möglich - wir sprechen von 2009, eher 2010, der Abschluss sollte eigentlich erst 2013 oder 2015 sein.
Wir haben uns in dieser Frage immer gegen ein Abschmelzen und für die Beibehaltung der betriebsindividuellen Zahlungsansprüche ausgesprochen, denn wir müssen schon die Gefahr erkennen, dass einige aus der Produktion aussteigen werden bzw. dass weniger produziert wird. Da müssen wir uns schon Gedanken machen, wie wir die Mittel auf die wirtschaftenden Betriebe konzentrieren und das Geld nicht bei denen lassen, die aus der Wirtschaft aussteigen, denn dies würde die Gesellschaft auf Dauer nicht akzeptieren. Das ist für uns in der Verantwortung den Thüringer Bauern gegenüber eine schon extrem gefährliche Situation, weil damit Produktion und Arbeitsplätze gefährdet werden. Wir müssen Arbeitsplätze - der Minister hat es angesprochen - über Wertschöpfung, über Wettbewerbsfähigkeit und über den Markt schaffen. Da müssen wir sehr stark beachten, wie der Wettbewerb auch in den anderen Ländern gesehen wird. Für das betriebsindividuelle Modell haben sich eben in Europa sehr viele Mitbewerber entschieden.
Eine weitere unglückliche Entscheidung war das Ummünzen der Direktzahlungen in handelbare Prämienrechte. Das hat auch die landwirtschaftliche Veranstaltung auf der Messe gezeigt. Die Ausgestaltung über ein handelbares Prämienrecht benachteiligt tendenziell Betriebe im Strukturwandel. In der Zeit sind wir ja noch, denn unsere Betriebe müssen sich umwandeln. Dennoch hat die Bundesregierung dieser Entkopplung im EU-Agrarrat zugestimmt. Dieser Kardinalfehler lässt sich auch durch ein noch so ausgefeiltes Abschmelzungsmodell in ein regionales Prämienrecht nicht wieder heilen. Denn der historische Bezug führt stets zu Prämienrechten und neuen handelbaren Vermögenswerten, die im Lauf des Strukturwandels ihr agrarpolitisches Ziel verfehlen müssen.
Ein weiteres Schlagwort steht im Mittelpunkt der Diskussion: Cross Compliance. Durch Cross Compliance werden öffentliche Zahlungen an die Landwirtschaft an die Einhaltung von Mindeststandards gebunden. Für den Erhalt der vollen Prämienzahlungen muss der Betriebsinhaber bestimmte Grundanforderungen an die Betriebsführung in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz einhalten und die Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten, sonst erfolgt eine Kürzung der Direktzahlungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe den Eindruck, die Tragweite von Cross Compliance ist in den vergangenen Monaten etwas - das ist noch leicht dargestellt - unterschätzt worden. Neben dem zusätzlichen bürokratischen Aufwand sehe ich deshalb auch ein grundsätzliches
Problem, denn, wer bestimmt denn, was guter landwirtschaftlicher Zustand ist. Ministerin Künast versucht elegant die Umsetzung der Umweltauflagen - also wie gesagt, die so genannten Cross Compliance - einfach zu kaschieren, um dabei ihr wahres Ziel nicht schon jetzt offenbaren zu müssen. Der Minister hat es gesagt, sie hat den Unterausschuss aufgelöst und wendet sich wieder verstärkt dem Trittin'schen Umweltministerium zu, was für die deutschen und für die thüringischen Landwirte nichts Gutes bedeuten wird. Diesen wichtigen Teil der EU-Agrarreform möchte deshalb Frau Künast am Bundestag vorbei in Form von Verordnungen regeln. Dabei wird es gerade in diesem Bereich von Bedeutung sein, dass man sich bei der Umsetzung am geltenden Fachrecht orientiert und keine weiteren Auflagen macht, denn die EU-Verordnung nennt hier nicht von ungefähr Grund- oder Mindestanforderungen. Deshalb sind wir sehr kritisch, was die Frage von Cross Compliance angeht. In der Tat droht, wenn man sich anhört, was von verschiedenen Seiten für Hoffnungen bestehen, was man über Cross Compliance alles regeln und steuern kann, da wird an alles gedacht, nur nicht an eine fachgerechte Landwirtschaft. Den Markt bestimmt nicht allein der Landwirt, sondern auch die Politik mit ihren Auflagen. Es kann nicht sein, dass wir zu den schweren Wagen, den wir den Landwirten aufladen, auch noch die Bremse ziehen. Das kann so nicht funktionieren, denn dann werden sie nicht mit den anderen mithalten können.
Wir sind derzeit schon wieder auf dem Weg, uns irgendwelche Dinge kaputtzumachen, den Landwirten Erschwernisse hineinzubauen, die so meines Erachtens nicht gelten können. Wir dürfen unsere Landwirte im Wettbewerb nicht benachteiligen und vor allem die, die bisher bereit waren, im Agrarumweltbereich etwas zu tun, wie wir in Thüringen mit unserem Kulturlandschaftsprogramm, auch noch abstrafen. Bezüglich des KULAP besteht die ernstzunehmende Gefahr, dass das Cross Compliance einzelne Maßnahmen verdrängen wird. Der Herr Minister ist darauf eingegangen. Denn in Ländern, die bei Agrarumweltmaßnahmen bisher nichts oder wenig getan haben, kann ja auch nichts verdrängt werden, aber diese Länder dürfen dann auch mindestens nicht bevorteilt werden. Merkwürdigerweise sind es gerade auch noch solche Länder, wo die Grünen mit regieren. Das ist schon sehr merkwürdig. Es müssen sachgerechte Lösungen gefunden werden, die 1 : 1 aus der EU zu übernehmen sind oder im Vergleich zu anderen EU-Ländern den Vergleich standhalten.
Jetzt wird vielen - wenn man mit den Verwaltungen diskutiert - erst einmal bewusst, welcher Verwaltungsaufwand auf uns zukommt, denn jedes Kriterium, was wir zusätzlich einfügen, muss kontrolliert und vom Landwirt dokumentiert werden. Das birgt natürlich auch entsprechende Risiken für die Landwirte in sich, was die Ausgleichszahlungen anbelangt, aber auch für das Land, was die Anlastungen anbelangt. Deshalb unser Appell, dass man sich auf wenig fachlich begründete, repräsentative und auch vor Ort überprüfbare Kriterien beschränkt. Nur so bleibt das ganze System überschaubar und handhabbar.
Um mögliche Anlastungsrisiken zu verringern, sind von der Landesregierung daher frühzeitig die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sicherung des Agrarstandorts Thüringen wird zukünftig maßgeblich durch die nationale Umsetzung der EU-Agrarbeschlüsse beeinflusst. Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Probleme vieler Betriebe, wie auch der Agrarbericht der Bundesregierung mit aller Deutlichkeit aufzeigt - wir haben Einkommensverluste von 20 Prozent und mehr, der Produktionswert ist um 3,3 Prozent und die Nettowertschöpfung um 16,1 Prozent gesunken -, dürfen wir für unsere Landwirte keine Sonderbelastungen mehr hinnehmen. Wir von der CDU werden der Landwirtschaft so wie in der Vergangenheit jegliche Unterstützung bieten.
Natürlich empfehlen wir auch den landwirtschaftlichen Unternehmen, sich mit der Zukunft der Agrarpolitik auseinander zu setzen und sich rechtzeitig auf den Veränderungsprozess einzustellen. Herr Dr. Botz hat es angesprochen, der Änderungsantrag von der SPD ist sachlich begründet, denn dieser Gesetzentwurf ist mit Mehrheit der Landesregierungen entstanden. Eine Überweisung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten lehnen wir ab, weil es dazu keine Zeit mehr im Agrarausschuss gibt. Wir werden uns im Agrarausschuss dann, und das wird wahrscheinlich erst der neue Landtag tun müssen, mit den Folgen der hoffentlich einigermaßen noch vernünftigen nationalen Umsetzung beschäftigen müssen. Ich bitte um die Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, zuerst vielen Dank für Ihren Bericht. Ich denke, Sie haben die Probleme hier ganz gut dargestellt, die uns erwarten. Eines wurde deutlich, für unsere Landwirtschaftsbetriebe geht es um die Wurst, denn Fakt ist eines: Durch die Umstellung der Landwirtschaftsförderung mit Hilfe der Agrarreform der Europäischen Union kommt es dazu, dass die Fördermittel in Zukunft auf der einen Seite nicht mehr produktbezogen ausgereicht werden, auf der anderen Seite aber auch immer weniger werden. Für die Landwirte bedeutet das, sie müssen sich auf eine mehr marktorientierte Produktion umstellen, was sicherlich von den meisten Landwirten begrüßt wird, denn ein Landwirt ist nun mal jemand, der sich als Wirtschaftler versteht und der auch mit seiner unternehmerischen Entscheidungsfindung anders agieren möchte, als er das bisher konnte.
Auf der anderen Seite bedeutet das aber auch, dass der Landwirt und dass landwirtschaftliche Betriebe in Zukunft ein wesentlich niedrigeres Verdienstniveau erhalten werden. Wenn man mal davon ausgeht, dass Landwirte generell schon zu den Geringverdienern in dieser Gesellschaft gehören, weiß man, welche Folgen das mit sich bringen wird. Zurzeit liegen die landwirtschaftlichen Löhne im Durchschnitt etwa in dem Bereich, wo das Arbeitslosengeld liegt.
Gestern war ja ein Tag auf der größten Thüringer Verbrauchermesse der Wurst gewidmet. Dort wurde unter anderem auch die Anerkennung der Thüringer Bratwurst als Markenzeichen gefeiert. Wir werden ja in diesem Jahr auch 600 Jahre Thüringer Bratwurst noch würdig feiern. Auch im Thüringer Qualitätssiegel geht es um die Wurst unter anderem. Fakt ist bei all diesem, dass in der Thüringer Wurst über 50 Prozent Fleisch aus Thüringen sein muss. Wenn man sich diese Agrarreform ansieht, die nicht mehr an die Produktion unter anderem von Fleisch gebunden ist und wenn man weiß, dass von den in Thüringen geschlachteten Schweinen nur ca. 50 Prozent aus Thüringen stammen und auch bei den in Thüringen geschlachteten Rindern lange nicht mehr alle aus Thüringen kommen, dann muss man sich natürlich fragen: Wird denn in Zukunft noch genügend Fleisch für Thüringer Wurst zur Verfügung stehen oder wird die Bratwurst, die in Thüringen produziert wird, dann nur noch Bratwurst nach Thüringer Art genannt werden dürfen, weil nicht mehr 50 Prozent Schweinefleisch aus Thüringen drin ist? Fakt ist, die Tierproduktion ist ein arbeitsintensiver Bereich der Landwirtschaft und die gestiegenen Kosten, sicherlich auch gerade für Arbeitskräfte, haben dazu geführt, dass der Tierbestand seit der Wende drastisch zurückgegangen ist. Wir haben heute einen Tierbestand, der etwa ein Viertel dessen ist, was wir in den alten Bundesländern an Tierbestand haben, lange unter dem, was pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche als ökologisch verträglich betrachtet wird. Die Reform, wie sie uns vorliegt, enthält nun mal keine Anreize für den Erhalt der Tierproduktion, so dass also die Gefahr weiterer Einbrüche in diesem Bereich zu sehen ist. Wie soll denn ein landwirtschaftlicher Unternehmer, dessen Einkommen deutlich zurückgeht, sich entscheiden? Er muss ja Kosten sparen und wird das sicherlich häufig zulasten teurer Produktionsbereiche, also der Tierproduktion, tun.
Aber nun noch ein paar Einlassungen zu den einzelnen Teilen der Reform - zuerst zur Entkopplung: Diese, das wurde bereits erklärt, bedeutet, dass Acker- und Tierprämien wegfallen und Betriebe ab 2005 eine Betriebsprämie auf der Basis der Jahre 2000 bis 2002 erhalten, die dann später in eine Flächenprämie umgewandelt werden
soll. Die Prämien, die gezahlt werden, sind an die Fläche gebunden. Das bedeutet natürlich für diejenigen, die keine Fläche haben, ein Problem. Hier denke ich zuallererst an die Wanderschäfer, die oft keine Pachtverträge haben, gerade auf Truppenübungsplätzen und in anderen Bereichen ihre Schafe einsetzen, um die notwendige Beweidung, um das notwendige Kurzhalten des Grases zu gewährleisten, die aber keinen Anspruch haben sollen auf eine entsprechende Flächenprämie, weil sie ja keine Flächen haben. Es steht zwar, wenn man sich das Gesetz und die entsprechenden Papiere ansieht, die dazu herausgekommen sind, drin, dass es dort eine Sonderregelung geben soll, aber wie die konkret aussieht - ich weiß es nicht. Ich habe es bis jetzt auch nicht gehört. Fakt ist eines, unsere Schafzucht, unsere Schäfer können nicht von dem leben, was sie erlösen. Das können sie schon lange nicht mehr. Wenn wir nicht dafür sorgen, dass es zu einer Unterstützung kommt, werden einige Betriebe in existenzielle Probleme geraten.
Das andere Problem ist, dass die Prämien dann in Zukunft auch nicht an Arbeitsplätze gebunden sein werden oder an die Tierhaltung. Das Mähen von Grünland - der Minister sprach vorhin von einmal mulchen im Jahr - reicht aus, um diese Prämien zu erhalten. Wenn ich jetzt als Unternehmer an die ganze Geschichte herangehe, der dann sieht, gut, ich bekomme nachher eine Flächenprämie von 300 ! Hektar und mulchen kostet z.B. 50 ! 2" während aber eine Tierproduktion auf der Fläche von den Kosten her stärker ins Gewicht fällt, dann wird sich der Unternehmer für das Mulchen entscheiden müssen, weil er sehen muss, dass er seinen unternehmerischen Gewinn optimiert, was dann bedeutet, dass wir von der EU geförderte Landschaftspflege in Thüringen betreiben und keine Landwirtschaft mehr. Ich glaube, das kann es nicht sein.
Das besondere Problem Milchproduktion ist schon angesprochen worden. Bis jetzt gibt es noch keine richtigen Lösungen. Von langen Übergangsfristen, die notwendig sind, wurde gesprochen. Es wurde auch davon gesprochen, dass eine dauerhafte Betriebsprämie der sinnvollste Weg wäre. Dem stimme ich zu. Ich muss aber auch dazu sagen, eine dauerhafte Betriebsprämie mit der Anforderung, dass auch eine entsprechende Zahl von Arbeitsplätzen gesichert wird. Denn anders kann ich nicht verhindern, dass Landwirte ihre Milchproduktion einstellen und nur die Betriebsprämie beziehen. Ich glaube, auch dem muss vorgebeugt werden.
Nun noch ein paar Bemerkungen zu Cross Compliance: Es ist ja ein schwieriges Wort, es bedeutet, dass die Prämienzahlungen an die Einhaltung von 18 Vorschriften und Richtlinien der EU gebunden sind, hauptsächlich eingeführt, um eine entsprechende ökologische Verbesserung in der Landwirtschaft hervorzurufen. Bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften führt das zu Kürzungen bis hin zur Streichung der gesamten Prämie. Umfangreiche Kontrollen
sind dazu vorgesehen. Auf den hohen Aufwand, der auf die Verwaltung in diesem Bereich zukommt, ist der Minister eingegangen. Natürlich führt es auch zu einem hohen Aufwand bei der Landwirtschaft, die Buch führen muss und entsprechende Parameter zu beachten hat. Ich muss ehrlich sagen, wenn ich an die Jahrestagung der Thüringer Landwirtschaft vor zwei Wochen zurückdenke, das, was Peter Leich dort vorgetragen hat, war nicht gerade aufbauend. Viele Landwirte haben in diesem Raum sicherlich gedacht, da ist es vielleicht am besten, du nimmst in Zukunft gar keine Prämien mehr in Anspruch, denn bei dem Aufwand, der erst mal davor steht, bevor ich Geld bekomme, kann dieser Aufwand manchmal noch größer sein als das, was man an Geld letzten Endes erhält.
Eine andere Frage bei Cross Compliance ist auch noch angesprochen worden: Was wird denn aus dem KULAP? Hier sind wir wieder bei der Frage, Herr Wunderlich, warum ich sage, wir sollten diesen Bericht an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überweisen, denn wir müssen uns über solche Fragen verständigen. Wir müssen uns darüber verständigen, was können wir denn tun, damit das KULAP unseren Landwirten erhalten bleibt.
Diese Fragen sind auf der Grünen Woche ständig gestellt worden, diese Fragen sind auf der Jahrestagung der Thüringer Landwirtschaft gestellt worden. Wo man hinkommt, wo Landwirte sind, gibt es Fragen. Und auf diese Fragen braucht es Antworten. Die Landwirte wollen auch in den Diskussionsprozess mit einbezogen werden. Ich denke, der Landwirtschaftsausschuss sollte diese Aufgabe wahrnehmen.
Nun noch eine Bemerkung zur Modulation: Der Grundgedanke der Modulation ist ja, aus dem Bereich der direkten Förderung der landwirtschaftlichen Produktion die Fördermittel in die Entwicklung ländlicher Räume zu überführen. Dementsprechend werden Fördermittel im Bereich der ersten Säule, also der landwirtschaftlichen Produktion, nach einem Schema, in etwa 5 Prozent bis zum Jahre 2012 in jedem Jahr, abgebaut. Was bedeutet, dass bis zum Jahr 2012 ein Drittel der Prämien weggefallen sind. Das bedeutet, da die Landwirte etwa 50 Prozent ihres Einkommens aus Prämien erhalten, dass ein Sechstel des landwirtschaftlichen Einkommens bis zum Jahr 2012 wegfällt. Das können die landwirtschaftlichen Betriebe vielleicht kompensieren über höhere Marktpreise, das wurde heute angesprochen. Aber, meine Damen und Herren, da bin ich skeptisch. Denn mit welchem Markt haben wir es denn zu tun? Es ist ein europaweiter Markt, mindestens, wenn nicht sogar ein Weltmarkt in vielen Bereichen. Und dass andere Länder anders handeln bei der Umsetzung der Agrarreform, ist bereits gesagt worden. Dass wir in den osteuropäischen Ländern auch mit anderen Kostenstruk
turen zu tun haben, das wissen wir auch. Und dass wir gerade aus dem Rest der Welt Produkte sehr billig nach Europa reinbekommen und die Auflagen dafür, gerade was die ökologische Produktion dieser Produkte angeht oder was die Berücksichtigung des Verbraucherschutzes bei der Herstellung dieser Produkte angeht, durchaus nicht den Anforderungen entsprechen, die an unsere heimischen Produkte gerichtet sind, das wissen wir auch. Dementsprechend können diese Produkte billiger produziert werden.
Ich glaube, es ist auch notwendig uns dafür einzusetzen, dass wenigstens diese grundlegenden Anforderungen an einzuführende Produkte gestellt werden. Auch hierzu muss ein Beitrag geleistet werden, damit ein Markt für unsere Landwirte überhaupt vernünftig zu bedienen ist, damit sie hier in Zukunft höhere Preise erlösen können, sonst wird das nichts.
Das nächste Problem oder die nächste Möglichkeit zur Kompensation von weggefallenem Einkommen wäre ein weiteres Verzögern von Investitionen. Jedoch haben wir da in Thüringen schon einen großen Rückstand. Diese Agrarreform verlangt natürlich, wenn ich mich marktorientierter verhalten soll, dass ich eigentlich mehr investieren muss als landwirtschaftlicher Betrieb, um diesen Defiziten entgegenzugehen, um neue Produktionsrichtungen zu eröffnen, wo ich vielleicht in Zukunft besser Geld verdienen kann. Das heißt also, auch dieser Bereich fällt weg, um Einkommensausfälle auszubügeln, so dass also wirklich nur noch übrig bleibt: Aufgabe von Produktionsrichtungen, die nach der Umsetzung der Agrarreform defizitär sind, was dann dazu führt, dass wir Arbeitsplätze verlieren, und das hat im ländlichen Raum verheerende Folgen. Hier sind die Arbeitsplätze sowieso schon dünn gestreut. Deshalb, denke ich, müssen wir uns dafür einsetzen, müssen wir dafür kämpfen, dass jeder Arbeitsplatz, der in der Landwirtschaft vorhanden ist, soweit wie möglich erhalten bleibt, damit wir hier einen positiven Effekt erhalten, damit Leute in unseren Dörfern wohnen bleiben, damit auch der Wegzug aus den Dörfern verhindert wird.
Meine Damen und Herren, jetzt noch ein paar Worte zum CDU-Antrag: Herr Wunderlich, wir haben einen solchen Antrag mit Absicht nicht gestellt. Denn ich erinnere mich noch sehr deutlich daran, wie mit ähnlichen Anträgen von unserer Fraktion in den letzten Jahren umgegangen wurde. Da wurde eben gesagt, die Landesregierung macht das sowieso schon alles, dazu brauchen Sie uns nicht aufzufordern, deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Der Minister hat vorgetragen, was gegenwärtig der Stand ist, wofür sich die Landesregierung eingesetzt hat. Vieles davon findet sich in dem Antrag wieder. Wir werden den Antrag nicht ablehnen, wir werden ihm auch zustimmen und auch die Änderungen, die es gegeben hat, die nun inhaltlich keine größere Aussage sind, können wir mittragen. Deshalb möchte ich auch noch mal darauf verweisen, weil das hier vorhin so rüberkam, eine Mehrheit des Parlaments hätte
diese Position. Man kann schon sagen, dass das Parlament einheitlich die Position vertritt, dass die Thüringer Landwirtschaft erhalten bleiben muss, gestärkt werden muss und dass die notwendigen Maßnahmen dafür durchgeführt werden müssen. Aber ich komme eben noch mal darauf: Viele Probleme sind in dieser Diskussion deutlich geworden. Die Landwirte haben viele Probleme. Es ist dringend nötig, dass wir uns weiterhin inhaltlich damit beschäftigen. Fakt ist eines: Wenn wir das der nächsten Legislaturperiode überlassen wollen, ehe die sich konstituiert hat, ehe dort der Landwirtschaftsausschuss das erste Mal zusammentreten wird, sind die Beschlüsse zur Umsetzung der Agrarreform in nationales Recht schon lange gefasst. Ehe dort dieser Landwirtschaftsausschuss richtig arbeiten kann, wird die Frage schon ganz konkret bestanden haben, was ist denn nun aus diesem KULAP geworden, was ist aus den Thüringer Maßnahmen für die Landwirtschaft geworden. Deshalb brauchen wir die weitere inhaltliche Arbeit. Es ist ja auch noch ein bisschen Zeit. Wir haben ja noch Sitzungen des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Warum sollen wir die nicht nutzen, um diese Probleme hier zu diskutieren. Ich fordere Sie dazu nachdrücklich auf.
Wir sollten klären, welche Aufgaben es konkret gibt, wie wir den Landwirten helfen können, und wir sollten auch dafür sorgen, dass eine entsprechende Information in dieser Branche erfolgt. Deshalb stelle ich hier den Antrag im Namen meiner Fraktion, dass wir diese Fragen im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fortberaten sollen, dass der Bericht also dorthin überwiesen wird. Vielen Dank.